Topspiele in schwatzgelb

10 Tore auf einen Streich - Der BVB-Rekordsieg lässt die Schmach vom Rheinstadion vergessen

25.08.2011, 16:09 Uhr von:  CHS

Der BVB hat viele bedeutende Spiele in seiner über einhundert Jahre alten Geschichte gemacht. Aber eins, das es in die Geschichtsbücher des DFB gebracht hat, ist das Spiel aus dem Jahr 1982, als der BVB innerhalb einer Halbzeit zehn Tore schoss und die Schmach der Niederlage vom 29. April 1978 erträglich werden ließ. Hier ist nun die Geschichte dazu.

Vorgeschichte

Das BVB-Logo

In der Saison 1982/83 waren gerade einmal 11 Spieltage gespielt. Der BVB lag auf Platz 2 nach sieben Siegen, drei Unentschieden und nur einer Niederlage. Tabellenführer war zu diesem Zeitpunkt der Hamburger SV, der zwar Punktgleich mit der Borussia war, aber eben eine um acht Tore bessere Tordifferenz hatte. Gegner war Arminia Bielefeld. Die Ostwestfalen waren gut in die Saison gestartet und lagen auf Platz sechs. Am 6.11.1982 trafen die Dortmunder am 12. Spieltag im Westfalenstadion auf die Arminia.

Die Aufstellung

BVB: Eike Immel –Lothar Huber, Ralf Loose, Rolf Rüssmann, Siegfried Bönighausen, Meinolf Koch, Jupp Tenhagen, Manfred Burgsmüller, Marcel Raducanu, Rüdiger Abramczik, Erdal Keser, Trainer Karl-Heinz Feldkamp

Arminia Bielefeld: Olli Isoaho – Karlheinz Geils, Ulrich Büscher, Dirk Hupe, Wolfgang Pohl, Detlef Schnier, Johannes Riedl, Frank Pagelsdorf, Helmut Schröder, Gregor Grilemeier, Herbert Reiss, Trainer Horst Koeppel.

Die erste Hälfte

Die Dortmunder spielten wie immer in schwarzgelb, während die Bielefelder komplett in Blau angetreten waren. Bielefeld musste auf Kapitän Ewald Lienen verzichten. Außerdem war Horst Wohlers gesperrt. Bei sonnigem Wetter wurde das Spiel vom Karlsruher Klaus Clajus vor 34.000 Zuschauern angepfiffen. In den Anfangsminuten war es ziemlich ausgeglichen. Die Dortmunder, allen voran Raducanu, rannten sich häufig fest, während die Bielefelder zu kontern versuchten. Die erste Chance hatten dann auch in der 8. Minute die Arminen. Schnier flankte von der linken Seite in den Strafraum, doch Hupe konnte völlig freistehend den Ball nicht aufs Tor drücken. In der Folgezeit gab es weitere Chancen für die Bielefelder und diese Spielweise wurde belohnt. In der 16. Minute wurde ein Angriff durch ein Foul im Mittelfeld gestoppt. Der Freistoß wurde schnell ausgeführt und zum Einwurf abgeblockt. Wolfgang Pohl warf diesen in Höhe des Strafraums lang ein und in der Mitte schoss Pagelsdorf den Ball völlig freistehend ins rechte, obere Toreck.

Auch danach blieben die Angriffe der Dortmunder nur Stückwerk. Doch die Borussen hatten Glück, denn im Kampf um den Ball nahm der Bielefelder Reiss an der Strafraumgrenze das Bein zu hoch. Bönighausen führte den anschließenden Freistoß aus, Isoaho kam aus dem Tor und versuchte das Leder abzufangen, konnte es jedoch nicht festhalten und Burgsmüller staubte zum viel umjubelten Ausgleich ab. Es war die erste Chance für den BVB. Im Anschluss kamen die Borussen besser im Spiel. So passte Tenhagen in der 22. Minute den Ball butterweich in den Strafraum und der anstürmende Abramczik wurde vom Bielefelder Torhüter umgehauen. Der Finne war im Glück, denn das Schiedsrichtergespann hat den Dortmunder im Abseits gesehen. Nun folgten Torchancen im Minutentakt durch Burgsmüller und Abramczik. Mit Geils versuchten die Bielefelder in der 26. Minute einen Konter aufzuziehen, der aber kurz vor der Strafraumgrenze von Keser unsanft gestoppt wurde, was ihm eine gelbe Karte einbrachte. Der Freistoß von Schröder ging klar übers Tor.

