Spielbericht Profis

Außer Spesen nix gewesen ? ein Tag zum Vergessen im DFB-Pokal

01.03.2013, 01:57 Uhr von:  Redaktion

Natürlich kann man sagen, dass es keine allzu große Überraschung war: Die derzeit mit weitem Abstand beste deutsche Mannschaft schlägt uns im DFB-Pokal, kann vorkommen. Auch könnte man mit einem hämischen Grinsen feststellen, dass der großartige FC Bayern nicht dazu imstande war, trotz eines Dortmunder Spiels mit mindestens angezogener Handbremse höher als nur mit einem Tor Unterschied zu gewinnen. Man könnte gar anführen, dass Schiedsrichter Knut Kircher einen gebrauchten Tag erwischte und dies wiederholt zum Nachteil des BVB geriet. Doch das alles würde dem Spielverlauf nicht gerecht werden.

Borussia Dortmund hatte in München zu keiner Phase des Spielverlaufs auch nur den Hauch einer Chance – zwischen der 10. und 25. Minute konnte das Spiel der Hausherren gerade einmal auf Augenhöhe mitgegangen werden, in der zweiten Halbzeit folgten immerhin noch eine knappe Hand voll Schüsse in Richtung des bayerischen Tors. Zu passiv agierte unsere Borussia, wirkte von der ersten bis zur letzten Spielminute verunsichert, viel zu passiv und in den entscheidenden Minuten zu langsam.

Der FC Bayern hatte sich für seinen 113. Geburtstag viel vorgenommen. Den amtierenden Meister und Pokalsieger aus dem Wettbewerb zu kegeln und den schwarzgelben Fluch endlich besiegen, war das erklärte Ziel. Dass es die letzten Spiele schon sehr knapp zugegangen war, hatten beide Seiten sehr genau wahrgenommen – das schlechte Gefühl, es könne diesmal so richtig ins Auge gehen, teilten die Anhänger beider Seiten.

Es wunderte daher nicht, dass sich die Vorfreude der BVB-Fans auf dieses Spiel in sehr engen Grenzen hielt. Kaum jemand hatte richtig Lust darauf, schon wieder Urlaubstage opfern zu müssen, um das gleiche Stadion schon wieder zu sehen – allerdings waren unter diesem Umstand erstaunlich wenige Karten verfügbar. Obwohl die Tickets nur an Mitglieder und Fanclubs gegangen waren, gestaltete sich die Ticketsuche bedeutend schwieriger als beim letztjährigen Pokalfinale. Dass Ebay andererseits brummte und Preise von 200 Euro für einen Stehplatz im Gästeblock nicht die seltene Ausnahme blieben, dürfte so manche Diskussion wieder neu entflammen. Letzten Endes war das Spiel bis auf den letzten Platz ausverkauft, der Dortmunder Anhang zumindest zahlenmäßig nicht kleiner als sonst in der Liga geblieben.

Der FC Bayern konnte bis auf Franck Ribery und Holger Badstuber aus dem Vollen schöpfen. Mats Hummels hatte den Weg nach München angetreten, musste aufgrund eines grippalen Infekts dennoch kurzfristig das Handtuch werfen – ansonsten konnte auch Borussia, im Gegensatz zur rot-geplagten Ligaformation, so gut wie ihre Bestbesetzung anbieten.

Die Fans des FC Bayern hatten sich für das Spiel etwas ganz Besonderes einfallen lassen – eine Choreo vom Allerfeinsten sollte es geben. Dass es dann nur bei ein paar Papptafeln blieb, ist – nun gut – eben eine Geschmacksfrage. Dass die Umsetzung jedoch massiv in die Hose ging und so manchen amüsierten Lacher hervorrief, war dann doch eher peinlich. Viel zu früh, etwa acht Minuten bevor die Spieler den Rasen betraten, hielt ein einzelner Block seine gelben Pappen hoch – die anderen Blöcke waren irritiert, zogen aber peu-a-peu nach. Irgendwann verschwanden die gelben Pappen und es kamen plötzlich ein paar weiße Querstreifen zum Durchschein – fast drei Minuten dauerte es, bis diese an alle Fans weitergereicht waren. Als die Spieler dann endlich die Katakomben verließen, waren viele der einzelnen Bestandteile schon gar nicht mehr zu sehen und waren auch die einzelnen Elemente zum Teil schon längst wieder verschwunden – eher peinlich, kann man meinen.

