Das Murmeltier kann mich mal...
Und wöchentlich grüßt das Murmeltier. Gegen spielerisch unterlegene, dafür kämpferisch stärkere Freiburger verspielt der BVB zweimal eine Führung und verlässt das Dreisamtstadion mit nur einem Punkt. Redlich verdient haben sich die Punkte nur die Freiburger, der BVB hingegen zeigt zum wiederholten Mal eine Leistung, die an Überheblichkeit und Selbstverliebtheit kaum zu überbieten ist.
Schon vor Spielbeginn sahen viele nur grau, grau, grau und viel Wasser von oben. Freiburg, eigentlich einer der sonnigsten Orte in Deutschland, zeigt sich von seiner schlechteren Seite. Es war der letzte Auftritt des BVB im Freiburger Dreisamtstadion, im nächsten Jahr steht den Freiburgern eine neue, moderne 0-8-15 Arena zur Verfügung. Zugegeben, der Gästeblock in Freiburg zählt von der Sicht her zu den Schlechteren in der Bundesliga, so dass die Trauer um das Stadion sich in Grenzen halten wird.
In der Anfangsphase bestaunte man dominante Dortmunder. Bis zu 80% Ballbesitz sprechen eine eindeutige Sprache. Der BVB, der lediglich auf Paco Alcacer und Nico Schulz verzichten mussten, schnürten die Breisgauer in deren Hälfte ein. Allerdings ohne wirklich Gefahr vor das Freiburger Gehäuse zu bringen. Nach zwölf Minuten standen bereits vier Ecken auf dem Konto des BVB. Dann der erste kleine Rückschlag für den BVB: In der 14. Minute musste der angeschlagene Piszcek vom Platz, Trainer Favre wechselte offensiv - er brachte Nationalspieler Brandt.
Trotz der Dortmunder Überlegenheit erarbeiteten sich die Gastgeber die erste gute Chance im Spiel, die Waldschmidt aber nicht nutzen konnte (17.). Auf der anderen Seite legte Witsel zwei Minuten später seine Bewerbung zum Tor des Monats vor. Der Mittelfeldspieler verwandelte eine Ecke per Direktschuss. Zuvor hatte Delaney den Gegenspieler von Witsel geschickt geblockt, so dass dieser frei zum Schuss kommen konnte. Sollte es jetzt den Befreiungsschlag nach zwei Unentschieden in der Bundesliga geben? Der SC war nur kurz geschockt. Günter hatte den Ausgleich nur sechs Minuten später auf dem Fuß (25.), nach einer halben Stunde wäre der Ausgleich der Freiburger durchaus verdient gewesen, denn der Auftritt der Gäste wirkte nach der Führung mit jeder weiteren Minute lustloser. Trotz einer Großchance von Brandt (34.), als dieser völlig frei fünf Meter vor dem Tor zum Kopfball kommt und es schafft, den Ball über das Gehäuse zu köpfen, ohne sich sämtliche Wirbel zu verrenken, bestraft Waldschmidt die selbstverliebte BVB-Vorstellung (40). Der Ausgleich wäre mehr als verdient, zumal die Passgenauigkeit des BVB inzwischen auf das Niveau eines Zweitligisten gesunken war und das „Verschleppen von Tempo“ und der „Zug zum Tor“ das Prädikat Weltklasse verdient hätte.
Es gibt vermutlich zur Zeit keine Bundesliga-Mannschaft, die es schafft, aus aussichtsreicher Position am gegnerischen Strafraum den Ball wieder in die eigene Hälfte zu spielen, damit der Gegner sich mit 11 Spielern wieder vor den Ball neu ordnen kann. Aber es gibt noch eine Disziplin, in der der BVB inzwischen Spitzenwerte einnehmen dürfte: Reklamieren. Folgende Szene spielte sich ab. Hakimi verliert unnötig den Ball in der eigenen Hälfte. Anstatt dem Ball wieder hinter her zu jagen, reklamiert er ein Foulspiel. Dieses begeht dann Hummels für ihn, der den Gegner mit beiden Händen festhält und zu Boden reißt. Anstatt Hakimi ein paar passende Worte zu sagen, beschwert sich Hummels beim Schiedsrichter darüber, dass das Faulspiel an Hakimi nicht gegeben wurde. Man stelle sich vor, ein Sammer stünde noch auf dem Platz, vermutlich wäre Hakimi dermaßen zusammengestaucht worden, dass Favre in der Halbzeitpause mehr als eine Packung Taschentücher an Hakimi losgeworden wäre. Jenem Hakimi, der einen Ball ins Aus „ablaufen“ möchte und sich wundert, dass leidenschaftliche Freiburger keinen Ball verloren geben und anschließend mit dem Ball davon ziehen. Glücklich geht der BVB mit einer knappen 1:0 Führung in die Pause.
