Rückenwind für Borussia, Rote Karte für Rechts
So, einmal alle durchatmen. Dank eines völlig verdienten 3:1 über Hannover 96 startet unsere Borussia mit Rückenwind in eine extrem wichtige Woche – 96 geschlagen, Donezk und die Blauen vor Augen. Mindestens ebenso schön wie die drei Punkte ist das deutliche Zeichen, das die BVB-Familie am Samstag gegen Rechts gesetzt hat: Mit zahlreichen Plakaten und Anti-Nazi-Spruchbändern haben sich Fans auf allen(!) Tribünen mit Thilo Danielsmeyer vom Fanprojekt und unserem Fanbeauftragten Jens Volke, die in Donezk Opfer rechter Gewalt wurden, solidarisiert. Nazis und Rassismus gehören nicht zum BVB. Punkt, fertig, aus.
Vorspiel: Im Westfalenstadion ist kein Platz für Nazis
Ob im Norden, Osten, Süden oder Westen unseres Tempels – überall wurden zum Einlauf der Mannschaften Spruchbänder mit unmissverständlichen Nachrichten in die Höhe gereckt. „Nazis raus“, „DO gegen Rechts“, „Jens und Thilo, wir stehen hinter euch“, „Hände weg vom Fanprojekt“, „Howitown zeigt Rechts die Rote Karte“ oder auch „Rollis gegen Rechts“ im Rollstuhl-Bereich, um nur ein paar zu nennen. Es war ein Schulterschluss von Fans verschiedenster Couleur.
Anlässlich der zu verurteilenden Vorfälle in der Vergangenheit eine wichtige und mehr als angemessene Reaktion, gleichzeitig aber auch der Appell an alle Borussen, auch zukünftig die Augen offen zu halten und dafür zu sorgen, dass sich die Rechten im Umfeld des BVB nicht mehr wohlfühlen. Via Facebook haben sich die Fanbeauftragten übrigens ausdrücklich für die Solidaritätsbekundungen für Thilo und Jens bedankt.
Impressionen und Spruchbänder findet ihr auf bvb-fotos.de, in unserer Fotostrecke und in diesem Video.
Hannover wurde von knapp 4.000 Gästefans in die Fußballhauptstadt begleitet. Der Klub von Martin Kind ist nun wirklich nicht für einen freundlichen Umgang mit seinen Anhängern bekannt, was hauptsächlich am Präsidenten selbst liegt, der immer wieder mit populistischen Forderungen wie einem Pyrozuschlag für Eintrittskarten in der Europa League auf sich aufmerksam macht und ein harter Gegner der 50+1-Regel ist.
Auch vor ihrem Gastspiel im Westfalenstadion waren die 96er mal wieder negativ in Sachen Fanfreiheit aufgefallen. Aufgrund der Vorfälle während der Auswärtsfahrt nach Bremen waren gegen 434 Hannover-Fans Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs eingeleitet worden. Mit der Begründung, dass einige Fans noch im Vorverkaufszeitraum für das Spiel in Dortmund mit einem Stadionverbot belegt werden könnten, schränkte Hannover 96 den Ticketverkauf stark ein. Karten telefonisch oder per Internet zu bestellen, war den Gästen nicht möglich. Stattdessen erhielten die Fans sie nur gegen Abgabe ihrer persönlichen Daten in den Vorverkaufsstellen. In meinen Augen ein absolutes Unding, dass einem millionenschweren Unternehmen keine elegantere Lösung einfällt und stattdessen alle Fans kollektiv unter dieser fragwürdigen Maßnahme zu leiden haben. Zumal es laut der Ticket-AGBs von Borussia Dortmund selbst im Falle eines Stadionverbots möglich ist, die erstandenen Karten zum Originalpreis weiterzugeben. Mit dieser Argumentation konnte die Fanhilfe Hannover einen Erfolg beim Verein erzielen, der zusicherte, dieses Verfahren für die Zukunft zu überdenken. So war es auch möglich, dass 280 Gästekarten an der Tageskasse ohne Personalisierung verkauft werden konnten.
