Endlich wieder Budenzauber: Wintercup in Düsseldorf
Die Winterpause wurde schmerzhaft lang, also musste die erste Gelegenheit ergriffen werden, Borussia spielen zu sehen, ohne ihr ins Trainingslager hinterher zu fahren. Die erste Auswärtsfahrt des neuen Jahres führte daher genau dorthin, wo es auch zum Jahresabschluss hingegangen war: Auf’s Düsseldorfer Messegelände. Dort sollte der BVB gemeinsam mit Möchengladbach, Bremen und der gastgebenden Fortuna zu einem Blitzturnier antreten. Gegen Düsseldorf ging es natürlich ins Elfmeterschießen, das man ohne Provokation durch den Schiedsrichter und Pokalfight-Adrenalin selbstverständlich verlor. Im kleinen Finale wurde dann zum versöhnlichen Ausklang der SVW besiegt. Erkenntnisse gab es, wie nicht anders zu erwarten, wenige.
Das „Traditionsturnier“ heißt Wintercup, also hatte man in Düsseldorf trotz bestem Wetter das Dach geschlossen und die Heizstrahler angeworfen. So war sichergestellt, dass das Eventpublikum nicht friert und auf keinen Fall so etwas wie Stadionatmosphäre in der Messehalle aufkommen würde. Nach den Gastgebern hatten der Deutsche Meister und die Grenzlandbauern die meisten Fans dabei, während die Bremer verständlicherweise nahezu ohne Anhang angereist waren. Insgesamt war das Stadion gut gefüllt, ganze 37.522 Zuschauer wollten sich den Event nicht entgehen lassen. Das erstaunte doch ein wenig, da man ja nicht einmal ein komplettes Fußballspiel geboten bekommen würde, sondern nur einige Halbzeiten mit wechselnden Gegnern. Jürgen Klopp hatte die Veranstaltung im Vorfeld gleich ordentlich eingeordnet: „Für zwei Halbzeiten gegen unterschiedliche Gegner brauche ich kein Motto.“ Insgesamt also mal wieder ein eher überflüssiger Termin, aber nach der Winterpause war die Sehnsucht halt wieder größer als die Vernunft.
BVB – F95
Der BVB hatte auch gleich die Ehre das Turnier gegen die Gastgeber zu eröffnen und so kam es zur Neuauflage des dramatischen Pokalspiels und die Winterpause endete für den BVB dort wo sie begonnen hatte. Der BVB noch ohne seine Stammtorhüter, so dass Zlatan Alomerovic sich auf großer Bühne präsentieren durfte. Dafür konnte der in der Vorbereitung angeschlagene Mario Götze wieder mitwirken und ersetzte Blaszczykowski auf der rechten Offensivposition. Leider ist die Sicht von den Presseplätzen in der Düsseldorfer Messehalle derart schlecht, dass die Leistung der rechten Flanke Owomoyela – Götze von meiner Position aus nicht zu beobachten war.
Manni Bender eröffnete das Spiel gleich mal mit einem gelungenen Fernschuss und kurz darauf prüfte Beister Alomerovic per Kopf aus kurzer Distanz. Bei der Gelegenheit rief man sich in Erinnerung, wie die Gerüchte um Beister und den BVB just in dem Moment verstummten, als der ebenfalls anwesende Marco Reus seinen Wechsel zu den Schwatzgelben bekannt gab. Schon komisch, wie solche Sachen manchmal zeitlich zusammenfallen. Aomerovic jedenfalls zeigte sich auf dem Posten und klärte Beisters Ball zur Ecke. Diese war eigentlich ungefährlich, aber Subotic rutschte der Kopfball ab und tropfte auf die Latte. Nach einem Fehler von Leitner hatte Ilsö kurz darauf freie Bahn doch er war zu überrascht und schoss vorbei.
Die Gladbachfans machten den Anhängern derweil Avancen, nachdem sie wohl müde waren den Lieblingssong der Kieler Spieler zu skandieren. Offenbar war man der Ansicht, dass der Feind des Feindes automatisch ein Freund ist. Der Dortmunder Anhang konterte mit einem „erster Fußballclub Köln“ Gesang.
