Kleeblätter im Schongang gerupft
Effizienz, dein Name ist Borussia. Mit individueller Klasse und meisterlicher Abgeklärtheit hat sie die grün-blau-weißen Kleeblätter mit 3:1 wieder gen Süden geschickt und das obligatorische Auslaufen gleich in die zweite Halbzeit integriert. Fürth mimte nur kurz den gefürchteten Pokalschreck.
Es war beileibe kein Hochgeschwindigkeitsfußball, den unsere Schwatzgelben spielten. Dafür wohl dosiert und effektiv. Nach den Toren von Lewandowski und Götze, deren Freude nur das zwischenzeitliche 1:1 Zoltan Stiebers trübte, reichte es, die Zeit nach der Pause mit großen Spielanteilen herunter zu spielen. Ein cleveres, weil nicht minder ertragreiches Kontrastprogramm zu den Gala-Abenden in der Champions League. Und ein Beweis, dass die Mannschaft weiter reift.
Vorgeplänkel: Sichere Teufel und ein überraschter Kroate
In manchen Ecken des Westfalenstadions wurde vor Anpfiff das überarbeitete Sicherheitskonzept der DFL diskutiert, das zwar einen ersten Schritt in Richtung Fans macht, in seiner Entstehung aber immer noch äußerst kritisch ist. Die neue Version ist das Produkt der mit harten Worten geführten Debatte über Gewalt im deutschen Fußball. Um dem von vielen Medien und Politikern vermittelten Gefühl entgegenzuwirken, ein Stadionbesuch in Deutschland sei mit einem erheblichen Sicherheitsrisiko verbunden, haben wir von schwatzgelb.de vor gut zwei Wochen die Kampagne „Ich fühl' mich sicher" gestartet. Mehr als 44.000 Fußballfans haben sich seitdem in dieser Liste eingetragen.
Unter dem Motto „Nein zum DFL-Sicherheitspapier" haben Fans des 1. FC Kaiserslautern an diesem Spieltag eine bemerkenswerte Aktion auf die Beine gestellt. Mit zahlreichen Spruchbändern und Flyern im Stadion und rund um den Betzenberg informierten sie über die Gefahren, die die zur Diskussion stehenden Maßnahmen für unsere hiesige Fankultur bergen. Per Laptop bekamen die Teufel die Gelegenheit, sich direkt vor Ort und mit wenigen Klicks in die Unterstützerliste von „Ich fühl' mich sicher" einzutragen, auch im Stadionradio wurde darüber informiert. Daumen hoch und ein dickes Dankeschön an die Jungs und Mädels vom FCK-Fanzine „Der Betze brennt". Hier findet ihr die Fotostrecke. Angesichts der jüngsten Entwicklungen soll übrigens bald entschieden werden, ob und wie sich andernorts weitere Proteste gegen das DFL-Sicherheitskonzept entwickeln.
Zurück nach Dortmund: Als Nobby Dickel um kurz vor halb vier Ivan Perisic in der Startelf ankündigte, rollte mancher Borusse mit den Augen. Ausgerechnet Perisic, der sich für seine wenig galanten Unmutsbekundungen unter der Woche einen Rüffel von Jürgen Klopp einfing, sollte eine Chance bekommen. So viel sei gesagt: Genutzt hat er sie, trotz erkennbaren Engagements, nicht. Nicht minder überraschend war Kubas Einsatz nach sechswöchiger Verletzungspause von Beginn an. Großkreutz und Reus blieben draußen, Bender vertrat den verletzten Kehl und Subotic tauschte wie erwartet mit Santana, während DJ Asamoah sich offenbar in den Unweiten der Bundesstraße 1 verlaufen haben musste. Sein Name tauchte nicht im Spielbericht auf, aber das braucht auch wirklich niemand!