Auffem Platz: Klopps Rotationsmaschine erwischt Blitzstart
Manch einer rieb sich beim Brüllen der Aufstellung die Augen. Angesichts der wichtigen Woche inklusive Achtelfinal-Rückspiel am Dienstag rotierte Klopp Götze raus und schickte Schieber ins Rennen. Auch Piszczek, mit Hüftbeschwerden und einer baldigen OP vor Augen ohnehin arg gebeutelt, blieb auf der Bank, für ihn verteidigte Kevin Großkreutz hinten rechts. Kuba kehrte auf den Flügel zurück, während Lewandowski nach Verkürzung seiner Sperre auf die Zehn rückte und Schieber den Platz als einzige echte Spitze überließ. Tolle Sache für den sympathischen Schwaben, dass er nach seinem unglücklichen Platzverweis gegen Frankfurt nun doch die Chance bekam, sich über 90 Minuten im Ligaalltag zu beweisen.
Der Gästeeinhang läutete die Partie erst mit einem wirklich sehenswerten Fahnenintro, dann leider mit einer langweiligen Pyroshow ein. Nur Fahnen hätten definitiv besser ausgesehen als die paar Fackeln – ziemlich unnötig. Gegen ersatzgeschwächte 96er, vor allem Diouf und Topscorer Huszti fehlten ihrem Spiel, legte die Borussia los wie die Feuerwehr. Schamlos nutzte sie aus, dass die Hannoveraner ihnen viel zu viel Platz ließen, vor allem Kuba machte in den Anfangsminuten mächtig Alarm über seine Seite. In der fünften Minute kickte Reus den Ball aus aussichtsreicher Position drüber, kurz danach Kuba völlig freistehend. Drei Minuten später knallte es: Seelenruhig konnte Großkreutz den Ball in den Strafraum spielen, wo Lewandowski zur Stelle war und die Kugel nur noch einschieben musste – die hochverdiente Führung bereits nach acht Minuten.
Es ist lange her, dass unseren Jungs zuletzt so viele Freiräume gewährt wurden wie in dieser Anfangsphase gegen Hannover. Kuba und Großkreutz konnten meis völlig unbehelligt von Pocognoli und Rausch agieren wie sie wollten. Vor dem Hintergrund, dass letzterer die 96er im Sommer ablösefrei verlassen kann und in diesem Zusammenhang nicht selten der Name Borussia Dortmund fällt, konnte er an diesem Tag wahrlich keine fundierte Bewerbung abliefern und wurde zur Halbzeit ausgewechselt.
Der BVB lief weiter munter an, ließ sich durch ein Abseitstor Rauschs (15.) nicht aus der Fassung bringen und setzte mit dem 2:0 durch Lewandowski in der 21. Minute noch einen drauf. Eine wirklich sehenswerte Kombination über Gündogan, Kuba und Großkreutz, dessen Schuss Zieler nur abprallen ließ, staubte der Pole erfolgreich ab. Ganz ehrlich: Das Theater um Lewandowski und seine Berater geht mir in letzter Zeit nur noch auf den Sack, doch trotzdem schafft es der Stürmer, uns regelmäßig mit Top-Leistungen in die Siegesspur zu bringen. Zumindest auf dem Platz ist sein Verhalten absolut professionell.
Vollkommen beruhigt hätte der BVB mit dieser Führung gegen passive und behäbige Hannoveraner in die Pause gehen können, wäre da nicht eine blöde Unachtsamkeit gewesen. In der 40. Minute landete ein Freistoß aus dem Halbfeld auf Santanas Kopf, dessen Verlängerung konnte Weidenfeller zwar noch an die Latte lenken, geschlagen war unser Torwart aber gegen den heraneilenden Abdellaoue, der den Abpraller per Kopf nur noch über die Linie drücken musste – das unerwartete 1:2.
Während die 4.000 Gästefans im ersten Durchgang meist einen monotonen, leisen und deshalb langweiligen Klangteppich bildeten und sich gegen Ende nur leicht steigern konnten, legte der Rest des Westfalenstadions einen durchschnittlichen Auftritt mit einigen lauten Momenten aufs Parkett. Nicht so stark wie gegen Frankfurt, deutlich besser aber als in den Heimspielen zuvor. Kurz vor Wiederanpfiff erklangen gemeinsame Gesänge beider Fanlager gegen Martin Kind („Kind muss weg“) und die Südtribüne setzte mit „Martin Sohn, du Kind einer Hupe“ – oder irgendwie so ähnlich – noch einen drauf. Untermalt wurde das Ganze mit einem Spruchband in Block drölf: „Ein Kind, der Gräben schafft, gehört endlich abgeschafft! Dialoge auf Augenhöhe bei 96“.
