Auftakt nach Maß
Endlich ist sie vorbei, die endlos lange Sommerpause, endlich wieder Bundesliga. Nachdem in den vergangenen Wochen ausschließlich Boulevardschlagzeilen über unseren geliebten Sport geschrieben wurden, rücken nun endlich belanglose Nachrichten in den Hintergrund, entscheidend ist ab sofort wieder auf´m Platz.
Der erste Spieltag führte diese Saison nach Augsburg, für viele Experten wieder ein ernstzunehmender Kandidat für die unteren Tabellenplätze. Das erste Pflichtspiel konnten beide Vereine erfolgreich gestalten. Während unser BVB beim Regionalligisten Wilhelmshaven ein spätes 3:0 erreichte, besiegte der FCA einen Franchiseverein aus Leipzig, Salzburg und New York mit 2:0. Besonders euphorisiert zeigten sich daher die Darsteller der Augsburger Puppenkiste, tippten sie doch ein 2:1 für den FCA. Der anschließend aufbrausende Jubel im Augsburger Stadion sollte der letzte für diesen Nachmittag bleiben.
Für den BVB spielte Mitch Langerak im Tor, da Roman Weidenfeller aufgrund seiner roten Karte vom 34. Spieltag nicht spielberechtigt war. Dies ist jedoch alles andere als ein schlechtes Omen für den BVB, konnte man doch bislang alle Spiele mit Langerak im Tor siegreich bestreiten. Als Ersatztorwart saß Hendrik Bonmann auf der Bank. Ebenfalls von Beginn an spielen durfte der Neuzugang Pierre-Emerick Aubameyang, der im Sommer für 13 Millionen Euro aus St. Etienne gekommen war. Damit war er der einzige neue Spieler auf dem Platz, da Henrikh Mkhitaryan aufgrund einer Sprunggelenksverletzung aus dem Testspiel gegen Luzern noch nicht ins Mannschaftstraining zurückgekehrt ist und Sokratis Papastathopoulos auf der Bank Platz nehmen musste. Für ihn spielte Kevin Großkreutz auf der rechten Abwehrseite, eine Position, in der wir ihn diese Saison wohl öfter sehen werden.
Unter besonderer Beobachtung am ersten Bundesligaspieltag stand Robert Lewandowski, der in der Sommerpause sehr offensiv auf einen Wechsel in die bayerische Hauptstadt drängte. Er durfte heute von Beginn an ran und, soviel sei vorweg genommen, zeigte eine motivierte, aber keine gute Leistung. Man konnte jedoch durch seine Gestik erkennen, dass er bereit ist in dieser Saison alles für den BVB zu geben und nur das zählt. Der gut gefüllte Dortmunder Block war überwiegend gelb gekleidet, was für ein wunderschönes Bild im sonst sehr tristen Augsburger Stadion sorgte.
In den ersten Minuten des Spiels zeigten alle Akteure ihre Lust auf die neue Saison. Während der Dortmunder Block die Anfangsphase der Partie sehr laut gestaltete, hatte Aubameyang nach wenigen Sekunden das 1:0 auf dem Fuß. Statt es aber selbst zu versuchen, legte er quer auf Lewandowski, der nicht an die Kugel kam. Bereits zu diesem Zeitpunkt dachten viele an die bisherigen Testspiele und auch das Pokalspiel zurück, in denen Aubameyang eher als Chancentod hervorstach. Dies sollte sich aber im Laufe des Spiels ändern.
In den darauffolgenden Spielminuten tat sich der BVB sichtbar schwer gegen die Augsburger, die immer wieder Fehler in der Abwehr provozierten. Gerade in der Anfangsphase war der FCA die bessere Mannschaft, obwohl zu keinem Zeitpunkt ein Tor in der Luft lag. Deswegen war es doch ein bisschen überraschend, als Aubameyang in der 23 Minute den Ball, nach einer schönen Flanke von Schmelzer, in die Maschen köpfte. Danach lief es besser für unseren BVB, die Augsburger mussten sich nach dem Gegentreffer erst erholen.
Kurz vor Ende der ersten Halbzeit erspielte sich der FCA noch einmal zwei Chancen, allerdings konnte zuerst Langerak einen Fernschuss von Holzhauser sehenswert abwehren und anschließend Sven Bender einen Kopfball von Jan-Ingwer Callsen-Bracker auf der Linie entschärfen. Kurz danach wurde die erste Halbzeit ohne Nachspielzeit abgepfiffen.
