Topspiele in schwatzgelb

Der Vize-Westmeister gewinnt das letzte DM-Endspiel

10.01.2014, 22:50 Uhr von:  CHS
Der Vize-Westmeister gewinnt das letzte DM-Endspiel

Die letzte Deutsche-Meisterschafts-Endrunde und auch die Oberligasaison stand im Schatten der neugeschaffenen Bundesliga. Diese hatte ihren Ursprung ebenfalls in Dortmund, nämlich im Goldsaal der Westfalenhalle am 28.07.1962 beim DFB-Bundestag. Trotz interne Probleme beim BVB (im März 1962 setzte sich der aktuelle BVB-Vorstand bei der Mitgliederversammlung in einer Kampfabstimmung gegen die von Heinz Dolle angeführte Opposition durch und durch die Verhaftung von Woffgang „Sully“ Peters wegen Einbruchs) erreichte der BVB den zweiten Platz in der Oberliga. Das reichte, um die Vorrunde zu erreichen und um letztendlich das letzte Deutsche Meisterschafts-Endspiel zu gewinnen.

Oberliga West

Timo Konietzka, Jürgen Schütz und Aki Schmidt

Bei der letzten Oberligasaison redete fast jeder von der neuen Bundesliga. Dank der Erfolge des BVB in der Oberliga war der BVB für diese neue Liga gesetzt. Aber vor der Kür (Neue Bundesliga) folgte die Pflicht (die letzte Oberligasaison). Diese Pflicht begann im Stadion „Rote Erde“ erfolgreich. Beim ersten Spiel schlug man den TSV Marl-Hüls mit 11 zu 1, wobei alleine Timo Konietzka 5 Tore erzielte. Doch nach den ersten drei Siegen riss die Serie und Dortmund kassierte 3 Niederlagen in Folge. Sollte die Saison ebenso enttäuschend wie im Vorjahr enden (Platz 8) ?

Nein, die Mannschaft findet sich und die Wende erfolgt beim 5-0 bei den Meidericher. Mit sechs Siegen in Folge verbessert sich der BVB auf dem 2. Platz. Erst am 13. Spieltag folgt dann eine Niederlage gegen Münster. Beim nächsten Spiel gegen Alemannia Aachen sah es wieder nach einer Niederlagenserie aus, als der BVB mit 2 zu 0 zurückliegt. Dann bricht sich der Torhüter der Allemannen, Beara, das Bein und da es zu diesem Zeitpunkt keine Auswechslungen gab, musste der Rechtsaußen Esser ins Tor. Somit gewann der BVB das Spiel mit 5-3. Nach dem Unentschieden gegen Sch*lke und einem Sieg gegen Gladbach folgte eine Winterpause, die den Borussen nicht gut tat. Am Aachener Tivoli setzte es ein 0 zu 4 und auch gegen den Tabellenletzten, TSV Marl-Hüls, gab es eine Niederlage. Danach gab es Zittersiege gegen Oberhausen und Viktoria Köln. Auch von einer erneuten Niederlage beim 1. FC Köln lies sich der BVB nicht mehr abbringen. Mit weiteren, manchmal auch glücklichen Siegen (Wie z.B. beim Derby gegen Sch*lke, wo der Schiedsrichter ein Handspiel von Burgsmüller übersehen hat) qualifizierte sich der BVB schon am 29. Spieltag für die Endrunde, als man Fortuna Düsseldorf mit 4-1 schlug. Den West-Meister-Titel verspielte man durch eine 0-1-Niederlage in Wuppertal, so das der West-Meister 1. FC Köln hieß.

Dortmunds Erfolg war die Mischung aus Alt und Jung. Vorne wirbelten das Sturmduo Konietzka und Schütz, hinten setzte man auf die „Veteranen“ Bracht und Burgsmüller sowie die „Neuen“ Wolfgang Paul (Libero) und Bernhard Wessel (Torwart).

Vorrunde Deutsche Meisterschaft

Tor vorn Jürgen Schütz gegen 1860 München

Weil der BVB nur Vizemeister West war, traf er nun in der Gruppe 2 auf den Südwestzweiten und Außenseiter Borussia Neunkirchen, auf den Nordmeister und Dauerrivalen bei Deutschen Meisterschaften Hamburger SV und den Südmeister TSV 1860 München.

