Grandioser Typ - grandioser Abschied
Eine Legende verabschiedet sich. Danke, Roman Weidenfeller - auch wir verneigen uns.
16 Jahre, 452 Spiele, 100 % Hingabe und schwarzgelbe Leidenschaft. Was Roman Weidenfeller für den Verein, die Stadt, die Fans und die Historie des BVB bedeutet, ist schwierig in Worte zu verpacken. An diesem Abend sprachen Bilder und Menschen sowieso mehr als tausend Worte. Nicht nur die Gästeliste für den letzten großen Auftritt wirkte surreal und wie eine Reise in die Vergangenheit. Klopp an der Seitenlinie, Koller im Tor, Odonkor sprintet wie vor zwölf Jahren, Wörns ungefähr so schnell wie früher - das Gefühl einer großen Ansammlung von lange nicht gesichteten Familienmitgliedern ließ sich nicht leugnen.
„Ich habe noch nie schon vor dem Spiel so viel Übergewicht im Mittelfeld gehabt.“ Dass sich trotz so treffend beschriebenem sportlichen Niveau 70.000 Menschen + Jürgen Klopp im Tempel versammelten, und damit mehr als im Osten bei einem wichtigen Europa-League-Spiel, sprach Bände. Vor dem Spiel verabschiedete sich Teddy De Beer, in der Halbzeit mit Manni und Neven zwei nicht weniger überragende Typen - und damit auch gefühlt endgültig ein gewaltiges Stück Dortmunder Zeitgeschichte.
War früher alles besser? Definitiv, weil es Daniel Danger noch nicht gab. Vielleicht, weil Neven mithilfe von Poldi’s verschossenem Elfmeter erneut Arjen Robben aus dem Meisterschaftsrennen schreien konnte. Vielleicht, weil Jan Koller’s riesige Stelzen nochmals im Tor stehen durften. Vielleicht, weil Alex Frei den ersten Treffer des Abends markierte. Vielleicht, weil man Otto Addo, diesmal mit vermutlich gesundem Kreuzband, Fußball spielen sehen konnte. Definitiv aber vor allem, weil Roman Weidenfeller noch zwischen den Pfosten stand. In Zukunft wird dies zwar nicht mehr so sein, doch die Erinnerungen werden nie erlöschen.
Dafür wollen auch wir als Redaktion sorgen. Erinnerungen an Roman Weidenfeller gibt es viele - wir haben versucht, einen Querschnitt der größten Momente der lebenden Legende wieder ins Gedächtnis zu rufen.
Meine liebste Erinnerung an Weidenfeller ist eigentlich die an jemand anderen. Nämlich an Guillaume Warmuz. Dessen Name erschallte von der Süd, als Weidenfeller damals gegen den HSV den Platz zum warmmachen betrat. Teils, weil man die beiden aus der Entfernung schlicht miteinander verwechseln konnte, zum anderen Teil aber auch, weil man mit diesem schnöselig bis arrogant wirkenden Jüngling nicht richtig warm wurde. Wenn man das als Startpunkt nimmt, dann zeigt das eigentlich noch viel stärker diese tolle Entwicklung zu einem verdienten, respektierten Borussen und ziemlich feinen Typen. Und es ist einfach schön, wenn am Ende doch alles gut wird. - Sascha
Ein gehaltener Elfmeter für die Ewigkeit: Als Robben im Strafraum fiel, saß ich Zuhause auf dem Sofa mit schlechtem Livestream und sah das Meisterschaftsrennen schon zu einem echten Drama werden. Der Rest ist Geschichte. Robben läuft an, Roman ahnt die Ecke und hält das Ding. Die Nachbarschaft vor Freude zusammengeschrien und ein paar Wochen später die Meisterschaft gefeiert. Danke, Roman! - Lino
Roman Weidenfellers Karriere beim BVB ist der beste Beweis dafür, dass man nie zu früh ein endgültiges Urteil über einen Spieler treffen sollte. Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass Roman Weidenfeller maßgeblich für zwei Meisterschaften und zwei Pokalsiege verantwortlich sein würde und sich zusätzlich noch Weltmeister nenen darf? Damals pendelte er jedes Jahr aufs Neue zwischen Stammelf und Bank, wurde erst von Guillaume Warmuz, dann von Dennis Gentenaar und später von Marc Ziegler gefordert. Alles gute Torhüter, aber meilenweit von Romans späterem Niveau entfernt. Es mag uns vielleicht eine Lehre sein. - Scherben
Ich nahm Roman erstmals so richtig bei einem Spiel in der Roten Erde wahr, als er bei unserer zweiten Mannschaft zum Einsatz kam. Das war im Sommer 2002 gegen den SV Babelsberg und war tatsächlich auch mein erster Besuch in der altehrwürdigen Stätte. Der BVB gewann dieses Spiel souverän mit 4:0, unter anderem dank eines Treffers des späteren WM-Helden David Odonkor. Die drei Punkte für diesen Sieg wurden den BVB-Amateuren kurze Zeit später jedoch leider wieder abgezogen, da der Verein einen nicht spielberechtigten Akteur einsetzte. Dessen Name: Roman Weidenfeller. - Malte D.
