Auswärts in Düsseldorf – oder: Die Provinz empfängt einen Erstligisten
Landeshauptstadt Düsseldorf – das ist ein Status, auf den man in der Metropole am Rhein sehr stolz ist und gerne zur Schau stellt. Beim Duell der dort beheimateten Fortuna gegen den BVB am Dienstagabend präsentierte sich die Stadt allerdings nicht wie ein Mittelpunkt des Westens, sondern im wahrsten Sinne wie ein kleines (Provinz-)Dorf an der Düssel, wie ein verschlafenes Kaff aus dem Hinterland, das in der ersten Runde des DFB-Pokals plötzlich einen Erstligisten zu Gast hat.
Gästefans wurden im Vorfeld des Spiels dazu aufgefordert, über die Bahn-Haltestelle am Flughafen anzureisen, wo auch der Sonderzug aus Dortmund halten sollte. Von dort, so hieß es, würden Sonderbusse direkt zum Stadion fahren. So praktisch und komfortabel sich dieses Konzept im Vorfeld auch las, in der Realität entpuppte es sich als desaströs.
Geschlossene Bustüren sorgen für Unmut
Ich erreichte den Bahnhof am Flughafen kurz nach der Ankunft des Sonderzuges gegen 18:30 Uhr. Dementsprechend groß war die Zahl der wartenden Borussen an den Bussteigen. Zunächst schien auch noch alles seinen erwarteten Lauf zu nehmen. Mehrere leere Busse standen bereit und fuhren vor. Nun folgte jedoch der erste Nonsens: Bei den Gelenkbussen wurden die hinteren Türen nicht geöffnet, was zu einem entsprechend dichten Gedränge an den vorderen und mittleren Eingängen führte. Dies hätte man vermeiden können, zumal ja auch keine Fahrkartenkontrolle durch den Fahrer wie bei normalen Linienfahrten anstand. Doch ich wischte meinen Ärger hierüber rasch beiseite.
Dieser sollte dafür mit umso größerer Wucht auf dem Weg zum Stadion zurückkehren. Die Busse, vorne, hinten und dazwischen begleitet von Unmengen an Polizisten, hingen fest im Düsseldorfer Feierabend- und Fußball-Anreiseverkehr – die Anreise der Gästefans via U-Bahn vom Hauptbahnhof war ja nicht erwünscht. Die Gäste-Karawane quälte sich durch den Feierabendverkehr.
Nach 30 Minuten immer noch am Flughafen
Nach rund 30 Minuten Fahr- oder besser gesagt Standzeit warf ich einen Blick aus dem Bus – und sah immer noch Flugzeuge draußen stehen. Wir hatten das Airport-Areal also noch nicht einmal verlassen. Aber, hey, zu diesem Zeitpunkt war es immerhin noch möglich, einen Blick nach draußen zu erhaschen. Mit zunehmender Fahrzeit verschwand die Außenwelt hinter der beschlagenen Scheibe, gelegentlich gab der Schweif eines herunterrutschenden Tropfens des Kondenswassers einen beengten Blick nach draußen frei.
Die Luft wurde zunehmend stickig – von geöffneten Fenstern oder Dachluken war nur zu träumen –, ideale Bedingungen für Kreislaufzusammenbrüche. Es ist wohl mehr einem Zufall zu verdanken, dass es dazu, jedenfalls in meinem Bus, nicht gekommen ist. Irgendwann brach der ganze Verkehr zusammen, nichts ging mehr. Minuten später öffneten sich die Bustouren aus dem Nichts – immerhin eine kurze Pinkel- und Frischluftpause war irgendwo mitten auf einer verstopften, mehrspurigen Zubringerstraße unter enger Polizeibegleitung möglich – nur rauchen war nicht erlaubt, so viel Freiraum gewährte die Polizei dann doch nicht.
Polizisten regelten endlich den Verkehr
Als sich die Bustüren wieder schlossen, entschieden sich die Ordnungshüter auch endlich dazu, von ihren Sonderrechten Gebrauch zu machen und sperrten die Kreuzungen ab, sodass die Busse Richtung Stadion fahren konnten. Nach rund 90(!) Minuten Fahrzeit – für acht Kilometer – war die Tortur endlich vorüber. Am Stadion angekommen, sollte der Ärger jedoch weitergehen.
Weit vor dem Stadion-Eingang Nord-Ost war die erste Schleuse eingerichtet, die unter Vorzeigen der Eintrittskarte zu passieren war. Damit sollten die eigentlichen Drehkreuze entlastet werden, die gefährliche Trichtersituation mit entsprechendem Geschiebe und Gedränge wurde jedoch einfach nur einige hundert Meter vorverlagert. Die Ordner agierten heillos überfordert.
Besonders nervig waren die weiteren vier oder fünf Schleusen dieser Art, die es zu passieren galt, bis man endlich am Drehkreuz und der eigentlichen Einlasskontrolle angelangt war. Warum man einen derart dämlichen Schleusen-Einlass konstruiert hat als kämen dort keine Fußballfans, sondern eine Horde Orks aus Mordor, wird wohl das Geheimnis dieses Vereins aus der Landeshauptstadt bleiben.
Situation nach dem Spiel noch deutlich dramatischer
Nach dem Spielende bot sich in der Abreise ein, wie erwartet, noch viel schlimmeres Bild. Verteilten sich die Fans auf der Anreise zeitlich, so strömten nach dem Schlusspfiff natürlich alle Fans gleichzeitig zu den Bussen. Erneut öffneten die – zumal nacheinander und nicht gleichzeitig einfahrenden – Busse nicht alle Türen (mittlerweile wirkte es wie Absicht in diesem Konzept), sodass sich die erwartbar ungeduldige Masse in Richtung der offenen Türen zwängte.
Es entwickelten sich hochgradig gefährliche Drucksituationen vor den Bussen. Hier drohte große Gefahr insbesondere für schwächere Personen. Wer dachte sich ein solches An- und Abreisekonzept aus und was macht diese Person so hauptberuflich? Hier wurde ohne Zwang eine Drucksituation geschaffen, die Gesundheit der Zuschauer wurde leichtfertig riskiert. Und das bei einem Verein aus der Landeshauptstadt! Selbst die Möchtegern-Großstadt Dortmund, die tatsächlich insbesondere in Bezug auf den ÖPNV eher ein Provinznest ist, bekommt eine Gästetrennung auf der Anreise und die Zuführung der Fans zum Stadion besser hin als die Landeshauptstadt. Wie funktionierte so ein Konzept zu Zweitligazeiten gegen Gegner wie Dynamo Dresden?
Umdenken beim Anreisekonzept ist dringend erforderlich
Unterm Strich gilt es festzuhalten, dass das Anreisekonzept bei einem ausverkauften Stadion – zumal im Feierabendverkehr unter der Woche – gänzlich ungeeignet ist und Menschen mindestens fahrlässig in gefährliche Situationen bringt. Hier ist ein Umdenken seitens des Vereins aus der Landeshauptstadt und der Polizei zwingend notwendig.
Bei aller Kritik soll der Text jedoch auch mit einigen lobenden Worten beendet werden. Am Catering im Fortuna-Stadion kann sich der BVB wiederum ein Beispiel nehmen. Selbst in der Halbzeit war es binnen kürzester Zeit möglich, ein Getränk zu erhalten. Das war aber, neben dem hilfsbereiten Ordner, der einem die Tür zum Block öffnete und hielt, schon das einzig Positive an einem ansonsten auf und neben dem Platz desaströsen Abend.