schwatzgelb.de spielt: FIFA 13
Jedes Jahr entbricht unter Fußball- und Videospielfans die gleiche Diskussion. Die Saison ist gerade gestartet, Konami und Electronic Artsveröffentlichen ihre jährlichen Spiele. Doch wir wollen an dieser Stelle nicht auf den Kampf zwischen Pro Evolution Soccer und FIFA 13 eingehen. Stattdessen konzentrieren wir uns in dieser Rezension nur auf das heute veröffentlichte Spiel von Electronic Arts, das mit einigen Neuerungen daherkommt, aber auch auf Altbewährtes setzt. Wir haben FIFA 13 für euch ausgiebig getestet und werden versuchen, euch einen Überblick zum neuen Spielekracher zu verschaffen.
Präsentation und Umfang
Selbst Kritiker der Reihe werden wohl einräumen müssen, dass FIFA schon immer für das Rundumsorglospaket in Sachen Umfang und Lizenzen stand. Alle wichtigen Ligen sind enthalten, auch wenn sich viele Fans nach wie vor Deutschlands 3. Liga herbeisehnen. Stattdessen sind alle vier englischen Ligen unter der Premier League enthalten. Wem's gefällt... Neben den europäischen Ligen, die alle komplett lizensiert sind, gibt es auch die amerikanische Major League und selbst die arabische Liga ist mit von der Partie. Wer sich also schon immer im Spiel zwischen Dibba Al Fujairah und Ittihad Kalba messen wollte, hat nun die Gelegenheit dazu. Warum auch nicht. Aber will man sich wirklich beschweren, dass zu viele Mannschaften im Spiel enthalten sind? Wir denken nicht. Und auch abseits der Mannschaften gibt es natürlich viel Content. Zahlreiche Original-Arenen, natürlich auch das Westfalenstadion, sind enthalten. Außerdem hat der Spieler die Wahl zwischen mehreren Bällen und Schuhen für die jeweiligen Spieler. Auch in Sachen Trikots wurde noch einmal nachgelegt. So gibt es beispielsweise Klassik-Trikots zum Freischalten, den BVB kann man somit auch in den historischen Trikots aus der Saison 65/66 aufs Feld schicken.
Doch das umfangreiche Lizenzpaket, das EA zur Verfügung steht, offenbart in der Umsetzung jedoch deutliche Tücken. Während einige wenige Topspieler aussehen wie fotografiert, sind andere kaum zu erkennen. So hat man quasi das Gefühl, dem echten Mario Götze gegenüberzusitzen, kann den eigenen Kapitän Sebastian Kehl aber kaum erkennen und fragt sich, seit wann Tomas Ujfalusi der Innenverteidiger neben Mats Hummels ist. Außerdem bleibt ein weiterer Kritikpunkt der Reihe vorhanden, wenn Kuba haargenau die gleiche Frisur hat wie in beiden Vorgängerspielen.
Ein zusätzliches Ärgernis sind weiterhin die deutschen Kommentatoren, Frank Buschmann mimt dabei den Co-Kommentator des blau angefärbten Manni Breuckmann. Viele neue Sprüche gibt es nicht, dafür nehmen die Zwei Bezug auf das aktuelle Geschehen und erwähnen Tabellenstände aus der Realität, Stürmer in Top- und Abwehrspieler in miserabler Form. Leider wirkt das alles recht lieblos, weil immer nur die Rede davon ist, dass „der zentrale Mittelfeldspieler der Hausherren nicht zur Verfügung steht", wenn Borussias Ilkay Gündogan aktuell verletzt ist. Kann man sich dann auch sparen, genau wie unseren Lieblingskommentar der Testphase, "Es regnet", der immer vollkommen ohne Zusammenhang eingeworfen wurde und uns als Spieler natürlich deutlich schlauer machte.
