Spielbericht Amateure

Kampfsport auf'm Acker

02.02.2014, 17:21 Uhr von:  Web
Kampfsport auf'm Acker

Bevor hier wieder Beschwerden über irreführende Überschriften bei sg.de aufkommen, gleich vorab die Klarstellung: In diesem Bericht geht es um die 0:3 Heimniederlage der BVB Amateure gegen den Spitzenreiter aus Heidenheim. Mit Fußballspielen im engeren Sinne hatte es aber wenig zu tun, was den über 1.700 Zuschauern geboten wurde, die sich trotz Dauerregens in die Kampfbahn aufgemacht hatten. Denn die Platzverhältnisse ließen ein technisch hochwertiges Spiel nicht zu. Der Spitzenreiter aus Heidenheim nutzte seine ersten großen Chancen unter tätiger Mithilfe der BVB Defensivabteilung und fortan rannten die Amateure vergebens dem Rückstand hinterher.

Choreo im Block H der UvdA

Dieses Wochenende hielt für den BVB Fan Mistwetter verschiedenster Schattierungen parat. Wurde man in Braunschweig noch mit einer geschlossenen Schneedecke und Temperaturen um den Gefrierpunkt begrüßt, bot der Samstag im warmen Dortmund feinsten winterlichen Dauerregen. So waren die unüberdachten Stehplätze in der altehrwürdigen Kampfbahn am Samstag nur spärlich besetzt. Für den Gästesektor verwunderte das etwas, war doch der, alles überragende, Spitzenreiter und Top-Aufstiegsfavorit angereist. Trotzdem bemühte sich auf der Gegengeraden nur ein Häufchen von knapp 50 Mann darum, den FCH auf dem Weg in Liga 2 nach vorne zu brüllen. Das ist für einen angehenden Bundesligisten doch arg bescheiden und bei aller Wertschätzung für die solide Arbeit in der Provinz, muss man wohl feststellen, dass die Attraktivität der zweiten Bundesliga durch diesen Dorfclub alles andere als gesteigert wird. Wenn dazu dann noch die Brause hochgelassen wird und (nach aktuellem Stand) mit Dresden und Cottbus zwei Traditionsvereine absteigen, ist das schon eine üble Entwicklung.

Aus Heidenheim war auch eine Busladung vor Ort

Wenigstens die Sitzplätze waren aber einigermaßen gut gefüllt, so dass sich der BVB am Ende über eine Zuschauerzahl freuen konnte, die bei solchen äußeren Bedingungen als ziemlich ordentlich bezeichnet werden kann. Für ein Highlight auf der Tribüne sorgten mal wieder die UvdA, die eine schöne Choreo präsentierten. Das bekannte „BVB II“ Logo wurde auf einem großen Transparent und vielen, aufwändig gestalteten Doppelhaltern präsentiert. Man kann es nur immer wieder aufs Neue betonen: So eine Unterstützung hat bundesweit nur eine Zweitertretung. Das zeigte sich auch im weiteren Verlauf des Nachmittags, denn die Supporter des Spitzenreiters waren trotz Trommel auf der Haupttribüne kaum einmal zu hören.

Wie bei winterlichen Bedingungen üblich, präsentierte sich der Platz in der Roten Erde in einem erbärmlichen Zustand. Mangels vernünftiger Drainage musste auf einem morastigen Untergrund gespielt werden, der derart uneben war, dass man keinen Flachpass über drei Meter spielen konnte, ohne dass der Ball tückisch hoppelte. Es ist einfach unverständlich, dass Stadt und Verein keine Lösung für dieses Problem finden. In jedem Winter fallen die Spiele der Amateure reihenweise aus. Und während das wenigstens noch den angenehmen Nebeneffekt hat, dass im Frühjahr dann oft „englische Wochen“ anstehen und man so die ein oder andere Parallelansetzung umgehen kann, gibt es für die regelmäßig irregulären Platzverhältnisse keinerlei Entschuldigung. Oberstes Ziel der Zweitvertretung ist es doch, Spieler auszubilden, die irgendwann einmal bei den Profis in Bundesliga und Europapokal mithelfen können. Inwiefern es der Ausbildung dienlich sein soll, sie regelmäßig auf einem Acker antreten zu lassen, für den sich der Platzwart eines jeden Dorfvereins aus der Kreisliga schämen würde, erschließt sich mir überhaupt nicht.

