The Dark Knight Rises
Pierre-Emerick Aubameyang ist nur augenscheinlich ein Paradiesvogel im sonst so bodenständigen Ruhrpott - auch beim BVB musste sich Afrikas Fußballer des Jahres 2015 erst durchbeißen. Wir schauen noch einmal auf seine Entwicklung.
Schnelle Autos, extravagante Kleidung, abwechslungsreiche Frisuren und eine Vorliebe für Superhelden – Pierre-Emerick Aubameyang ist schon ein interessantes Kerlchen. Seit Donnerstagabend kann man ihn noch mit einer besonderen Auszeichnung beschreiben: Afrikas Fußballer des Jahres 2015. Und es kommt schließlich nicht allzu häufig vor, dass der beste Spieler eines Kontinents beim Ballspielverein unter Vertrag steht. Aubameyang ist der erste Bundesliga-Spieler überhaupt, der in Afrika zum Spieler des Jahres gewählt wurde – und der erste Borusse, der die Wahl eines Kontinentalverbandes gewinnen konnte seit Lord Voldemort äh, Matthias Sammer.
Dabei wurde Auba aufgrund seiner Neigung zur Extravaganz zunächst belächelt, als er im Sommer 2013 zur Borussia wechselte – rund 13 Millionen war er dem BVB wert und damit nur halb so viel wie ein gewisser Henrikh Mkhitaryan, den es zum selben Zeitpunkt nach Dortmund verschlug. Passt dieser Typ mit seinem Hang zu großen Karren, die auch aus „The Fast and the Furious“ stammen könnten, mit goldenen Schuhen inklusive Svarovski-Steinchen und besonderen Torjubeln überhaupt in den Ruhrpott, zum Arbeiterverein? Braucht der BVB einen solchen Schnösel, der womöglich auch noch Star-Allüren mit sich herum trägt? Das waren die Fragen, die man nach seiner Verpflichtung oftmals hören konnte. Zweieinhalb Jahre später sprechen sowohl charakterliche als auch sportliche Gründe für den Mann, der sich selbst schon mal gerne mit PEA17 abkürzt.
121 Spiele bestritt „Auba“ inzwischen für den BVB, erzielte dabei 68 Tore und bereitete weitere 22 vor. Und charakterlich scheint es auch zu stimmen – mit Marco Reus scheint Pierre-Emerick einen guten Freund gefunden zu haben und man muss schon ein gewisses Glück haben, um mal einen Aubameyang zu sehen, der nicht vor sich hin lächelt, keinen Spaß beim Training hat oder gar grimmig guckt.
Vor allem mit dem Blick auf die aktuelle bestechende Form des Gabuners ist es vor allem interessant, mal genauer auf seinen Werdegang zu gucken – denn es brauchte seine Zeit, bis der 26-Jährige im Profifußball Fuß fassen konnte. Aus der Jugend des AC Mailand gekommen wurde er immer wieder verliehen – insgesamt vier Mal verschlug es ihn zu Vereinen nach Frankreich (Dijon, Lille, Monaco, Saint-Etienne), wohl immer in der Hoffnung, dass er dort überzeugen und sich auch für die italienische Liga aufdrängen würde. Dann aber war es Milan irgendwann genug und für nicht einmal zwei Millionen wechselte er fest zum AS Saint-Etienne, für den AC bestritt er letzten Endes keine einzige Pflichtpartie. Dann aber zündete Aubameyang seinen berühmt-berüchtigten Turbo – und traf für Saint-Etienne 41 Mal in 97 Spielen. Das führte letztendlich dazu, dass Borussia Dortmund und damals noch Jürgen Klopp auf ihn aufmerksam wurden.
Und obwohl die Zahlen beim BVB nie gegen den Mann mit der historisch ja doch ein wenig aufgeladenen Nummer 17 sprachen (Tiefwert sind 13 Treffer in der ersten Saison) und Aubameyang direkt im ersten Bundesligaspiel dreifach in Augsburg netzte, hatte er es zum Start beim Ballspielverein nicht unbedingt leicht. Nur selten wurde er dort eingesetzt, wo er seit dem letzten Jahr nun mehr und mehr überzeugen kann – in der Sturmspitze, denn dort tummelte sich in Aubas erstem Jahr ja noch ein gewisser Robert Lewandowski. Wegen seiner großen Schnelligkeit sah Jürgen Klopp einen großen Nutzen für Aubameyang auf der rechten Seite – hatte schließlich mit Jakub Blasczykowski auch ganz gut geklappt. Wie bereits erwähnt war Pierre-Emerick von der Statistik her nie großartig in die Kritik zu nehmen, doch immer wieder war zu vernehmen, dass Jürgen Klopp und auch viele Fans nicht unbedingt zufrieden waren und sich mehr von ihm versprochen hatten – vor allem mit der Defensivleistung war der Übungsleiter nicht immer einverstanden und vielerorts im Internet war man wieder schnell mit Begriffen wie „Fehleinkauf“ und wünschen wie „am Besten sofort wieder abgeben“. Als dann auch noch ein Gerücht über ein Angebot aus dem englischsprachigen Ausland die Runde machte, man sei dort bereit weit mehr als 20 Millionen zu zahlen, hätten viele Fans ihn fast schon selbst zu seinem neuen Verein gekarrt – gut, dass sie keine Gelegenheit dazu hatten. Denn Aubameyang zeigte, dass mehr in ihm steckt als sein extravagantes Äußeres vielleicht zeigen mag – nämlich auch der Wille, an sich zu arbeiten.
Als dann nach dem Abgang von Robert Lewandowski guter Rat teuer und die Lücke im Sturm relativ groß wurde, fing die große Zeit des Gabuners langsam an. Ciro Immobile konnte als Ersatz für Lewandowski nicht überzeugen und hat sich mittlerweile ja schon wieder unrühmlich verabschiedet, um beim FC Sevilla auf der Bank zu hocken. Und Jürgen Klopp hatte nicht viele Alternativen als PEA in die Sturmspitze zu beordern – denn auch Adrian Ramos wartet noch auf seinen großen Durchbruch in schwarzgelb. Und obwohl die Saison und vor allem die Hinrunde 2014/2015 vielen BVB-Fans wohl am liebsten wieder aus der Erinnerung gestrichen werden könnte, blieb der Gabuner eine der wenigen Konstanten, erkämpfte sich seinen Platz in der Sturmspitze und ist seitdem kaum noch zu stoppen. Dabei ist er auch weitaus mehr als nur das, was als erstes ins Auge springt, wenn man an seine sportlichen Qualitäten denkt. Denn Aubameyang ist nicht nur der (gefühlt) schnellste Spieler der Welt, sondern enorm effektiv im Abschluss, technisch versiert und vielseitig. Einem jeden BVB-Fan dürften direkt einige Highlights in die Erinnerung kommen, für die sich der 26-Jährige, der seinen Vertrag kürzlich bis 2020 verlängerte, verantwortlich zeigte. Unvergessen natürlich auch seine besonderen Torjubel – nicht nur der fast schon traditionelle und formvollendete Salto, sondern auch sein Hang zur Kostümierung – im Supercup gegen die Bayern griff er zur Spiderman-Maske, gegen den blauen Bösewicht aus Gotham musste sogar Batman eingreifen – wiederholt, weswegen er beim zweiten Erfolgserlebnis unlängst auch noch mal an seinen großen Erfolg in der Verbrechensbekämpfung erinnerte.