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Die Essenz des Fußballs

07.10.2018, 13:10 Uhr von:  Sascha
Die Essenz des Fußballs

Borussia Dortmund gewinnt in der Nachspielzeit mit 4:3 gegen den FC Augsburg. Was für ein verrücktes Spiel! Dafür gehen wir ins Stadion. Und deshalb muss das Stadionerlebnis im Mittelpunkt stehen.

Hallo Ihr Sesselpupser bei der DFL, der UEFA oder der FIFA, die Ihr Eure Hintern nur dann ins Stadion bewegt, wenn sich Bayern und Dortmund in Berlin um den Pokal duellieren, oder Messi, Ronaldo und Neymar um die Krone der Königsklasse kämpfen. Ihr Marketingpioniere, die Ihr ständig neue Absatzmärkte erschließen wollt und dafür die heimischen Ligen mit immer unangenehmeren Spielterminen heimsucht. Ihr Regeloptimierer, die den Fußball für die Menschen am TV gerechter und nachvollziehbarer machen wollen. Ihr Hochglanzpolierer, die Wettbewerbe darauf hin ausrichten, das möglichst nur Partien zwischen Edelkickern auf dem Tableau stehen. Ihr Alle, schaut Euch doch einfach mal wieder ganz ordinären Ligafußball an. Nicht auf extrabreiten Sitzen oder gar in schallisolierten Glaskästen, in denen man das Spielgeschehen via TV verfolgt. Kauft Euch einfach mal eine Karte für einen Platz irgendwo im Stadion, mitten unter den Fans.

Und mit ganz viel Glück erlebt Ihr ein Spiel wie den Kick unserer Borussia gegen Augsburg. Ein Spiel, bei dem das Stadion beim vermeintlichen 3:2 Siegtreffer laut wird – nur um dann kurz danach beim Ausgleich kurz wie nach einem Schlag in den Magen zu verstummen. Vielleicht spürt Ihr dann in diesem Moment auch, dass etwas in der Luft liegt. Etwas, das einen nicht denken lässt „Hauptsache einen Punkt mitnehmen“. Das wäre wohl das vernünftigste. Aber Vernunft ist etwas für einen anderen Tag. Heute geht was. Der Ball ist auf der Außenbahn in der eigenen Hälfte. Eine ungefährliche und unspektakuläre Situation, aber das Stadion steht und treibt die Mannschaft noch einmal an. Nach vorne. Spielt den Ball vors Tor. Eine Chance kriegen wir noch. Die Luft knistert fast, weil sie geladener ist als Onkel Kurt auf einem 60. Geburtstag.

Dann fällt das Tor. In der allerletzten Minute. Und gegen diesen Lärm war der Jubel beim 3:2 fast noch zurückhaltend. Leute schreien, jubeln und umarmen sich. Hoffentlich reißt es Euch mit und Ihr spürt bei aller Neutralität zumindest einen Hauch der Freude, die die Leute um Euch herum erfüllt. Die positive Stimmung, die die Leute beim Verlassen des Stadions unter der Tribüne ein „Oh wie ist das schön“ singen lässt.

Gut, wir wollen ehrlich sein. So sind nicht alle Spiele. Solche Spiele sind selten und kostbar. In der Regel erlebt man im Stadion Begegnungen, von denen man schon nach wenigen Monaten nur noch das Ergebnis weiß. Deshalb sind solche Spiele so besonders und kostbar. Als Fan erlebt man in seinem Leben nur wenige dieser mitreißenden Partien, aber wenn man so etwas einmal erlebt hat, dann geht man jeden Spieltag ins Stadion mit der Hoffnung, noch einmal wenigstens Nachhall solcher großen Momente erleben zu dürfen. Und diese Momente hat jeder Verein. Man nennt einfach nur die Partie und erntet ein wissendes Grinsen und ein „War geil“.

Und genau das ist die pure, reine Essenz des Fußballs. Dafür wurden Stadien gebaut und deshalb fasziniert dieser Sport Millionen von Menschen auf dem ganzen Erdball. Wenn dieses eine Tor fällt, auf das alle gehofft haben, von dem aber alle wussten, dass es höchstwahrscheinlich nicht fällt. Dieses eine Tor, das ein Beben auslöst. Und das Epizentrum des Bebens ist die Betonschüssel, die für viele Menschen ein zweites Wohnzimmer ist. Hier kann sich Energie ansammeln, bis sie jede Skala sprengt und auf dem Rasen unmögliches möglich macht.

Wenn Ihr dieses Glück habt, eins dieser Spiele mitzuerleben, dann wisst Ihr auf einmal wie falsch Euer Handeln im Grunde eigentlich ist. Der Fußball wird nicht besser, wenn er einfach nur größer, teurer und globaler empfangbar wird. Das heißt nicht, dass all die vielen Fans, die nicht das Glück oder die Möglichkeit haben, ins Stadion zu gehen, ausgesperrt und nicht berücksichtigt werden sollen, ganz im Gegenteil. Aber wer den Fußball wirklich liebt, muss den Samstag Nachmittag im Stadion als Ausgangspunkt aller Bestrebungen unverhandelbar anerkennen und schützen. Hier lebt die Essenz des Fußballs und hier wird seine Magie geboren. Fußball vor halbleeren Rängen, aber vollen Wohnzimmern wird vielleicht funktionieren, aber er wird nicht mehr wirklich leben und faszinieren. Ihm wird das Potential genommen, diese brodelnde Energie aufzubauen, die es für diese besonderen Spiele braucht.

Kommt doch einfach mal vorbei und erlebt den Fußball, wenn er wirklich lebendig ist.

Stadion – dafür wird Fußball gemacht!

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