Neu beim BVB II: Mitsuru Maruoka

So kämpften beide Mannschaften mehr mit den Platzverhältnissen als mit den Gegenspielern. Ständig sah man Spieler ausrutschen, im Spielaufbau regierte der Zufall und schnelle Richtungsänderungen mit Ball wären unter diesen Bedingungen wohl selbst Leo Messi schwergefallen. Heidenheims Trainer Schmidt erklärte nach dem Spiel sogar, dass er seine Taktik auf die bekannt schlechten Platzverhältnisse in der Roten Erde abgestimmt hatte: „Wir haben uns vorgenommen, mit einem hohen Anfangsdruck ins Spiel zu gehen, um früh in Führung zu gehen, denn es war klar, dass sich auf diesem Platz im Verlauf des Spiels die Bedingungen nicht verbessern werden.“ Damit sollte Schmidt Recht behalten, denn am Ende war der Platz in einem Zustand, der es zweifelhaft erscheinen lässt, dass in der Roten Erde in den nächsten Wochen noch einmal Fußball gespielt werden kann. Für die frühe Führung brauchte es allerdings neben dem „hohen Anfangsdruck“ auch eine Menge Glück und Zufälle.

Dave Wagner konnte auf die Jungprofis Hofmann und Ducksch zurückgreifen, der ebenfalls für einen Einsatz vorgesehene Durm zog sich beim Aufwärmen eine Muskelverletzung zu und musste leider passen. Die Abwehrreihe der Borussen präsentierte sich daher in der Besetzung Treude, Hornschuh, Sarr,Dudziak, die man so schnell wohl nicht wieder sehen wird. Ziemlich mutig, gegen den Spitzenreiter mit derart offensiv ausgerichteten Leuten auf den Außenverteidigerpositionen zu beginnen. Im zentralen Mittelfeld gab es für mich eine persönliche Premiere: Erstmals konnte ich den neuen Japaner Maruoka in Aktion erleben. Soweit man das unter den irregulären Bedingungen beurteilen kann, hat der Junge eine gute Übersicht am Ball und spielt schöne Pässe in den Raum, aber körperlich muss er noch deutlich zulegen, wenn er sich in der Dritten Liga im Zweikampf behaupten möchte. Immerhin ist Maruoka in der Heimat schon derart prominent, dass erstmals in der Roten Erde auch ein japanischer Journalist auf der Pressebank saß. Der finnische Neuzugang Tim Väyrynen war zwar in der Roten Erde anwesend, befindet sich aber nach seiner langen Winterpause offenbar noch im Aufbautraining.

Marvin Ducksch gegen Sebastian Griesbeck

Nach kurzem Abtasten wogte die Partie hin und her. Eine erste Chance für die Gäste vergab Reinhardt, der aus der Distanz knapp am Tor vorbei schoss. Für die Amas versuchten sich Harder und Ducksch, sie scheiterten ebenfalls knapp. Dann schoss wieder Reinhardt und wieder wäre sein Schuss wohl vorbei gegangen, wenn er nicht den Kopf von Göhlert getroffen hätte, der ihn unhaltbar für Alomerovic ins Tor abfälschte. Nur ein paar Minuten später legte Heidenheim nach. Der wohl beste Drittligaspieler dieser Saison, Marc Schnatterer flankte von Rechts in den Strafraum. Dort sah Abwehrtalent Marian Sarr im Zweikampf mit Alper Bagceci zumindest sehr unglücklich aus. Seine Körpersprache nach dem Treffer deutete sogar stark daraufhin, dass Sarr den Ball selbst an Alomerovic vorbei ins Tor geschoben hatte. Der Treffer wurde aber dennoch dem Stürmer gutgeschrieben und aus meiner Position war nicht klar zu erkennen, ob der doch noch mit dem Fuß am Ball gewesen war.