Die Präsentation wurde noch einmal verbessert. Die Fangesänge sind nach wie vor großartig und so kann man schon einmal eine leichte Gänsepelle entwickeln, wenn man mit dem FC Liverpool vor heimischer Kulisse antritt und Anfield mal wieder kurz vor dem Abpfiff „You'll never walk alone" zum Besten gibt. Ansonsten sind es hier Detailverbesserungen, die das Fanherz höher schlagen lassen. Bei Regen werden die Trikots nun sichtbar nass, bei Auswechslungen hält der Schiedsrichter eine etwas seltsam animierte Tafel mit den Trikotnummern der Spieler hoch. Dazu gibt es dann ein paar TV-Kameras, einen Trainer am Seitenrand und sichtbare Reservespieler, die sich abseits des Rasen auf die Einwechslung vorbereiten. Wie gesagt, es sind Kleinigkeiten, die dann aber doch ganz nett sind. Hat Robert Lewandowski in der Karriere beispielsweise mal wieder besonders gut geknipst, wird dies vom Spiel auch gewürdigt, indem zwischenzeitlich eingeblendet wird, dass er bereits zwölf Tore in der laufenden Spielzeit erzielt hat.
Das Gameplay
Auch beim Gameplay wurden vor allem Detailverbesserungen vorgenommen. Größtenteils sollte es nicht überraschend sein, dass FIFA 13 nicht großartig anders aussieht als FIFA 12. Warum auch? FIFA 12 war schon eine starke Fußball-Simulation und man muss auch nicht in jedem Jahr das Rad neu erfinden.
Dennoch spielt sich das neue Spiel schon merkbar anders. Dies hat dann zum Beispiel mit dem neu integrierten First Touch Ball Control zusammen. Der Spieler ist nun gefordert, den Ball auch angemessen anzunehmen, damit dieser nicht verspringt und der Gegner direkt den Konter starten kann. Andererseits bieten sich so aber auch Möglichkeiten für wunderbare Tore, wenn der Ball bei der Ballannahme ein wenig hochspringt und dann volley in die Maschen gezimmert wird. Ingesamt überzeugt das neue System, auch weil es nicht für den vollen Frust sorgt, da man recht schnell verinnerlicht hat, wie man einen Ball anzunehmen hat. Die im letzten Jahr eingeführte Player Impact Engine wurde noch einmal verbessert, sodass man nun gezielter Gegner abdrängen oder blocken kann. Auch die aus dem letzten Teil bekannten kuriosen Situationen sind reduziert, jedoch kommt es durchaus schonmal vor, dass die eigene Mannschaft sich gegenseitig über den Haufen rennt oder umgrätscht. Ist dies nicht der Fall, ergeben sich dank der neuen Attacking Intelligence auch durchaus vielversprechende Angriffssituationen, da die Offensive nun clevere Laufwege benutzt, sich freiläuft und anbietet. So sind mit dem BVB traumhafte Angriffe über die Seiten möglich, weil Marco Reus auf der linken Seite perfekt von Marcel Schmelzer in Szene gesetzt werden kann und in der Mitte Robert Lewandowski Raum schafft. Ärgerlich ist dabei nur, dass viele Flachpässe in einem unglaublichen Schneckentempo gespielt und dadurch oft vom Gegner abgefangen werden. Scharfe Hereingabe an den langen Pfosten? Fehlanzeige. Die Dosierung der Zuspiele ist inkonsequent und meist nicht nachvollziehbar. Man kann diesem Umstand zwar mit sehr präziser Feinjustierung Abhilfe verschaffen, der Gelegenheitsspieler wird sich damit aber nicht beschäftigen wollen.
