Spielbericht Profis

War was?

23.01.2011, 00:00 Uhr von:  Jakob Malte S.
War was?
War was?

Liebes Tagebuch, gestern war ein nicht ganz so schöner Tag. Ich habe Dir in der letzten Woche ja von meinem schönen Erlebnis in Leverkusen erzählt, wie wir die Pillendreher vom Bayerwerk innerhalb von 6 Minuten in ihre Schranken gewiesen haben. Gestern war es etwas anders. Aber ich möchte dir auch erzählen, was geschehen ist.

Morgens bin ich etwas verkatert mit einem etwas flauen Gefühl im Magen aufgewacht. Ob das jetzt auf das letzte Bier vom Vorabend oder auf das bevorstehende Spiel gegen den VfB Stuttgart zurückzuführen war, konnte ich nicht sagen. Allerdings wurde das Gefühl immer stärker, je näher wir der magischen 15:30 kamen. Dieses Spiel gegen einen aufstrebenden Gegner, der sich noch in der Positiv-Phase (Halbwertzeit: ½ Jahr) der Auswirkungen des Labbadiaschen Handelns befindet, konnte ein sehr schweres werden.

Mit der Aufstellung wartete dann auch die erste kleine Überraschung auf mich. Nachdem unter der Woche quasi jeden Tag krankheitsbedingt eine neue Startformation aus dem Hut gezaubert wurde, hatten sie auch den Samstag nicht verschont. Ich war überrascht, Robert-Nelson Lewandowski anstelle von Lucas Barrios in der Startelf zu sehen, auch wenn wir in Leverkusen auch schon so begonnen hatten. Ich war aber ruhig, denn unser Jürgen würde schon das Richtige tun. Da Silva sollte unseren Manni ersetzen und Mario Götze konnte zum Glück auch auflaufen.

Scherben im Gespräch mit Fanomenal

Zwischen dem Kater und unserem Spiel gegen den VfB Stuttgart sollte schwatzgelb.de aber auch noch bei Fanomenal im Stadion zu Wort kommen. Scherben sprach über die Leute hinter schwatzgelb.de, über den Einfluss von schwatzgelb.de und über Sevilla. (Wir hoffen, euch dieses Kleinod noch zur Verfügung stellen zu können.) Nun aber zum Spiel.

Bei bestem britischen Fußballwetter sollte es dann auch pünktlich losgehen in unserem allseits geliebten Westfalenstadion. Die Süd war zu Beginn voll da und sehr laut. Leverkusen war in den Köpfen und die Meisterschale vor den Augen vieler. Dass es bis dahin ein schwieriger Weg werden wird, macht der VfB in den ersten Minuten klar, denn er hält doch ganz mutig dagegen. Trotzdem ist es meine Mannschaft, die mal wieder die Ausrufezeichen setzt. In Minute 4 macht Robert-Nelson das erste Mal eine Chance zunichte, nach hervorragendem Zuspiel von da Silva aus dem defensiven Mittelfeld steht er plötzlich alleine vor Ulreich und verzieht.

Fahnenchaos in Blöck Drölf, Gelbe Wand Südtribüne Dortmund

Danach spielt Stuttgart zwar mit und versucht auch Druck auszuüben, aber irgendwie fehlen denen die Mittel. Naja, mir isses egal, aber dieses flaue Gefühl...es will einfach nicht weggehen. In der 15. Minute haben die Stuttgarter dann durch Gentner tatsächlich ihre erste Chance, aber Weide pariert. Ich bin erleichtert. Weiter gehts, und Borussia lässt kurze Zeit später die nächste Kopfball-Gelegenheit durch Schipplock zu.