Nach und nach übernahmen die Dortmunder das Kommando. In der 29. Minute gab es nach einem Foul einen Freistoß von der rechten Seite. Der Ball landete über Huber und Rüssmann bei Abramczik, doch Isoaho machte seinen Fehler vom Ausgleich wett und rettet das Unentschieden nach einem Kopfball vom Dortmunder Spieler. Weitere Chancen durch Burgsmüller und Keser folgten. Die Bielefelder konnten sich etwas aus der Umklammerung befreien, doch die Angriffe wurden meist von der Dortmunder Abwehr abgefangen. In der 39.Minute dann mal wieder eine Chance für die Arminia, doch sowohl Grillemeier, als auch Reiss konnten den Ball nicht aufs Dortmunder Tor köpfen. Der Gegenzug über Keser wurde von Geils durch eine Grätsche hinten in die Beine rüde gestoppt, wofür er die zweite Gelbe Karte im Spiel sah. Das hielt den Trainer nicht auf der Bank und er schaute sich die Behandlung auf dem Platz selber an. Der Türke musste dann draußen weiter behandelt werden und wurde in der 42. Minute durch Bernd Klotz ersetzt. Das Spiel wurde ruppiger. Als nächstes sah Büscher für die Bielefelder nach einem Tritt in die Hacken von Loose Gelb und wenig später wurde der eingewechselte Klotz von Hupe umgehauen. Der Bielefelder hatte Glück,dass er dafür nicht auch Gelb bekam. Es gab auch Fußball, denn in der 43.Minute versuchte es Burgsmüller mit einem Fernschuss aus gut 18 Metern, aber Isoaho hielt den Schuss sicher. Die nächste Chance hatten dann in der 45. Minute wieder die Arminen, doch auch Immel passte auf. Kurz vor der Halbzeit klärte Koch in der eigenen Hälfte und passte auf Raducanu und dieser leitet nach einem langen Lauf über den Platz auf Klotz weiter, dessen Schlenzer aus gut 20 Meter ging knapp übers Tor. Halbzeit!

Die legendäre zweite Hälfte

Den Anstoß führten die Dortmunder in Person von Bernd Klotz aus und drängten sogleich nach vorne. Schon nach 30 Sekunden in der zweiten Hälfte flankte Huber von der rechten Seite in den Strafraum und völlig allein stand Manni Burgsmüller. Sein Kopfball, unhaltbar für den Bielefelder Keeper, bedeutete die 2-1 Führung für den BVB. Doch es wurde schlimmer für die Bielefelder, denn nur eine Minute später dribbelte Burgsmüller im Mittelfeld, passte nach Linksaußen auf Tenhagen. Der wiederum gab ihn weiter auf Abramczik, der in die Mitte zog. Nach einem Doppelpass mit Klotz erzielte er aus fünfzehn Metern das 3-1. Durch diese kalte Dusche für Arminia waren nicht nur die Dortmunder auf dem Platz oben auf, sondern auch die Fans. Sie sagen schon über die Meisterschaft. Die Bielefelder versuchten sich erneut aus der Umklammerung zu befreien, doch die Borussen konterten im eigenen Stadion. In dieser Zeit konnten sich die Mannen der Bielefelder bei ihrem Torhüter bedanken, dass man nur drei Tore kassiert hatte.

In der 60. Minute fiel dann der lange verdiente 4-1-Treffer. Koch setzte sich auf der linken Seite gegen drei Arminen durch, flankte in die Mitte und der völlig freistehende Burgsmüller versenkte den Kopfball links unten im Tor. In der Folgezeit wurde Abramczik gegen Michael Zorc ausgewechselt. Nach einem Foul am Dortmunder Strafraum musste Schnier ebenfalls ausgewechselt werden, dafür kam Bernd Krajczy. Den fälligen Freistoß führte Pagelsdorf aus und nur mit Mühe kann Eike Immel den Ball abwehren. Fast im Gegenzug die nächste Chance für Dortmund. Nach einer Ecke landete der Ball bei Raducanu, der spielte im Strafraum einen Doppelpass mit Klotz und flankte nach innen. Dort wartete Zorc,aber er haute über den Ball und Bielefeld konnte klären. In der 66. Minute war es dann aber soweit. Jupp Tenhagen nahm auf der rechten Seite den Ball mit und zog nach innen. Nach einem Doppelpass mit Raducanu wurde sein Schuss zwar zunächst abgeblockt, doch Klotz stand richtig und schlenzte den Ball unhaltbar für den Finnen aus gut 14 Metern ins linke Eck des Tores. Von den Tribünen tönte es „Ajajaja, Schützenfest in Dortmund" und „Oh, wie ist das schön...". Längst war das Spiel entschieden.

Der BVB-Kader 1982/83

Doch die Dortmunder ließen nicht nach und nur drei Minuten später nutzte Burgsmüller einen Fehler von Dirk Hupe zum 6-1, nicht sein letzter Treffer. Schoss er eine Minute später nach einer Flanke von Klotz noch am Tor vorbei, so traf er in der 72. Minute. Einen Abschlag von Isoaho nahm Raducanu auf und passte auf Tenhagen. Seine Flanke konnte der Bielefelder Torhüter erneut nicht festhaltenund Burgsmüller erzielte seinen fünften Treffer zum 7-1. Die nächste Chance folgte zwei Minuten später. Rüssmann, in der Abwehr unterbeschäftigt, passte im Angriff auf Klotz, doch sein Schuss wurde zur Ecke abgewehrt. Die folgende Ecke von Raducanu landete auf dem Kopf von Zorc, doch diesmal hielt Isoaho den Kopfball. Bei den Dortmundern fand nun beinahe jeder Pass den Nebenmann und jedes Dribbling. Bei Bielefeld ging dagegen fast gar nichts mehr. So landete der Ball in der 77. Minute bei Burgsmüller, den er in die Mitte zu Raducanu lupfte, der sowohl die Abwehrspieler, als auch den Torhüter umkurvte und problemlos das 8-1 erzielte. Kopfschüttelnd verfolgten die Zuschauer das Spiel. Sowas hatt man schon lange nicht mehr gesehen.

