Eiertanz um den Trainerstuhl
Sebastian Rode plaudert ein Geheimnis aus, das gar keins ist, weil Borussia Dortmund eine unverständliche Kommunikationsstrategie fährt.
Es passiert nicht mehr all zu oft, dass eine in einem Interview oder „Experten“-Gespräch getätigte Äußerung im Zusammenhang mit Profifußball noch überraschen kann. Wer nur ein bisschen in diesem Bereich unterwegs ist, der weiß sehr gut, wie intensiv die Abgesandten vorher gebrieft, wie sehr Interviews vor Veröffentlichung durchredigiert werden und wie sehr darauf geachtet wird, dass möglichst keine Aussagen getätigt werden, die auch nur irgendwie heikel oder disharmonisch wirken könnten. Deshalb verwundert es schon, dass Sebastian Rode in der TV-Sendung „Wontorra“ frank und frei erzählte: „So wie Peter Stöger sich in der Kabine ausdrückt, gehen wir fest davon aus, dass wir nächste Saison einen neuen Trainer haben werden“
Wohlgemerkt, das Verwunderliche an dieser Aussage ist, dass sie so getätigt wurde. Entweder hat man im Hause Borussia einfach vergessen, Rode vorher zu sagen, was er dort erzählen darf und was nicht, oder er hat sich über diese Vorgaben hinweg gesetzt. Seine Worte an sich dürften aber niemanden wirklich überrascht haben. Peter Stöger selber hat in den vergangenen Pressekonferenzen immer wieder den Eindruck erweckt, dass sein Vertrag am 30.06.2018 endgültig endet und er eigentlich auch gar nicht besonders scharf auf eine Verlängerung sei. Wenn das so schon nach Außen geht, dann dürfte der Ton intern noch viel deutlicher sein. Es war also nicht gerade eine Bombe, die Rode dort platzen ließ. Eigentlich nicht einmal ein Knallteufelchen.
Trotzdem wird ihn dieser TV-Auftritt wohl eine nicht unerhebliche Geldsumme kosten. Im weiteren Verlauf der Geschichte erklärte Hans-Joachim Watzke, dass man den Spieler zum Gespräch vorladen und deutlich „sanktionieren“ würde. Eine Posse, die hervorragend in den momentanen Eiertanz um Trainer, Saisonziele und Transfers veranstaltet wird. Letztendlich hatte Rode nämlich einfach nur die berühmte A….karte, vor den Kameras das Hickhack vertreten zu müssen, dass seine Vorgesetzten veranstalten. Und dass diese Frage gestellt werden würde, musste im Vorfeld jedem an der Geschäftsstelle bewusst gewesen sein.
Dabei wird immer unverständlicher, was der BVB mit dieser „wir setzen uns nach der Saison zusammen“-Strategie überhaupt bezwecken will. Peter Stöger ist jetzt seit ziemlich genau 5 Monaten im Amt. Bei normalen Arbeitsverträgen knapp die übliche Probezeit, beim HSV reicht das allerdings schon aus, um als „Rekordtrainer“ in die Geschichtsbücher einzugehen, wenn man die Sommerpause heraus rechnet. Die Vorstellung, dass man sich am Rheinlanddamm immer noch nicht sicher ist, ob Stöger auch der richtige Mann für die Zukunft ist und alles davon abhängt, ob man Samstag den mickrigen Vorsprung über die Ziellinie gerettet bekommt, ist schlichtweg absurd. Wenn Stöger ein echter Kandidat für die mittel- bis langfristige Besetzung der Trainerbank sein würde, dann hätte man das bereits spätestens im März festgestellt und vertragliche Nägel mit Köpfen gemacht.
Die beiden übrigen Lesarten sind die, dass man Stöger entweder nicht als „lame duck“ intern dastehen lassen möchte, oder dass er tatsächlich den Notnagel in der nächsten Saison spielen soll, falls die gewünschten Kandidaten nicht verpflichtet werden können, oder eben nicht wollen. Die erste Variante erledigt sich von selbst, wenn Stöger selber nach Innen und Außen nicht so tut, als wäre er auch in der nächsten Saison der Chef der Spieler. Ganz davon abgesehen: einem Spieler, der jetzt noch mit so einer vermeidlichen Drohkulisse zu einer anständigen Leistung „motiviert“ werden müsste, dem sollte man seine Arbeitspapiere in die Hand drücken, weil er definitiv kein Kandidat dafür wäre, in der neuen Saison noch hier mitzuwirken.
Peter Stöger als Bankwärmer für z.B. den oft kolportierten Julian Nagelsmann nutzen zu wollen, wäre dagegen ein ihm gegenüber ziemlich unwürdiges Schauspiel. Eine überraschend nach dem letzten Saisonspiel verkündete Vertragsverlängerung würde ihn die komplette nächste Spielzeit als absolute C-Lösung dastehen lassen. Eine äußerst gut bezahlte C-Lösung natürlich, aber eben auch ein nicht gerade angenehmes Licht, in das man seinen Trainer stellen würde. Von der menschlichen Warte aus kann mit Sicherheit jeder nachvollziehen, dass das für ihn keine besonders schöne Situation wäre – wenn er sich denn überhaupt darauf einlassen würde. Für diese Variante hätte man sich schon vor einigen Wochen entscheiden müssen, wenn man Schaden von der Person und Autorität des Cheftrainers hätte abwenden sollen.
Selbst die eher noble Darstellung, dass ein neuer Trainer zwar schon feststeht, man das aber aus Respekt vor dem abgebenden Verein noch nicht kommunizieren möchte, schließt nicht die Möglichkeit aus, diesen für alle Beteiligten albernen Eiertanz offiziell zu beenden. Natürlich gäbe es Diskussionen, die sind aber eh schon in der Welt. Statt Sebastian Rode dafür zu bestrafen, etwas zu erzählen, was eh schon jeder weiß, oder zumindest zu wissen glaubt, sollte der BVB auch in seiner Kommunikation endlich mal Klarheit in seinen Kurs bringen, statt so herum zu lavieren. Da gibt man nämlich gerade abseits des Platzes kein viel besseres Bild ab als darauf.