Das TACHELES!, die Bude, der Cowboy - Aus der Geschichte der BVB-Fanzines
Seit es Fußballfans gibt, gibt es auch Anhänger, die sich auch abseits der Spiele mit ihrem Verein beschäftigen. Einige bereiten Choreographien vor, andere sammeln Vereinszeitungen und wieder andere geben selbst Fanmagazine heraus. Auch in Dortmund wurden im Laufe der Jahre zahlreiche dieser sogenannten Fanzines veröffentlicht.
Seit es Fußballfans gibt, gibt es auch Anhänger, die sich auch abseits der Spiele mit ihrem Verein beschäftigen. Einige bereiten Choreographien vor, andere sammeln Vereinszeitungen und wieder andere geben selbst Fanmagazine heraus. Auch in Dortmund wurden im Laufe der Jahre zahlreiche dieser sogenannten Fanzines veröffentlicht.
Im Podcast von Football was my first love haben Herausgeber Pini und Moppel, langjähriges Mitglied der Dortmunder Fanszene und Fanzine-Sammler, sich über die Geschichte der BVB-Fanzines unterhalten. In Kooperation veröffentlichen wir eine Zusammenfassung des Podcasts.
Mit Schere und Pritt-Stift
Zu Beginn des Gesprächs sprechen die beiden über ihre eigenen Fanzine-Erfahrungen. Moppels Sammelleidenschaft begann 1997 mit einer Ausgabe von Match Live, einem deutschlandweiten Heft, das über Fanszenen und die Anfänge der Ultraszenen in Deutschland berichtete. Das erste Dortmunder Heft, das Moppel in seiner Sammlung hatte, war 1999 der Bierstadt Kurier. Wie die meisten kleineren Hefte der Zeit handelte es sich um ein kopiertes Schwarzweiß-Heft, das von den Spielen des eigenen Vereins und vom Groundhopping berichtete. Abgerundet wurde das Heft von einer Collage mit Fan-Aktionen auf der Titel-Seite.
Inspiriert davon gab Moppel ab 2003 selbst den „Cowboy“ heraus, von dem es insgesamt 3 Ausgaben mit Auflagen in Höhe von 100 bis 300 gab. Die vierte Ausgabe des Hefts, dessen Namen in Anlehnung an den Playboy und die Desperados entstand, scheiterte damals leider an der Finanzierung der Kopien und dass irgendwann die Kopiervorlagen nicht mehr da waren. Anders als heute wurde damals bei der Zusammenstellung der Hefte teilweise noch mit Schere und Pritt-Stift gearbeitet.
Nachdem er zwischenzeitlich die Desperados-Hefte „Unter uns“ und „Des-Interesse“ unterstützt hatte, gab Moppel einig Jahre später den „Pfenningfuchser“ heraus. Das Heft spiegelte neben dem wachsenden Groundhopping-Interesse vieler Dortmunder auch die in der zweiten Hälfte der 2000er Jahre völlig verrückte Dortmunder Allesfahrer-Szene wieder. Zu der Zeit waren auch bei Jugendspielen regelmäßig viele Dortmunder vertreten. Die Jugend-Szene zerbrach dann, als die A-Jugend von Holzwickede ins Nachwuchszentrum nach Brackel umzog, das in der Anfangszeit ein völlig unattraktiver Spielort für Zuschauer war.
Anlass für das erste Fanzine von Pini, dem Betreiber von Football was my first love, war die Genehmigung des Börsengangs auf der BVB-Jahreshauptversammlung 1999, gegen die sich sein damaliges Fanzine „Schwarz-Gelbe Religion“ richtete. Bereits zur zweiten Ausgabe fusionierte er mit dem Fanzine „Yellow Press“, das dann noch einige Male erschien.
