Serie

Sicherheit im Stadion: Österreich - Alpengeplänkel

02.07.2014, 10:13 Uhr von:  Redaktion

Ende des Jahres 2012 wurde im deutschen Fußball das Papier "Sicheres Stadionerlebnis" verabschiedet. Während dieser Maßnahmenkatalog nun in seine zweite Saison geht, möchten wir uns einmal anschauen, wie es eigentlich in unseren europäischen Nachbarländern um die Sicherheit beim Fußball bestellt ist. Zu Beginn dieser Serie haben sich unser Autor mrg und Werner Brugger mit Österreich beschäftigt.

Choreo der Fans von Austria WienDie kleine Alpenrepublik steht fußballerisch im Schatten der großen Nationen in Europa. Trotz des sehr bescheidenen Fußballs hat sich eine sehr lebendige und aktive Fanszene herausgebildet. Geprägt durch das nahe Italien werden die Kurven in Österreich durch die Ultras im viel stärkeren Maße geprägt und gesteuert als in Deutschland.

Dennoch gibt es keine großen Gewaltprobleme, selbst beim Wiener Derby (Rapid – Austria) haben sich die Gruppen selbst diszipliniert, da dieselben Gefahren im Raum standen wie in Deutschland: Ausschluss der Auswärtsfans. Das eine oder andere Geplänkel gibt es durchaus in unteren Ligen mit Traditionsklubs wie dem GAK, Blau-Weiß Linz, LASK (wieder in die zweite Liga aufgestiegen). Austria Salzburg hat in enger Zusammenarbeit zwischen Verein und Fans das Problem sehr gut in den Griff bekommen. Kritische Spiele sind, so ferne sie in den jeweiligen Ligen aufeinandertreffen, was zur Zeit nur zum Teil der Fall ist: Rapid – Austria, Sturm – GAK (zur Zeit Landesliga Steiermark), Austria Salzburg (Regionalliga West, Aufstieg leider nicht geschafft) – Wacker Innsbruck (2. Liga), LASK (Linzer ASK, in die 2. Liga wieder aufgestiegen) – Blau-Weiß Linz (RL Mitte). Reine Hooligan-Gruppierungen sind kaum bekannt, bei Austria Wien wurde ein Fanklub wegen sehr rechter Tendenzen ausgeschlossen, was von der breiten Fanszene mitgetragen wird.

Doppelhalter der Austria Wien UltrasHoch-Risiko-Spiele sind vor allem von den Wiener Derbys bekannt. In Wien gibt es vor den Derbys verschiedene Aktivitäten der Polizei, die aber in der vergangenen Saison zu keinerlei Ergebnissen führten. Man muss aber fairerweise anmerken, dass es vor einigen Jahren einen Platzsturm der Rapidfans im Derby gab (aktiv dabei Hools der Athener Szene von Panathinaikos Gate 13), bei dem man dem Verein und sich selbst einen Bärendienst erwiesen hat. Das wirkt nach. Ansonsten ist an den Tagen zuvor nichts zu spüren, bei den oben angeführten Spielen ist die zusätzliche Polizeipräsenz an den Spieltagen allerdings deutlich sichtbar.

Dabei ist das Verhältnis zwischen Ultras und Polizei wie in Deutschland von Sprachlosigkeit gekennzeichnet. An einigen Standorten gibt es einen indirekten Dialog über die Vereine aber auch das ist keine Selbstverständlichkeit. Fehlender Dialog zwischen Polizei und Ultras führte dann wohl auch zu einem umstrittenen Einsatz der Wiener Polizei. Im letzten Sommer, das wird von Unbeteiligten – nicht der Ultra-Szene nahestehenden Personen bestätigt, gab es einen völlig überzogenen Polizeieinsatz beim Spiel Rapid – Nürnberg, dem rund 2.000 Clubfans beiwohnten. Die befreundeten Gruppierungen wurden nach dem Spiel in der Kreißlergasse bei einem Fanfest (nahe dem Weststadion) von der Polizei „überrascht". Mehr dazu und die offizielle Stellungnahme der Rapid Ultras unter www.ultrasrapid.at. Als treibende Kraft muss man hier offensichtlich tatsächlich die Polizei sehen. Die Medien in Österreich übernahmen wie so oft unreflektiert alle Polizeistatements und haben von der Fanszene wenig bis keine Ahnung. Ultras werden häufig mit Hooligans verwechselt bzw. gleichgestellt. Eine Hysterie, vor allem durch Medien ausgelöst, gab es auch vor jedem Auswärtsspiel von Austria Salzburg in Tirol. Nachdem es bei einem halben Dutzend Spielen nicht die geringsten Vorfälle gab, legt sich diese langsam.

Bei Auswärtsfahrten und Pyrotechnik sind die Bedingungen in Österreich hingegen deutlich fanfreundlicher. Bis dato kennt man in Österreich noch keine festgelegten Anreisen und personalisierte Tickets. Allerdings spielt hier sicherlich auch eine Rolle, dass einige Spielort mit dem Begriff Provinz noch nett umschrieben sind. Es gibt schlichtweg keinen praktikablen Bahnanschluss an einigen Spielorten, dass macht natürlich Auflagen deutlich schwieriger.

Pyrotechnik ist grundsätzlich verboten, wobei es Vereine gibt, die von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und es manchmal zulassen (z. B. Wacker Innsbruck). Bei Austria Salzburg ist Pyro üblich, wird organisiert abgebrannt, und, welche eine Überraschung, es gab auch letzte Saison keine Verletzen.

Insgesamt ist Österreich ein Fußballzwerg und auch wenn insbesondere die Ultras-Szene eine lange Tradition hat, muss man konstatieren, dass die Dimensionen schlichtweg deutlich kleiner sind. Insgesamt hat man sich im ansonsten sonst konservativen Österreich noch mit Repressiven Maßnahmen zurückgehalten, was allerdings auch der geringen gesellschaftlichen Bedeutung von Fußball geschuldet ist.

mrg und Werner Brugger, 02.07.2014

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