Was ist bloß aus Dir geworden, Freddie Röckenhaus?
Im Nachgang an das Spiel in Leipzig veröffentliche der bekannte Journalist Freddie Röckenhaus drei Texte mit deutlicher Kritik in Richtung der Ultraszene. Aber offensichtliche qualitative Fehler und merkwürdige Andeutungen lassen die Fragen nach dem Warum zurück.
Es war einmal ein Journalist aus Dortmund, der etwas sehr, sehr Wichtiges für Borussia Dortmund gemacht hat. Er hat in bester Manier recherchiert, mit verschiedenen Leuten gesprochen, nachgehakt und am Ende stand eine Story über den wahren finanziellen Zustand des BVB. Seine Artikel brachten die Wahrheit ans Licht, letztendlich Niebaum und Meier zu Fall und Borussia Dortmund zu einer Chance auf den Neustart. Weil er sauber und gewissenhaft gearbeitet hat.
Irgendwann stach er allerdings mehr mit wirklich tollen TV-Sendungen, die alle möglichen Orte Deutschlands von oben zeigten, hervor, denn durch wirklich gute und wichtige Schreibarbeiten rund um den Verein. Schon mit Ex-Trainer Jürgen Klopp führte er öffentlich eine merkwürdige Privatfehde via der Süddeutschen Zeitung, an deren Ende er die persönliche Freude über ein Scheitern von Klopp kaum verstecken konnte.
Was von Freddie Röckenhaus aber in den letzten Tagen zum Spiel gegen Leipzig und dessen Folgen publiziert wurde, war allerdings nur noch ein erschütternd schwacher Abklatsch des seriösen und gewissenhaft arbeitenden Jorunalisten der Vergangenheit. Weit weg von Deutschland, während eines Auslandsaufenthaltes von ihm, erschien am 07.02.2017 der erste Artikel mit dem Titel "Das Beben bei Borussia nach der Schande". Jedem Leser mit etwas Hintergrundwissen wurde klar, dass Röckenhaus zwar immer noch Kontakte in die Geschäftsstelle am Rheinlanddamm besitzt und einiges zum Spiel, den üblichen Gesetzen des Fußballbusiness und zum Klima in der Mannschaft erzählen kann, der Bereich "Fan" aber nicht unbedingt zu seinem Kompetenzbereich zählt.
Die Texte enthalten sachlich falsche Angaben
Auffällig waren Anmerkungen, die schlicht und ergreifend falsch sind. Er bezeichnete The Unity als Dortmunds älteste Ultragruppe, obwohl die Desperados zwei Jahre vorher gegründet wurden. Das Bündnis "Südtribüne Dortmund" sei eine Art Ultra-Dachverband, unter dem sich die drei Gruppen organisiert hätten. Dabei findet man auf der Homepage der Seite Mitgliedsanträge für Einzelfans und Fanclubs zum Download. Nicht der übliche Weg, auf dem man Mitglied bei "den Ultras" wird. Laut Röckenhaus hätten auch alle sieben hauptamtlich beschäftigten Fanbeauftragten einen Hintergrund als Mitglied einer Ultragruppe. Spätestens bei der Vorstellung, dass Petra Stüker, die bei Borussia Dortmund eine Fanbeutreuung überhaupt erst aufgebaut hat und über viele Jahre hinweg für die Verteilung der Fanclubkarten zuständig war, mal im schwarzen Windbreaker im Ultramob Doppelhalter in den Himmel gereckt haben soll, dürfte das Gros der Vertreter registrierter Fanclubs in schallendes Gelächter ausbrechen. Zwei Wochen später revidierte er in seinem Folgetext "Mittelerde wird zugemacht" die Zahl der Fanbeauftragen mit Ursprung in der Ultrabewegung auf fünf, liegt damit aber immer noch falsch.
Das sind für sich genommen alles keine schwerwiegenden Fehler, aber zusammen zeigen sie deutlich, dass es sich hierbei nicht um Röckenhaus' Spezialgebiet handelt und eine Recherche maximal oberflächlich erfolgt ist. Viel verheerender sind jedoch die Aussagen, die mehr oder weniger versteckt im Subtext mitschwingen. So klingt es unterschwellig, als hätten Ultras als Fanbeauftragte wichtige Stellen innerhalb der KgaA besetzt, um dort für die Gruppen Lobbyarbeit zu leisten. Natürlich weiß jeder, dass Daniel Lörcher früher für The Unity auf dem Vorsängerpodest stand, aber das ist jetzt fünf Jahre her. Die Gruppe, die er damals verlassen hat, hat sich seitdem sehr verändert. Und wer Daniel nur ein bisschen kennt, weiß mit welcher Ernsthaftigkeit und welchem Engagement er seinen Beruf ausübt. Niemand wird ihm und seinen Kollegen ernsthaft unterstellen, seine Arbeit an den Interessen der Ultragruppen zu orientieren. Die Fanbauftragten sind wichtige Anlaufstellen bei Auswärtsspielen, sie organisieren die Veranstaltungen der Fantage und planen und organisieren maßgeblich die Gedenkstättenfahrten. Nur drei Aufgaben von vielen anderen.