Das Spiel begann sehr flott. Bayern zeigte Pressing vom feinsten, nahm dabei sehr bald die mangelfhafte Koordination der Dortmunder Innenverteidigung wahr. Schon in der vierten Minute versuchte es Dante mit einem langem Pass, ließ sich Marcel Schmelzer gleich von zwei Bayern überlaufen und konnte Roman Weidenfeller von Glück reden, dass Bastian Schweinsteiger dem einschussbereiten Thomas Müller den Ball vom einschussbereiten Schlappen gefischt hatte. Überhaupt hatten die Bayern so gut wie immer viel zu viel Platz – Arjen Robben, Bald-Dortmunder Toni Kroos, Mario Mandzukic und Müller konnten bis an den Dortmunder Strafraum spielen, bis sich ihnen ein Borusse auf weniger als zehn Meter nähern wollte. So kam Robben in der achten Minute zur nächsten Großchance, als er im Rücken der Abwehr schneller als Lukasz Piszczek schaltete und Weidenfeller aus zehn Metern so hart anschoss, dass dieses den Ball nicht halten konnte.

Es dauerte über zehn Minuten, bis sich der BVB aus den Fängen befreien konnte. Besser sortiert, überlegter und mit weniger Abstimmungsfehlern hielten die Schwarzgelben nun dagegen, konnten daraus in der Offensive jedoch keinen Nutzen ziehen – wann immer es interessant wurde, fehlte die letzte Konzentration oder kam ein Münchener noch irgendwie an den Ball. In Kontersituationen blieben die Bayern daher gefährlicher: Lahm aus bedrängter Position von rechts vors Tor und aus dem harmlos aussehenden Pass wurde plötzlich ein Torschuss, den Weidenfeller trotz einer Glanzparade nur vor die Füße Müllers abwehren konnte, der fünf Meter vor dem Tor das Runde aber nicht ins leere Eckige brachte.

Es dauerte geschlagene 22 Minuten, bis der BVB das Spiel zum ersten Mal richtig schnell machte: Einwurf Piszczek in der eigenen Hälfte, Götze bekam den Ball und gab sofort über Marco Reus weiter zu Großkreutz, der immerhin eine Beinahe-Torchance ermöglichte. Statt diese Unsicherheit für weitere Angriffe auszunutzen, hielt sich der Meister fein zurück. Weidenfeller verzögerte das Spiel von Beginn an, im Vorwärtsdrang wurde fast durchgehend im ersten Gang gespielt – dass Götze bei seiner nächsten guten Offensivszene dann auch noch das Spiel einstellte, weil er sich irgendwie angefasst fühlte, Schiedsrichter Kircher aber kein Foul gab und der Ball direkt bei einem Gegner landete, wäre in der Hinrunde mit ihren großen Leistungen in der Champions League wohl nicht passiert. Foul ist und bleibt es eben, wenn der Schiri pfeift.

Das Spiel gehörte nun wieder den Bayern. Kein Schwarzgelber konnte sich mehr dem aggressiven Pressing entziehen und auch taktisch wirkten die Münchener um Welten besser aufgestellt, als noch beim letzten Aufeinandertreffen im DFB-Pokal. So lag das Gegentor schon in der Luft, als Javier Martinez aus knapp zehn Metern mit Außenrist auf Weidenfeller schoss und dieser den Ball erst im Nachfassen unter sich begraben konnte.

Doch nicht nur Dortmunder Harmlosigkeit und bayerische Herrlichkeit waren Ende der ersten Halbzeit zu bewundern. Auch Schiedsrichter Kircher rückte immer öfter in den Blick: Fast regelmäßig standen bayerische Angreifer im Abseits, ohne dass sich der Unparteiische daran störte. Da konnte mal eben ein Ball die Dortmunder Grundlinie überschreiten, der bayerische Angriff aber dennoch weiterlaufen oder Lewandowski vom letzten Mann durch Halten an einer möglichen Torchance gehindert werden, ohne dass es zumindest einen Freistoß gegeben hätte (die Auslegung als Notbremse wäre allerdings wirklich viel zu drastisch gewesen). Ebenfalls ungestraft blieben Robbens Handspiel wenige Meter vor Weidenfeller und Robbens harter Bodycheck gegen Weidenfeller, als das Spiel längst wegen Abseits unterbrochen war. Wie viel Wut sich bei unserem Schlussmann angestaut haben musste, durfte sich Kircher im Anschluss an diese Szene im privaten Gedankenaustausch anhören – eine geschätzt bis zum gegnerischen Strafraum herausdrückende Halss
chlagader lies zumindest nicht darauf schließen, dass es sich um eine freundliche Einladung zu Tee und Gebäck gehandelt haben dürfte.

