Spielbericht Profis

Wieso, wozu, weshalb, warum?

06.10.2013, 00:29 Uhr von:  Redaktion

Nur Durschnitt - der Gästeblock in MGNach dem Spiel erzählt Jürgen Klopp auf der Pressekonferenz, dass er nicht damit gerechnet hätte, dass seine Mannschaft in Gladbach derart überlegen auftreten könnte. Sein Nachbar, Lucien Favre, schimpft über die Leistung seiner Mannschaft und spricht davon, dass die heute gezeigte Leistung für ihn inakzeptabel gewesen sei. Dem Zuhörer drängt dabei die Frage auf: Wie hat es Dortmund geschafft in Gladbach mit 2:0 zu verlieren?

Ausgangslage

Weit vor dem Anpfiff ist der Gästeblock bis auf den letzten Platz in der grauen Betonschüssel namens Borussia Park gefüllt und singt sich auf das Bundesliga Spiel ein. Die Nordkurve der Gladbach Anhänger füllt sich schleppend. Vermutlich hört man lieber im eigenen Fan-Haus fußballgerechte Musik, anstatt sich im Stadion mit aktueller Disco Musik in die „richtige" Stimmung zu bringen. Erleichternd wirkt die Werbung eines Sponsors, der den Fans 30 Sekunden Ruhe schenkt. Ein weiteres Highlight ist das Verlesen der Mannschaftsaufstellung. Gladbach-Fans scheinen inzwischen derart Sponsoren-freundlich zu sein, dass der Sponsor-Name, wie auch der Name der Spieler, im Wechsel mit dem Stadionsprecher vorgetragen wird. Vermutlich kann man als Fan gar nicht Schlechter zeigte sich nur die Heimkurvemehr anders, wenn durch laute, eingespielte Disco-Musik, die Animation durch den Stadionsprecher und seine geschlossene Fragestellungen („Seid ihr bereit?- Wozu eigentlich?), dazu noch ein Fahnen schwenkendes Pferd auf dem Rasen herumturnt, als einfach gleichgeschaltet genau dass von sich zu geben, was der Stadionsprecher von einem verlangt. Ansonsten wirkt die Kurve bis zum Einlaufen der Spieler eher trostlos, als eine lebendige Kurve. Doch als das Lied von der Elf vom Niederreihen erklingt, wandelt sich das fast schon als Eventpublikum abgeschriebene Stadion in ein richtiges Fußballstadion mit Fahnen und Fangesängen.

Sportlich gesehen gingen beide Mannschaften mit unterschiedlichen Voraussetzungen auf den Platz. Bei der Borussia aus Dortmund fehlte die halbe Defensive. Zu den Stammverletzten (Kehl, Schmelzer, Piszczek und Güdogan) gesellte sich nun kurzfristig noch Sokratis. Auf Seiten der Gladbacher konnte Favre aus den Vollen schöpfen, lediglich Daems fehlte mit muskulären Problemen. Trotz des intensiven Spiels gegen Marseilles, schickte Jürgen Klopp, bis auf Weidenfeller, exakt die gleiche Elf ins Rennen.

