Unwürdiges Ende einer denkwürdigen Saison
Der BVB ist sauer, die Fans sind sauer – ich natürlich auch. Und das nach DIESER Saison! Ja, okay, ein Spiel kommt noch, aber die Bundesliga-Saison ist vorbei. Okay so? Gut.
Also, ausgerechnet nach der denkwürdigsten aller Meisterschaften, nach diesem gigantischen, bestaunenswerten Werk für die Ewigkeit, hat irgendwie kein Mensch mitbekommen, dass der BVB die Meisterschale hat. Kein Mensch? Nein! Eine Handvoll Besserbezahler auf den ganz, ganz teuren Plätzen konnte die Übergabe der Meisterschale hautnah, sozusagen in iPhone-fotografier-Nähe, erleben. Schalenübergabe für Promis. Danke, du volksnaher BVB. War ja fast wie 1996, oben auf der Baustelle. Weiter weg von den Fans wäre nur noch der Fernsehturm gewesen. Die Übergabe der Meisterschale 2012 mussten sich jedenfalls 90 Prozent der Stadionbesucher auf den Videowänden ansehen. Da hätte man ja glatt zu Hause bleiben können.
Das hätten übrigens auch die Spacken, die vor Abpfiff auf den Zäunen saßen und so Nobby Dickel einmal mehr zu ängstlich-hektischen Durchsagen nötigten. Und die Pyromanen sowieso. Was genau Nobby gesagt hat, habe ich leider nicht verstanden – ich stand schon unten inner Ecke am Spielfeldrand (legal!). Kein Wort verstanden. Nobby hörte sich da unten an wie die Lehrerin bei den Peanuts. Aber es wird eh nix Neues gewesen sein: „Nicht den Platz betreten, sonst keine Ehrenrunde“. Stand ja auch schon vorher im Internet und inner Zeitung. Muss man halt nur lesen können. Und das Gelesene interpretieren. Kann nicht jeder.
Zur Ehrenrettung der Platzstürmer muss aber eines gesagt werden: Die Tore zum Rasen waren plötzlich offen. Der Druck, das sagen Menschen, die es aus der Nähe gesehen haben, sei nicht so groß gewesen, dass die Fluchttore hätten nachgeben müssen. Sie gingen trotzdem auf. Und dem Reiz kann sich wohl niemand entziehen. Also wurde gedrückt und gedrängelt und gestürmt. Geht dann auch nicht mehr anders. Diese Dummheit ist selbst dem klügsten Menschen einfach gegeben, dafür bedarf es keiner speziellen Idioten. Da greifen andere Mechanismen.
Manche sagen, der Platzsturm wäre zu verhindern gewesen, wenn der BVB vorher angekündigt hätte, dass der Rasen geflutet werden dürfe, wenn die Mannschaft dort unten ausgefeiert hätte. Ja, klar. Ich bin auch dafür, dass Jürgen Klopp bei jeder Pressekonferenz noch sagt: „Vor dem Heiamachen immer noch mal schön auf Klo gehen. Beim Straßeüberqueren erst nach links, dann nach rechts, dann wieder nach links schauen. Und das Essen immer gut kauen, sonst verschluckt ihr euch.“ Meine Güte, an was man alles denken muss…
Um aber auch einmal einzuordnen, was am Schalen-Samstag passiert ist: Es gab keine Randale wie in Köln. Es gab keine wilden Horden, die auf der Suche nach Opfern blutrünstig über das Feld gepflügt sind. Es gab auf der Süd Pyrotechnik. Mehr als sonst, aber mehr auch nicht. Nicht die ganze Tribüne hat gebrannt. Es zog heller Rauch über Tribüne und Feld. Der verzog sich recht schnell. Insgesamt war es friedlich, die Leute wollten feiern. Dass Pyrotechnik verboten ist, haben mal wieder einige vergessen, äääh, geflissentlich ignoriert. Weil sie sich ja so freuen und so emotional sind. Die sind schon seit 14 Tagen so unglaublich emotional gewesen, dass sie dann gleich noch völlig spontan und total emotional Pyro irgendwo am Leib verstecken mussten, um sie völlig spontan und ungeplant ins Stadion zu schmuggeln. Im Überschwang der Gefühle passiert das schon mal, is doch klar.
Nein, ihr lieben Zündler: Bei euch geht es nicht um Emotionen, sondern ums Prinzip. Ihr benehmt euch wie ein zweijähriges Kind, das an der Supermarktkasse mit den Fäusten auf den Boden trommelt und heult und plärrt, „Ich will! Ich will! Ich will!“ brüllt und dann die Luft anhält, bis es rot anläuft… Ihr seid albern.
Und trotzdem ist Randale etwas Anderes als das, was wir am Samstag in Dortmund erlebt haben. Wir haben Dummheit gesehen oder Ignoranz, aber nichts, weswegen der nationale Fußball-Notstand ausgerufen werden müsste. Und gestürmt haben nicht „die Ultras“, sondern eine bunte Mischung aus Ultras, Trikots, Kutten, Idioten, Deppen, Normalos... kurzum: ein Querschnitt der Süd.
Tja, jetzt ist’s aber vorbei, Dortmund hat die Schale und irgendwie auch den Salat. Da müssen wir jetzt durch und uns schon mal überlegen, wie wir es beim Titel-Hattrick 2013 besser machen.
Und am Sonntag. Und Samstag in Berlin schon. Das wird so geil. Das wird so geil, wenn Hundertdrölfenneunzigtausend Borussen in Berlin feiern und feiern und feiern. Stadiongänger, Waldbühnen-Public-Viewer, Kneipengucker… alle haben so wahnsinnig Bock auf dieses Finale.
Der Sonntag wird eher eine Herausforderung. Wer noch nicht briefgewählt hat, muss irgendwie schauen, dass er bis spätestens 17.59 Uhr wieder nüchtern ist. Oder noch nüchtern. Wie macht ihr das logistisch am Sonntag? Also, Samstag ist ja mit Alkohol, weil ja Fußball ist. Fußball ist abends, also ist Sonntag auch irgendwie mit Alkohol. Ob Frustsaufen oder Feiern angesagt ist, sei jetzt mal inne Ecke gestellt. Und dann muss man irgendwie schnell Jörg Schönenborns 18-Uhr-Prognose ins sonntägliche Programm einpflegen. Wie soll datten gehen? Die Mannschaft startet ihren Rosenmontagszug um 18.09 Uhr anne Westfalenhütte. 19.09 Uhr Borsigplatz. Wird eh wieder zu voll sein. Also mehr so Richtung City. Da inne Kneipe warten, 21.30 Uhr dürfte der Meister dann mal anrollen. Alter, das wird hart. Dann fahren die nachm „U“ hin und haben dann Feierabend. Und wir? Mal ne Frage nach Köln: Wie macht ihr das an Rosenmontag? Oder besser: Stellt euch vor, ihr hättet Rosenmontag und bis auf einen einzigen sind alle Festwagen kaputt. Wie macht ihr das? So viel Warterei verträgt doch keine Leber. Ach, egal. Ma kucken.
Egal. Sonntag ist Sonntag und Samstag ist Pokalfinale. Habe ich schon erwähnt, dass Berlin richtig geil wird? Gut, dass Fußballspiel könnte stören, wenn’s blöd läuft. Aber das soll uns nicht daran hindern, Schwarz-Gelb am Samstag würdig zu vertreten und die Hauptstadt so richtig zu rocken. Das wird so geil!
Wehe nicht.
Euer
desperado09, 09.05.2012