Warmlaufen | 26.11.2024
Dinamo Zagreb gegen den BVB
Unsa Senf
Ist das Derby für dich das wichtigste Spiel der Saison?
Ist das Derby für dich das wichtigste Spiel der Saison?
Eigentlich eine einfache Frage und vor nicht allzu langer Zeit wäre mir ein „Na, klar“ als Antwort auch sofort und ohne zu zögern über die Lippen gekommen. Aber mittlerweile muss ich dabei überlegen. Dabei ist das Derby ohne Zweifel ein wichtiger Bestandteil meiner Fankarriere. Ich erinnere mich an viele fußballerisch wirklich üble Derbys auswärts in den 90ern und ganz besonders an ein völlig unverdientes und reingestochertes 1:0 von Susi Zorc kurz vor dem Schlusspfiff. Das „Ihr werdet nie deutscher Meister“, mit dem der ganze schwatzgelbe Teil der Zuschauer 2007 die blauen Möchtegernmeister zur Pause in die Kabine geleitet hat, hallt noch heute in meinen Ohren. Und das 3:3 zu Kloppos Derbypremiere, das wir, und da bin ich mit Sicherheit nicht alleine der Meinung, noch gewonnen hätten, wenn der Schiedsrichter den Mumm gehabt hätte, eine passende Nachspielzeit anzusetzen, habe ich anschließend so überschwänglich gefeiert, dass ich noch heute nicht wirklich weiß, wie ich die Strecke aus dem Kreuzviertel nach Hause in Essen geschafft habe.
Derby war ein fett und rot markierter Termin im Kalender. In der Woche vor dem Kick überschlug sich die Redaktion fast mit kreativ-witzig-bösen Ideen bis hin zum grandiosen Derbymarschbild, das uns einen amtlichen Rausschmiss unseres damaligen Forenhosters Parsimony beschert hat. Eine Mischung aus Kribbeln, Nervosität und, so ehrlich sollten wir sein, auch ein bisschen Bammel. Bammel, weil die 2000er Jahre aus Dortmunder Sicht kein wirkliches Ruhmesblatt in der Derbyhistorie darstellten. So oft gab es, teilsweise sogar deutlich, auf den Sack. Vor 2005 hatten wir sage und schreibe zehn Derbys auswärts nicht mehr gewinnen können und so zogen sich die Minuten nach den Treffern von Kehl und Ricken endlos dahin. Minuten, die ich hinter dem Rücken meiner Frau gekauert verbracht habe, um bloß keinen einzigen Blick aufs Spielfeld werfen zu können. Wenn ich es nicht sehe, dann passiert es nicht – mein ewiges Credo bei engen, spannenden Spielen. Auch wenn das in Wahrheit nicht weniger nervenaufreibend ist, wenn man bei einem Eckball auf das erleichterte Aufstöhnen aus dem eigenen Block hofft, das eine erfolgreiche Aktion zur Klärung begleitet und gleichzeitig den lauten Jubel der blauen Gegner befürchtet.
Es gibt wenige Spiele, die mich derart mitgenommen und aufgewühlt haben. Selbst die Anspannung bei absoluten Highlightspielen wie Wembley oder dem Pokalfinale kommt da schwer mit. Auch aufregend – aber anders. Die halbe Sekunde, in der der Linienrichter gegen Málaga die Fahne heben konnte, bis das Stadion mit unfassbarer Wucht explodierte, ist vielleicht vergleichbar mit den wenigen Augenblicken, in denen ich 2007 befürchtet habe, dass Ebis 2:0 ganz klar abseits sein musste.
Das Derby ist Teil und Ursache vieler wichtiger Erinnerungen als Fußballfan, das ist mir bewusst. Aber noch eins fällt mir auf, wenn ich darüber nachdenke. Die Spiele waren 1997, 2005 oder 2007 – bald mindestens zehn Jahre her. Das letzte Derby, das mir so richtig in Gedanken präsent ist, war 2010. Zusammen mit vielen anderen Kein-Zwanni-Protestlern in einer Kneipe zugeschaut, wie Kagawa die Gelsenkirchener Reihen durcheinander gewirbelt hat. Der Grundstein zur Sensationsmeisterschaft. Und seitdem?