Die kurzen, schnellen Einwürfe wirken nun nicht mehr so konfus, da die einwerfende Mannschaft nun nicht mehr direkt neben dem Ball steht, es aber nicht gebacken bekommt, diesen auch in die Hand zu nehmen und ihn ins Spiel zu bringen. Hier wird der Ball dann auch mal von einem anderen Spieler zum Einwerfer gepasst, der dann das Spiel schnell machen kann... so er denn will. Minimale Verbesserungen gibt es auch bei den Freistößen. Hier kann man nun drei Spieler um den Ball stellen und diverse Situationen durchspielen. Manchester United legte den Ball beispielsweise clever zu van Persie ab, der freie Schussbahn hatte und den Ball in die Maschen zimmerte. Da kann man auch schon mal anerkennend nicken. Nicken kann man auch bei den Grätschen, die insgesamt besser von der Hand gehen und auch häufiger mal den Ball anstatt die Beine des Gegners treffen. Nervig bleiben hingegen die Torjubel, die viel zu lang und immer noch nicht interessant sind. Hier wünscht man sich dann doch eine Handhabe wie bei der Konkurrenz, auch weil man im Onlinemodus dann nicht mit ansehen muss, wie der Gegner an der anderen Seite der Leitung dreimal über das ganze Feld rennt, um sich dann wie Mario Balotelli zu präsentieren.
Fein ist hingegen, dass man einen deutlichen Unterschied zwischen den Mannschaften spürt. Spielt der Gegner mit dem FC Bayern München, ist das Spiel direkt ungleich schwerer als gegen den FK Haugesund. Und auch auf der eigenen Seite merkt man eher, wenn die eigene Mannschaft eigentlich fürs Fußballspielen bezahlen müsste anstatt in der Champions League zu kicken. Ebenfalls positiv erwähnenswert ist die spürbare Moral im Team. Macht nämlich der FK Haugesund gegen die überlegenen Mannen von Zenit St. Petersburg ein Mordsspiel auf Augenhöhe, stürzt ein unglückliches Gegentor die Mannschaft in abgrundtiefes Verderben. Und auch die Szenen vom vergangenen Dienstag in Frankfurt kommen uns plötzlich bekannt vor, als wir nach souveräner Pausenführung durch den Anschlusstreffer des Gegners plötzlich massiv ins Schwimmen geraten und die Passgenauigkeit leidet. Das ist durchaus realistisch und bringt Spaß!
Die Spielmodi
In Sachen Modi gibt es erneut kleinere neue Dinge. Die ehemalige Live Season nennt sich nun Match Day und beinhaltet die aktuellen Formwerte der Spieler aus der Realität sowie Sperren und Verletzungen. Ebenso kann man bei den „Live-Spielen" die aktuellen Gegner seiner Lieblingsmannschaft herausfordern oder die „Spiele der Woche" aus der ganzen Welt nachspielen und ihnen den eigenen Stempel aufdrücke.
Neu ist die Virtuelle Bundesliga, bei der sich die Vereine in den Werten nicht mehr voneinander unterscheiden, um eine Neutralität sicherzustellen. Am Ende geht es für die besten Spieler in der Liga sogar um Preise. Den Karriere-Modus beleuchten wir gleich noch ein wenig weiter. Neu sind auch die Skill-Spiele, die quasi die Arena aus dem letzten Teil ersetzen. Vor dem Anpfiff schlagen wir nun also genaue Flanken, heben Bälle in aufgestellte Mülltonnen, üben Elfmeter und Freistöße oder spielen Fußballtennis. Sehr nette Ergänzung, die den Spieler sicherlich noch einiges an Training gibt. Blöd ist nur, dass man vor Spielen im Multiplayer nur als Single Player spielen kann. So sitzt der zweite Spieler eben neben dem Typ in der Trainingsarena und guckt ihm zu... oder nimmt ihm den Spaß und startet das Spiel mit einem Druck auf Start. Zum Glück kann man diese Gourmet-Häppchen aber auch losgelöst von richtigen Spielen genießen.
Der Karrieremodus
Kommen wir also zum Herzstück des Singleplayers: Der Karriere. Diese wurde nämlich noch einmal aufgebessert. So können interessierte Manager neben der eigenen Mannschaft auch noch einen Nationalverband trainieren, Spieler nominieren etc., der normale Jogi Löw-Kram halt. Wir konzentrieren uns aber auf den BVB und werden im Laufe der ersten Halbserie direkt mit einigen Geschichten konfrontiert. Mal will ein Sebastian Kehl mehr Gehalt, mal hat Neven Subotic Heimweh, mal spricht Mats Hummels davon, dass er darüber nachdenke, den Verein zu verlassen. Wir können reagieren und den Spielern neue Verträge anbieten.
