Antisemitische Sticker im Fußball
Nachgemacht von den "Irriducibili" von Lazio Rom sind jetzt auch hier Sticker mit dem Abbild von Anne Frank aufgetaucht.
Es gibt Dinge, die sind so widerlich, dass man sie am liebsten verschweigen möchte. Weil man nicht möchte, dass sie sich weiter verbreiten, vielleicht auch, weil man sich fälschlicherweise dafür schämt, dass sie von Menschen begangen wurden, mit denen man eine Gemeinsamkeit hat. Aber das wäre falsch. Sie gehören ans Licht und in die Öffentlichkeit gezerrt. Schon allein, um andere davor zu warnen, ihnen zu glauben oder auch nur davor, sie zu unterschätzen.
Die Ruhrbarone berichteten am vergangenen Sonntag über einen derartigen Fall. Sticker im Stile der altbekannten Panini-Sammelbildchen mit dem Gesicht von Anne Frank als Spielerin des FC Schalke 04. Die historischen Hintergründe der Person Anne Frank sollten durch ihr Tagebuch allen Menschen bekannt sein. Annelies Marie Frank, so ihr vollständiger Name, wurde im Februar oder März 1945 im Alter von 15 Jahren im KZ Bergen-Belsen wegen ihres jüdischen Glaubens umgebracht.
Natürlich ist es kein Zufall, dass diese Sticker nur wenige Tage später hier auftauchen, nachdem die faschistische Ultragruppierung Irriducibili (die Unbeugsamen) von Lazio Rom europaweit in die Schlagzeilen geriet, weil sie die Ränge der "Curva Sud", der Tribüne vom Stadtrivalen AS Rom, mit Stickern von Anne Frank im roten Trikot der Roma beklebten. Der Hintergrund dieser Aktion ist klar. "Jude" als Abwertung, als Beschimpfung, als Forderung nach einer Vernichtung des Gegners. Nur ein vorläufiger Höhepunkt in einer langen Geschichte von homophoben, rassistischen und antisemitischen Ausfällen.
Ebenso stehen die Sticker in einem dunklen Kontext antisemitischer Lieder wie dem "U-Bahn Lied" oder "Zyklon B für UGE", die noch vor zehn oder fünfzehn Jahren häufig von Dortmunder Seite im Rahmen des Derbys intoniert wurden. Der beharrlichen Arbeit verschiedener Fan- und Vereinsinstitutionen ist es glücklicherweise gelungen, diese Gesänge weitestgehend zu ächten. Zudem ist gerichtlich die Strafbarkeit des "U-Bahn Liedes" als Tatbestand der Volksverhetzung festgestellt worden.
Die jetzt aufgetauchten Sticker zeigen klar, dass es gar keinen Grund gibt, selbstgefällig die Nase zu rümpfen und auf "italienische Verhältnisse" zu verweisen. Auch auf unseren Tribünen, oder zumindest im Fußballumfeld, bewegen sich Menschen mit der gleichen rassistischen Ideologie. Die Erstellung derartigen Materials darf nicht als schwarzer Humor, der über das Ziel hinaus geschossen ist, oder falsch verstandene Derbyrivalität verklärt werden. Nichts, worüber man im stillen Kämmerlein heimlich schmunzeln und sich denken kann "böse, aber gut". Die Sticker zeugen von einer geschlossen antisemitischen Gedankenwelt und ihre Verbreitung ist der Versuch, andere in diese Gedankenwelt einzuladen. Indoktrination über Fußball. Dass der Bezug zum Derby, in dessen Zusammenhang es häufig etwas gehässiger zugeht und Beleidigungen häufiger toleriert werden, hergestellt wird, macht die Sache noch perfider.
Fallt nicht auf diese
Menschen herein und schenkt ihnen kein Gehör. Lasst nicht zu, dass
sich ihre Weltanschauung auf der Tribüne verbreitet. Wenn ihr diese
oder ähnliche Sticker seht, nehmt sie nicht einfach als etwas
Normales hin, sondern seht sie als das, was sie wirklich sind:
widerlich, antisemitisch, unmenschlich. Redet mit euren Freunden und
Kollegen in den Fanklubs darüber und sensibilisiert sie für solche
Versuche der Einflussnahme.
Gegen Rassismus,
Diskriminierung und Antisemitismus.