Zweite Halbzeit: Entscheidung nach kurzer Findungsphase
Überraschenderweise zeigten sich die Schwatzgelben durchaus beeindruckt vom Gegentreffer. 96 agierte nun forscher, konnte sich aber keine wirklich gefährlichen Chancen erspielen. Immerhin meldete sich die Süd nach der Halbzeit direkt laut zurück. Der Gästeblock hingegen konnte sich im Vergleich zu den ersten 45 Minuten erneut nur minimal steigern. Rund 15 Minuten nach dem Seitenwechsel hatten sich unsere Jungs auf dem Platz dann auch wieder gefangen. Lewandowski nach toller Ballbehauptung (54.), Santana per Kopf (58.) und erneut Lewandowski nach einem langen Ball von Subotic (60.) verpassten allerdings die Entscheidung. Die brachte zwölf Zeigerumdrehungen später erst Julian Schieber nach toller Vorarbeit des bärenstarken Kuba und ließ das Westfalenstadion jubelnd aufschreien. Überhaupt war im gesamten Rund die Freude quasi zu spüren, dass der sympathische Schieber mit diesem Tor endlich Pluspunkte auf seinem bisher karg gefüllten Konto verbuchen konnte. Mehrmals erhallten „Schieber, Schieber“-Rufe im Tempel.
Der Widerstand der Gäste war nun endgültig gebrochen. Lewandowski hätte seine tolle Leistung beinahe mit seinem dritten Treffer gekrönt, sein Schuss in der 78. Minute strich allerdings über den Kasten. Fünf Minuten vor Abpfiff begannen die akustischen Derbyvorbereitungen und Juliane Werding stimmte ihren beliebten Gassenhauer an, mit dem der schwatzgelbe Mob schon mal Liebesgrüße nach GE schickte. Alles in allem und trotz der schwachen Dortmunder Phase nach der Pause ein hochverdienter Sieg, mit dem wir beruhigt die anstehenden, äußerst wichtigen Aufgaben angehen können.
Namen und Statistiken
BVB: Weidenfeller - Großkreutz, Subotic, Santana, Schmelzer – Gündogan (82. Sahin), Kehl – Kuba (76. Bender), Lewandowski, Reus (64. Götze) – Schieber.
Hannover 96: Zieler - Chahed, Djourou (74. Haggui), Schulz, Pocognoli - Ya Konan, Pinto, Hoffmann, Rausch (46. Schmiedebach) - Sobiech, Abdellaoue (78. Schlaudraff).
Tore: 1:0 Lewandowski (8.), 2:0 Lewandowski (21.), 2:1 Abdellaoue (40.), 3:1 Schieber (72.).
Gelbe Karten: Schmiedebach und Schulz.
Schiedsrichter: Welz (Wiesbaden).
Zuschauer: 80.645, natürlich ausverkauft.