Anpfiff zur ersten Halbzeit

Lewandowski scheiterte nicht nur in dieser Szene an Marc-André ter StegenDortmund ist in der ersten Halbzeit die klar überlegende Mannschaft und schnürt die Gladbacher geradezu in ihrem eigenen Strafraum ein. Sämtliche Befreiungsversuche werden von der Dortmunder Defensive im Keim erstickt. Die Folge sind hochkarätige Chancen für die Schwarzgelben. In der 5. Minute macht Marco Reus aus 8m auf sich aufmerksam, doch der Schuss streicht knapp am Tor vorbei. Nur sechs Minuten später verfehlt ein Sahin-Freistoß nur knapp das Tor. Dann wohl die größte(n) Chance(n) in der 17. Minute: Bender nimmt sich ein Herz und hält aus der Ferne einfach mal auf das Tor. Der Abpraller landet vor den Füßen von Hummels, der knapp sieben Meter vor dem Tor völlig frei zum Schuss kommt. Doch Ter Stegen kann parieren. Kaum 5 Minuten weiter zimmert Großkreutz den Ball auf das Gladbacher Gehäuse, doch Ter Stegen kann erneut die inzwischen überfällige Führung verhindern. Die Chancen jetzt im Fünf-Minuten-Takt. Aubameyang wird von Reus glänzend bedient, dieser lässt Dominguez wie einen lahmenden Gaul aussehen und verzieht nur knapp rechts am Tor vorbei. Gladbach ist zu diesem Zeitpunkt äußerst passiv und bettelt förmlich um das Gegentor. Doch auch Reus scheitert erneut, nachdem er vier Gladbacher im eigenen Strafraum ausgetanzt hat, und schießt knapp am Tor vorbei. Das Null zu Null zur Halbzeit gleicht mehr einem Wunder, als einem gerechten Halbzeitergebnis. Dortmund hatte 16 Torschüsse, Gladbach brachte gerade einmal einen zustande. Auf den Tribünen war man sich einig, dieses Spiel kann Borussia Dortmund nicht verlieren.

Anpfiff zur zweiten Halbzeit

Raffael gegen MickiDie Kabinen-Predigt von Lucien Favre zeigte Wirkung. Gladbach versuchte nun die Dortmunder früher zu attackieren, mit anderen Worten, man bemerkte, dass es sich bei Fußball um einen Laufsport handelt. Schwarzgelb schien sich mit der Erkenntnis der Gladbacher nicht sofort anfreunden zu können. Das große Feuerwerk, das in der ersten Halbzeit 45 Minuten angedauert hat, schien sich nicht sofort entzünden zu wollen. So sollte die erste gute Chance den Gladbachern gehören. Kruse dringt in den Strafraum der Dortmunder ein und kann auf den freistehenden Wendt ablegen, der frei aus 12 Metern zum Schuss kommt. Der Ball geht nur knapp am Tor vorbei. Die Gladbach Fans schöpften Hoffnung. So wurde zum ersten Mal der Gassenhauer: „Es gibt nur eine Borussia...." angestimmt, wenn auch nur ganz leise. Wer jetzt eine Antwort aus Dortmund erwartet hatte, musste nicht lange warten. Zwei Minuten später konnte Ter Stegen einen klasse Fernschuss von Reus noch gerade von der Linie kratzen. Das Spiel wurde ausgeglichener, auch wenn Dortmund weiter das Zepter in den Händen hielt. Als den Schwarzgelben die Zeit davonlief, es waren noch neun Minuten zu spielen, taucht Nordtveit frei vor Weidenfeller auf und wird von Hummels umgesenst. Der Elfmeter und eine rote Karte waren unvermeidlich. Kruse, der bis dahin eher unglücklich wirkte, lies es sich nicht nehmen und brachte die Gladbacher mit eins zu null in Führung. Ein Schock, der von beiden Mannschaften erst einmal verdaut werden musste. Damit hätte niemand gerechnet.

Max Kruse bejubelt den Führungstreffer"Fast wie am Bökelberg"

Das Stadion tobte, es wurde laut, auf den Tribünen stand man förmlich Kopf. Die Sensation lag in der Luft und wurde nach einem Konter in der 87. Minute durch Rafael zur Realität. 2:0 gewinnt Gladbach und weiß am Ende gar nicht, wie so etwas passieren konnte. Die Frage, wie so etwas passieren konnte, ist ganz einfach zu beantworten: 1. Der Stadionsprecher hat Schuld! 2. Vor dem Spiel wurde die Borussia aus Dortmund von diesem mit folgenden Statistiken vorgestellt: Dortmund hat in den letzten 21. Bundesligaspielen immer getroffen und hat erst eine Niederlage in den letzten 18 Auswärtsspielen hinnehmen müssen.....