Zum Auftakt mussten die Borussen nach München fahren, wo sie auf einen alten Bekannten treffen. Der Trainer von 1860 München war nämlich Max Merkel. Dortmund musste auf Jürgen Schütz verzichten, der sich beim Spiel gegen Wuppertal eine schmerzhafte Fußgelenksverletzung zugezogen hat. Der BVB war per Schlafwagen nach München gereist und es schien so, das der Schlaf noch nicht beendet war, als das Spiel angepfiffen worden ist. Denn nach 7 Minuten erzielt Brunnenmeier das 0 zu 1. Doch der BVB reagiert und hat Erfolg. In der 23. Minute trifft dann Wosab. Das 2-1 ist ein Geschenk von 1860-Torwart Radenkovic. Er verliert an der Eckfahne den Ball an Cyliax und der gibt den Ball an „Timo“ Konietzka, der sich die Ecke aussuchen kann. Wosab hatte dann die Riesenchance zum 3 zu 1, aber er läßt sie ungenutzt. Das rächte sich, denn in der 82. Minute trifft Küppers zum 2 zu 2 und den umjubelten Siegtreffer erzielte dann erneut Brunnenmeier.

Beim zweiten Spiel gegen den „Außenseiter“ Neunkirchen zeigte sich die Heimschwäche der Borussia. Dazu kam, das dem BVB die Stürmer ausgingen, denn es fehlte neben Schütz diesmal auch Sturm (Ischiasnerv). Vor 27.000 Zuschauer ließen die Borussen eine Torchance nach der anderen aus. Somit endet das Spiel 0-0 und Dortmund war im Zugzwang.

Tor von Jürgen Schütz gegen Borussia Neunkirchen

Als dritten Gegner bekam es der BVB bei seinem Heimspiel mit dem HSV zu tun, der spätestens seit der Endrunde 1661 als Angstgegner gilt. Gute Nachrichten, allerdings auch schlechte Nachrichten gab es zu Jürgen Schütz. Die gute war, das Trainer Eppenhoff den Stürmer gegen den HSV aufbieten konnte. Leider wurde zur gleichen Zeit bekanntgegeben, das Schütz den Verein in Richtung AS Rom verläßt. Aber noch ist er beim BVB und gegen Hamburg zeigte er sich und den 39.000 Zuschauern, was er kann. Mit „Aki“ Schmidt zusammen zauberte er im Mittelfeld und sie schossen gemeinsam die Tore. Das 1-0 erzielte in der 13. Minute „Aki“ Schmidt. Da wollte Schütz nicht nachstehen und erhöhte in der 51. Minute zum 2 zu 0. Den dritten Treffer erzielte dann der mittlerweile 38 Jahre alte Altmeister „Fredy“Kelbassa, der in der 68. Minute den Ball in die Maschen der Hamburger haute. Zwar erzielten die Hamburger durch Uwe Seeler (87. Minute) und durch ein Eigentor von Schmidt (89.) noch das 3-2, aber das war der hochverdiente Sieg. Für die Hamburger war das Ergebnis schmeichelhaft, denn Dortmund war überlegen und Hamburg leistete kaum Gegenwehr. So fiel der Ausfall von Konietzka und Sturm kaum auf.

Eine Woche später gab es dann das Rückspiel im Hamburg vor 60.000 Zuschauern. Dortmund spielte überlegt, clever und kaltschnäuzig. Den Goldenen Treffer erzielte natürlich Jürgen Schütz, der nach einer Stafette über Cyliax und Wosab den Ball über Schnoor hinweg ins Tor hob. Da zur gleichen Zeit Borussia Neunkirchen den Favoriten aus München ein Bein stellte (Sie gewannen gegen den TSV1860 mit 2 zu 1), waren die Borussen aus Dortmund Erster in der Gruppe 2. Ein weiterer Gewinner war Torwart Bernhard Wessel, der bis auf zweimal, wo Geisler auf der Linie klärte, alle Bälle abwehrte und das zu Null sicherte. So brachte er Seeler, Kreuz, Wulf und Dörfel zur Verzweifelung und sicherte sich so den Platz im Tor und verdrängte Kwiatkowski auf die Bank.