Statt „Heja BVB!" wird die Südtribüne regelmäßig vor Anpfiff von einem monotonen, nichtssagenden Klangteppich übertönt, der in mir genauso viel Nervenkitzel auslöst wie ein Vorabendkrimi der ARD. Dieser Programmpunkt kann in naher Zukunft gerne wieder gestrichen werden.
Auffem Platz: Rasanter Auftakt und freche Fürther
Wie erwartet, wenn der Tabellenvorletzte im Westfalenstadion antritt: Fürth, mit 4.000 Greuther-Fans im Rücken, versuchte von Anfang an, unseren Jungs mit einem kompakten Defensivbollwerk die Spielräume zu nehmen. Das klappte ganz passabel und Borussias Angriffsbemühungen durch die Mitte blieben erfolglos. Für den Unterschied sorgten schließlich die Einzelkönner in Schwatzgelb. Allen voran Mario Götze, der nach fünf Minuten den rasanten Beginn der Partie einläutete. Hummels eroberte sich den Ball auf dem linken Flügel, Mario düpierte mit der Kugel am Fuß – etwas glücklich – gleich drei Verteidiger, dass Lewandowski in der Mitte nur noch zum 1:0 einschieben musste. Prädikat „sehenswert"!
Der Jubel im Tempel verhallte schnell. Die Spielvereinigung eroberte sich fleißig Bälle und zog ein ebenso schnelles wie gefährliches Umschaltspiel auf. Keine Minute nach der Führung spielte Zilnner einen starken Pass genau in die Lücke unserer Viererkette. Zeitgleich entwischte Stieber Schmelzer und hob das Zuspiel anschließend gekonnt über Weidenfeller – der überraschende Ausgleich. Doch der BVB ließ sich nicht beirren und lief weiter geduldig gegen den vielfüßigen Abwehrriegel der Gäste an. Mit Erfolg: In der 14. Minute drang Kuba geschickt in den Strafraum und konnte nur per Foul von Bernd Nehrig gestoppt werden. Den fälligen Strafstoß haute Lewandowski unhaltbar für Grün in die Maschen.
Die Spielvereinigung blieb gefährlich. Nach 29 Minuten prüfte Sararer unseren Roman das erste Mal aus der Distanz und nach der darauf folgenden Ecke ballerte Stieber die Kugel in Rücklage über den Kasten. Fünf Zeigerumdrehungen vor der Pause setzte Sararer seinen Kunstschuss nach einem weiteren schnellen Gegenangriff sogar an den Pfosten. Es war das Ende der Fürther Offensivbemühungen an diesem Tag. Noch in Halbzeit eins machte Borussia den Sack zu, als Kuba nach Benders Ballgewinn den flinken Götze auf die Reise schickte, dieser zwei Verteidiger plus Keeper Grün wie Schuljungen um sich herum rutschen ließ und abgewichst zum 3:1 einschob. Ein Wahnsinnstor! Wenn es schnell ging, hatten die Grün-Weißen keine Chance.
Trotz der vier Tore eine zähe Hälfte, an dessen Niveau sich beide Fanlager anpassten. Die Süd wirkte wie ein gefälliger Klangteppich und sorgte nur für wenig laute Momente, während der Gästeblock, in dem immerhin 4.000 Fürther standen, dank einer außergewöhnlich niedrigen Mitmachquote wenig bis gar nicht auffiel.
Lockeres Auslaufen in der zweiten Hälfte
Das Rätsel des heutigen Tages: Für wen oder was hat sich die Spielvereinigung nach der Pause eigentlich geschont? Die Truppe von Mike Büskens überließ unseren Jungs nun die komplette Feldüberlegenheit, deutete keinerlei Angriffsbemühungen an und ergab sich ihrem Schicksal. Der BVB nahm dieses Angebot der gemeinsamen Regeneration angesichts des wichtigen Spiels in Amsterdam unter der Woche dankend an und spielte die restlichen 45 Minuten mit beeindruckender Ruhe und Souveränität herunter. Spektakuläre Angriffe blieben aus, nur Kuba prüfte nach einem bärenstarken Solo in der 58. Minute erneut Max Grün. Mehr wert als weitere drei Tore ist ohnehin die Erkenntnis, dass unsere Mannschaft weiter lernt und solche Herausforderungen effizient bewältigt.