Doch alles Meckern hilft eben nichts, wenn man selbst auf dem Platz keine bessere Figur abgibt. So fiel wenige Augenblicke später der schon zu diesem Zeitpunkt hochverdiente Führungstreffer der wohl kommenden deutschen Meister. Ein Abstimmungsfehler zwischen Schmelzer und Santana fiel in einer eigentlich geklärten Situation dem diesmal bärenstarken Philipp Lahm ins Auge. Mit großem Einsatz spitzelte er den Ball weg und wurde von Schmelzer zum Dank noch im Strafraum gelegt, während sich der eigentlich schon wieder im Rückwärtsgang befindliche Robben ein Herz fasste und den Ball postwendend mit einem Kunstschuss ins linke obere Ecke legte. Es blieb zur Halbzeit beim Stand von 1:0 – abseits aller Schiedsrichterfehler eine verdiente Führung, die aus Dortmunder Sicht noch als durchaus glücklich eingestuft werden konnte.

Mit großen Erwartungen ging es in Richtung Kabine. Ein paar warme Worte des Oberpöhlers und einige Videosequenzen würden es erfahrungsgemäß tun, der Mannschaft neues Leben einzuhauchen und Angriffspotenziale aufzuzeigen. Auch der nur dünne Rückstand gab Anlass zur Hoffnung, die Bayern könnten ein bisschen zu viel Pulver verschossen haben, während bei Borussia noch Reserven zu entdecken sein könnten. Tatsächlich spielte der BVB im zweiten Durchgang einen wesentlich besseren Ball, nur zeigten die Bayern ihrerseits eben auch, dass sie keineswegs zu viel an Kraft eingebüßt hatten.

So waren nicht einmal zehn Sekunden waren in Hälfte zwei vergangen, da tauchte Müller bereits alleine vor Weidenfeller auf – doch irgendwie kam vor dem sicheren 2:0 noch ein schwarzgelbes Abwehrbein dazwischen. Bis zur 55. Minute folgten drei BVB-Angriffe, die zwar allesamt nicht der Kategorie zwingend entstammten, aber immerhin Torschüsse vom zuvor blassen Ilkay Gündogan und Piszczek hervorbrachten. Auch die beste Chance des BVB fiel in diese Zeit – Götze spielte durch die Mitte, Reus schoss aus rechter Position im Strafraum knapp links am Tor vorbei.

Nachdem die Stimmung von Beginn an gut gewesen war, beide Seiten laut und viel in Bewegung ein recht gutes Bild abgegeben hatten (immer wieder hüpfte während der ersten Halbzeit der ganze Unterrang der Südkurve, wann hat man das in München zuletzt gesehen?!), war die erste Hälfte der zweiten Halbzeit eher eine ruhige. Im Gästeblock wurde trotz Rückstand ein Schalala-Gesang durchgehalten, der wie so oft in letzter Zeit nicht richtig verfangen wollte, bis die Bayern erstmals einen nennenswert lauten Wechselgesang anstimmten und sich die Borussen an der Ehre gepackt fühlten, doch wieder lauter dagegen halten zu müssen. So folgte dann auch wieder ein Wechsel zu intensiven und stärker spielbezogenen Schlachtrufen, die der Lautstärke des Gästeblocks deutlich nach oben verhalfen.

Auf dem Platz kamen die Einschläge dennoch näher. In der 59. Minute scheiterten die Bayern gleich dreimal aus kürzester Distanz – zweimal rettete Weidenfeller mit unmenschlichen Reflexen, dann musste Latte und Abseits für den BVB klären. Dafür schlug nun wieder die Stunde des Herrn Kircher: Götze wurde kurz vor dem Bayernstrafraum umgerissen, den Freistoß gab es nicht. Martinez holzte Lewandowski übel um, statt glattem rot gab es den gelben Karton und wütende Proteste auf den Tribünen. Höhepunkt der Kircher-Festspiele war jedoch ein Foul Mandzukic an Schmelzer: Beide Spieler waren aneinandergerasselt und lagen auf dem Boden, Mandzukic erhielt dafür die gelbe Karte. Der Bayer klatschte direkt vor den Augen Kirchers höhnisch Beifall, die fällige Ampelkarte gab es aber nicht. Man wunderte sich schon, was aus einem der sonst besten Schiedsrichter in diesem über weite Strecken fair geführten Spiel los war (und nein, es wäre immer noch absurd, Niederlage und Spielverlauf an Kircher festzumachen – dafür waren unsere Spieler ganz alleine verantwortlich).