Die ganze Sache zieht sich aber über Wochen und Monate, sodass wir häufig mit neuen Schlagzeilen konfrontiert werden. Die Sache geht also durch die Medien und wirkt sich auf die Moral der Spieler aus. Kümmern wir uns um die Sache und verlängern die Spieler am Ende doch noch, geht die Moral natürlich wieder nach oben. Das alles gab es schon im Vorgänger, kommt nun aber doch deutlich häufiger vor und stellt einen Trainer vor Herausforderungen, da sich ihm die Frage stellt, ob er den vielen Forderungen nachgeht oder sie doch lieber ignoriert. Uns gefiel die ganze Sache jedenfalls sehr gut, weil auch die Kommentatoren hier eine ihrer wenigen Stärken offenbarten und während des laufenden Spiels noch mal auf die Geschichten unter der Woche eingingen. Weitere Beispiele sind Marvin Bakalorz, der gerne mal spielen möchte und sich dann auch in den Medien freut, wenn er das Vertrauen von uns bekommt und tatsächlich gebracht wird oder Sven Bender, der nach massiver Verbesserung gern öfter in der Startelf stünde.
Erfreulich ist auch, dass die Formschwankungen nicht mehr so erheblich sind wie in FIFA 12. Dort hieß es häufig quasi „hopp oder topp". Spielt die Mannschaft gut, waren alle Spieler in Form, verliert sie ihre Spiele, kann kaum einer noch den Ball treffen. Nun stellt sich das ganze viel individueller dar. Auch wenn wir drei Spiele verlieren, bleibt ein Robert Lewandowski in Topform und nagelt die Bälle immer noch ohne Reue in die Maschen. So hangeln wir uns also durch den aktuellen Bundesliga-Spielplan und versuchen, das vom Vorstand vorgegebene Ziel „Doublesieg" zu erreichen. Dabei erhalten wir während der Transferperiode natürlich einige Angebote für unsere Star-Spieler, die wir annehmen oder ablehnen können. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, der anderen Seite ein Gegenangebot zu unterbreiten, wenn der Preis nicht so ist, wie wir uns das vorstellen. Insgesamt wirkt der Karrieremodus im Vergleich zum Vorjahr noch einen Ticken ausgereifter, interaktiver und besser.
Unser Fazit
Man wird es bereits gemerkt haben: FIFA 13 ist im Vergleich zu FIFA 12 natürlich kein Quantensprung. Aber wie anfangs schon erwähnt: Warum sollte man diesen auch durchführen? FIFA 13 ist ein verbessertes FIFA 12, dies merkt man aber auch gerade in den Feinheiten des Spiels. Bei Punkten, die in den Vorjahren noch nicht optimal funktionierten, wurde die Zange angesetzt und sinnvolle Veränderungen getroffen.
Der Umfang ist nach wie vor riesig und gerade im Multiplayer bietet ein solches Spiel natürlich nahezu unendlich Unterhaltungspotential, egal ob man dabei mit dem südkoreanischen Gangnom FC gegen den mexikanischem Erstligisten Queretaro spielt oder sich in einem Team zusammentut. Ein Beispiel? Gern. Frei nach dem Motto „ein Spiel geht noch" kämpften wir uns am Mittwochabend durch die Karriere. Zu dritt spielten wir gegen den Computer, jubelten, fluchten, frohlockten und schimpften. Am Ende war es drei Uhr morgens und wir hatten tatsächlich die komplette Hinserie durchgespielt... obwohl wir eigentlich schon um Mitternacht nach Hause gehen wollten. Wie eingangs erwähnt wollen wir nun keine Diskussion zwischen PES und FIFA vom Zaun brechen, weil es am Ende auch wohl eine Geschmackssache ist. Der geneigte Fußballfan wird allerdings wohl kaum einen Fehler machen, wenn er sich FIFA 13 in den Spieleschrank stellt.