Noten
Weidenfeller: Bekam kaum etwas zu tun und war beim Gegentor machtlos, nachdem er vorher noch retten konnte. Note 2
Großkreutz: Klasse, jemandem wie Kevin im Kader haben. Er schmiss sich in die Zweikämpfe und ließ auf seiner Seite nichts anbrennen. Harmonierte außerdem gut mit Kuba, legte das 1:0 auf und war auch am 2:0 beteiligt. Im Vergleich zu Piszczek bemerkte man auf der Position des Rechtsverteidigers keinen Leistungsabfall. Note 2
Subotic: Nur mit wenigen Wacklern und defensiv sicher. Hatte seinen Anteil an der immer wieder zuschnappenden Abseitsfalle in Durchgang eins und spielte einen starken öffnenden Ball auf Lewandowski (60.). Note 2,5
Santana: War mit seinem unglücklichen Kopfball leider maßgeblich am Anschlusstreffer beteiligt. Sonst aber ohne Fehler. Note 3
Schmelzer: Über seine linke Seite ging wenig, was nicht an ihm, sondern am glänzend aufgelegten Kuba lag, der immer wieder gesucht wurde, um die Hannoveraner in Verlegenheit zu bringen. Defensiv sicher, verursachte jedoch den Freistoß zum 1:2. Note 3
Gündogan: Stets ruhiger und sicherer Regisseur und Ballverteiler im Mittelfeld. Leitete mit einem tollen Pass auf Kuba außerdem 2:0 ein. Note 2
Kehl: Fiel im Gegensatz zu seinem Kollegen auf der Sechserposition ab, weil er sich dann und wann Nachlässigkeiten im Aufbauspiel erlaubte. Note 3
Kuba: Machte nicht nur in den Anfangsminuten mächtig Alarm auf rechts, viel ging – zu Recht – über seine Seite. Bärenstarker Auftritt, gekrönt die direkte Vorlagen zum 3:1. Auch am 2:0 war er beteiligt. Rückte nach Götzes Einwechslung auf den linken Flügel. Note 1,5
Lewandowski: Spielte zwar auf der ungeliebten Zehner-Position, schoss die Borussia aber mit seinen zwei Toren auf die Siegerstraße. Äußerst lauffreudig und viel ballsicherer als im Pokalspiel bei den Bayern. Note 1,5
Reus: Heute ohne große Heldentaten. Macht aber nix, den Part nahm ihm Kuba ab. Note 3,5
Schieber: Zog immer wieder Verteidiger auf sich und schaffte so Freiräume für seine Mitspieler. Den Treffer zum 3:1 gönnt ihm wirklich jeder. Note 2,5
Götze, Bender und Sahin standen für eine Benotung zu kurz auf dem Platz
Stimmen
Schieber: „Ich war froh, als der Trainer mit gestern Abend mitgeteilt hat, dass ich spielen werde und er mir diese Chance gibt. Lewi auf der Zehn und ich als einzige Spitze war für uns weder ein Problem noch eine Umstellung. Wir haben so auch schon öfter gespielt, wenn ich eingewechselt wurde. Zum Interesse von Dieter Hecking kann ich sagen, dass es da in der Winterpause etwas Kleines gegeben hat. Ich habe ihm aber gesagt, dass ich mich hier wohlfühle.“
Schmelzer: „Nach dem 2:0 haben wir nachgelassen und sind bis zur Halbzeit nicht zurückgekommen. Das haben wir in der Halbzeit auch angesprochen. Gegen Donezk haben wir eine gute Ausgangssituation, da müssen wir aber konzentrierter zu Werke gehen als zuletzt. Donezk ist stark in der Offensive, vor allem mit seinen schnellen Brasilianern. Im Rückspiel und im Derby können wir einiges wieder gutmachen, was zuletzt nicht gelaufen ist.“
Klopp: „Wir haben sehr gut in die Partie gefunden, waren spielfreudig und auf den Flügeln haben Kevin und Kuba gut zusammengespielt. Standards sind gegen Hannover immer gefährlich und nach dem 1:2 hatten wir eine Phase, in der wir die Spielverlagerung nicht richtig hinbekommen haben und nicht hinter die letzte Linie gekommen sind. Mehr Klarheit hätte uns da gut getan.“
Slomka: „Der Sieg ist natürlich verdient. Wir hatten uns vorgenommen, anders aufzutreten als beim Pokalspiel. Ich denke, das war ansatzweise auch zu sehen. Wir hatten eine offensive Einstellung, über unsere linke Abwehrseite allerdings große Schwächen. Erst Mitte der zweiten Halbzeit waren wir besser im Spiel und hatten kleine Chancen. Richtig gebrannt hat es aber nicht.“
Malte S., 03.03.2013
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Vorspiel: Im Westfalenstadion ist kein Platz für Nazis
Ob im Norden, Osten, Süden oder Westen unseres Tempels – überall wurden zum Einlauf der Mannschaften Spruchbänder mit unmissverständlichen Nachrichten in die Höhe gereckt. „Nazis raus“, „DO gegen Rechts“, „Jens und Thilo, wir stehen hinter euch“, „Hände weg vom Fanprojekt“, „Howitown zeigt Rechts die Rote Karte“ oder auch „Rollis gegen Rechts“ im Rollstuhl-Bereich, um nur ein paar zu nennen. Es war ein Schulterschluss von Fans verschiedenster Couleur.