In der 79. Minute mussten Götze auf der Linie und Weidenfeller mit einer abermaligen Glanzparade die Eisen aus dem Feuer holen, knapp zehn Minuten später köpfte Mandzukic nach Maßflanke Schweinsteigers den Ball gefährlich aufs Dortmunder Tor. Auch der BVB durfte sich nochmal am Torversuch probieren, doch Schieber setzte seinen Fallrückzieher über den Kasten. Man wunderte sich in dieser Phase über die Gelassenheit auf Seite des BVB – Weidenfeller hatte sich den ganzen Abend bei jeder Aktion viel Zeit gelassen (dafür hätte man übrigens auch mal gelb geben dürfen), zwei Minuten vor dem Ausscheiden aus dem Wettbewerb gab sich nun auch Marcel Schmelzer bei einem Freistoß ganz geduldig.

Einen Aufreger hatte das Spiel am Ende dann doch noch einmal zu bieten: Robben war ein letztes Mal nach vorne gekommen, recht früh war das Spiel nach Abseits aber unterbrochen. Robben war es wie schon in der ersten Halbzeit egal, Weidenfeller revanchierte sich für Robbens Attacke in der ersten Halbzeit mit einem harten Bodycheck und anschließendem Wehklagen. Man ahnt es schon fast, doch so kam es auch tatsächlich: Beide hätten sich an dieser Stelle ihre Ampelkarte redlich verdient gehabt, wenn sie denn für ihre dreiste Zeitschinderei bzw. das unsportliche Auftreten überhaupt verwarnt worden wären.

Letztlich passierte aber nichts spielentscheidendes mehr. Dortmund verlor das Spiel schmeichelhaft mit 1:0, trat über weite Phasen des Spiels viel zu passiv, zögerlich und abwartend auf. Neben dem überragenden Weidenfeller, der sich nur das ewige Zeitspiel selbst bei Rückstand und die letzte Aktion gegen Robben gut und gerne hätte sparen dürfen, erreichte nur Götze annähernd Normalform. Reus und Gündogan waren Schatten ihrer selbst, der Defensive fehlte ohne Hummels in weiten Teilen die nötige Übersicht und Ordnung. Santanas sinnlose Versuche weiter und hoher Pässe verpufften allesamt und landeten beim Gegner, das gepflegte Kurzpassspiel der Hinrunde war ebenso wie die großartigen Spiele in der Champions League in weite Vergessenheit geraten. Großkreutz war sehr bemüht und lief weite Strecken, irrte dabei aber meist in der Luft hängend durch die eigenen Reihen. Lewandowski schließlich schien der Trubel der letzten Wochen stark zuzusetzen – nur selten kamen Pässe seiner Mitspieler bei ihm an, das Laufspiel wir
kte pomadig, mit wenigen Fouls (und einem überharten) hatten ihm die Bayern jedes Quäntchen Torgefahr ausgesaugt.

Es blieb der Eindruck eines Spiels, das in gleicher Weise verzauberte wie auch verärgerte. Technische Kabinettstückchen gab es von beiden Mannschaften zuhauf zu sehen, 90 Minuten intensiver Fußball unterhielten in allerbester Manier – andererseits hatte man zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass Borussia Dortmund ihr ganzes Können zeigte und den Bayern ernsthaft Paroli bot. So ging das Ergebnis zwar absolut in Ordnung, die Art und Weise seines Zustandekommens jedoch gar nicht. Im Viertelfinale der Champions League wird es die Gelegenheit geben, die Verhältnisse wieder gerade zu rücken und das Pokalaus vergessen zu machen – dass unsere Mannschaft das Zeug dazu hat, wissen wir alle.

Statistik


FC Bayern München: Neuer – Lahm, van Buyten, Dante, Alaba, Martinez, Schweinsteiger, Müller, Kroos, Robben, Mandzukic

Wechsel: Gustavo für Müller (78. ), Gomez für Mandzukic (91.), Boateng für Kroos (93.)

Borussia Dortmund: Weidenfeller – Piszczek, Subotic, Santana, Schmelzer – Gündogan, Bender, Großkreutz, Götze, Reus – Lewandowski

Wechsel: Kuba für Großkreutz (61.), Schieber für Reus (81.)

Tor: 1:0 Robben (43.)

Gelbe Karten: Martinez, Kroos, Mandzukic

ssc, 28.02.2013

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