Held auf Abruf?
Mit vielen Vorschusslorbeeren war Robert Lewandowski vor zwei Jahren zur Borussia gekommen. Gerade hatte Lewandowski mit Lech Posen die polnische Meisterschaft errungen, war Torschützenkönig seines Heimatlandes geworden und war der Borussia immerhin 4,5 Millionen Euro wert. Der Transfer beherrschte die Diskussionen vieler Borussen, die sich vom Neuzugang einiges versprachen, auch wenn die meisten ihre Kenntnisse über den polnischen Fußball allgemein und Robert Lewandowski im Speziellen bestenfalls aus Youtube-Zusammenschnitten gewonnen haben dürften. Wie auch immer: Man freute sich auf den Stürmer.
Und dann saß Robert Lewandowski zunächst einmal meistens nur auf der Bank. Nur 15 von insgesamt 33 Spielen durfte der Pole in seiner Premierensaison von Beginn an auf dem Feld stehen, einige Partien davon auch nur auf der 10er-Position, nicht als Mittelstürmer. Dieser Platz war für Lucas Barrios fest reserviert, an dem Lewandowski partout nicht vorbei kam. Am Ende der Meistersaison standen für Lewandowski so acht Bundesligatore zu Buche und es hätten durchaus mehr sein können, zum Teil sogar müssen, was dem Stürmer zwischenzeitlich den Ruf eines Chancentods einbrachte. Und tatsächlich wirkte Lewandowski in seinen Partien oft etwas unbeholfen und unsicher und vergab zum Teil klarste Torchancen. Sinnbildlich dafür das Europa-League-Spiel des BVB in Paris im November 2010, als Lewandowski wenige Momente vor dem Schlusspfiff und nach traumhaftem Schmelzer-Einsatz und –Flanke freistehend die Riesenchance zur Führung vergab und an Paris-Keeper Edel scheiterte.
Trotzdem konnte Robert Lewandowski bereits zu jener Zeit das Talent andeuten, das ihm ein Dreivierteljahr später zum Durchbruch verhelfen sollte. Lucas Barrios verletzte sich bei der Copa America und für Lewandowski stand urplötzlich die Tür zur Startelf sperrangelweit offen. Gemeinsam mit dem Rest der Mannschaft tat sich der Stürmer zu Beginn der Saison noch schwer, doch spätestens am 8. Spieltag, im Heimspiel gegen den FC Augsburg, platzte „Robbies“ Knoten. Drei Treffer schlugen ein im Gehäuse des FCA und fortan mutierte der einstige Chancentod zum Knipser.
Am Ende hatte Robert Lewandowski alle 34 Bundesliga-Spiele von Beginn an gespielt, hatte 22 Tore geschossen, 8 weitere in Pokal und Champions League, und zusätzlich in den drei Wettbewerben 12 Vorlagen für weitere gegeben. Am Double 2012 hatte der Stürmer damit überragenden Anteil und schoss den FC Bayern am Saisonende in Liga und Pokalfinale beinahe im Alleingang an. Seinen Bankplatz aus der Vorsaison hatte nun Lucas Barrios einnehmen müssen, der nach der Verletzungspause kein Land mehr sah und an Lewandowski genauso wenig vorbei kam, wie dieser im Vorjahr noch an ihm.
Mit seine Zweikampfstärke und Physis im Offensivzweikampf, mit großer Laufbereitschaft, Technik und Treffsicherheit ausgestattet avancierte Lewandowski sogar zum gepriesenen Modell für den modernen Stürmer, der sich auch in das Defensivverhalten der Mannschaft integriert, weite Wege geht und gleichsam Tore schießt wie einleitet.
Einstweilen bleibt Polens Fußballer des Jahres dem BVB jedenfalls erhalten. Das Transferfenster ist geschlossen und auch Hans-Joachim Watzke hat fortwährend bekräftigt, dass Lewandowski die folgende Saison definitiv in Schwatzgelb absolvieren wird. Und danach?
Robert Lewandowski wird sich entscheiden müssen: Ist Dortmund sportliche Heimat oder Durchgangsstation? Bleibt es beim Heldenstatus auf Zeit oder für die Ewigkeit?