Seitdem ist es für mich zwar immer noch ein wichtiges Spiel, das tunlichst gewonnen werden sollte. Aber auch das wichtigste? Wenn ich einen Superlativ zur Einordnung des Derbys wählen müsste, dann wäre es eher dieser: das nervigste Spiel der Saison. Ich bin mittlerweile schlicht und ergreifend froh, wenn der Abpfiff erfolgt, weil das der größtmögliche Zeitraum zwischen zwei Spielen von uns gegen die ist. Mir ist es zu viel, zu aufgesetzt und zu grell. Ich habe keine Lust, eine Woche lang auf Radiohören und Zeitung lesen zu verzichten, um abwechselnd Geschichten von den knuffigen Nachbarn in schwatzgelb und blauweiß, die Tür an Tür wohnen, frotzeln und sich gegenseitig die Gartenzwerge in Vereinsfarben verstecken, und hysterischen Gewaltfantasien aus dem Weg zu gehen. Ich mag es nicht mehr, wenn beim letzten Spiel vor dem Derby schon Lieder gegen GE angestimmt werden, während auf dem Rasen zehn Minuten verbleiben, in denen der Gegner den knappen 1:0-Vorsprung noch egalisieren kann. Und mich nerven zunehmend Diskussionen darüber, ob das Derby für Trainer, Spieler und Fans das wichtigste Spiel der Saison sein muss, weil Derbyfieber für mich nichts ist, das man verordnen kann. Entweder man hat es oder man hat es nicht. Und zumindest beim Trainer und den Spielern kann ich es mittlerweile nachvollziehen, wenn es dort fehlt und erwarte gar nicht, dass sie folkloristische Lippenbekenntnisse abgeben.
Eventuell wäre eine Pause gut. Ich zumindest hätte kein Problem damit, eine ganze Zeit ohne Derby auszukommen. Zehn Jahre vielleicht, um das alles mal wieder auf Null zu stellen. Einen Zwangsabstieg mit Neustart in der Kreisliga für die Meineidler fände ich dafür sehr sinnvoll. Denn bei allen Ermüdungserscheinungen in Sachen Derby, eine Konstante bleibt: Ich wünsche GE alles, aber nichts Gutes.
Eigentlich eine einfache Frage und vor nicht allzu langer Zeit wäre mir ein „Na, klar“ als Antwort auch sofort und ohne zu zögern über die Lippen gekommen. Aber mittlerweile muss ich dabei überlegen. Dabei ist das Derby ohne Zweifel ein wichtiger Bestandteil meiner Fankarriere. Ich erinnere mich an viele fußballerisch wirklich üble Derbys auswärts in den 90ern und ganz besonders an ein völlig unverdientes und reingestochertes 1:0 von Susi Zorc kurz vor dem Schlusspfiff. Das „Ihr werdet nie deutscher Meister“, mit dem der ganze schwatzgelbe Teil der Zuschauer 2007 die blauen Möchtegernmeister zur Pause in die Kabine geleitet hat, hallt noch heute in meinen Ohren. Und das 3:3 zu Kloppos Derbypremiere, das wir, und da bin ich mit Sicherheit nicht alleine der Meinung, noch gewonnen hätten, wenn der Schiedsrichter den Mumm gehabt hätte, eine passende Nachspielzeit anzusetzen, habe ich anschließend so überschwänglich gefeiert, dass ich noch heute nicht wirklich weiß, wie ich die Strecke aus dem Kreuzviertel nach Hause in Essen geschafft habe.