Die Fortuna hatte in den ersten 15 Minuten zwar die größeren Chancen, aber wirklich ins Schwitzen brachten sie Alomerovic auch nicht. Dann hatte Subotic seine zweite Kopfballgelegenheit, aber diesmal in der Offensive. Leider setzte er den Ball im Anschluss an eine Ecke knapp über den Kasten.
Nach 21 Minuten erzielte der BVB dann die Führung. Götze tauchte aus dem toten Winkel auf, tunnelte den Schiri und trieb den Ball nach vorne. Er spielte Lewandowski an, der klug wartete, bis die Abwehr sich auf ihn fokussierte und dann Persisic über Links schickte. Dessen scharfe Hereingabe konnte Kagawa Shinji ohne Probleme einnetzen. Doch bereits im Gegenzug glückte der Fortuna der Ausgleich. Weber feuerte einen Sonntagsschuss aus 25 Metern ab, der Alomerovic keinerlei Abwehrchance ließ und sicher in die engere Auswahl zum Tor des Monats Januar kommen dürfte. Die erstaunliche Serie von unwahrscheinlichen Treffern der Marke Karrierehighlights gegen den BVB riss also nicht ab. Weber dürfte ob seines Hammers ebenso überrascht gewesen sein wie letztens ein gewisser Herr Sahan aus Kaiserslautern.
Beister verpasste nach einer guten halben Stunde die Gelegenheit sich nachdrücklich bei Jürgen Klopp in Erinnerung zu bringen, als er völlig frei auf Alomerovic zulief und den Ball überhastet am Tor vorbei schob. Im direkten Gegenzug zeigte Perisic seine überragende Schusstechnik. Götze legte ihm den Ball auf die linke Seite vor und alles rechnete mit einer Flanke. Der Kroate hielt aber direkt drauf und zimmerte einen mächtigen Schuss an den Pfosten, an den Ex-Borusse Rataijczak wohl nie heran gekommen wäre.
Fünf Minuten vor Schluss vergab Robert Lewandowski die große Chance, das Spiel vorzuentscheiden. Der Ball fiel ihm an der Strafraumgrenze vor die Füße. Doch er brachte nur ein harmloses Schüsschen zustande. Kagawa Shinji musste es dann aber eine Minute später wirklich klar machen. Götze spielte ihn wunderbar im Strafraum frei, doch der kleine Japaner blieb an Rataijczak hängen. Mit etwas mehr Konsequenz beim Abschluss musste das einfach ein Treffer werden. So musste, wie in Düsseldorf für den BVB üblich, das Elfmeterschießen die Entscheidung bringen.
Hier zeigten die Borussen ungewohnte Nerven. Hatte man im Pokalspiel das Elferschießen trotz verzweifelter Gegenwehr des Schiedsrichters für sich entschieden, scheiterten heute Götze und Ersatzkapitän Hummels am Ex-Borussen Michael Rataijczak. Damit musste der BVB im Spiel um Platz 3 gegen den Verlierer der Begegnung VfL Mönchengladbach gegen Werder Bremen antreten. Nur böswillige Geister werden den Borussen hier einen Hauch von Absicht unterstellen, denn immerhin hatten sie durch die Niederlage ihren Arbeitstag um eine Stunde verkürzt. Gladbach schlug Werder mit 2:0, so dass das insbesondere von den Boulevardmedien mit Spannung erwartete Duell von Marco Reus mit seinen baldigen Mannschaftskameraden leider ausfallen musste.
BVB: Alomerovic – Owomoyela, Hummels, Subotic, Schmelzer – Bender, Leitner – Götze, Kagawa, Perisic – Lewandowski
F95: Rataijczak, Lukimya, Langeneke, vd Bergh, Weber, Fink, Beister, Ilsö, Jovanovic, Bröker, Lambertz
Tore: 1:0 Kagawa (21.), 1:1 Weber (22.)