Wer hätte vor dem 1. Spieltag gedacht, das es am 5. Spieltag das Spitzenspiel zwischen den punktgleichen Borussen von Neunkirchen und Dortmund lautet? Wegen des großen Zuschauerandrangs wurde das Spiel aber im Saarbrückener Ludwigspark ausgetragen. Dortmund konnte endlich wieder mit Konietzka auflaufen. Zwar gingen die Neunkirchener in 26. Minute vor 42.000 per Elfmeter durch Leist in Führung, aber die Dortmunder drehten das Spiel kurz nach der Pause. In der 49. Minute traf Schütz, eine Minute später der wiedererstarkte Konietzka und der gleiche Spieler traf dann auch in der 53. Minute. Als in der 68. Minute Cyliax einen Elfmeter verwandelt hat, war die Vorentscheidung gefallen. Zwar kamen die Neunkirchener in der 70. Minute durch May zu einem Anschlusstreffer, aber schon im Gegenzug erzielte Schmidt den 5-2-Endstand.

Vor dem abschließenden Spiel gegen TSV 1860 München stand fest, das den Borussen ein Unentschieden reichen würde. Aber auf dieses Rechenexempel ließen sich die Borussen gar nicht erst ein. In der 10. Minute erzielte Jürgen Schütz vor 43.000 Zuschauer das 1 zu 0. Elf Minuten später wollte „Timo“ Konietzka auch mitmachen und erzielte das 2-0. Das gefiel im so gut, das er in der 65. Minute seinen zweiten Treffer erzielte. Natürlich zog dann in der 79. Minute Jürgen Schütz hinterher und erzielte den 4-0-Endstand. Borussia Dortmund stand mal wieder im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft. Und der Gegner hieß 1. FC Köln, der Westmeister und der Verein, gegen den der BVB in den beiden Oberligaspielen verloren hat.

Das Endspiel in Stuttgart

Der Schuss von Aki Schmidt vor dem 1-0, das Tor erzielte Hoppy Kurrat

Favorit war der 1. FC Köln, der nicht nur Westmeister, sondern auch der Titelverteidiger war. Außerdem sind sie in ihrer Gruppe durchmarschiert und haben in den 6 Partien 29 Treffer erzielt. Das Finale in Stuttgart war das erste rein westdeutsche Finale seit 1933. Damals gewann der „Außenseiter“ Fortuna Düsseldorf gegen den großen Favoriten Sch*lke 04 mit 3 zu 0. War das ein gutes Omen für die Borussen? Gut für Dortmund war auch, das der erfolgreiche Torschütze der Kölner (9 Tore in der Endrunde), Christian Müller, nicht spielen konnte. Dortmund hingegen kann in Bestbesetzung antreten und verfügen über zwei Spieler (Bracht und Burgsmüller), die bereits im Finale 56 und 57 standen. Auch war Dortmund häufiger im Finale der deutschen Meisterschaft. Während der 1. FC Köln erst zum dritten Mal im Finale stand, konnten die Borussen immerhin 5 Finalteilnahmen vorweisen.

Aufstellung: Bernhard Wessel – Wilhelm Burgsmüller, Lothar Geisler, Helmut „Jockel“ Bracht, Wolfgang Paul, Dieter „Hoppy“ Kurrat, Reinhold Wosab, Alfred „Aki“ Schmidt, Jürgen Schütz, Friedhelm „Timo“ Konietka, Gerd Cyliax

Bei tropischen Temperaturen wird das Finale angepfiffen. Schon in der 09. Minute trifft der BVB. „Hoppy“ Kurrat, der nicht nur der Jüngste im Team, sondern auch der kleinste ist, sollte eigentlich „nur“ den Nationalspieler Hans Schäfer bewachen, aber in der besagte Minute zieht er einfach mal aus 20 Metern ab und der Ball war im Netz. Dem Torhüter Ewert war die Sicht versperrt und er konnte den Ball nicht abwehren. Die Kölner Abwehr wirkte sehr unsicher und der Sturm ohne Müller war ohne Durchschlagskraft. Zum Ende der ersten Hälfte wurden die Domstädter besser und erarbeiteten sich erste Chancen, die doch Borussentorhüter Wessels alle samt vereitelte.

