Vorverkaufsgebühren gehören abgeschafft
Ein Unternehmen erhebt eine Gebühr dafür, dass man bei ihm etwas kauft. Was woanders Kopfschütteln hervorruft, funktioniert beim Verkauf von Eintrittskarten. Der BVB erhebt pauschal 10 % als Vorverkaufsgebühr auf den Ticketkauf. Eine verdeckte Preiserhöhung, die längst abgeschafft gehört.
Stellt Euch mal folgendes Szenario vor: Ihr steht bei einem der großen Discounter an der Kasse, grinst darüber, dass ihr es geschafft habt, für genau 19,09 € einzukaufen und werft dann einen Blick auf den Kassenzettel: „Alle Preise inklusive 10 % Verkaufsgebühr“. Dann fragt ihr einfach verdutzt den Kassierer, was denn das für eine besondere Gebühr sei und er antwortet Euch darauf, dass sie dafür erhoben werde, dass ihr bei dieser Kette einkauft. Vielleicht denkt Ihr Euch dann verwundert, dass es doch eigentlich nichts Besonderes ist, dass Leute bei einem einkaufen, wenn man etwas zu verkaufen hat und dies zum ganz normalen Geschäftsablauf gehört.
Im Fußball scheint das allerdings immer noch ein ganz besonderer Fall zu sein, weil die Vereine in der Regel auf ihre Ticketpreise, zumindest bei den Tageskarten, noch eine gesonderte Vorverkaufsgebühr erheben. Häufig fällt das erst dann auf, wenn man sich die Rechnung genauer durchliest, weil erst dort der ausgewiesene Tageskartenpreis in den nominalen Ticketpreis und den Gebührenanteil aufgesplittet wird.
Bei Borussia Dortmund beträgt er pauschal 10 % des Eintrittspreises. Völlig unabhängig davon, ob man sich eine Steh- oder Sitzplatzkarte kauft, ob man bei einem Auswärtsspiel noch mit einem Topspielzuschlag zwangsbeglückt wird, oder ob es sich dabei um ein x-beliebiges Bundesligaspiel oder ein tendenziell eher hochpreisiges Auswärtsspiel in der Champions-League handelt. Dabei ist diese Vorverkaufgebühr noch ein Relikt aus grauen Profifußballvorzeiten, in denen zwei oder drei freundliche Damen in verrauchten Geschäftsstellenzimmern für den eigenen Ticketverkauf zuständig waren und viele Eintrittskarten über regionale Vorverkaufsstellen abgewickelt wurden, die schließlich für diesen Service des Zwischenverkaufs auch einen monetären Gegenwert erwartet haben.
Nun, die Angestellten im Ticketing des BVB sind auch heutzutage noch freundlich, aber ansonsten hat sich der Vertrieb grundlegend geändert. Zumindest in Dortmund ist es kaum noch möglich, Tickets auf einem anderen Wege als dem Vorverkauf zu erwerben, weil die gute, alte Tageskasse mittlerweile so intensiv genutzt wird wie etwa eine Telefonzelle. Ein Großteil der Karten wird in Paketen an die Fanclubs veräußert oder über die Telefonhotline, bzw. via Servicepartner Eventim über den Onlineshop verkauft. Bei Letzterem muss der Verein noch nicht einmal die Tickets manuell versenden, weil der Käufer auch die Möglichkeit hat, seine Karte einfach per print@home als PDF auszudrucken. Der Anteil an Karten, die noch bei den bekannten VVK-Stellen über den Ladentisch gehen, so lässt auch ein Blick in die dortigen Onlineshops vermuten, dürfte sehr gering sein.
Überlebt haben all diese Änderungen auch die zehn Prozent Vorverkaufsgebühren, die nun allerdings zu einem großen Teil bei Borussia Dortmund selber verbleiben. Selbst wenn, wie im Falle von print@home, der eigentliche Aufwand minimal ist. Bei Auswärtsspielen zahlt Fan häufig genug diese Gebühr sogar doppelt wie man am Beispiel unseres Auswärtsspiels in Hannover sehen kann. Der dortige Stehplatz kostet 14,00 €. Dieser Betrag ist, so steht es explizit in der Preisliste, inklusive Vorverkaufsgebühr. Obwohl der Heimatverein also seine Gästetickets im Paket zum Gastverein schickt, bleibt die Gebühreneinnahme bei dieser einmaligen „Massenbearbeitung“ genau so hoch wie bei einem Einzelversand. Der BVB wiederum schlägt auf diesen Preis erneut 10 % auf und verkauft die Stehplatzkarte für 15,40 €. Obwohl bei diesen Tickets zumindest der ganze Beschaffungsvorgang entfällt. Dass dieser Vorgang für Heim- und Gastverein am einfachsten und einträglichsten ist, liegt auf der Hand. Der Dumme ist allein der Gästefan, der die VVK-Gebühr doppelt und somit für das gleiche Ticket mehr als der Heimfan zahlen muss. Ganz davon abgesehen, dass beim postalischen Versand on top zumindest bei unserer Borussia noch ein deftiger Betrag kommt, zu dem man selber als Privatperson locker ein kleines Paket verschicken kann.