Dass man diesen Text mittlerweile im Internet nicht mehr findet, liegt an einer erwirkten Unterlassungserklärung aufgrund haltloser Unterstellungen in Richtung von Jan-Henrik Gruszecki. Wir wollen das in dieser Stelle nicht wiederholen, damit diese Zeilen möglichst schnell aus der Welt, respektive dem Internet, verschwinden, aber die Art und Weise, wie hier der Ruf von Janni geschädigt wurde, ist durch nichts zu entschuldigen.
Wurden die Ultragruppen um Zustimmung beim Götzetransfer gebeten?
Etwas deutlicher wird Freddie Röckenhaus am 18.02.2017 im bereits erwähnten Text "Mittelerde wird zugemacht", in dem er allen Ernstes darstellt, dass Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke die Ultragruppen im Vorfeld des Götze-Transfers um Zustimmung gebeten habe. Die Wirkung dieser Darstellung auf den Leser ist klar: Beim BVB bestimmen "die Ultras" sogar die Transferpolitik mit. Richtig ist, dass es im Frühjahr ein Treffen gab, allerdings waren auch Vertreter verschiedener, großer Fanclubs und -initiativen zugegen. Es ging dabei um die Frage, wie Fans zu den Bemühungen um eine Rückholung von Mario Götze stehen würden, wenn sich denn die Gelegenheit böte. Natürlich war jedem dabei klar, dass dieser Konjunktiv schon etwas konkreter sein wird, aber es ging um die Einholung eines Stimmungsbildes. Ein Vorgang, der nur absolut nachvollziehbar war zu einer Zeit, in der Mario Götze sich nicht einmal zum Warmmachen vor die Südtribüne trauen konnte. Er ist nicht einmal ein Novum in der Vereinsgeschichte. Bereits bei der Rückholung von Andi Möller wurden im Vorfeld Fanmeinungen eingeholt.
Und wirklich niemand aus dieser Runde hat die Treffen mit dem Hochgefühl, "Transferpolitk machen zu dürfen" verlassen. Es war von vorneherein klar, dass die Entscheidung bei Borussia Dortmund liegt und man sich mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem erneuten Engagement Götzes beim BVB wird anfreunden müssen. Hätten die Gruppen wirklich den Daumen zu einem Transfer von Mario Götze heben oder senken dürfen - Götze wurde heute eher nicht in Dortmund angestellt sein.
Röckenhaus verwendet undifferenziert Nazianalogien
Dabei ist der Text
insgesamt nicht von der Hand zu weisen, die Kritik an der Dortmunder
Ultraszene sogar berechtigt und die Gruppen werden sich ihr stellen
müssen. Aber auf eine faire und objektive Art und Weise und nicht
mit derartigen Unterstellungen und Halbwahrheiten. Einen
Journalisten, vor allem einen mit so einer Erfahrung und Reputation
wie Freddie Röckenhaus, sollte man daran nicht extra erst erinnern
müssen.
Unter dem Strich bleibt vor allem Ratlosigkeit. Warum begibt sich Röckenhaus ohne große Not auf ein für ihn offenbar nicht gerade gewohntes Terrain und verbreitet Andeutungen, die Fans, Angestellte des BVB und sogar Geschäftsführer Watzke in einem schlechten Licht erscheinen lassen? Warum verbeißt er sich so hartnäckig in diese Thematik, dass er innerhalb von zwei Wochen drei ähnlich gelagertere Texte veröffentlicht? Und noch interessanter: Wer versorgt ihn mit Informationen, die nicht jedem zugänglich sind, auch wenn diese Informationen offenbar nicht ganz vollständig zu sein scheinen?
Und ganz zum Schluss:
Was ist bloß aus Dir geworden, Freddie Röckenhaus?
Wir wurden durch Freddie Röckenhaus anwaltlich zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert, da er einige Passagen des Artikels für unrichtig hielt. Wir haben uns die Zeit genommen, uns juristischen Rat einzuholen, und stehen nach eingehender Prüfung weiterhin zu unserem Artikel. Daher haben wir ihn heute unverändert erneut veröffentlicht.