Derby war ein fett und rot markierter Termin im Kalender. In der Woche vor dem Kick überschlug sich die Redaktion fast mit kreativ-witzig-bösen Ideen bis hin zum grandiosen Derbymarschbild, das uns einen amtlichen Rausschmiss unseres damaligen Forenhosters Parsimony beschert hat. Eine Mischung aus Kribbeln, Nervosität und, so ehrlich sollten wir sein, auch ein bisschen Bammel. Bammel, weil die 2000er Jahre aus Dortmunder Sicht kein wirkliches Ruhmesblatt in der Derbyhistorie darstellten. So oft gab es, teilsweise sogar deutlich, auf den Sack. Vor 2005 hatten wir sage und schreibe zehn Derbys auswärts nicht mehr gewinnen können und so zogen sich die Minuten nach den Treffern von Kehl und Ricken endlos dahin. Minuten, die ich hinter dem Rücken meiner Frau gekauert verbracht habe, um bloß keinen einzigen Blick aufs Spielfeld werfen zu können. Wenn ich es nicht sehe, dann passiert es nicht – mein ewiges Credo bei engen, spannenden Spielen. Auch wenn das in Wahrheit nicht weniger nervenaufreibend ist, wenn man bei einem Eckball auf das erleichterte Aufstöhnen aus dem eigenen Block hofft, das eine erfolgreiche Aktion zur Klärung begleitet und gleichzeitig den lauten Jubel der blauen Gegner befürchtet.
Es gibt wenige Spiele, die mich derart mitgenommen und aufgewühlt haben. Selbst die Anspannung bei absoluten Highlightspielen wie Wembley oder dem Pokalfinale kommt da schwer mit. Auch aufregend – aber anders. Die halbe Sekunde, in der der Linienrichter gegen Málaga die Fahne heben konnte, bis das Stadion mit unfassbarer Wucht explodierte, ist vielleicht vergleichbar mit den wenigen Augenblicken, in denen ich 2007 befürchtet habe, dass Ebis 2:0 ganz klar abseits sein musste.
Das Derby ist Teil und Ursache vieler wichtiger Erinnerungen als Fußballfan, das ist mir bewusst. Aber noch eins fällt mir auf, wenn ich darüber nachdenke. Die Spiele waren 1997, 2005 oder 2007 – bald mindestens zehn Jahre her. Das letzte Derby, das mir so richtig in Gedanken präsent ist, war 2010. Zusammen mit vielen anderen Kein-Zwanni-Protestlern in einer Kneipe zugeschaut, wie Kagawa die Gelsenkirchener Reihen durcheinander gewirbelt hat. Der Grundstein zur Sensationsmeisterschaft. Und seitdem?
Seitdem ist es für mich zwar immer noch ein wichtiges Spiel, das tunlichst gewonnen werden sollte. Aber auch das wichtigste? Wenn ich einen Superlativ zur Einordnung des Derbys wählen müsste, dann wäre es eher dieser: das nervigste Spiel der Saison. Ich bin mittlerweile schlicht und ergreifend froh, wenn der Abpfiff erfolgt, weil das der größtmögliche Zeitraum zwischen zwei Spielen von uns gegen die ist. Mir ist es zu viel, zu aufgesetzt und zu grell. Ich habe keine Lust, eine Woche lang auf Radiohören und Zeitung lesen zu verzichten, um abwechselnd Geschichten von den knuffigen Nachbarn in schwatzgelb und blauweiß, die Tür an Tür wohnen, frotzeln und sich gegenseitig die Gartenzwerge in Vereinsfarben verstecken, und hysterischen Gewaltfantasien aus dem Weg zu gehen. Ich mag es nicht mehr, wenn beim letzten Spiel vor dem Derby schon Lieder gegen GE angestimmt werden, während auf dem Rasen zehn Minuten verbleiben, in denen der Gegner den knappen 1:0-Vorsprung noch egalisieren kann. Und mich nerven zunehmend Diskussionen darüber, ob das Derby für Trainer, Spieler und Fans das wichtigste Spiel der Saison sein muss, weil Derbyfieber für mich nichts ist, das man verordnen kann. Entweder man hat es oder man hat es nicht. Und zumindest beim Trainer und den Spielern kann ich es mittlerweile nachvollziehen, wenn es dort fehlt und erwarte gar nicht, dass sie folkloristische Lippenbekenntnisse abgeben.
Eventuell wäre eine Pause gut. Ich zumindest hätte kein Problem damit, eine ganze Zeit ohne Derby auszukommen. Zehn Jahre vielleicht, um das alles mal wieder auf Null zu stellen. Einen Zwangsabstieg mit Neustart in der Kreisliga für die Meineidler fände ich dafür sehr sinnvoll. Denn bei allen Ermüdungserscheinungen in Sachen Derby, eine Konstante bleibt: Ich wünsche GE alles, aber nichts Gutes.