Wechselgedanken
Neulich anne Wurstbude, da treffe ich einen, der es wissen muss. Dachte ich mir jedenfalls: „Der muss es wissen!" Also, ich so: „Ah, der einzige Mann, der weiß, wie es mit Shinji weitergeht." Und er so: „Da wäre ich mir nicht so sicher." Ich so: „Oha!" Und er guckte ganz schön sparsam.
Naja, Shinji will also weg. Oder besser: Es will nicht länger bleiben als bis 2013. Und weil er dann für umsonst gehen könnte, wollen wir ihn jetzt schon nicht mehr hier haben. Komisches Geschäft. Der Deal wäre ja auch unschlagbar. 2010 für quasi nix nach Dortmund geholt und nach zwei Jahren für 13 Millionen oder so verkaufen. Damit hätte Shinji dem BVB mehr Geld eingespielt als er mit Transfersumme und Gehalt gekostet hat. Wirtschaftlich also absolut vernünftig.
Und sportlich zu verschmerzen, wenn ich ehrlich bin. Weil, wenn ich mir anschaue, wer in der kommenden Saison an offensiven Mittelfeldspielern zur Mannschaft gehören wird, dann wird mir beim Aufzählen der Namen schon schwindelig. Man stelle sich eine Offensivreihe aus Mario Götze, Shinji Kagawa und Marco Reus vor... die wiegen zusammen weniger als das rechte Bein von Daniel van Buyten. Nee, mal im Ernst: Die drei Jungs da vorne, das ist ja schon Kreativitäts-Overkill. Und wenn Kuba dann noch die Form halten sollte und Großkreutz wie immer über den Kampf nicht zum Spiel, aber irgendwie in die Mannschaft findet – dann sind wir doch auch ohne den kleinen Japaner bestens aufgestellt. Falls Kuba überhaupt bleibt.
Kuba ist so eine Wundertüte. Ich vermute ja, dass er eine brillante EM spielen wird und der BVB dann mit Geld dazu gezwungen werden wird, ihn nach England abzugeben. Irgendwie schade, weil wir in den inzwischen fünf Jahren, die Kuba bei uns ist, höchstens die Hälfte von dem gesehen haben, was er kann. Aber genau aus dem Grund wäre es vielleicht auch zu verkraften, wenn er ginge.
Und dann sind da noch Lewandowski und Barrios und Santana... allmählich wird's etwas viel. Blutet der Meister 2012 aus? Die Belastung wird in der nächsten Saison bestimmt nicht geringer. Im Gegenteil. In der Champions League will Borussia was reißen und vielleicht im Pokal mal eine neue Tradition einführen, nämlich das Erreichen mindestens der 2. Runde. Da muss so'n Kader doch etwas praller sein als das Portemonnaie eines Fünftklässlers nach dem Drogenkauf. Nach einer Meistersaison so viele Kader-Baustellen zu haben, ist wohl eher ungewöhnlich. Und in so einer jungen Mannschaft schon einen Umbruch vornehmen zu müssen, ebenfalls.
Das sind schon Luxusprobleme, oder? Mal eben locker Doppelmeister geworden und jetzt jammern, dass plötzlich zu viel Geld inner Kasse ist. Ja, Geld schießt ja auch keine Tore. Aber sagt ja auch keiner, dass Zorci die Kohle nur zur Bank schafft. Auch unsere Scouts werden bei der EM die Augen offen halten. Wenn man mal überschlägt, was es für die – vermeintlich – schon sicheren Abgänge Kagawa, Barrios und Santana gibt, landet man schnell bei 20 bis 25 Millionen Euro. Dafür wird's schon irgendwo einen Stürmer geben, der die Anforderungen „Kann laufen", „kann spielen", „kann treffen", „kann auffer Bank sitzen" und „kann die Klappe halten" erfüllt.
Aber das ist alles Zukunftsmusik. Jetzt gibt's erstmal die Schale. Zu Hause trällern die Kinder fröhlich ihren immer wieder beliebig modifizierten Mix aus „Borussia Dortmund – NULLNEUN – Leuchte auf – Deutscher Meister! – ist unser Leben!" Das motiviert im Alltag. Der macht Freitagabend Pause: Borussia Hearts Club im Subrosa. Das war voriges Jahr schon der Hammer. Eine kleine, ausgelassene Meisterfeier im relativ kleinen Kreis. So mag ich das. Den Straßenkarneval, der sich „Meisterfeier" nennt, mag ich eh nicht so. Aber im Subrosa wird's wieder richtig geil. Samstag dann Schale und mit der „Gruppe" was machen. Vorm Spiel. Beim Spiel dann entweder oben inner Ecke oder unten inner Ecke. Ja, und dann geht's schon bald nach Berlin! BERLIN!!!
Bis zum nächsten Mal.
Euer,
desperado09, 02.05.2012