Trainingslagertagebuch - Teil 2
Nachdem am Dienstag die ersten Trainingseinheiten stattgefunden hatten, sollte am Mittwochnachmittag gleich ein Testspiel gegen den RC Lens anstehen. Der sportliche Wert der Partie durfte – nur einen Tag nach Trainingsbeginn - in Frage gestellt werden, dennoch fanden sich gut über 150 Schaulustige, Fotografen und Kamerateams am Trainingsgelände in Montecastillo ein.
Jürgen Klopp hatte bereits im Vorfeld angekündigt, in jeder Halbzeit eine andere Mannschaft aufbieten zu wollen. Die Spieler sollten nicht gleich zu Beginn auf Vollbelastung getrimmt werden, sondern am Folgetag gleich morgens wieder zum Training bereitstehen können. Also begann das Spiel in eben jener Besetzung, die für die Bundesliga derzeit zu erwarten gewesen wäre, wohingegen in der zweiten Hälfte all jene eine Chance bekommen sollten, die sich (wieder) an die erste Elf herankämpfen wollten.
Borussia dominierte das Spiel von Beginn an, ließ hinten so gut wie keine Chance zu und spielte munter nach vorne. Besonders viele eigene Torgelegenheiten entstanden nicht, doch war zu erkennen, wie gut die Kommunikation auf dem Platz funktionierte. Roman Weidenfeller dirigierte seine Vorderleute und gab im Sekundentakt neue Anweisungen, schnauzte Mitspieler bei leichtsinnigen Aktionen und Frustfouls direkt an und wurde seiner Aufgabe als Führungsspieler mustergültig gerecht. Die Franzosen hatten spielerisch kaum etwas entgegenzusetzen und waren auf Fouls angewiesen. Nach Kevin Großkreutz Lattentreffer musste die Hand her halten, den fälligen Elfer verwandelte Nuri Sahin sicher ins rechte untere Eck. Der etwas grobmotorische und peinliche Versuch des Elfmeterschindens auf der Gegenseite wurde vom Schiedsrichter sofort erkannt, ansonsten gab es viele Nickligkeiten und einige rüde Attacken zu sehen, welche die Geduld des Dortmunder Trainerteams zusehend schwinden ließen.
Als Sahin Mitte der ersten Halbzeit über den Platz humpelte und Toni da Silva in der zweiten Halbzeit mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen blieb, platzte Klopp dann der Kragen: „Schiri, was soll diese Scheiße hier? Mach was, das ist ein Testspiel!“ brüllte er quer über den Platz, den er kurz nach Spielende – in der 44. Minute fiel der Ausgleich, nach erneuter Dortmunder Führung durch Hajnal in der zweiten Halbzeit gab es ein dusseliges Gegentor in der Nachspielzeit zum 2:2 Endstand – etwas angefressen verließ.
Heiterer gestaltete sich das Training am Donnerstagmorgen, da eine Übung anstand, die man aus der Nähe sehen und nachvollziehen konnte. In einer Reihe dribbelten die Spieler über den Platz und mussten sich auf Anweisung mit dem Ball umdrehen, weiterlaufen, in die Gegenrichtung dribbeln oder das Tempo verändern. Bei jedem zehnten Versuch klappte es, immer wieder streuten sich aber Kommandos ein, die von jedem Spieler anders interpretiert und am Spielfeldrand mit wertvollen Kommentaren goutiert wurden. Nach Trainingsende blieben einige Spieler stehen und nutzten die Gelegenheit zu einer privaten Einheit – Mats Hummels, Neven Subotic und Kevin Großkreutz schossen ein bisschen aufs Tor und übten sich im Lattenschießen, so dass noch eine zweite Übung an diesem Tag zu bestaunen gab.