Ich hole mir ersma nen Bier gegen das flaue Gefühl und komme pünktlich wieder, um einen Flachschuss von Schmelzer zu sehen, der fein aus einigen Metern abzieht und Ulreich zu einer Parade zwingt. Das Bier wirkt und das flaue Gefühl schwindet langsam. In der 29. Minute raufe ich mir wieder einmal die Haare, denn Kuba legt sich nach gutem Pressing durch Götze und Robert-Nelson den Ball in sehr aussichtsreicher Position zu weit vor und Ulreich kann den Ball abfangen. Ich ärgere mich und ärgere mich und ärgere mich. Ein Schluck Bier beruhigt mich und ich sage mir, dass wir eigentlich ganz gut spielen und ich Geduld haben sollte. Kurz darauf das nächste Riesending: Nuri legt auf Robert-Nelson, aber der hat die Szene für sich wohl vorher bereits abgeschlossen und zieht nicht durch. Ich ärgere mich erneut und langsam zeige ich erste Resistenzen gegen das Bier. Zu viele Chancen sind das, die wir da vergeben!

1-0. Da war die Welt noch in Ordnung

Naja, es ist ja noch früh und in Leverkusen hats ja auch erst etwas später geklappt. Stuttgart hält halbherzig dagegen und kann nach vorne keine Akzente mehr setzen, denn die Fehlpassquote erreicht astronomische Höhen. Mir soll es recht sein. Das Bier geht zur Neige und ich habe gerade den letzten Tropfen des Wundertranks geleert, als plötzlich Hummels einen blitzgescheiten und genauso genauen Pass auf Sahin spielt, der sich auf links davongemogelt hat. Dann geht es fix und per One-Touch-Fußball landet der Ball über Großkreutz bei Götze, der den Ball noch kurz beruhigt und darauf einstellt, gleich im Netz zu zappeln. Dieses Mal kann Ulreich nun wirklich nix mehr machen und Götze schiebt den Ball mit der Routine eines Ravanelli in die Maschen. Perfekter Moment, perfekter Zeitpunkt. Das Westfalenstadion bebt und die Pause ist da. Das flaue Gefühl ist kurzzeitig weg.

In der Pause hole ich mir kein weiteres Bier, denn eigentlich möchte ich ja nicht das Symptom bekämpfen, sondern die Ursache bekämpft wissen! Also auf gehts meine schwarzgelben Jungs. Macht einfach weiter. Doch ersma kommt Stuttgart und Progrebdings spielt auf Schipplock, doch der verzieht zum Glück freistehend. Und schon ist es wieder da das flaue Gefühl. Das 2-0 sollte heute noch her, sonst kanns schiefgehen, denke ich mir. Naja, irgendwie bin ich doch ein Pessimist und nehme mir für die nächsten Minuten vor, positiv zu denken. Das Spiel ist jetzt offen und sowohl Lewandowski und Großkreutz auf der einen als auch Gebhart sowie Kuzmanovic vergeben ihre Chancen. In der 57. Minute eine neue Ausgabe von „Dortmunds next Nelson Valdez", und das flaue Gefühl kehr mit voller Macht zurück. Lewandowski muss die Kiste einfach machen. Sahin und Götze legen wunderprächtig auf den mittlerweile fast allein vor dem Tor stehenden Lewandowski zurück. Dem fehlt aber die Klasse der beiden Vorbereiter und vor allem die Ruhe vor dem Tor. Er schiebt die Kugel daneben, und ich verliere neben ein paar Lebensjahren wohl wieder ein paar Haare. So ein Mist, jetzt hätte ich gerne wieder ein Bier. Kurze Zeit später die nächste Riesenchance, wobei hier ein abgefälschter Schuss von Sahin sehr knapp neben das Tor geht. Das Haareraufen geht weiter und ich überlege mir schon eine moderne Kurzhaarfrisur für die wenigen verbliebenen. Währenddessen versiebt Großkreutz in der 65. die nächste Hundertprozentige! Stuttgart wittert jetzt, der alten Weisheit mit den vielen vergebenen Chancen folgend, etwas Morgenluft. Das Spiel ist jetzt kampfbetont und offen.