Die zweite Halbzeit begann ähnlich wie die erste, mit einer Chance für Aubameyang. Nach einem Steilpass in die Spitze zündete Aubameyang den Turbo und schoss aus halbrechter Position in Richtung Augsburger Tor, allerdings genau auf den Augsburger Torwart. Anhand dieser Szene wurde jedoch deutlich, welche Rolle Aubameyang im neuen Dortmunder System spielen wird, wie es auch Jürgen Klopp nach Spielende bestätigte. Er ist der pfeilschnelle Spieler, der einfach nur einen Pass in den Lauf braucht, um damit alleine auf den Torwart zuzulaufen. Zu Recht merkte Klopp aber an, dass dieses Vorgehen vermutlich schnell durchschaubar sein wird und man sich daher etwas anderes überlegen müsse. Zumindest Augsburg hatte es noch nicht durchschaut, wie im restlichen Verlauf des Spiels deutlich werden sollte.
Von Augsburg kam in der zweiten Halbzeit nicht mehr viel, einzig zu erwähnen ist eine Kopfballchance durch Mölders in der 62. Spielminute. Danach wurde Mitch Langerak nicht mehr geprüft, denn es spielte nur noch der BVB und es ergaben sich Chancen im Minutentakt. In der 66. Minute gab die Augsburger Hintermannschaft Reus zu viel Platz und vor allem zu viel Zeit, wodurch er den Ball wunderbar auf Aubameyang spielen konnte, der ihn nur noch ins untere rechte Eck schob, 2:0. Zu diesem Zeitpunkt bereits so etwas wie die Vorentscheidung. Dementsprechend reagierten auch die Augsburger Fans, von denen ab diesem Zeitpunkt fast nichts mehr zu hören war. Spätestens jetzt hörte man nur noch unsere Gesänge im Augsburger Stadion.
In der 78. Spielminute wurde Aubameyang erneut per Steilpass in Szene gesetzt, dieses Mal vom bis zu diesem Zeitpunkt blass gebliebenen Lewandowski. Aubameyang zeigte sich vor dem Tor eiskalt, umkurfte den rauslaufenden Augsburger Torwart und schob lässig ein. 3:0, dreimal Aubameyang. Damit erzielte Aubameyang in seinem ersten Bundesligaspiel drei Tore, eine Leistung die vor ihm noch keinem Spieler des BVBs geglückt ist. Wer hätte damit nach den Testspielen bzw. nach dem Spiel in Wilhelmshaven gerechnet.
Fünf Minuten vor Ende des Spiels zeigte der eingewechselte Jonas Hofmann seine Klasse, indem er einen Querpass der Augsburger Hintermannschaft schnappte und in Richtung Tor durchstartete. Erst durch ein Foul von Jan-Ingwer Callsen-Bracker konnte Hofmann gestoppt werden, den anschließenden Elfmeter verwandelte Lewandowski locker ins linke obere Eck. Nachdem er wenige Minuten freistehend am Augsburger Torwart scheiterte, nutze er hier seine zweite Chance im Spiel.
Anschließend gab es im Gästeblock kein Halten mehr, fühlte man sich doch zu diesem Zeitpunkt als sicherer Spitzenreiter. Besonders laut zeigte sich der Block bei der Frage, wer wohl Deutscher Meister wird. Das war der Zeitpunkt, in dem man zwangsläufig an die besonderen Momente mit dem BVB zurückgedacht hat. Es ist schon beeindruckend, was man immer wieder mit diesem Verein erlebt und wer weiß, vielleicht war das Spiel in Augsburg nur ein Vorgeschmack für eine erneute Saison mit vielen Highlights. Daher war es verwunderlich, dass kurz vor Spielende der Fußballclub aus Augsburg verbal in die zweite Liga verabschiedet wurde, anstatt den gelungen Saisoneinstand der eigenen Mannschaft bei strahlendem Sonnenschein zu feiern. Allerdings ist dies der einzige Kritikpunkt bei einem sonst sehr guten Auftritt im Augsburger Stadion.Insgesamt war die Unterstützung in Augsburg sehr gut, vor allem weil es gelang, den kompletten Gästeblock zum Singen zu animieren. Stellenweise waren unsere Lieder in Augsburg so laut zu hören, dass der ein oder andere Augsburgfan wohl mit einem dortmunder Ohrwurm ins Bett gehen musste.
Spielernoten:
Langerak: Wenn er gefordert wurde, war er hellwach und zeigte keine Fehler. Nuri Sahin sagte nach dem Spiel zu Recht, dass es viel zu schade ist, ihn Nummer zwei zu nennen. Mitch bleibt mit dem Sieg heute nach seinem elften Pflichtspiel bei einer Siegesquote von 100%. Note 2.
Hummels: Machte gerade in der ersten Halbzeit in der Abwehr einige Fehler, die aber entweder durch einen Kollegen oder durch das Unvermögen der Augsburger keine Folgen hatten. In der zweiten Halbzeit besser. Note 4.
Subotic: Ein über weite Strecken sicherer Auftritt von ihm. Note 3.
Großkreutz: Man merkte ihm in der ersten Halbzeit stellenweise an, dass er kein ausgebildeter Verteidiger ist. Sein Können zeigte er auf dem Weg nach vorne, teilweise sogar als filigraner Techniker. Hatte die meisten Ballkontakte auf dem Feld. Note 3.