Mein persönlicher Roman Weidenfeller Moment spielt in der letzten Klopp-Saison: Die Mannschaft spielte schlecht und die Gegner machten gefühlt aus jeder Chance einen Treffer. Auch Roman wackelte und machte einen immer missmutigeren Eindruck. Als er schließlich noch seinen jungen Vordermann Matthias Ginter auf dem Platz zur Sau machte, reichte es mir. Zusammen mit einem Kollegen schrieb ich einen kritischen Text in dem wir Romans Rolle in der Krise anprangerten und ihn auch sportlich anzählten. Keiner rechnete damit was dann geschah. Weidenfeller griff zum Telefon und meldete sich bei einem schwatzgelb.de Redakteur, der Jahre zuvor mal ein Interview mit ihm geführt hatte. Er hatte den Text nicht nur gelesen, sondern war ehrlich betroffen, dass er von Fans so wahrgenommen wurde. Natürlich fühlte er sich auch ungerecht behandelt, aber es war ihm ein echtes Anliegen, das persönlich zu klären. "Hallo Arne, hier ist Roman..." wurde daraufhin in der Redaktion zum geflügelten Wort und mir war spätestens dann klar, dass Weidenfeller einer der Spieler ist, die sich mit dem BVB und seinen Fans weit über das übliche Maß hinaus identifizieren. Ein echter Borusse eben! -Web
Eine Zeit lang stand ich häufiger in Block 14, an der Grenze zu 13. Auf der anderen Seite vom Zaun stand jemand, der bei jedem(!) Ballkontakt von Weidenfeller schrie "Fausten". Egal, ob er den Ball am Fuß hatte oder dieser nach einer Ecke in den Strafraum segelte - "Fausten!". Roman war sicher nicht der beste Fußballer, ich erinnere mich noch gut an eine Trainingseinheit unter Peter Bosz, wo minutenlang ein Spielzug erklärt wurde, den Weidenfeller einleiten sollte und er pöhlt den Ball einfach stumpf ins Seitenaus. Aber: Er haute sich rein, riskierte oft Kopf, Kragen und Rippen, um Bälle abzuwehren und das konnte er. Im eins gegen eins und auf der Linie besonders gut. Vom "Weidenfehler" zum Fels, von der Talsohle der Fast-Insolvenz bis zum Double und ins Champions League Finale. Es gibt wirklich nicht viele Spieler, die so eine Zeit beim Verein durchmachen und so eine Verbundenheit, auch gegenüber den Fans, leben. Und dann sind da natürlich noch die ganzen kurzen und bedeutenden Momente, die im Gedächtnis bleiben: wie er die Schale 2011 hochreckt, wie er den Elfmeter gegen Robben hält, wie er unter Schmerzen bei der Pokalübergabe hüpft und wie er nach dem gewonnen Derby auf den Zaun klettert. - Seb
Es ist nicht einfach, aus den vielen tollen Momenten, den einen Lieblingsmoment herauszusuchen. In 16 Jahren haben sich viele Erinnerungen angesammelt. Viele schöne, viele traurige. Aber alle besonders. Roman war in meinen ganzen Fan-Jahren immer präsent. War immer da und gehört für mich zum BVB dazu. Roman und Borussia Dortmund sind eins. Ein schöner Moment, vielleicht einer meiner liebsten, ist noch gar nicht so lange her. Das letzte Bundesligaspiel für den BVB auswärts in Sinsheim. Nach dem Abpfiff des Spiels und gleichzeitig dem Abpfiff einer großen Spielerkarriere ging er schnurstracks zur Gästekurve. Hat in der Kurve mit den Fans gesungen, hat sich feiern lassen. In diesem Augenblick, dieser inoffiziellen Verabschiedung, ist mir noch einmal bewusst geworden, wie sehr Roman das Gesicht des BVBs geprägt hat, wieviel er den Fans bedeutet. Und andersherum. Es war nicht immer die einfachste Beziehung, nicht die perfekteste aber doch eine wunderschöne. - Nicky
Es ist die eine Szene am 20.03.2010, die mir bei Weidenfeller immer wieder einfällt. Dortmund spielt an diesem 20. Spieltag abends um 18:30 Uhr gegen Leverkusen. Und Bayer spielt Dortmund phasenweise an die Wand. Bereits nach 11 Minuten rettet Weidenfeller gegen den frei vor ihm auftauchenden Kießling ehe es in der 20. Minute zur besagten Szene kommt: Gonzalo Castro, damals noch in Leverkusen, flankt und Eren Derdiyok kommt zum Kopfball. Der Ball hätte genau unter die Latte gepasst, wenn, ja wenn nicht im letzten Moment Weidenfellers Hand aufgetaucht wäre und den Ball über die Latte gelenkt hätte. Es war vom Absprung bis zur Landung eine einzige fließende Bewegung, eine Parade, wie aus dem Lehrbuch, die der Borussia das 0:0 rettete. Der Rest ist schnell erzählt: Barrios (2) und Rangelov schossen in der zweiten Halbzeit Leverkusen mit 3:0 nach Hause und am Ende der Saison qualifizierte sich Dortmund zum ersten Mal seit Jahren wieder über die Liga für den Europapokal. - Michael
Vermutlich könnte man noch Bücher füllen mit der Anzahl an verschiedenen Dingen, Szenen, Paraden und glorreichen Momenten, die jeder einzelne BVB-Fan mit der ewigen Nummer 1 verbindet und für immer verbinden wird.
Ein Satz geht jedoch jedem Borussen leicht von den Lippen: Danke, Roman. Für alles!