Nach einer Verletzungsunterbrechung der Bielefelder landete deren Anstoß in den Fängen der Dortmunder. Burgsmüller passte nach außen auf Huber und der flankte nach innen. Die Bielefelder konnten zwar den Angriff abwehren, aber die Dortmunder blieben mit Koch und Bönighausen im Ballbesitz. Dessen Flanke kam zu Klotz und dieser schoss den Ball zum 09-1 über die Linie. Wird das zweistellig, denn es waren noch 10 Minuten zu spielen? Immer wieder wurden die Angriffe der Bielefelder abgefangen und die Borussen stürmten nach vorne. In der 84. Minute nahm Huber in der eigenen Hälfte den Ball an und lief auf der rechten Außenbahn bis zur Grundlinie. Von dort flankte er nach innen und fand dort erneut Klotz.. Der drehte sich und erzielte das 10-1. Während sich die Fotografen vor derTrainerbank der Arminen aufstellten, lief Zorc In der 87. Minute auf das Tor der Bielefelder zu, spielte einen Doppelpass mit Rüssmann und wurde im Strafraum von Reiss umgerissen. Der Schiedsrichter zeigte auf den Punkt. Doch Burgsmüller, der mit einem weiteren Treffer alleiniger Rekordhalter gewesen wäre, verzichtete auf die Ausführung und überließ den Elfer für Huber. Er verwandelte ihn ohne Probleme und der Rekordsieg war geschafft. Aber es war noch immer nicht Schluss, denn in der 90. Minuten zog Huber erneut nach innen, aber sein Schuss verpasste das Lattenkreutz knapp. Die letzte Chance hatte nach einem Pass von Reiss der Bielefelder Grillemeier, doch sein Schuss ging am Tor vorbei. Kurz danach pfiff Schiedsrichter Clajus ab.

Die Nachwehen

Wenn man sich das Spiel heute noch einmal anguckt (Wer das machen will, das Spiel ist auf der zweiten BVB-DVD-Box [Nur die Besten II]), dann sieht man, dass die Bielefelder, sogar beim 1-11, weiter nach vorne stürmten und somit den Dortmundern die Räume gaben, um weitere Tore zu schießen. Nach dem 8-1 schickte Bielefelds Trainer Köppel seinen Assistent Roggensack auf dem Platz. Er sollte den Spielern sagen, dass sie hinten alles dicht machen sollten. Köppel sagte dazu: „Wir sind nicht an die Mannschaft herangekommen". Auch muss man sehen, es war nicht jeder Schuss ein Treffer, den nach dem Ausgleich in der ersten Hälfte hatten die Borussen reichlich Chancen, welche sie nicht nutzen konnten. Beide Trainer konnten sich nach dem Spiel nicht erklären, was da passiert war. Es gab bei Trainer Feldkamp keine besondere Ansprache, die dieses Ergebnis ausgelöst haben kann. Und während der Bielefelder Präsident in der zweiten Hälfte auf der Tribüne bittere Tränen vergoss, mussten die Spieler unten aufgrund des Spielgeschehens lachen. Nach dem Spiel wurde Köppel ein Fässchen Bier überreicht. Eigentlich bekommt dieses Geschenk derJournalist, der das Ergebnis richtig getippt hat, aber natürlich hatte das keiner auf dem Zettel. Ob die Spieler das Bier dann getrunken haben, ist leider nicht überliefert.

Und was passierte nach dem Spiel? Zum einen war Manni Burgsmüller in aller Munde. Gerne hätte ihn das aktuelle Sport-Studio nach Mainz eingeflogen, aber der Dortmunder wollte lieber zu einer Familienfeier. Nach dieser Torflut war der BVB natürlich Tabellenführer. Die Hamburger konnten zwar auch gewinnen, aber die nun zehn Tore verbesserte Tordifferenz brachte den Borussen endlich eine Tabellenführung ein. Zwar lag Bielefeld weiterhin im Mittelfeld der Tabelle, aber die Tordifferenz war nach diesem Fiasko natürlich negativ. Interessanterweise fanden sich beide Mannschaften am Ende dieser Saison als Tabellennachbarn wieder. Während Dortmund den siebten Platz erreichte und dadurch den Europapokal verpasste, waren die Bielefelder dahinter auf Platz acht. Was am Ende blieb, war ein unglaubliches Spiel, das für die 34.000 Zuschauer von damals noch immer ein Highlight ist. Und zumindest lässt dieser Sieg die zweistelligen Niederlagen, die der BVB in seiner Geschichte schon kassiert hat, vergessen.

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