Piszczek gegen Boka

Stuttgart spielt wieder offensiv und kommt ein ums andere Mal vor das Tor von Weidenfeller. Eigentlich will ich die Augen zumachen, aber irgenwie habe ich ja doch ein Grundvertrauen in unsere Abwehr. Hätte ich sie zugemacht, ich hätte nicht mit ansehen müssen, wie Progrebnidings in der 84. Minute das flaue Gefühl aber sowas von bestätigt. Wir lassen uns im eigenen Stadion beim Stand von 1-0 auskontern und der Russe vollendet sehenswert (oder auch nicht). Scheiße, Scheiße, Scheiße. Danach is die Luft raus, Borussia frustriert, Stuttgart zufrieden. Abpfiff. Ich stelle mir grad vor, wie man in Bayern, Leverkusen und Gelsenkirchen gerade Freudentränen in den Augen hat, dass auch wir mal Punkte liegen lassen können.

Immerhin, das flaue Gefühl ist jetzt weg. Der Abend verläuft eher zäh, und ich trinke kein weiteres Bier, damit ich auch beim nächsten Spiel gegen Wolfsburg weiter auf meine Medizin bauen kann. Kurz bevor ich mich ins Bett lege, frage ich mich bei einem letzten Blick auf die Tabelle und unseren Vorsprung vor der Verfolgerschar: „War was?"

Noten:

Subotic: Gewohnt sicher, allerdings ein paar mal in Bedrängnis, wenn Stuttgart mit aller Macht durch die Mitte drängte. Note 3,5

Weidenfeller: Sicher und sowohl in „1 gegen 1"-Situationen als auch in der Strafraumbeherrschung sicher. Beim Gegentor chancenlos. Note 2,5
Piszczek: Agil über seine Seite, aber auch ein paar Mal überspielt worden. Note 3
Subotic: Gewohnt sicher, allerdings ein paar mal in Bedrängnis, wenn Stuttgart mit aller Macht durch die Mitte drängte. Note 3,5
Hummels: Wie Subotic, allerdings noch mit Impulsen nach vorne. Note 3
Schmelzer: Hat wieder seine Außenbahn beackert und unheimlich viel nach vorne geleistet. Da sieht man ihm kleine Defensiv-Fehlerchen nach. Note 2,5
da Silva: Er kann Bender nicht in seiner Art ersetzen, aber seine Ballbehandlung, seine Übersicht und seine Pässe haben das Spiel bereichert. Auch wenn in manch einer Situation etwas mehr Ruhe im Spielaufbau auch nicht geschadet hätte. Hatte die meisten Ballkontakte im BVB-Trupp. Note 2,5
Sahin: Wieder gut, aber manchmal wünschte man sich zum einen, er hätte selbst abgeschlossen und nicht noch versucht, den Ball ins Tor zu tragen. Zum Anderen waren doch einige Fehlpässe dabei. Daher dieses Mal „nur" die Note 3
Blaszczykowski: Schwierig zu bewerten, weil offensiv doch recht erfolglos. Im Mittelfeld aber aggressiv. Note 4
M. Götze: Hat seine Klasse wieder einmal bewiesen. Im sehr engen offensiven Mittelfeld behielt er sehr oft die Übersicht und dann auch noch vor dem Tor die Ruhe. Note 1,5
Großkreutz: Eher blass und auch einer der Chancenvergeber. Dazu rannte er sich doch oft fest. Aufgrund einiger guter Aktionen offensiv noch Note 3,5
Lewandowski: Entschuldigung, aber den muss man einfach machen. So engagiert die Leistung auch war, glücklos beschreibt wohl am Besten, was er abgeliefert hat. Note 4,5

Statistik:

Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - da Silva, Sahin - Kuba, Götze, Großkreutz - Lewandowski
VfB Stuttgart: Ulreich - Funk, Tasci, Delpierre, Molinaro - Gentner, Träsch, Kuzmanovic, Boka - Schipplock, Pogrebnyak
Wechsel: 64. Barrios für Kuba, 85. Feulner für Großkreutz, 90. Stiepermann für Lewandowski - 46. Gebhart für Boka, 63. Niedermeier für Delpierre, 70. Harnik für Schipplock
Tore: 1:0 Götze (43. Minute), 1:1 Pogrebnyak (84. Minute)
Schiedsrichter: Dr. Felix Brych (München)

Gelbe Karte: Schipplock
Zuschauer: 80.720 (ausverkauft).