Auch in der zweiten Halbzeit setzte sich das Bild fort. Die BVB-Offensive verlor den Ball gegen die pressenden, kämpfenden Freiburger. Doch anstatt schnell zurück zu rennen, schlichen Reus, Hazard, Brandt und Götze eher zurück. Ein Bild, das sich stetig wiederholte. Die Freiburger waren erneut wesentlich agiler. Waldschmidt verfehlte das Ziel aus der Distanz nur knapp (50.). Der Ausgleich lag da bereits in der Luft und es kam wie es kommen musste. Waldschmidt gelang dann der längst verdiente Treffer. Schmid legt auf Waldschmidt ab, dieser wird von Akanji auf Sicherheitsabstand gehalten und wird förmlich gezwungen, jetzt endlich den Ausgleich zu erzielen (55.). Haltbar schlägt der Ball im BVB-Netz ein. Freiburg blieb am Drücker. Den erneuten Rückstand durch Hakimis Tor, nach einer gelungenen Einzelleistung, hatte der SC eigentlich nicht verdient (67.) Immerhin sorgte Akanji dann für Gerechtigkeit, als er Grifos Hereingabe ins eigene Tor beförderte (90.). Erneut ein Eigentor. Zuvor hatte er die Flanke von Schmid unzureichend per Kopf auf den Fuß von Grifo geklärt. Nach 93 Minuten steht fest: Es wird ein stürmischer Herbst in Dortmund oder ist es noch der anhaltende Winter der letzten Saison?
Der BVB knüpft mit seinen Leistung in den sieben Spieltagen (Ausnahme Leverkusen) an die der letzten Rückrunde an. Zur Erinnerung: 1:1 in Augsburg, 1:1 in Frankfurt, das Pokalaus Zuhause gegen Bremen, ein 3:3 Zuhause gegen Hoffenheim, ein 0:0 in Nürnberg, dass mit 2:4 verlorene Derby oder das 2:2 in Bremen. Wirklich überzeugt hat der BVB schon langen nicht mehr. Woran das liegt?
Eigentlich hat der BVB ein hochveranlagtes Team mit Meister-Potenzial. Kaum eine Mannschaft in der Bundesliga hat eine solche Qualität wie der BVB: Die Dribblings von Sancho, die Passsicherheit von Weigel, Witsel, Götze und die Schnelligkeit von Hakimi, Brandt, Schulz und Co sind absolute Spitze in der Bundesliga. Doch seit Monaten schafft der BVB es zu selten, Erfolg aus seiner Qualität zu schöpfen. Die Hoffnung, dass sich bald etwas ändert, schwindet von Spiel zu Spiel.
Stimmen zum Spiel
Streich: „Es gibt eine Grundbasis, die ist unabhängig vom Spielertyp. Man müsse bereit sein, sich zu quälen. Die Energie, Power, Dynamik, Glaube, nicht aufzugeben war bei jedem meiner Spieler zu spüren gewesen.“
Hummels: „Wir ärgern uns sehr. Wir haben in den vergangenen zwei Auswärtsspielen jeweils durch ein Eigentor zwei Punkte liegenlassen. Heute hatte Freiburg nach dem 1:1 keinen Torschuss. So war es sehr viel Pech für uns, dass wir mit einem 2:2 rausgehen, auch wenn wir vorher kein perfektes Spiel gemacht haben. Wir wissen, dass wir uns verbessern müssen. Viele sind jetzt bei der Nationalmannschaft. Wir wären lieber mit einem Sieg in die Pause gegangen. Für uns ist positiv, dass keine Mannschaft wegmarschiert ist. Wir reihen uns ein in die enge Tabelle.“ (BVB.de)
Reus: „Das 2:2 ist richtig bitter. Es passt momentan zu unserer Spielweise, dass wir da nicht überzeugend auftreten. Dann brauchen wir uns nicht zu wundern, dass wir mit einem Punkt nach Hause fahren, was viel zu wenig ist. Eine Führung gibt uns nicht so viel Vertrauen, wie es normalerweise bei uns der Fall ist. Ich hoffe, dass uns die Länderspielpause guttut, um die Köpfe frei zu bekommen, und dann in die nächste Periode mit neuem Wind reinzugehen. Dann gehen die Englischen Wochen richtig los, dafür müssen wir gewappnet sein und anders auftreten, vor allem wenn wir in Führung gehen.“ (BVB.de)
So haben sie gespielt
Freiburg: Schwolow - Kübler, Koch, Heintz - Schmid, Abrashi, Höfler, Günter - Waldschmidt, Höler, Haberer
Dortmund: Bürki - Piszczek, Akanji, Hummels, Guerreiro - Witsel, Delaney - Hakimi, Reus, Hazard - Götze
Schiedsrichter: Jablonski
Zuschauer: 24.000
SC Freiburg - Borussia Dortmund 2:2 (0:1)
0:1 Witsel (20.)
1:1 Waldschmidt (55.)
1:2 Kübler (Eigentor, 67.)
2:2 Akanji (Eigentor, 90.)