Um welche Beträge es dabei insgesamt geht, lässt sich nur grob überschlagen. Im Beispiel des Auswärtsspiels in Hannover werden für Stehplätze die erwähnten 1,40 € und für Sitzplätze 3,30 € als Gebühr erhoben. Mit 49.000 Plätzen liegt 96 damit nur ganz knapp über dem rechnerischen Mittel von 47.000 Plätzen pro Erstligist in dieser Saison. Aufgrund der Regelung, dass Gästefans 10 % der Kapazitäten für Heimfans zur Verfügung gestellt werden müssen, können wir bei einer Verteilung von durchschnittlich 700 Gästesteher und 4.000 Gästesitzern bei 17 Bundesliga- und 3 CL-Auswärtsspielen selbst unter Ansetzung der verhältnismäßig günstigen Ticketpreise von Hannover von rund 280.000 € pro Saison ausgehen. Nimmt man dann noch an, dass bei der gleichen Anzahl an Heimspielen vielleicht 3.000 Tickets zuhause ausgedruckt werden, kommen in der günstigsten Sitzplatzkategorie von aktuell 31,90 € (=29,00 € ohne 10 % VVK) weitere 174.000 € hinzu.
Natürlich, alles grobe Schätzungen, aber sie zeigen, auf welche gesamte zusätzliche Einnahme sich diese unscheinbare Gebühr für Borussia Dortmund pro Saison summieren kann. Und sie erhöht sich mit jeder Saison, in der die Preise turnusmäßig aufgrund der „Inflation“ um 2 % angehoben oder Tribünenbereiche in höhere Preiskategorien verschoben werden. Während man auf der anderen Seite natürlich bei Borussia Dortmund daran arbeitet, diese Vorgänge weiter zu automatisieren und den manuellen Aufwand zu minimieren.
Es wäre auch eine Erklärung dafür, warum es bislang keine nach außen erkennbare Initiative seitens Borussia Dortmunds innerhalb der DFL gab, für eine generelle Abschaffung von Topspielzuschlägen für Gästefans zu werben. Wir Schwatzgelben sind nach den Bayernfans am zweithäufigsten von dieser ungerechten Erhebung betroffen. Nehmen wir mal den HSV als Extrembeispiel, kostet die günstigste Sitzplatzkarte gegen die Bayern 41,00 €, gegen Hoffenheim jedoch nur 26,00 €. Schieben wir den Umstand, dass ein derartiges Gefälle für ein Gastspiel bei einem potentiellen Zweitligisten nur mehr als irrsinnig ist, zur Seite, würde der BVB ohne Topspielzuschlag pro Karte 1,50 € an Gebühr weniger verdienen. Der Gesamtbetrag erscheint mit 7.050,00 € zwar lächerlich gering, dürfte für den BVB aber schon das Monatsgehalt von zwei Mitarbeitern im Ticketing decken.
Unter
dem Strich ist es nahezu absurd, in einer Zeit, in der der Handel
auch von Eintrittskarten immer mehr ins Internet verlagert und
automatisiert abgewickelt wird, eine Zusatzgebühr für den reinen
Verkaufsvorgang zu erheben. Erst recht, wenn die Vorverkaufsgebühr
in der pauschalen und willkürlichen Form, in der sie von Borussia
Dortmund erhoben wird, nahezu komplett vom real anfallenden Aufwand
abgekoppelt ist. Zumindest erschließt sich der Grund nicht, warum die Gebühr für das Ausstellen einer Karte für den Sitzplatzbereich mindestens doppelt so hoch ist wie für einen Stehplatz. Sie mag vor vielen Jahren einen echten Sinn und
Grund gehabt haben, ist mittlerweile jedoch nichts weiter als eine
verdeckte Preiserhöhung und gehört somit zumindest für den Verkauf durch den BVB abgeschafft.