Stimmen:

Das Ergebnis ist sehr ärgerlich, weil wir heute hochkarätige Chancen hatten, die wir aber liegen gelassen haben.

Marcel Schmelzer: „Das Ergebnis ist sehr ärgerlich, weil wir heute hochkarätige Chancen hatten, die wir aber liegen gelassen haben. Damit haben wir uns selbst bestraft. Eigentlich müssen wir selbst das 1:0 über die Bühne bringen, doch beim Gegentor haben wir geschlafen und wurden dann auch bestraft. Wir müssen daran arbeiten, dass wir die Dinger reinhauen. Wir müssen das abhaken undes nächste Woche in Wolfsburg dann besser machen. Ich glaube nicht, dass uns das aus der Bahn wirft, auch wenn wir sehr enttäuscht sind, dass wir das aus der Hand gegeben haben."

Mats Hummels: „Ich bin natürlich auch enttäuscht. Es war absolut nicht nötig, hier heute nicht zu gewinnen. Die Situation beim Gegentor kurz vor Schluss war so nicht eingeplant, da dürfen wir uns keinen Konter mehr fangen. Insgesamt war es zu viel Spielerei nach vorne mit ein bisschen zu wenig nach hinten. Ich glaube, dass man da zu allererst diesen Defensivgedanken haben sollte und dadurch, dass Sven gefehlt hat, der ja normalerweise komplett defensiv denkt, hat das heute nicht geklappt. Die nicht genutzten Torchancen würde ich auf Unkonzentriertheit zurückführen. So viele Dinger macht man normalerweise rein, wenn man etwas konsequenter ist.
Die Qualität der Chancen war ja unglaublich hoch, wir hatten viele Abschlüsse im Sechzehner. Da müssen wir dran arbeiten, denn es kann natürlich immer sein, dass man sich so ein Ding in den Winkel einfängt wie von Pogrebnyak. Der Abend ist jetzt natürlich scheiße, weil wir das Spiel eindeutig für uns hätten entscheiden können."

Labbadia an der Seitenlinie

Bruno Labbadia: „Wir freuen uns über den Punkt. Er war meiner Meinung nach verdient, weil wir sehr viel investiert und taktisch klug gespielt haben. Wir wollten uns nicht hinten rein drängen lassen und immer wieder kleine Nadelstiche setzen. Über unseren Willen haben wir heute einen Punkt geholt. Der tut uns sehr gut und wir werden daraus die richtigen Schlüsse ziehen."

Jürgen Klopp: „Es gab viele gute Momente, die uns zum verdienten Sieger gemacht hätten. Aber es gab eben auch Momente, die nicht gut waren. Der Anfang zum Beispiel war sehr offen, doch danach hatten wir einen hohen Ballbesitz aber mussten auch viel laufen. In der Pause haben wir einige Szenen gezeigt, wo wir hätten ruhiger spielen müssen. Das Tor war, ebenso wie die anderen Chancen, klasse herausgespielt. Ein 2:0 hätte das Ding beendet, doch es ist nicht gefallen. Der VfB ist dann durch die Wechsel ein höheres Risiko eingegangen. In Punkto Einsatzbereitschaft und vergebene Torchancen kann ich meiner Mannschaft keine Vorwürfe machen, das gehört dazu. Wir werden unter der Woche genug zu analysieren haben."

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