Unsa Senf

Gianni…. Wer?

11.11.2018, 16:23 Uhr von:  Sascha
Gianni…. Wer?

Wie das Recherchenetzwerk Football Leaks veröffentlichte, hat FIFA-Boss Infantino die Vereine PSG und Manchester City beraten, wie sie am besten gegen das Financial Fairplay verstoßen. Die Reaktion aus der Bundesliga? Schweigen.

Das Recherchenetzwerk „Football Leaks“ mit dem bekannten Spiegel-Journalisten Raphael Buschmann an vorderster Front hat mal wieder neues Material von der dunklen Seite des Fußballs veröffentlicht. In Deutschland ist dabei vor allem hängen geblieben, dass die ehemaligen G7 rund um die Bayern eine eigene Superliga unabhängig von der UEFA planen und sich eventuell zusammen mit unserer Borussia aus dem Bundesligaalltag verabschieden wollen. Ok, das ist jetzt alles stark verkürzt, aber darüber wurde in den letzten Tagen schon soviel geredet, dass an dieser Stelle gar nicht weiter darauf eingegangen werden soll.

Einige andere Punkte sind aber in Deutschland fast völlig unbemerkt geblieben. Wie zum Beispiel der, dass die ehemalige Champions-League-Losfee und aktueller Präsident des Weltverbandes FIFA Gianni Infantino nicht nur für eine angenehme Besetzung der hausinternen Ethikkommission gesorgt, sondern auch aktiv an der Erstellung eines neuen Ethikkodex mitgewirkt habe. Das war auch gut so, weil Infantino so mit einem Handstreich die Korruption im Weltverband besiegen konnte. Er ließ den Punkt ganz einfach streichen. Dass ein derartiger Eingriff einen Verstoß gegen die Statuten der FIFA darstellen würde, erklärt sich von selbst. Ein Überwachter hätte hier einfach die Überwachungskriterien selbst maßgeblich mit verfasst. Ein Vorgang, den man sonst eigentlich nur vom deutschen Kraftfahrzeugbundesamt im Zusammenhang mit der Zertifizierung von Dieselfahrzeugen kennt.

Aber der umtriebige Gianni soll nicht nur dafür gesorgt haben, dass er selbst möglichst wenig belangt werden kann, in seiner Zeit bei der UEFA soll er auch aktiv die Scheich-Clubs Paris St. Germain und Manchester City beraten haben, wie man am besten ganz viel Geld raus haut, ohne dass es Stress mit dem Financial Fairplay gibt. Bei City zum Beispiel, so zeigen interne Dokumente, soll es fingierte Sponsoreneinzahlungen gegeben haben, bei denen der namentlich erwähnte Sponsor nur einen Bruchteil der gezahlten Summe übernommen habe und der Rest vom Investor Scheich Mansour gekommen sei. Damit wäre dann genau der Punkt von FFP ausgehebelt, der verhindern soll, dass Clubs finanziell völlig abhängig von externen Besitzern werden und ihre Ausgaben nicht in einem ordentlichen Verhältnis zu den selbst erwirtschafteten Einnahmen stehen. Man sollte doch meinen, dass besonders dieser Vorwurf europaweit zur hellen Empörung zumindest der übrigen CL-Teilnehmer führt. Ein Wettbewerber leistet sich einen teuren Luxuskader mit Einnahmen, die er eigentlich gar nicht haben dürfte. Ein Skandal. Tja, Fehlanzeige. Bislang hat sich nur die spanische Liga in Person ihres Sprechers Joris Evers lautstark geäußert und massiv auf Aufklärung und Sanktionen gedrängt.

Und in Deutschland? Da proklamieren die bayrischen Ausgaben von Waldorf und Statler in unsympathisch lieber das Grundgesetz, weil es jemand gewagt hat, ihre Abwehrspieler als Altherrenfußballer zu titulieren (was man spätestens seit gestern nicht von der Hand weisen kann), statt in einer Pressekonferenz FFP zu verteidigen. Da wird bei jedem brennenden Bengalo der „Aufstand der Anständigen“ gefordert und in wahre und unwahre Fans unterschieden, statt darauf zu drängen, dass der Fußball selber wenigstens halbwegs anständig bleibt und zumindest seine eigenen Regeln befolgt. Man scheißt eben nicht auf den Tisch, von dem man isst.

Die schnöde Wahrheit ist einfach, dass man selber entweder direkt, oder auch nur mittelbar von diesen Verstößen und ihren Akteuren profitiert. In München hat Qatar Airway den Platz der Lufthansa als Sponsor übernommen und in Dortmund hätte man für Dembélé ohne die Fantastillionen, die PSG für Neymar an Barcelona gezahlt hat, auch keinen Betrag größer 100 Millionen erhalten. Ebenso wie unsere geliebten Nachbarn, die, wenn sie denn doch mal für einen Abgang Geld bekommen, für Leroy Sané gleich mit über 50 Millionen Euro abkassieren durften. Und Infantino wedelt immer noch mit einem gigantischen Milliardenbetrag für eine neu zu gründende Klub-WM herum, den man sich gerne in der Hinterhand hält.

So hält man schön die Füße still, wenn die FIFA diese Vorwürfe zu einem Rachefeldzug geschasster Exfunktionäre und PSG sowie Man City in einen dreisten Versuch, diese Vereine zu diskreditieren, umdeuten. Der Kuchen ist einfach zu groß und man möchte eigentlich gerne Stücke, oder zumindest große Krümel davon abhaben. Da klemmt man sich dann einfach mal die Moralkeule und hält, entgegen der sonstigen Gepflogenheiten, schön die Füße still. Unmoral ist, wenn man trotzdem schweigt.

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