VW gegen VW – Unternehmen übernehmen die Regie
Mal wieder Volkswagen. Wenn es um Interessenskonflikte in der Bundesliga geht, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass Volkswagen daran beteiligt ist. In der abgelaufenen Bundesliga-Saison war der Wolfsburger Konzern an gleich drei Vereinen anteilsmäßig beteiligt. Der VfL Wolfsburg ist eine hundertprozentige Tochter des Konzerns, bei Bayern München hält das Unternehmen über die Tochter Audi Anteile in Höhe von 8,3 Prozent und ist im Aufsichtsrat vertreten. Beim FC Ingolstadt sind es sogar 19,9 Prozent, die Audi gehören. Ingolstadt ist der Stammsitz des Unternehmens. Doch damit nicht genug: In der ersten und zweiten Liga sponsert Volkswagen selbst oder eines der vielen Tochterunternehmen etwa die Hälfte der Vereine. Der gewaltige Einfluss, der noch durch das Sponsoring des DFB-Pokals abgerundet wird, sorgte schon in der Vergangenheit für kurze Wege, bspw. beim Wechsel von Luiz Gustavo aus München nach Wolfsburg, bei dem VW-Chef und Bayern-Aufsichtsrat Martin Winterkorn eifrig mitmischte.
Kurze Wege schön und gut – aber wie sieht es aus, wenn zwei „VW-Vereine“ gegeneinander spielen? Eine heikle Situation gab es am 29. Spieltag dieser Saison. Der VfL Wolfsburg empfing als Tabellenvierzehnter den Vorletzten aus Ingolstadt. Beide Mannschaften trennten nur zwei Punkte, Ingolstadt setzte nach drei Siegen in Folge zum Überholvorgang an – und wurde von Wolfsburg mit 3:0 ausgebremst. Pikant: Hätte Ingolstadt die Partie für sich entschieden, wäre Wolfsburg direkt abgestiegen, während Ingolstadt in der Relegation nachsitzen dürfte. In der Wolfsburger Konzernzentrale wird man aufgeatmet haben und es gibt – das sei an dieser Stelle ganz ausdrücklich betont – keine Hinweise auf eine Manipulation zugunsten des VfL. Aber es hätte Möglichkeiten gegeben.
Nun spielt also statt den Ingolstädtern der VfL in der Relegation und die gute Nachricht ist, dass Volkswagen keine Anteile an der Eintracht aus Braunschweig besitzt. Die Schlechte: Ohne den Hauptsponsor Seat, einem VW-Tochterunternehmen, und den Premiumpartner Volkswagen-Bank wären die Braunschweiger finanziell weit schlechter aufgestellt. Selbst DFB und DFL sahen sich genötigt, angesichts dieser Konstellation jede Form von Interessenskonflikt zu bestreiten.
Nicht nur Volkswagen ist das Problem
Volkswagen ist beileibe kein Ausnahmefall, Interessenskonflikte gibt es in der Bundesliga zuhauf. Ein anderer bekannter Fall ist RaBa Leipzig. Der „Verein“ ist bekanntermaßen nur das aktuell wichtigste Standbein eines ganzen Netzes von Fußballfilialen. Der Aufschwung der Leipziger geht zulasten der Salzburger Filiale, die scheinbar nur noch dazu dient, jungen Leipzigern Spielpraxis zu gewähren. Transfers zwischen beiden Zweigstellen sind beinahe alltäglich und dienen offenbar auch dazu, die Bilanzen so zu gestalten, dass sie den Bestimmungen des Financial Fairplay entsprechen. Sollte es beiden Vereinen gestattet werden, an der Champions League im nächsten Jahr teilzunehmen, wäre die sportliche Farce perfekt.
Aber warum in die Ferne schweifen, das Grauen liegt so nah. Interessenskonflikte gibt es nämlich auch beim BVB, man denke nur an Puma. Der BVB war in der vergangenen Saison der einzige Verein des Unternehmens aus Herzogenaurach, in der kommenden Spielzeit wird auch die andere Borussia von Puma ausgerüstet. Doch Puma ist nicht nur Ausrüster beim BVB, sondern auch Anteilseigner. Noch heikler ist, dass Puma einen Teil des Gehalts von Marco Reus übernommen hat. Was aber heißt dies für den Fall, dass der BVB einmal ein wirtschaftlich attraktiveres Angebot von den Puma-Konkurrenten Adidas oder Nike bekommt? Wie flexibel sind die Verträge gestaltet? Kann der BVB problemlos den Partner wechseln, ohne vielleicht mit dem Verlust des wichtigsten Spielers rechnen zu müssen? Die Vereine gehen solche Partnerschaften ein, weil sie finanziell attraktiv sind und Geld Tore schießt – aber mittel- bis langfristig können sie sich auch zu ihren Lasten entwickeln.
Es wird Zeit, dass die Verbände etwas ändern
Spielmanipulationen sind in Deutschland sicherlich noch nicht an der Tagesordnung, doch auch hier hatten wir schon Wettskandale. Und erst jüngst geriet die Partie Osnabrück gegen Paderborn ins Visier der Ermittler, weil Osnabrücker Spieler für eine gute Leistung Geld seitens der Spieler von Werder II – den direkten Abstiegskonkurrenten von Paderborn – gefordert haben sollen. Wenn das bislang noch gegebene Vertrauen in den sportlichen Wettbewerb nicht leiden soll, muss sich etwas ändern. Der Fußball generiert mittlerweile gewaltige Umsätze, die halbseidene Figuren anlocken wie das Licht die Motten. Es wird Zeit, dass der Fußball dem entgegensteuert, Transparenz schafft sowie klare Regeln gegen Interessenskonflikte aufstellt und vor allem durchsetzt. Hier sind die nationalen und internationalen Verbände gefragt. Passieren wird aber wohl nichts, denn die Halbseidenen sind auch hier schon lange angekommen.