Spielbericht Profis

Derbe Niederlage

10.03.2013, 08:46 Uhr von:  Redaktion

Der Stachel der zweiten Derbyniederlage in Folge sitzt tief, erst recht, wenn man das Zustandekommen der beiden Niederlagen betrachtet. Konnte die erste Niederlage auf Verletzungen und die daraus resultierenden Experimente bei der taktischen Aufstellung geschoben werden, muss man für die heutige 1:2 Niederlage beim Reviernachbarn andere Gründe heranziehen. Borussia verliert verdient das 142. Derby und verpasst es, die Hinspiel Schmach wieder auszubügeln.

Vor dem Spiel ging man als Dortmund-Anhänger mit einem guten Gefühl in das Derby. Zu glanzvoll hatte man unter der Woche den Viertelfinaleinzug zelebriert, als dass man sich große Sorgen vor dem Rivalen machen musste. Das Versprechen der Mannschaft, die Hinspiel-Niederlage wieder wett zu machen und alles für die eigenen Fans „herauszuhauen“, erhöhte das Anspruchsdenken im eigenen Lager und steigerte wohl im Nachhinein den Frustfaktor.

Vorspiel

Beide Fanlager waren bereits viele Minuten vor Anpfiff im Stadion und im Gegensatz zum Hinspiel sollte die Anreise dieses Mal friedlich und ohne Aufreger verlaufen. Lediglich am Gästeeingang wurde beim Einlass eine Rauchbombe gezündet und es kam zu kleinen Provokationen von beiden Seiten, die aber kaum der Rede wert sind. Die Stehplätze im Gästebereich zeigten sich im unteren Bereich komplett in gelb gekleidet, allerdings weniger der Optik wegen, sondern vielmehr, um bei der Pyro-Show zum Spielbeginn anonym zu bleiben. Zum Einlaufen Mannschaften wurden die vielen einzelnen kleinen Fahnen zu einem Flickenteppich über die Köpfe im unteren Stehplatzblock gehalten, um das Treiben darunter zu verbergen. Als die Spieler den Platz betraten, kamen unter den Fahnen unzählige Bengalos hervor. Als die Show beendet war, wurden erneut die Fahnen über die Köpfe gezogen und die gelben T-Shirts ausgezogen, so dass niemand der „Fans“ als „Pyromane“ identifiziert werden konnte. Auf der Gegenseite hingegen trostlose Tristesse. Wenige Fahnen und Doppelhalter zierten die Kurve, die in der Vergangenheit schon wesentlich imposanter auftrat. Dafür wurde, wie in jedem Jahr, ein großes Sponsoren-Trikot in der Nordkurve und ein Sponsoren-Banner auf der Südkurve gezeigt-einfach klasse, wie Fans hinter ihren Sponsoren stehen. Selbst ein Werbespot, in dem Kevin Kuranyi über die gesamte Anzeigentafel (Videowürfel) mit riesigem Kussmund den Blau-Weißen einen Kuss zu wirft, scheint niemanden mehr wirklich zu schocken.

Sportlich konnte der BVB fast aus dem Vollen schöpfen und Jürgen Klopp gönnte sich den Luxus, Marco Reus zu schonen, und ließ Kevin Großkreutz von Beginn an spielen. Lediglich Sebastian Kehl stand Klopp nicht zur Verfügung. Auf Seiten der Gastgeber fehlte der gelb-rot gesperrte Jones. Ohne diese beiden Abräumer nahm man im Vorfeld schon reichlich Würze aus dem Spiel. Schließlich gibt es nur wenige Spieler, die mit einer solchen Leidenschaft in den Zweikampf gehen, wie diese beiden Experten.

