Gruppe D: Check
Das war’s dann auch schon wieder mit der Vorrunde der Champions League Saison 2012/13. Das war’s aber noch lange nicht mit der Champions League Saison des BVB. Europa liegt uns zu Füßen, wir müssen eigentlich nur noch dem roten Teppich Richtung Nord-London folgen. So einfach wird das zwar bei weitem nicht, aber nach dem dritten Heimsieg in einer durchaus ansprechenden Gruppe (alle weiteren Bezeichnungen und Synonyme für Gruppe D wurden in den zurückliegenden Wochen inflationär wegrationalisiert) wird mal ja wohl mal träumen dürfen.
Die Konstellation vor dem Spiel war ja schon irgendwie seltsam. Nach fünf Spieltagen als Gruppensieger festzustehen und dann noch ein Heimspiel vor der Brust zu haben gegen Scheich-Reich-City. Hätte so im September keiner erwartet! Verletzungssorgen auf der einen Seite, Derbygedanken auf der anderen. Beim BVB stand dadurch ein Team auf dem Feld, das so vorher noch nie zusammen aufgelaufen war. Und am Ende des Abends weiß man: Diese elf Spieler haben sich – auch in dieser Konstellation – für weitere Einsätze empfohlen.
Wie geht man ein Spiel an, in dem man nicht wirklich was gewinnen kann und verlieren schon gar nicht? Erst einmal beeindruckt man den Retortengegner und seine mitgereisten Sympathisanten mit einer beeindruckenden Choreo! Und auch wenn viele Engländern wahrscheinlich nicht übersetzen konnten, was das zur Choreo gehörende Spruchband mitzuteilen hatte, so wissen auch die ca. 2000 City-Anhänger nun: „Keiner soll es wagen UNS den BVB zu schlagen!“
Die erste halbe Stunde des Spiels lief so ein bisschen ab wie die erste halbe Stunde vom Biologie-Unterricht in der sechsten Klasse. Man versucht dem Geschehen zu folgen, aber irgendwie sind andere Sachen doch attraktiver. Ein im Endeffekt dann doch relativ harmloser Torschuss vom CL-Debütanten Oliver Kirch aus der 12. Minute sollte für längere Zeit das einzige Highlight bleiben. Nach 29 Minuten erhob sich das fröstelnde Westfalenstadion an diesem Abend zu ersten Mal, denn die „Deutschen Meister“ standen auf. Und das in einer Phase der Partie, in der erstmals die Pfeffermühle zum Einsatz kam. Fouls, Freistöße und Eckbälle auf beiden Seiten inklusive eines aufkeimenden Champions League Gefühls. Auch Roman Weidenfeller wurde geprüft und klärte einen Dzeko-Aufsetzer gewohnt souverän (33. Minute). Auf der Gegenseite hatte Marko Reus die Führung auf dem linken Fuß, doch Keeper Hart und der Pfosten retteten unisono. Das letzte Ausrufezeichen im ersten Durchgang setzte Weidenfeller mit einer Aktion, die normalerweise keinen Eingang in einen Spielbericht finden würde, denn bei Tevez‘ platzierten Kopfball aus kurzer Distanz entschied der Schiri auf Abseits. Aber die überragende Rettungstat unseres Schlussmanns darf nicht unerwähnt bleiben. Bevor es in die Pause ging, überraschte ManCity Trainer Mancini. In einem für City nicht ganz unwichtigen Spiel, nahm er sich die Zeit, dem eigenen Anhang zu winken, nachdem dieser ihn lautstark gefeiert hatte.