Elfmeterschießen: 1:2 Jovanovic, Götze scheitert an Ratajczak, 1:3 Beister, 2:3Lewandowski, Lambertz scheitert an Alomerovic, 3:3 Subotic, 3:4 Ilsö, Hummels scheitert an Ratjczak, 3:5 Fink
Gelbe Karten: Lewandowski, Perisic
BVB – SVW
Zum Spiel um Platz 3 präsentierte Jürgen Klopp eine völlig neu zusammengewürfelte Elf, die noch ein Stück weiter entfernt von der Startelf im Boykottspiel sein dürfte. Auch Bremen lief in einer Formation auf, die man so wohl noch nie gesehen hat und auch nie wieder sehen dürfte. Dementsprechend bescheiden verlief die Anfangsphase. Eine erste Hereingabe von Großkreutz verpasste Barrios nach 4 Minuten. Der unbekanntere Kroos Bruder wurde dann nach schöner Vorarbeit von Pizarro im letzten Moment am Torschuss gehindert und das war es auch schon, was die ersten 10 Minuten an bemerkenswerten Ereignissen hervorbrachten.
Dann prüfte Löwe einmal Mielitz, aber sein Schuss vom Strafraumeck konnte ohne Probleme zum Eckball geklärt werden. Ignjovski schickte einen scharfen Schuss in Richtung Focher, zielte aber etwas zu hoch. Kuba fiel der Ball in aussichtsreicher Position im Strafraum vor die Füße. Aber anstatt ihn aufs Tor zu bringen, schoss er Lucas Barrios derart ab, dass der im Anschluss behandelt werden musste. Die nächsten Chancen hatte dann Werder, zunächst im Anschluss an einen Freistoß per Kopf und dann durch Sandro Wagner, der sich schön durchsetzte aber noch im letzten Moment von Subotic beim Schuss gestört wurde.
Diese Aufzählung halber Torchancen soll aber nicht übertünchen, dass den zahlenden Zuschauern hier ein äußerst mauer Kick geboten wurde. Ein Großteil des Publikums dürfte dem Ende des Spiels vor allem aus dem Grund entgegen gefiebert haben, dass es dann endlich vorbei sein würde mit dem Alibifußball, den beide Mannschaften über weite Strecken ablieferten. Dortmund war zwar feldüberlegen, aber die Anspiele in die Spitze gerieten oft zu ungenau (Löwe, Zidan), so dass Panther Barrios sich nicht für einen Stammplatz (oder einen Vereinswechsel) empfehlen konnte. Dann brachte Löwe doch mal eine brauchbare Flanke vors Tor. Der Ball gelangte mit viel Glück zu Zidan, doch der dribbelte sich in seiner typischen Manier fest, anstatt den Abschluss zu suchen. Da wollte auch Piszczek nicht zurückstehen, aber seine Hereingabe konnte Barrios nicht verwerten.
Ein paar Riesenhelden im BVB Block hatten ihre Polenböller dabei und nutzten die Gelegenheit ihre Idiotie unter Beweis zu stellen. Immer wieder gerne gesehen bei irgendwelchen Testspielen. Aber Böllerzünden ist ja kein Verbrechen, oder etwa doch? Nervt auf jeden Fall ohne Ende. Die Ansage nach dem zweiten Böllerwurf, dass das Turnier bei einer Wiederholung abgebrochen wurde, erschien dann aber doch etwas arg übertrieben. Das Ding war zwar auf dem Spielfeld hochgegangen, was an Dummheit kaum mehr zu überbieten, da sich dort unten schließlich das eigene Team befand, aber einen kompletten Abbruch der Veranstaltung sollte ein solch vereinzeltes Fehlverhalten eigentlich nicht rechtfertigen. Die deutliche Ansage hat ihre Wirkung scheinbar aber nicht verfehlt. Weitere Einlagen der Knallchargen blieben jedenfalls aus. Die gesammelten Zuschauer hatten nun ihr Feindbild ausgemacht und das nicht mal zu unrecht. Der Weihnachtshit der Fördeboys wurde nun kollektiv zum Besten gegeben und als Dortmundfan im neutralen Bereich schämte man sich für den BVB Anhang.