Die Finaltickets

Auch nach der Pause drängten die Kölner auf den Ausgleich, aber mitten in dieser Drangperiode sorgte Reinhold Wosab für die Vorentscheidung. In der 57. Minute stürmt Wosab an den wohl schon von Italien träumenden Schnellinger vorbei und läßt Torwart Ewert keine Chance. Als nun Cajkovski alles auf eine Karte setzt und Schnellinger nach vorne beordert, erzielte „Aki“ Schmidt in der 65. Minute die 3 zu 0 Führung. Zwar konnte Schnellinger in der 73. Minute noch einmal verkürzen. Dortmund gewann die 3. Meisterschaft und kann behaupten, das sie der letzte Meister waren, der per Endspiel entscheiden wurde. Auf die nächste Meisterschaft konnten die Borussen dann 32 Jahre warten.

Ankunft in Dortmund und DFB-Pokal

Der BVB kam ein Tag später am Sonntag um 18:22 Uhr in Dortmund an, wie immer nach Meisterschaften auf dem Dortmunder Hauptbahnhof. Auf Gleis 3 kommt der Sonderzug an und Oberbürgermeister Dietrich Keuning läßt es sich nicht nehmen, dem Meister Nelkensträuße in den Stadtfarben von Dortmund zu übergeben. Bei der üblichen Fahrt durch die Stadt sind 150.000 Fans auf den Beinen. Der Kicker kommentierte die Meisterschaft der Borussen wie folgt: „Triumph der westfälischen Art: Konzentriert, kaltblütig, mit Köpfchen spielend.“

Obwohl Willi Sturm einsatzbereit war, hat Trainer Eppenhoff ihn nicht gebracht, weil er die Erfolgreiche Mannschaft gegen München nicht auseinanderreißen wollte. Trotzdem konnte er sich über die Meisterschaft freuen und sagte: „In Stuttgart habe ich gern die Rolle gespielt, die 1949 August Lenz inne hatte. Ich war mir nicht zu schade, Wasserschlepper für meine hart kämpfenden Kameraden zu sein.“

Im DFB-Pokal-Endspiel das Duell Jockel Bracht gegen Uwe Seeler
Aber der BVB hatte noch ein Eisen im Feuer und hätte 1 ½ Monate nach der Meisterschaft auch den DFB-Pokal gewinnen können. Um das Double zu gewinnen, musste man den HSV aus dem Weg räumen. Als also die Dortmunder am 14.08.1963 im Hannoversche Niedersachsenstadion auflief, waren sie der Favorit, denn man hatte die Hamburger ja in der Vorrunde der Meisterschaft zweimal besiegt.

Allerdings fehlten von der Meistermannschaft schon 3 Spieler. Jürgen Schütz wurde an den AS Rom für die Rekordablösesumme von 600.000 DM verkauft. Außerdem fehlten Wolfgang Paul und „Timo“ Konietzka verletzungsbedingt. Vor der Rekordkulisse von 70.000 Zuschauern legten aber die Hamburger ihren „Borussen-Komplex“ ab und gewannen locker mit 3 – 0. Der dreifache Torschütze war Uwe Seeler. Zwar waren die Borussen laut des Bundestrainer die spielerisch besseren, aber leider zählt immer noch das Ergebnis.

Helmut „Jockel“ Bracht, der ja bei allen drei Meisterschaften dabei war, antwortete mal auf die Frage, was die BVB-Meistermannschaften der Jahre 56/57/63 von den heutigen Profis unterscheidet, folgendes: „Die Mannschaft war damals homogener. Alle erhielten die gleiche Prämie und die gleiche Ausrüstung. Alle kamen aus der Region. Es herrschte noch nicht die Überkonzentriertheit wie heute. Heute sitzen alle schweigend im Mannschaftsbus.

Bildmaterial:

  • Martin Betker - Martin sucht für seine Sammlung weiteres Material (Hefte, Tickets, Autogrammkarten etc.)

Unterstütze uns mit steady

Weitere Artikel