Ginter wechselt die Borussia
Wenn ein Spieler über 100 Pflichtspiele für den BVB absolviert hat und dann den Verein wechselt, kann man eigentlich nur enttäuscht sein, weil ein – von den Statistiken ausgehend – etablierter Borusse nun nicht mehr das schwarzgelbe Trikot tragen wird. Bei Matthias Ginter ist das ja vielleicht ein bisschen anders. Da schwingt weder Freude noch Enttäuschung mit. Freude vielleicht noch eher, weil man diesem jungen Spieler eine tragendere Rolle bei einem anderen Klub wünscht und auch gönnen würde. Enttäuschung aber nicht wirklich. Ginter stand drei Jahre für unseren Ballspielverein auf dem Platz. Gekämpft und vollen Einsatz geboten hat er dabei immer. Mangelnde Einstellung kann man ihm wahrlich nicht vorwerfen. Festzuhalten bleibt aber auch, dass er vom Gefühl her nie den nächsten Entwicklungsschritt machen konnte. Zugegeben hat er für sein immer noch junges Alter mittlerweile eine beachtliche Zahl an Bundesligaspielen vorzuweisen und auch die Einsätze auf internationalem Parkett – ob nun auf Klubebene oder in verschiedenen Auswahlmannschaften – lesen sich wie bei einem alternativlosen Leistungsträger. Aber eben genau das zu sein, hat Ginter nicht wirklich geschafft. Gescheitert ist er nicht. Aber er ist auch nicht in der ersten Reihe etabliert, sodass ein Verkauf überhaupt nicht in Frage käme.
Irgendwann drängte sich dann Lukasz Piszczek wieder auf und holte sich seinen Stammplatz zurück. Ginter pendelte zwischen Außenverteidigung, Innenverteidigung und defensivem Mittelfeld und war dabei auch stark den Launen von Thomas Tuchel ausgesetzt. Hinzu kam, dass sich individuelle Schnitzer immer wieder einschlichen und sein Eigenart der Zurückhaltung es ihm nicht erlaubte, ein größeres Selbstbewusstsein für die eigene Spielweise aufzubauen. Defensive Instabilität und Schwächen der Defensive im Spielaufbau gingen leider allzu oft einher mit seinem Namen. Was fehlte, war die Konstanz. Guten Spielen folgten in aller Regelmäßigkeit schwächere Auftritte mit teils krassen Böcken, sodass seine Personalie eher als gute Bankalternative denn als Stammkraft betrachtet wurde.
Auch in der vergangenen Saison gehörte Ginter in 26 Bundesligaspielen der Startelf an – hinzu kamen viele Einsätze in Champions League und Pokal, dort unter anderem ja auch im Finale. Das sind respektable Statistiken. Einen wirklich bleibenden Eindruck konnte er dennoch nicht hinterlassen. Das Mitläufer-Image lastet ihm irgendwie an.
So verliert Borussia Dortmund einen Spieler, der vielleicht ein oder zwei Jahre zu früh den Schritt zu einem Spitzenteam gewagt hat. Oder für den der Ballspielverein einfach nicht mehr die richtige Adresse ist, weil er den erwarteten nächsten Schritt nun doch besser in einem anderen Umfeld gehen kann. Die Perspektive mit großer Konkurrenz auf den Defensivpositionen war für Ginter recht eingeschränkt. Fakt ist, dass eine Ablösesumme von 17 Millionen Euro (plus etwaige Bonuszahlungen), die im Raum steht, kein schlechter Wert für einen noch jungen Defensivspieler ist. Diesen Wert musste sich Matthias Ginter auch erst einmal erarbeiten. Er war da, wenn er gebraucht wurde, murrte nicht rum, wenn der Bedarf mal nicht vorhanden war und konnte immer ins kalte Wasser geworfen werden.
Für Ginter und den BVB kann dieser Schritt kein falscher sein. Denn beide Parteien sind dankbar für den gemeinsam zurückgelegten Weg, wissen aber auch, dass der zukünftige Weg auch ohne einander funktionieren wird. Ähnlich wird es uns Fans gehen.
Auch wir bedanken uns für drei Jahre Einsatz und Leidenschaft und wünschen Matthias Ginter für die Zukunft alles Gute!