Fazit

Mund abwischen und weitermachen. Zum ersten Mal geht Dortmund in dieser Saison als Verlierer vom Platz. Obwohl man knapp 30 Torschüsse
abgegeben hat, konnte man kein Tor erzielen und als der Gegner zum zweiten Mal gefährlich vor das Tor gekommen ist, gönnte man sich nach 81 hoch konzentrierten Minuten 10 Sekunden lang eine kleine Pause, für die Mats Hummels mit einer roten Karte den Platz und einem verschuldeten Strafstoß teuer bezahle musste. Trotz des Gegentreffers und der Unterzahl versuchte die wahre Borussia das Spiel noch zu drehen und kassierte den Treffer zum 2:0. Ende.

Erik Durm stellete sich als einer der wenigen den FragenStimmen zum Spiel

Nach der Niederlage wurden die Profis Jonas Hofman und Erik Durm zur schreibenden Presse geschickt um Rede und Antwort zu stehen....

Jonas Hofmann: Der Fußball kann ungerecht sein, das haben wir heute am eigenen Leibe erfahren müssen. Wir haben Gladbach eigentlich über 90 Minuten deutlich dominiert, gerade in der ersten Halbzeit war unsere Dominanz erdrückend. Das macht die Niederlage natürlich schwer zu ertragen. Andererseits muss man natürlich sagen, dass wir uns die Niederlage am Ende selbst zuzuschreiben haben, weil wir unsere zahlreichen Chancen nicht genutzt haben.

Erik Durm: Wir hatten das Spiel eigentlich im Griff und haben uns viele Torchancen erarbeitet, die wir leider nicht genutzt haben. Da hat uns in der Offensive ein bisschen die Konsequenz gefehlt. Wir waren über die meiste Zeit drückend überlegen. Dann bekommen wir den Elfmeter und die Rote Karte gegen uns und gehen in Rückstand. Das ist natürlich sehr bitter und schwer zu ertragen.

Jürgen Klopp auf der Pressekonferenz:

Jürgen Klopp konnte mit der Torausbeute nicht zufrieden sein"Das war ein ungewöhnliches Spiel. Wir bereiten uns stets gewissenhaft auf den jeweiligen Gegner vor. Diese Überlegenheit über einen so langen Zeitraum war in keiner unserer Analysen als Möglichkeit zu erkennen. Meine Mannschaft hat über lange Zeit ein außergewöhnlich gutes Auswärtsspiel gemacht, den Gegner unter Druck gesetzt und brutal gutes Gegenpressing gespielt, aber kein Tor geschossen. Wir sind selbstkritisch genug und durchaus der Meinung, dass wir unseren Anteil an dieser Niederlage haben. Wir hatten Ballbesitz, aber nicht ganz so klare Torchancen. So haben wir das Spiel offen und Gladbach am Leben gelassen. Dann mussten wir sehr ungünstig wechseln, weil wir gewinnen wollten. Dabei hätten wir jede defensive Absicherung gut gebrauchen können. Den Elfmeter habe ich im Fernsehen noch nicht gesehen. Mit zehn Mann war es kein Zuckerschlecken, einem Rückstand hinterherzurennen. Dann kriegen wir das zweite Gegentor - und haben verloren. Das fühlt sich bescheiden an. Wenn die Niederlage etwas weniger weh tut, werden wir auch die positiven Dinge mitnehmen in die Bewertung."

Lucien Favre auf der Pressekonferenz

Lucien Favre konnte sein Glück gar nicht fassen"Die erste Halbzeit haben wir verschlafen. Das war ein Wunder, mit einem 0:0 in die Kabine zu kommen. Dortmund hat top gespielt und hatte klare Torchancen, Wir haben viel zu langsam gedacht und agiert, wenn wir den Ball hatten. Es war ein super Pressing von Dortmund - und eine Katastrophe von uns. Ich habe meiner Mannschaft in der Pause gesagt, dass sie endlich Fußball spielen muss. Wir gewinnen klar unverdient mit 2:0, wenn man beide Halbzeiten sieht. Wir haben gewonnen - das ist nach der ersten Halbzeit fast ein Wunder."