Anlässlich der zu verurteilenden Vorfälle in der Vergangenheit eine wichtige und mehr als angemessene Reaktion, gleichzeitig aber auch der Appell an alle Borussen, auch zukünftig die Augen offen zu halten und dafür zu sorgen, dass sich die Rechten im Umfeld des BVB nicht mehr wohlfühlen. Via Facebook haben sich die Fanbeauftragten übrigens ausdrücklich für die Solidaritätsbekundungen für Thilo und Jens bedankt.
Impressionen und Spruchbänder findet ihr auf bvb-fotos.de, in unserer Facebook-Galerie und in diesem Video.
Hannover wurde von knapp 4.000 Gästefans in die Fußballhauptstadt begleitet. Der Klub von Martin Kind ist nun wirklich nicht für einen freundlichen Umgang mit seinen Anhängern bekannt, was hauptsächlich am Präsidenten selbst liegt, der immer wieder mit populistischen Forderungen wie einem Pyrozuschlag für Eintrittskarten in der Europa League auf sich aufmerksam macht und ein harter Gegner der 50+1-Regel ist.
Auch vor ihrem Gastspiel im Westfalenstadion hatten die 96er mal wieder negativ in Sachen Fanfreiheit auf sich aufmerksam gemacht. Aufgrund der Vorfälle während der Auswärtsfahrt nach Bremen, waren gegen 434 Hannover-Fans Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs eingeleitet worden. Mit der Begründung, dass einige Fans noch im Vorverkaufszeitraum für das Spiel in Dortmund noch mit einem Stadionverbot belegt werden könnten, schränkte Hannover 96 den Ticketverkauf stark ein. Karten telefonisch oder per Internet zu bestellen, war den Gästen nicht möglich. Stattdessen erhielten die Fans nur gegen Abgabe ihrer persönlichen Daten in den Vorverkaufsstellen Eintrittskarten. In meinen Augen ein absolutes Unding, dass einem millionenschweren Unternehmen keine elegantere Lösung einfällt und stattdessen alle Fans kollektiv unter dieser fragwürdigen Maßnahme zu leiden haben. Zumal es laut der Ticket-AGBs von Borussia Dortmund selbst im Falle eines Stadionverbots möglich ist, die erstandenen Karten zum Originalpreis weiterzugeben. Mit dieser Argumentation konnte die Fanhilfe Hannover einen Erfolg beim Verein erzielen, der zusicherte, dieses Verfahren für die Zukunft zu überdenken. So war es auch möglich, dass 280 Gästekarten an der Tageskasse ohne Personalisierung verkauft werden konnten.
Auffem Platz: Klopps Rotationsmaschine erwischt Blitzstart
Manch einer rieb sich beim Brüllen der Aufstellung die Augen. Angesichts der wichtigen Woche inklusive Achtelfinal-Rückspiel am Dienstag rotierte Klopp Götze raus und schickte Schieber ins Rennen. Auch Piszczek, mit Hüftbeschwerden und einer baldigen OP vor Augen ohnehin arg gebeutelt, blieb auf der Bank, für ihn verteidigte Kevin Großkreutz hinten rechts. Kuba kehrte auf den Flügel zurück, während Lewandowski nach Verkürzung seiner Sperre auf die Zehn rückte und Schieber den Platz als einzige echte Spitze überließ. Tolle Sache für den sympathischen Schwaben, dass er nach seinem unglücklichen Platzverweis gegen Frankfurt nun doch die Chance bekam, sich über 90 Minuten im Ligaalltag zu beweisen.
Der Gästeeinhang läutete die Partie erst mit einem wirklich sehenswerten Fahnenintro, dann leider mit einer langweiligen Pyroshow ein. Nur Fahnen hätten definitiv besser ausgesehen als die paar Fackeln – ziemlich unnötig. Gegen ersatzgeschwächte 96er, vor allem Diouf und Topscorer Huszti fehlten ihrem Spiel, legte die Borussia los wie die Feuerwehr. Schamlos nutzte sie aus, dass die Hannoveraner ihnen viel zu viel Platz ließen, vor allem Kuba machte in den Anfangsminuten mächtig Alarm über seine Seite. In der fünften Minute kickte Reus den Ball aus aussichtsreicher Position drüber, dann Kuba völlig freistehend. Immerhin war es er Pole dann, der 1:0 einleitete. Seelenruhig konnte er den Ball in den Strafraum spielen, wo Lewandowski zur Stelle war und die Kugel nur einschieben musste – die hochverdiente Führung bereits nach acht Minuten.