Das Westfalenstadion fand daran sichtlich Gefallen und zelebrierte die Leistung ab der Mitte der zweiten Halbzeit mit Wechselgesängen und Klassikern wie dem BVB-Walzer in angemessener Lautstärke. Höhepunkt mit Gänsepelle war ein inbrünstiges „Leuchte auf, mein Stern Borussia" auf der Südtribüne. Die Gäster aus Süddeutschland blieben den akustischen Beweis ihrer Erstligatauglichkeit weiterhin schuldig, hatten es an diesem Tag aber auch alles andere als leicht.
Mit diesem Dreier hat es der BVB doch tatsächlich erstmals in dieser Bundesliga-Saison geschafft, zwei Siege in Folge zu verbuchen. Und dank des Patzers der Blauen in Leverkusen sind die Anwärter um die internationalen Plätze nun noch weiter zusammen gerückt. Ein gelungener Spieltag, der große Lust auf die Herausforderung in Amsterdam macht. Holt euch das Achtelfinale, Jungs!
Die Fotostrecke zum Heimsieg gegen die SpVgg Fürth gibt es wie gehabt auf unserer BVB-Fotoseite unter diesem Link.
Namen und Zahlen
Borussia Dortmund: Weidenfeller – Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer – Gündogan (73. Großkreutz), Bender – Blaszczykowski (83. Leitner), Götze (66. Reus), Perisic – Lewandowski.
Greuther Fürth: Grün – Nehrig, Sobiech, Mavraj, Schmidtgal – Fürstner, Zillner (82. Nöthe) – Stieber, Prib, Sararer – Azemi (73. Edu).
Tore: 1:0 Lewandowski (3.), 1:1 Stieber (5.), 2:1 Lewandowski (15., Foulelfmeter), 3:1 Götze (42.).
Schiedsrichter: Dr. Jochen Drees.
Arbeitsnachweise
Roman Weidenfeller: War heute auf verzweifelter Suche nach einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Machtlos bei Stiebers Heber zum 1:1, verschätzte sich aber bei Sararers Pfostenschuss. Hoffentlich hat er sich nicht erkältet. Note 3
Lukasz Piszczek: Den offensiven Part auf dem rechten Flügel konnte er heute getrost Kuba überlassen und sich selbst aufs Kerngeschäft konzentrieren. Ließ Sararer zwar zweimal gefährlich aufs Tor schießen, blieb sonst aber fehlerlos. Note 3
Marcel Schmelzer: Ließ Stieber vor seinem 1:1 davon rennen und verlebte danach, sowohl defensiv als auch offensiv, einen weitgehend ereignislosen Nachmittag. Freuen wir uns lieber über die hoffentlich bald trockene Tinte unter seinen neuen Vertrag. Note 3,5
Neven Subotic: Er blieb ohne Fehler und durfte nach der Pause dank harmloser Fürther schon mal mit lockerem Auslaufen beginnen. Note 3
Mats Hummels: Der Innenverteidiger sah beim frühen Ausgleich unglücklich aus, als Zillners Vorlage auf Stieber genau durch seine Schnittstelle rauschte. Klasse dafür seine starke Balleroberung vor dem 1:0 auf dem linken Flügel. Ansonsten souverän und mit mehr Freiräumen im Spielaufbau als zuletzt. Note 3
Ilkay Gündogan: Dem Spiel konnte er heute nicht seinen gewohnten Stempel aufdrücken, blieb weitgehend unauffällig, technisch aber stets sicher. Verließ das Feld in der 73. Minute und ist hoffentlich nicht verletzt. Note 3,5
Sven Bender: Vor dem entscheidenden 3:1 mit der wichtigsten seiner vielen Balleroberungen im Mittelfeld. Souverän, ruhig und damit ein gleichwertiger Kehl-Ersatz. Note 3