Vom Rundschreiben für Freunde und Bekannte zum fanpolitischen Instrument
Nach Moppels Schätzung gab es im Laufe der letzten 40 Jahre etwa 40 Fanzines aus dem Dortmunder Umfeld, angefangen möglicherweise mit dem „Asozialen Nachrichtenblatt“ aus der Anfangszeit der Borussenfront. Viele der Hefte erschienen nur wenige Male und waren mit einer Auflage von 100 bis 300 Stück eher als das im Impressum vielbeschriebene „Rundschreiben für Freunde und Bekannte“ gedacht, zu dem auf der letzten Seite auch die Aufzählung der erhaltenen Postkarten sowie die Grüße an Freunde und Bekannte fest dazugehörten. Herausgeber waren häufig Einzelpersonen, teilweise aber auch Fanclubs.
Ein professionelleres Heft war die Bude, die Mitte der 90er ca. neunmal erschien und nicht nur von Spielen, sondern auch vereinskritisch berichtete und fanpolitische Themen aufgriff. Wie allgemein in Fußball-Deutschland begann man sich auch in Dortmund mit Fanpolitik und der Rolle der Fans zu beschäftigen. Das Heft erschien dann auch schon in einer Auflage von bis zu 2.000 Stück und gilt heute ein bisschen als Print-Vorläufer von schwatzgelb.de. Ebenfalls eine vierstellige Auflage hatte teilweise die Gelbsucht, die The Unity nach ihrer Gründung 2001 einige Jahre lang herausgab.
Während die Zeit nach dem Champions-League-Sieg 1997 und die Jahre 2003/04 sportlich keine Höhepunkte darstellten, waren sie aus Fanzine-Sicht mit die besten Jahre: Jeweils drei bis vier Hefte erschienen parallel, was für Dortmund eine große Zahl war und ist. Als der Podcast im Juli 2018 aufgenommen wurde, erschien nur ein (Print-)Fanzine: Das „TACHELES!“ von The Unity.
Über den Tellerrand geschaut
Während unsere Fanszene sicher in vielen Belangen vorne mitspielte, war dies im Bereich der (Print-)-Fanzines nie der Fall. So gab es bei den Bayern beispielsweise mehr und konstantere Hefte. Auch bei unseren blauen Nachbarn gibt es das in den 90ern entstandene „Schalke Unser“ immer noch. In einer anderen Fanzine-Welt als die meisten Vereine spielte zudem immer der FC St. Pauli: Hier gab es zum Beispiel in den 1990er-Jahren fünf bis sechs sehr auflagenstarke Fanzines gleichzeitig. Fanzines waren und sind dort in der Fan- und Vereinskultur viel stärker verankert.
In der Fanzine-Szene der späten 90er- und der frühen 2000er-Jahre spielte zudem das bereits genannte Match Live eine große Rolle. Zum einen machte es das Medium Fanzines bekannt, weil es unter anderem an Bahnhöfen verkauft wurde. Zum anderen konnte man als Fanzinemacher in den Kleinanzeigen des Heftes sein Machwerk bekanntmachen und andere Herausgeber kennenlernen. Ein ebenso bekannte wie wichtige Plattform war zudem Sport Bock aus München. Das Sportgeschäft handelte damals auch mit Fanzines und viele Auswärtsfahrer aller Vereine pilgerten dorthin, wenn man in München spielte.
Eine Konstante gibt es über alle Jahrzehnte und Vereine hinweg: Die Problematik mit der Polizei, welcher häufig ein gewisses willkürliches Handeln vorgeworfen wurde. So teilweise auch bei den BVB-Heften, die die beiden am Ende des Podcasts durchblättern: Südkurve Aktuell aus dem Sommer 1990, Drogen-Kurier aus dem Herbst 1994 und AufRuhr aus dem Frühjahr 1999.
Wer sich für mehr Details – und die Story, wie Moppel das Lied „Keiner spielt so schön wie Amoroso“ 2001/02 erfand – interessiert, findet den Podcast bei Soundcloud, iTunes und Spotify. Und wer noch weitere Fanzines vor allem aus dem BVB-Umfeld hat, sie nicht mehr braucht und mit ihnen Moppels und Pinis Fanzine-Archiv unterstützen möchte, darf sich gerne bei Football was my first love melden.