Blau-Weiß dominiert die erste Halbzeit

Von Beginn an zeigen die in Blau gekleideten Gastgeber, wer Herr in der Turnhalle ist. Mit Leidenschaft, der nötigen Aggressivität und einer klaren Spielstruktur lassen sie dem deutschen Meister kaum Luft zum Atmen. Hinzukommt, dass der BVB viele Schwächen im Passspiel zeigt. Der Motor im Mittelfeld in Person von Ilkay Gündogan springt nicht an und so kommt es nicht von ungefähr, dass der BVB kaum zu nennenswerten Abschlüssen kommt. Ganz anders die Blauen. Ihr zielstrebiges Spiel nach vorne sollte schon früh belohnt werden. Nach gerade mal 11 Minuten kann Uchida von rechts flanken und Draxler, der von einem Stellungsfehler von Mats Hummels profitiert, trifft locker flockig aus knapp 13 Metern ins Tor. 1:0 für Blau-Weiß, die Halle tobt und schwatzgelb glaubt ein Dejavue zu haben. Wie einfach Uchida flanken konnte und wie frei Draxler zum Abschluss kommt ließ nichts Gutes erahnen und erinnerte stark an das Hinspiel. Der BVB war nun gefordert und versuchte durch mehr Ballbesitz das Spiel in die Hand zu nehmen, bekam aber dennoch das Spiel nie wirklich in den Griff. Zu wackelig stand die Abwehr, zu wenig Impulse aus dem Mittelfeld und das ungenaue Passspiel lud die Blauen regelmäßig zu gefährlichen Kontern ein. Einziger Lichtblick in Reihen der Dortmunder war zu diesem Zeitpunkt Blaszcykowski, der zugleich auch die einzigen Möglichkeiten der Borussia hatte. Auf der anderen Seite war das 2:0 nur eine Frage der Zeit. Götze konnte einen Kopfball von Matip nach einer Ecke auf der Linie klären und Weidenfeller durfte in einer Eins gegen Eins-Situation gegen Draxler klären. Doch 10 Minuten vor der Halbzeit war es dann überfällig. Erneut brachte Uchida eine Flanke in den Strafraum und Huntelaar stand „mutterseelenallein“ im Strafraum und hätte den Ball noch annehmen und den Luftdruck überprüfen können, ehe ein BVB-Spieler ihn am 2:0 gehindert hätte. Aus kurzer Distanz köpfte er den Ball ganz ruhig ein. Die erste Halbzeit diente dem BVB als Nachhilfeunterricht in Leidenschaft und Kampfgeist und als BVB‘ler konnte man froh sein, dass es nur 0:2 stand.

BVB zeigt die Schoko-Seite, aber ohne Sahne

Zur zweiten Halbzeit wechselte Klopp gleich doppelt aus. Für Hummels, der heute völlig neben sich stand und ein Schatten seiner selbst war, kam Nuri Sahin. Bender rückte für Hummels in die Innenverteidigung und Sahin übernahm die Bender-Position. Ebenso musste der „neue“ Liebling der Gastgeber, Kevin Großkreutz, den Platz für Marco Reuss verlassen. Hummels musste offiziell aufgrund einer Verletzung ausgewechselt werden, da er in der 1. Halbzeit umgeknickt war. Hätte auf der Anzeigentafel nicht der Name Großkreutz gestanden, hätte sein Fehlen niemand in der Halle bemerkt. Der BVB erhöhte nun das Tempo und im schwatzgelben Lager keimte die Hoffnung auf, es könne noch etwas gehen. Von Minute zu Minute wurde das Blau-Weiße Lager stiller und der in der ersten Halbzeit fast verstummte Gästeblock nahm Fahrt auf. Dortmund beginnt, das Spiel zu dominieren und zeigt für kurze Zeit sein Schokoladengesicht. Der Ausgleich kündigte sich nach einigen gut herausgespielten Möglichkeiten an. Nach einem Zuckerpass von Kuba, taucht Lewandowski frei vor Hildebrand im Tor auf und markiert sein 17 Bundesligator. Kurz zuvor musste bereits Huntelaar wegen einer Knieverletzung ausgewechselt werden und alles schien in die Karten der Dortmunder zu spielen. Doch die Blauen behielten ihre Ordnung und ließen keinen weiteren BVB-Treffer mehr zu. Ein Freistoß von Sahin verfehlte das Tor nur knapp, Lewandowski schießt aus kurzer Distanz Mario Götze in den Unterleib anstatt in das gegnerische Tor. Kurz vor Ende vergibt er noch die letzte große Chance, als er mit einem fulminanten Schuss nur Torwart Hildebrand anschießt anstatt den Ball in die Maschen zu dreschen. Trotz der Überlegenheit der Dortmunder gelingt es den Gastgebern immer wieder gefährliche Konter zu setzen. Jeder lang hinaus gespielte Ball auf die Flügel sorgte für Gefahr, da die beiden Außenverteidiger des BVB den Gegner kaum unter Kontrolle bekamen. Erschreckend, wie einfach die BVB-Abwehr an diesem Samstag auszuspielen war.