Jakub Blaszczykoswki: Trotz sechswöchiger Verletzungspause tat er dem Spiel mit seinem Tempo und den starken Dribblings richtig gut. Überraschend in der Startelf, sorgte er im Doppelpack mit Mario Götze oft für Gefahr, holte den Strafstoß heraus und bereitete das 3:1 vor. Das Westfalenstadion verabschiedete ihn mit stehenden Ovationen. Note 2
Mario Götze: Wenn er und Kuba loslegten, nicht selten nach leichtsinnigen Fürther Fehlern, hatte die gegnerische Verteidigung kaum eine Chance. Von ihm ging die meiste Gefahr aus, seine beiden stärksten Einzelaktionen krönte er mit der Vorlage zur frühen Führung und dem entscheidenden Treffer vor der Pause. Note 1,5
Ivan Perisic: Pädagogik à la Jürgen Klopp. Der Kroate stand trotz seiner deutlichen Kritik überraschend in der Startelf und durfte 90 Minuten lang durchspielen. Durchaus engagierter als zuletzt, zuweilen allerdings auch etwas fahrig, weshalb er heute keine großen Pluspunkte gegenüber Kevin Großkreutz sammeln durfte. Rückte nach der Auswechslung Gündogans ins defensive Mittelfeld. Note 3,5
Robert Lewandowski: Zwei Schüsse, zwei Tore – Soll erfüllt. Fehlt nur noch die Ruhe um seine Person außerhalb des Platzes. Note 2
Als Marco Reus, Kevin Großkreutz und Moritz Leitner das Feld betraten, war das Ding schon längst gegessen.
Stimmen
Hans-Joachim Watzke: „Wir haben noch keinen Fahrplan, wie wir mit dem erweiterten Maßnahmenpapier der DFL umgehen werden, sondern uns bisher nur auf Fürth konzentriert."
Jürgen Klopp: „Nach unseren Ballverlusten wurde der Gegner stets gefährlich, wie man beim Ausgleich und beim Pfostenschuss von Zoltan Stieber gesehen hat. Fürth hat zwar nicht tief, dafür aber kompakt verteidigt. In der zweiten Halbzeit haben wir mit 67 Prozent Ballbesitz wenig bis gar nichts zugelassen, das war unser erster Auftrag und zeugt von Reife. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn wir uns noch ein paar Chancen kreiert hätten, aber das ist nach so intensiven Wochen nicht das erste Ziel."
Jakub Blaszczykowski: „Ich bin froh, auf dem Platz wieder zeigen zu können, dass ich nach der Verletzung nichts verloren habe. Zwar habe ich keine meiner Torchancen genutzt, aber man kann ja nicht alles haben. Ob ich gegen Amsterdam spielen werde, ist noch nicht entschieden. Das ist unser wichtigstes Spiel, denn dort können wir alles klar machen. Allerdings hat Ajax schon im Hinspiel gezeigt, dass sie ein schwierigerer Gegner sind als anfangs gedacht."
Neven Subotic: „In den ersten Minuten war es alles andere als ein lockeres Einlaufen für das Spiel am Mittwoch. Nach der Pause haben wir Reife gezeigt, sind kein zu hohes Risiko gegangen und haben unseren Stiefel sicher runter gespielt. Ich kann mich gerade nicht an eine zweite Halbzeit mit solch geringem Risiko erinnern."
Sven Bender: „Fürth stand kompakt und ist mit guten und schnellen Kontern gefährlich geworden, sobald wir nicht konsequent genug gespielt haben. Das hat man in Halbzeit eins gesehen. Aber wir haben unsere Tore gemacht und später geduldig abgesichert."
ms, 18.11.2012