So haben sie gespielt:

Borussia M´gladbach: Ter Stegen - Jantschke, Stranzl, Dominguez, Wendt - Nordtveit, Xhaka - Herrmann, Arango - Raffael, Kruse

Borussia Dortmund: Weidenfeller - Großkreutz, Subotic, Hummels, Durm - Bender, Sahin - Aubameyang, Mkhitaryan, Reus – Lewandowski

Einwechselungen:
56. Brouwers für Dominguez
77. Hrgota für Herrmann
82. Kramer für Nordtveit
72. Hofmann für Bender
77. Blaszczykowski für Mkhitaryan
89. Günter für Sahin

Zuschauer: 54.000 (ausverkauft) darunter ca. 6.000 Schwarzgelbe

Die Spieler in der Einzelkritik

Roman Weidenfeller: Beim Elfmeter ohne Chance (80.), ebenso beim 0:2 (87.) ansonsten ungeprüft. Note: 3

Rot für Hummels und die Wende im SpielKevin Großkreutz: Großkreutz läuft und läuft und läuft. Bei jedem Angriff vorne zu finden, ohne seine Defensivaufgaben zu vernachlässigen. Zwang ter Stegen zu einer ordentlichen Parade (23.). In der zweiten Halbzeit unauffälliger und ließ ins einem Rücken die eine oder andere Lücke entstehen. Note: 3

Neven Subotic: Kaum gefordert und sehr solides Stellungsspiel. Rettete in der 50. Minute als letzter Mann gegen Herrmann. Note: 2,5

Mats Hummels: Scheiterte freistehend aus kürzester Distanz an ter Stegen. Durch sein Rausrücken schuf er immer wieder Überzahl im Mittelfeld und bremste die Gladbach-Angriffe aus. In der 80 Minute kam er gegen Nordtveit im Strafraum zu spät sah zurecht rot. Der entscheidende Fehler wurde von anderen Spielern im Vorfeld verursacht. Note: 4,0

Erik Durm: Hatte Patrick Herrmann fast immer im Griff. Seine Flanken blieben ungefährlich Note: 3,5

Nuri Sahin: In der erste Halbzeit hatte er 65 Ballkontakte und eine Passquote von 93% - nur wenige dieser Pässe sorgten für Gefahr. Lief den Gegnern häufig hinterher. Verlor den entscheidenden Zweikampf im Mittelfeld der zum Tor führte. Note: 4

Sven Bender: Stopfte Lücken, fing Pässe ab....Manni halt! Note: 3

Robert Lewandowski agierte meist glücklosPierre-Emerick Aubameyang: Schon nach kurzer Zeit konnten die Gegenspieler sich auf sein Spiel einstellen. Wurde von Minute zu Minute unauffälliger. Note: 4

Henrikh Mkhitaryan: Eine unauffällige Partie des Spielmachers, der den Ball oft zu lange hielt und seine stärksten Szenen heute gegen den Ball hatte. Note: 4,0

Marco Reus: Bester Dortmunder, war überall zu finden. Und gab einige tolle Pässe auf Aubameyang. Hätte in der 33. Minute ein Tor machen müssen, als er den Ball zentral vor dem Strafraum bekam, vier Gegenspieler stehen ließ, seinen Schuss aber knapp neben das Tor setzte. Lief sich in Halbzeit zwei etwas oft in der Abwehr fest. Note: 2,5

Robert Lewandowski: Gegen die robusten Gladbacher Innenverteidiger sah er häufig schlecht aus. Rieb sich in vielen Zweikämpfen auf, ging dafür weite Wege und strahlte kaum Torgefahr aus. Note: 4

Christoph, 5.10.2013

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