Am Ende herrscht Partystimmung bei den Gastgebern und Enttäuschung bei den Schwatzgelben. Eine Revanche für die Heimniederlage wäre Balsam für die in der Bundesliga doch arg geschundene BVB-Seele. Besonders bitter ist der Beigeschmack, dass beide Niederlagen unnötig gewesen sind, zumindest, wenn man so aufgetreten wäre wie in der Champions-League. Jetzt steht man 20 Punkte hinter den Bayern und darf vermutlich zum Heimspiel gegen die Münchner schon den neuen Deutschen-Meister begrüßen. Meisterschaft, Pokal und zwei Derbys verloren, das tut schon weh. Doch für zwei Meisterschaften und einen Pokalsieg nehme ich gerne einmal zwei Derbyniederlagen in Kauf- auch wenn sie einen verdammt wurmen.

Die Fotostrecke zum Spiel in Gelsekirchen gibt es wie gewohnt auf unserer BVB-Fotoseite unter diesem Link.

So haben sie gespielt:

Blau und Weiß: Hildebrand - Uchida, Höwedes, Matip, Kolasinac - Höger, Neustädter - Farfan, Draxler, Bastos – Huntelaar


Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Gündogan, Bender - Blaszczykowski, Götze, Großkreutz – Lewandowski


Einwechselungen: 54. Pukki für Huntelaar, 72. Fuchs für Matip, 82. Raffael für Draxler - 46. Sahin und Reus für Hummels und Großkreutz, 76. Leitner für Gündogan


Tore: 1:0 Draxler (12., Uchida), 2:0 Huntelaar (35., Uchida), 2:1 Lewandowski (59., Blaszczykowski)

Zuschauer: 61.673 davon knapp 7.000 aus Dortmund


Die Spieler in der Kritik:


Klopp bei der PressekonferenzWeidenfeller: Rettet den BVB vor einer höheren Niederlage (2,5)

Subotic: Sein Stellungsspiel war teilweise eine Katastrophe, sein Passspiel, insbesondere seine langen Bälle waren eher Befreiungsschläge (5)

Hummels: Viele riskante Vorstöße in der Offensive, gepaart von vielen Passungenauigkeiten. Insgesamt ein Schatten seiner selbst. (5)

Gündogan: Nahm das Tempo aus dem Spiel und wirkte wie ein Fremdkörper im Spiel und fand in Neustädter seinen Meister. (5)

Lewandowski: Bis auf sein Tor, wirkte er äußerst unglücklich und war in der gegnerischen Abwehr gut aufgehoben. (3,5)

Götze: Sehr aktiv und laufreudig und zählte zu den besseren Dortmundern. (2,5)

Kuba: Stark im Zweikampf, sorgte nur für wenig Wirbel auf seiner Seite. (3)

Großkreutz: Unauffällig und distanziert zum Dortmunder-Spiel und schaffte es, das Uchida zwei Tore vorbereiten konnte. (5)

Piszcek: Lies seinem Gegenspieler (Bastos) viel Freiraum, konnte dafür aber im Gegenzug viel in der Offensive wirbeln. (4)

Schmelzer: Farfan und Uchida werden ihn noch lange beschäftigen. Eine unterirdische Leistung. Beide Gegentore fielen über seine Seite. (6)

Bender: Zweikampf stark und der beste Innenverteidiger auf dem Platz. (3)

Nuri Sahin: Leichte Fehler aber ansonsten solide. (4)

Reus: Belebte das Dortmunder Angriffsspiel, konnte aber nur wenig Akzente setzen. (3)

Christoph, 10.3.2013

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