Es ist lange her, dass unseren Jungs zuletzt so viele Freiräume gewährt wurden wie in dieser Anfangsphase gegen Hannover. Kuba konnte nicht nur bei seiner Vorlage zum 1:0 völlig unbehelligt von Pocognoli und Rausch schalten und walten wie er wollte. Vor dem Hintergrund, dass letzterer die 96er im Sommer ablösefrei verlassen kann und in diesem Zusammenhang nicht selten der Name Borussia Dortmund fällt, konnte er an diesem Tag wahrlich keine fundierte Bewerbung abliefern und wurde zur Halbzeit ausgewechselt.
Der BVB lief weiter munter an, ließ sich durch ein Abseitstor Rauschs (15.) nicht aus der Fassung bringen und setzte mit dem 2:0 durch Lewandowski in der 21. Minute noch einen drauf. Eine wirklich sehenswerte Kombination über Gündogan, Kuba und Großkreutz, dessen Schuss Zieler nur abprallen ließ, staubte der Pole erfolgreich ab. Ganz ehrlich: Das Theater um Lewandowski und seine Berater geht mir in letzter Zeit nur noch auf den Sack, doch trotzdem schafft es der Stürmer, uns regelmäßig mit absoluten Top-Leistungen in die Spur zu bringen. Zumindest auf dem Platz ist sein Verhalten absolut professionell.
Vollkommen beruhigt hätte der BVB mit dieser Führung gegen passive und behäbige Hannoveraner in die Pause gehen können, wäre da nicht eine blöde Unachtsamkeit gewesen. In der 40. Minute landete ein Freistoß aus dem Halbfeld auf dem Kopf von Santana, dessen Verlängerung konnte Weidenfeller zwar noch an die Latte lenken, geschlagen war unser Torwart aber gegen den heraneilenden Abdellaoue, der den Abpraller per Kopf nur noch über die Linie drücken musste – das unerwartete 1:2.
Während die 4.000 Gästefans während des ersten Durchgangs meist einen monotonen, leisen und deshalb langweiligen Klangteppich bildeten und sich gegen Ende nur leicht steigern konnten, legte der Rest des Westfalenstadions einen durchschnittlichen Auftritt mit einigen lauten Momenten aufs Parkett. Nicht so stark wie gegen Frankfurt, deutlich besser aber als in den Heimspielen zuvor. Gemeinsame Gesänge beider Fanlager gegen Martin Kind („Kind muss weg“) erklangen kurz vor Wiederanpfiff, während die Südtribüne mit „Martin Sohn, du Kind einer Hupe“ – oder irgendwie so ähnlich – noch einen draufsetzte. Untermalt wurde das Ganze mit einem Spruchband in Block drölf: „Ein Kind, der Gräben schafft, gehört endlich abgeschafft! Dialoge auf Augenhöhe bei 96“.
Zweite Halbzeit: Entscheidung nach kurzer Findungsphase
Überraschenderweise zeigten sich die Schwatzgelben durchaus beeindruckt vom Gegentreffer. 96 agierte nun forscher und stärker, konnte sich aber keine wirklich gefährlichen Chancen erspielen. Immerhin meldete sich die Süd nach der Halbzeit laut zurück, während sich der Gästeblock im Vergleich zu den ersten 45 Minuten erneut nur minimal steigern konnte. Rund 15 Minuten nach dem Seitenwechsel hatten sich unsere Jungs auf dem Platz dann auch wieder gefangen, Lewandowski nach toller Ballbehauptung (54.), Santana per Kopf (58.) und erneut Lewandowski nach einem langen Ball von Subotic (60.) verpassten allerdings die Entscheidung. Die brachte zwölf Zeigerumdrehungen später erst Julian Schieber nach toller Vorarbeit des bärenstarken Kuba und ließ das Westfalenstadion jubelnd aufschreien. Überhaupt war im gesamten Rund die Freude quasi zu spüren, dass der sympathische Schieber mit diesem Tor endlich Pluspunkte auf seinem bisher karg gefüllten Punktekonto verbuchen konnte. Mehrmals erhallten „Schieber, Schieber“-Rufe im gesamten Tempel.