Kuba ersetzte Reus zu Beginn des zweiten Abschnittes und war sofort Aktivposten auf der rechten Seite. Perisic per toller Volley-Abnahme und Großkreutz auf den kurzen Pfosten prüften Joe Hart binnen Sekunden. Der BVB war heiß auf den Sieg. Die Belohnung für einen engagierten Start in die zweiten 45 Minuten gab es nach einer tollen Aktion von Kuba auf dem Flügel: Langer Ball von Kirch, Brustmitnahme, Tempodribbling über außen und ein perfekt getimter Querpass in den Sechzehner auf Schieber – 1:0 (57.)! „Schieber-Schieber“-Rufe und fast der Doppelpack hinterher. Ein an diesem Abend sehr starker Leitner sah den durchstartenden Schieber und setze ihn mit einem Laufpass toll in Szene (59.). Leider blieb es im eins gegen eins dann doch nur beim Lupferversuch, den der englische Keeper schon vorher gerochen hatte. Der BVB hatte das Ganze fest im Griff, stand hinten sicher und setzte vorne Nadelstiche. Der englische Meister enttäuschte auf allen Ebenen, die Millionarios hatten anscheinend keine richtige Lust auf Fußballspielen und schon gar nicht auf einen niederen Wettbewerb namens Europa League. Das kann man ja aber auch irgendwie nachvollziehen, denn die Gelder laufen ja auch ohne wirkliche Einstellung zum Beruf aufs Konto – ein Scheich, wer Böses dabei denkt.
Bevor die Schlussphase noch die eine oder andere Strafraumaktion zu bieten hatte, wurde ein gewisser Balotelli eingewechselt. Komisch, dass so viele Dortmunder ihm die das kleine Männer Tête-à-tête mit Weidenfeller aus dem Hinspiel noch nicht verziehen hatten, denn erstaunlich viele Pfiffe begleiteten den Italiener für den Rest der Begegnung (einen anderen Grund kann es für die Anfeindung gegen ihn aus Dortmunder Sicht doch eigentlich nicht geben, oder). Die Geschichte des Spiels ist von hier an eigentlich auch schnell zu Ende erzählt. Der eingewechselte Lewandowski hatte die endgültige Entscheidung auf dem Fuß (83.) und Roman entschärfte eine Großchance von Tevez kurz vor Schluss. Abpfiff! Drei Punkte! 14 Punkte! Wahnsinn!
Aufstellungen:
Ungeschlagener Gruppensieger: Weidenfeller - Kirch (88. Bittencourt) - Santana - Hummels - Schmelzer - Leitner - Gündogan - Großkreutz - Perisic - Reus (46. Kuba) - Schieber (77. Lewandowski)
Reich und Schlecht: Hart - Maicon - Kompany - Lescott - Nastasic - Javi Garcia - Barry - Nasri (69. Zabaleta) - Tevez - Sinclair (57. Agüero) - Dzeko (65. Balotelli)
Tor: Schieber (Vorbarbeit Kuba) 57. Minute
Noten:
Weidenfeller: Wie schon in München aus dem Nichts geprüft und wieder zur Stelle. 1,5
Kirch: Nervös in der Anfangsphase, mit vielen Rückpässen während des gesamten Spiels. Steigerte sich mit zunehmender Spieldauer. 3,5
Santana: Wirkte beim Spielaufbau irgendwie etwas gehemmt und spielte teils gruselige Pässe auf Hummels und Weidenfeller. 3,5
Hummels: Ganz starke Leistung. Im Zweikampf gegen nicht ganz unbekannte Stürmer immer auf der Höhe und starke Ausflüge nach vorne. 1,5
Schmelzer: Unauffällig nach vorne, aber hinten gewohnt stabil. 3,0
Leitner: Stärkster Feldspieler. Reife Partie von ihm mit klugen Tempowechseln und teils tollen Pässen in die Schnittstellen. 1,5
Gündogan: Im Schatten von Leitner konzentrierte er sich diesmal mehr auf die Defensive. 2,5
Großkreutz: Läuferisch wie immer stark, mit guten Aktionen im Offensivbereich. 3,0
Perisic: Schwächere erste Hälfte, aber mit gelungenen Aktionen im zweiten Abschnitt. 3,0
Reus: Ihm fehlte Piszczek um richtig Dampf nach vorne zu machen. Lief sich leider in einigen Dribblings fest. 3,5
Schieber: Tor gemacht, Job erledigt. Das Zusammenspiel mit den Außen funktionierte nach der Pause besser. 2,5
Kuba: Sofort im Spiel, tolle Vorarbeit zum Treffer. 2,5
Lewandowski und Bittencourt: ohne Bewertung
AmazingGrazing, 05.12.2012