Die Platzverhältnisse machten es den Amateuren natürlich noch zusätzlich schwer, auf diese Tiefschläge zu reagieren. Nach einer knappen halben Stunde wäre dies aber beinahe Tammo Harder gelungen, der als Leichtgewicht mit dem rutschigen Boden noch mit am besten zurecht kam. Eigentlich schien keine Gefahr für das Heidenheimer Tor zu bestehen, als Harder mit dem Rücken zum Tor in Richtung des rechten Strafraumecks rannte. Doch dann setzte er unvermittelt aus der Drehung einen Heber der Marke Tor des Monats an, der den Winkel nur äußerst knapp verfehlte. Bis auf ein paar Distanzschüsse war das aber auch die einzige sehenswerte Offensivaktion, die der Rote Erde Acker der Dortmunder Zweitvertretung gestattete.

Jonas Hofmann mit seinem ersten Einsatz beim BVB II in dieser Saison

In der zweiten Halbzeit war der Platz dann endgültig hinüber. Heidenheim beschränkte sich nun weitgehend darauf, den Vorsprung zu verwalten. Das gestattete den Amateuren eine Feldüberlegenheit, die sich aber kaum in Torchancen umwandeln ließ. Flanken wurden oft zu unpräzise geschlagen und bei Ecken zeigte sich die Dortmunder Krankheit, die man auch von den Profis kennt. Insgesamt hatte das Geschehen auf dem Acker immer weniger mit Fußball zu tun und so fror man auf den Tribünen dem Abpfiff entgegen. Als Coach Wagner gegen Ende noch die Brechstange setzen wollte und die langen Derstroff und Bajner ins Rennen schickte, nutzten die Heidenheimer eine ihrer wenigen Kontermöglichkeiten zur Entscheidung. Der Spitzenreiter erwies sich also beim Kampfsport auf’m Acker als eine Nummer zu stark für unsere Jungs. Ich hätte gerne gesehen, wie die Kräfteverhältnisse ausgesehen hätten, wenn man wirklich Fußball gespielt hätte. Nach der zweiten Pleite in Folge segeln die Amateure den Abstiegsplätzen entgegen. Kiel ist auf Platz 16 nur noch 3 Punkte entfernt. Hoffentlich hat man sich beim BVB über Weihnachten nicht von der schönen Platzierung blenden lassen, denn spätestens jetzt ist man wieder mitten drin im Abstiegskampf. Nächste Woche steht für die Amas eine Parallelansetzung in Regensburg auf dem Plan und eine Woche später sollen die Ackerfestspiele gegen Chemnitz vor Publikum fortgesetzt werden, wenn die Platzverhältnisse keinen Strich durch diese Rechnung machen.

Statistik

Marvin Ducksch, Julian Derstroff und Jonas Hofmann in der Duskussion nach der Pleite
BVB II: Alomerovic - Treude, Hornschuh, Sarr, Dudziak (74. Derstroff) - Nyarko, Maruoka (83. Bajner) - Hofmann, Harder, Kefkir (67. Jordanov) – Ducksch


FCH: Sabanov – Malura (64. Strauß), Göhlert, Wittek , Heise – Bagceci (85. Endres), Reinhardt, Griesbeck, Schnatterer – Mayer (74. Sökler), Morabit

Tore: 0:1 Göhlert (12.), 0:2 Bagceci (19.), 0:3 Morabit (84.)

Gelbe Karten: Hofmann – Griesbeck, Malura

1724 Zuschauer in der Kampfbahn Rote Erde

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