Der Widerstand der Gäste war nun endgültig gebrochen, Lewandowski hätte seine tolle Leistung beinahe mit seinem dritten Treffer gekrönt, sein Schuss in der 78. Minute strich allerdings über den Kasten. Fünf Minuten vor Abpfiff begannen die akustischen Derbyvorbereitungen und Conny Kramer stimmte ihren beliebten Gassenhauer an, mit dem der schwatzgelbe Mob schon mal Liebesgrüße nach GE schickte. Alles in allem und trotz der schwachen Dortmunder Phase nach der Pause ein hochverdienter Sieg, mit dem wir beruhigt die anstehenden, äußerst wichtigen Aufgaben angehen können.
Namen und Statistiken
BVB: Weidenfeller - Großkreutz, Subotic, Santana, Schmelzer – Gündogan (82. Sahin), Kehl – Kuba (76. Bender), Lewandowski, Reus (64. Götze) – Schieber.
Hannover 96: Zieler - Chahed, Djourou (74. Haggui), Schulz, Pocognoli - Ya Konan, Pinto, Hoffmann, Rausch (46. Schmiedebach) - Sobiech, Abdellaoue (78. Schlaudraff).
Tore: 1:0 Lewandowski (8.), 2:0 Lewandowski (21.), 2:1 Abdellaoue (40.), 3:1 Schieber (72.).
Gelbe Karten: Schmiedebach und Schulz.
Schiedsrichter: Welz (Wiesbaden).
Zuschauer: 80.645, natürlich ausverkauft.
Noten
Weidenfeller: Bekam kaum etwas zu tun und war beim Gegentor machtlos, nachdem er vorher noch retten konnte. Note 2
Großkreutz: Klasse, jemandem wie Kevin im Kader haben. Er schmiss sich in die Zweikämpfe und ließ auf seiner Seite nichts anbrennen. Harmonierte außerdem gut mit Kuba und war am 2:0 beteiligt. Im Gegensatz zu Piszczek bemerkte man auf der Position des Rechtsverteidigers keinen Leistungsabfall. Note 2
Subotic: Nur mit wenigen Wacklern und defensiv sicher. Hatte seinen Anteil an der immer wieder zuschnappenden Abseitsfalle in Durchgang eins und spielte einen starken öffnenden Ball Lewandowski (60.). Note 2,5
Santana: War mit seinem unglücklichen Kopfball leider maßgeblich am Anschlusstreffer beteiligt. Sonst aber ohne Fehler. Note 3
Schmelzer: Über seine linke Seite ging wenig, was nicht an ihm, sondern am glänzend aufgelegten Kuba lag, der immer wieder gesucht wurde, um die Hannoveraner in Verlegenheit zu bringen. Defensiv sicher, verursachte jedoch den Freistoß zum 1:2. Note 3
Gündogan: Stets ruhiger und sicherer Regisseur und Ballverteiler im Mittelfeld. Leitete mit einem tollen Pass auf Kuba außerdem 2:0 ein. Note 2
Kehl: Fiel im Gegensatz zu seinem Kollegen auf der Sechserposition ab, weil er sich dann und wann Nachlässigkeiten im Aufbauspiel erlaubte. Note 3
Kuba: Machte nicht nur in den Anfangsminuten mächtig Alarm auf rechts, viel ging – zu Recht – über seine Seite. Bärenstarker Auftritt, gekrönt durch zwei direkte Vorlagen zum 1:0 und 3:1. Auch am 2:0 war er beteiligt. Rückte nach Götzes Einwechslung auf den linken Flügel. Note 1,5
Lewandowski: Spielte zwar auf der ungeliebten Zehner-Position, schoss die Borussia aber mit seinen zwei Toren auf die Siegerstraße. Äußerst lauffreudig und viel ballsicherer als im Pokalspiel bei den Bayern. Note 1,5
Reus: Heute ohne große Heldentaten. Macht aber nix, den Part nahm ihm Kuba ab. Note 3,5
Schieber: Zog immer wieder Verteidiger auf sich und schaffte so Freiräume für seine Mitspieler. Den Treffer zum 3:1 gönnt ihm wirklich jeder. Note 2,5
Götze, Bender und Sahin standen für eine Benotung zu kurz auf dem Platz.
Malte S., 03.03.2013