Trainingslagertagebuch - Teil 1
Jerez de la Frontera, knapp 20° Celsius frisch, mitten im Nirgendwo – nach vier Jahren Marbella verschlug es den BVB in ein anderes Eck Andalusiens und mit ihm rund 80 Fans, die sich das Wintertrainingslager nicht entgehen lassen wollten. Wie in den vergangenen Jahren sind wir vor Ort unterwegs und berichten vom Ort des Geschehens.
Der Großteil der Dortmunder Fans reiste bereits am Sonntag nach Jerez an. Gut 30 von ihnen kamen in Appartements mitten in der Altstadt unter, in der es gleich am ersten Abend (der bereits gegen 14 Uhr begann und sich gegen 22 Uhr wie fünf Uhr morgens anfühlte) auf kulinarische Entdeckungsreise ging. In der Gorila-Bar erreichte die kurze Kneipentour mit einem mehrstündigen Liederabend, bei dem neben klassischem Liedgut der ein oder andere Kracher zum Besten gegeben wurde, ihren Höhepunkt. Bis Mitternacht ging es bei Schinkenbrötchen und G-Saft der Marke Alhambra hoch her und wer es anschließend noch in die Partnerkneipe „Dos Deditos" geschafft hatte, wird sich daran sicherlich noch lange erinnern können. Zeugen zufolge war die Stimmung so gelöst, dass in der Nacht spontane Belagerungszustände ausgebrochen und Umbaumaßnahmen in einzelnen Appartements vorgenommen worden seien.
Der zweite Morgen gestaltete sich dementsprechend etwas ruhiger. Bis etwa Mittag wurde die verpasste Nachtruhe nachgeholt, anschließend lockte der Gemeinschaftsgarten bei angenehmem Sonnenschein und ausreichend Fangetränken, so dass es sich abermals recht früh recht spät anfühlte. Ein kurzer Absacker sollte ausreichen, um die körperliche Grundphysis für das erste Mannschaftstraining nicht aufs Spiel zu setzen. Eine kleine Gruppe hatte den Tag hingegen genutzt, um knapp 600km nach Portugal zu reisen und ein grauenhaftes Spiel bei Sporting Lissabon mitzunehmen. Das Stadion war damit gekreuzt, ein wenig Sightseeing gab es ebenfalls und am Ende war man doch überzeugt, dass sich die Tour irgendwie gelohnt hatte.
Am heutigen Dienstag stand das erste Mannschaftstraining an. Die Fans, hoch motiviert und topfit am Glas, waren trotz der unchristlichen Uhrzeit in großer Zahl am 20 km entfernten Trainingsgelände erschienen. „Die Mannschaft braucht uns" war die klare Ansage, der bei Nebel und erst langsam durchdringender Sonne entsprechende Taten folgten. Das Trainingsgelände, direkt an der Formel-1-Strecke gelegen, zeichnet sich vor allem durch kurze Wege für Spieler und Betreuer aus – 200 Meter vom Hotel bis auf den Platz wissen hier zu überzeugen. Dass für Fans andere Kriterien wichtiger sind und das Trainingsgelände in Marbella um Lichtjahre besser war (man denke an die Kellerkneipe!) überraschte Jürgen Klopp dann doch sehr. Vielleicht findet sich für nächstes Jahr ein geeigneter Platz beispielsweise in Portugal...
Das Vormittagstraining gestaltete sich eher wenig spektakulär. Der krankheitsbedingte Ausfall von Lucas Barrios fiel kaum auf, es gab im Nebel vorwiegend Übungen zu sehen, die eigentlich keiner so richtig verstand. Dafür waren rund 20 Pressevertreter anwesend, um die daheimgebliebenen ausführlichst über die mehr oder weniger wichtigen Neuigkeiten zu informieren.
Das Nachmittagstraining, leider wieder auf dem hinteren Platz in fast 100 Meter Entfernung von den für Fans und Pressevertreter angedachten Stehplätzen, gab da schon etwas mehr her. Nach den Koordinations- und Konditionseinheiten des Vormittags standen Liegestütze und echter Sport an, im Anschluss gab es kurze Testkicks zwischen den Spielern und bei tiefstehender Sonne eine ordentliche Portion Fangetränke – es soll ja keiner behaupten können, wir hätten die Mannschaft nicht nach Kräften unterstützt!
Dabei stellten wir jedoch fest, wie wenig geschäftsorientiertes Denken in Spanien verbreitet ist: Hatte der Markt am Vormittag noch das Problem des fehlenden Getränke-Nachschubs (später auch mit Bier) gelöst, fehlte eben dieser am Nachmittag. Wer also nicht einen ausreichenden Vorrat für 80 Minuten Training und 40 Minuten Fahrt eingepackt hatte, saß plötzlich auf dem Trockenen und konnte dem Training nur passiv beiwohnen. Es bleibt abzuwarten, ob sich bis zum morgigen Testspiel gegen den RC Lens etwas an dieser Situation ändern wird – möglicherweise gibt es hier ja doch noch einen geschäftstüchtigen Händler.