Auf dem Platz versuchte sich Kehl nach einer Kuba-Flanke an einer Direktabnahme, traf den Ball aber nicht voll. Bei nächster Gelegenheit erzielte Mohamed Zidan dann die Führung. Völlig ungedeckt konnte er am Strafraumeck den Ball annehmen und ihn sich zurecht legen. Eine solche Gelegenheit konnte er sich einfach nicht entgehen lassen und sein Flachschuss war dementsprechend auch unhaltbar. Bremen konnte sich in der Folge nicht mehr zu einer Aufholjagd aufraffen und der BVB zündete ein Querpassfestival, so dass alles sich auf den Schiedsrichter fokussierte und ein enttäuschtes Stöhnen durchs Rund ging, als der Stadionsprecher doch tatsächlich 2 Minuten Nachspielzeit verkündete. Irgendwie wurden die dann auch noch vertändelt und der BVB ging als Sieger vom Platz.
BVB: Focher – Piszczek, Subotic, Owomoyela, Löwe – Kehl, da Silva – Blaszczykowski, Zidan, Großkreutz – Barrios
SVW: Mielitz, Prödl, Ignjovski, Kroos, Wagner, Sokratis, Pizarro (10. Füllkrug), Trybull, Hartherz, Trinks
Tor: 1:0 Zidan (36.)
Gelbe Karte: Kroos
So belegte die Borussia am Ende einen ehrenvollen 3. Platz. Die Heimreise trat man trotzdem mit dem sicheren Gefühl an, dass man seinen Sonntag sinnvoller gestalten kann, als mit einem Besuch beim Wintercup in Düsseldorf. Testspiele bieten ja ohnehin nur ein ziemlich zweifelhaftes Vergnügen, aber sie sollten doch bitte wenigstens über 90 Minuten gehen, um wenigstens vom Rahmen her ein wenig an ein echtes Fußballspiel erinnern zu können. Die in letzter Zeit so beliebten „Blitzturniere“ haben damit ähnlich wenig zu tun, wie der früher so beliebte „Budenzauber“. Wird wirklich langsam Zeit, dass die Bundesliga wieder startet. Vorher melden wir uns allerdings noch unter der Woche aus Oberhausen. Wer hat mich bloß schon wieder dazu überredet?
Pressekonferenz mit Jürgen Klopp
Das Dilemma für uns Trainer ist, dass wir die Vorbereitung durchzuziehen haben. Wir wissen, dass das Training wirkt und zwar zunächst einmal, indem es die Spieler müde macht. Dann guckt man sich die Spiele in dieser Phase an und ist nicht so wahnsinnig glücklich mit ihnen. Das kann man sicher heute so sagen. Wir haben bisher hervorragende Spiele in dieser Vorbereitung gemacht und die heute waren sicher eher durchschnittlich. Das ist auch o.k., denn das entscheidende ist, dass sich keiner nachhaltig weh getan hat. Die Atmosphäre war durch die vielen Zuschauer bei diesen Testspielen toll.
Wir haben im Trainingslager wirklich intensiv gearbeitet und hatten auch tolle Bedingungen in Spanien. Wir haben hohe Umfänge trainiert und trotzdem gute Testspiele gemacht. Wir hatten aber das Problem, dass einige nicht viele Spielanteile hatten. Die müssen wir jetzt heranführen. Mario Götze hat heute erstmals eine Halbzeit gespielt. Felipe Santana und Ilkay Gündogan werden erst am Mittwoch gegen Oberhausen spielen können. Aber das Gros der Mannschaft konnte die Vorbereitung durchziehen und dementsprechend bin ich zufrieden. Die Prüfung steht uns in Hamburg noch bevor, aber danach kommen ja noch 16 weitere.