Bender: Wichtigste Spielszene von ihm war in der 42. Spielminute, als er den Kopfball von Jan-Ingwer Callsen-Bracker von der Linie köpft. Wer weiß, welche Wendung das Spiel genommen hätte. Note 2.
Gündogan: Keine gute Leistung von ihm heute, wurde deswegen auch in der 57. Minute ausgewechselt. Jürgen Klopp begründete die Auswechslung aufgrund vorheriger Rückenprobleme. Vielleicht wäre es besser gewesen, ihn das ganze Spiel zu schonen. Note 4.
Lewandowski: In der ersten Halbzeit kaum Aktionen, in der zweiten bereitete er das 3:0 wunderbar vor. Erste Torchance erst in der 79. Minute. Den Elfmeter verwandelte er eiskalt. Note 3.
Reus: Bereitete das 2:0 sehr schön vor, ansonsten ein durchschnittliches Spiel von ihm. Note 3.
Aubameyang: Ein besseres Bundesligadebüt kann man sich nicht vorstellen, wobei dies nicht nur an seinen drei Toren liegt. Er war ständig präsent auf dem Platz und häufige Anspielstation. Note 1.
Sahin: Wurde im Mittelfeld häufig angespielt, ihm fehlte aber heute der geniale Moment. Note 3.
Schmelzer: Sorgte mit seiner Flanke zum 1:0 für einen Überraschungsmoment und war eine sichere Bank auf der linken Abwehrseite. Note 2.
Blaszcykowski: Kam in der 57. Minute für Gündogan und brachte Belebung in das Offensivspiel. Note 2.
Hofmann: Wurde in der 82. Minute eingewechselt, wodurch eine Bewertung nicht möglich ist. Holte den Elfmeter sehenswert heraus.
Durm: Hatte weniger als 120 Sekunden auf dem Platz, daher hat er zwar eine Erwähnung in diesem Bericht, aber keine Bewertung verdient.
Stimmen zum Spiel:
Jürgen Klopp: „Die Bedingungen hier waren nicht gut. Am ersten Spieltag so ein Platz, ich möchte nicht wissen, wie er dann nach dem 17. aussieht. Dass der Gegner zu guten Möglichkeiten kommt, halte ich bei der Qualität, die Augsburg hat, für völlig normal. Es geht nur darum, wie gehen wir damit um.Dann haben wir das 1:0 gemacht und es gibt schlimmeres als in Augsburg 1:0 zu führen.Hier gewinnen heute nicht viele 4:0, weil es uns gelungen ist, macht es uns schon ein bisschen stolz.“
über Aubameyang: „Ohne seine Tore hätte es relativ lange 0:0 gestanden. Wenn er Trainer wäre, wäre es gut, wenn er Deutsch könnte, aber er ist Spieler, daher reicht das bisschen Englisch vollkommen. Er ist der klassische schnelle Spieler, der hauptsächlich noch wegläuft. Eine brutale Qualität, die jedoch irgendwann leicht zu durchschauen ist. Da müssen wir variabler werden. Er hat vorher viele Möglichkeiten gehabt und wenig Tore geschossen, uns war klar, dass sich das ändern wird, weil er in Frankreich eine unfassbare Quote hatte. Der Gegner muss wissen, dass es nach Ballverlust ganz schnell richtig wehtun kann. Jeder Spieltag wird Geschichten schreiben und ich befürchte, dass es auch einmal welche geben wird, an dem Aubameyang nicht alle Bälle reinschießt. Aber es ist natürlich besser, dass er so beginnt, als mit fünf Fahrkarten.
Nuri Sahin: „Mir imponiert die Defensivarbeit von Aubameyang. Ich sprach heute Morgen noch mit ihm und er sagte, die Tore werden kommen, dann macht er drei Dinger, Wahnsinn.“
Markus Weinzierl: „Wir sind heute enttäuscht. Der Ausgleich war möglich, aber wir haben das Tor nicht gemacht. Jetzt stehen wir mit dem 4:0 da, was uns natürlich alles andere als glücklich macht.“
Halil Altintop: „Das Heute tut einfach weh.“
Aufstellung:
FC Augsburg: Amsif – Verhaegh, Callsen-Bracker, Klavan, Ostrzolek – Baier – Hahn (83. Vogt), Moravek, Altintop (77. Philp), Holzhauser (77. Vlachodimos) - Mölders
Borussia Dortmund: Langerak - Großkreutz, Subotic, Hummels, Schmelzer – Bender, Sahin – Aubameyang (81. Hofmann), Gündogan (57. Blaszczykowski), Reus – Lewandowski (88. Durm)
Schiedsrichter: Knut Kircher
Zuschauer: 30660 (davon rund 4000 aus Dortmund)