Immerhin besser als die FDP
„Damit könnte man ja 'ne Bombe bauen", war ungelogen der völlig ironiefreie Kommentar des kompetenten Hannoveraner Ordners auf die Frage, warum er denn ein Mobiltelefon so erschreckend genau inspiziert habe. Und damit ist dann auch die Einleitung des, aufgrund einer beschissenen Partie, launischen Spielberichts geschafft. Die Kreativität hat bei SG wieder einmal gesiegt.
Beschissen, weil man in der 85. Minute als Borusse noch dachte, Hannover – die Stadt der überaus hässlichen Skulpturen – mit drei dreckigen Punkten im Gepäck verlassen zu können. Doch dann fühlten sich die Herren Hatschi und Jackonnan dazu berufen, uns in den letzten Zügen des Spiels noch zwei Buden der Kategorie „vermeidbar" einzuschenken. Was die gut 40.000 Hannoveraner doch dann tatsächlich dazu bewegte, erstmals an diesem Nachmittag ihre glockenhellen Kehlchen erklingen zu lassen, um unsere herzensguten Mütter einmal mehr ins horizontale Gewerbe zu singen. Belassen wir es dabei. Hm, oder wir verklagen sie einfach und bringen das nächste Mal Lautsprecher mit. Denn wenn die unsere Muttis kennen würden, würden sie so etwas gar nicht singen. Wo ward ihr eigentlich in Genua, ihr Jungspunde?
Eigentlich hätte das in der niedersächsischen Kapitale heute der versöhnliche Ausklang der schwatzgelben Hauptstadtwoche werden können (Berlin, London, Hannover). Denn als Kevin Großkreutz in der 72. Minute eine scharfe Hereingabe Kubas über das Tor setzte, anstatt den Ball einfach zum 2:0 in die Maschen zu hämmern, hatten viele der 6.000 Borussen schon den entscheidenden Torschrei auf den Lippen. Der Sieg wäre uns, nachdem Kagawa in der 63. Minute bereits fürs verdiente 1:0 gesorgt hatte, wohl nicht mehr zu nehmen gewesen.
Doch stattdessen ließ Borussia die Gastgeber mehr und mehr kommen. Irgendwie lag der Ausgleich in der Luft und fünf Minuten vor Schluss war es dann auch soweit: Ecke, Hatschi steigt hoch und köpft zum mittlerweile verdienten 1:1 ein. Noch überflüssiger war dann aber nur drei Minuten später der Siegtreffer durch Dieter Jackonann, der Roman Weidenfeller mit einem platzierten Schuss keine Chance ließ. Bums, Aus, Micky Maus.
Unnötig und ärgerlich, denn einschwatzgelber Sieg wäre der Leistung der ersten 80. Minuten entsprechend gewesen. Auch wenn Hannover sich in der zweiten Hälfte mehr und mehr Chancen erspielte. Doch neben der Gästeblock, der sich mit einem eher durchschnittlichen Support begnügte, verpasste es auch die Mannschaft auf dem Platz, ihre Spielanteile in zwingende Chancen umzumünzen. Bis zum Strafraum ganz gefällig und (schein-)überlegen, aber dann ohne spürbaren Willen zum Torabschluss. Auch Hummels hing nach seiner Verletzung irgendwie in der Luft (siehe Bild rechts).
Ebenso unnötig wie die Hannoveraner Tore war das grobe Foul eines Sechsundneunzigers (Namen sind Schall und Rauch, oder?) gegen Toni da Silva. Schiri Gagelmann zollte der Grätsche den nötigen Respekt und gab die Höchstwertung. Dingsbums dürfte die nächsten Wochen nun wohl ein bisschen mehr Zeit haben. Aber das ist völlig egal... Doofe Tore, doofes Spiel und 'ne langweilige Stadt. Bier auf der Rückfahrt – immerhin. Aber wie sagt der frusterprobte Fußball-Profi? Hintern abwischen, Hände waschen und einfach mal gewinnen. Fertig.
Ein paar Worte zur Stimmung: Nette Mitmachlieder ohne Mitmachende. Das triffts wahrscheinlich am besten. Der Vorsänger muss sich wirklich fragen, ob er die Kutten noch erreicht. Ihr werdet verstehen, dass wir als Journalisten diese Frage stellen müssen. Unser Leser erwartet das von uns. Jedenfalls haben wir die Stimmgewalt der letzten Jahre in Hannover bei weitem nicht erreicht. Dabei darf uns die Doppelbelastung nicht zum Alibi gereichen.
Fazit des Tages: Mit sieben Punkten ist der BVB zwar nicht ganz so gut wie die Piraten, aber immer besser als die FDP. Denn die hätte gerne einmal sieben Punkte.
Nun noch einige Stichworte, damit dieses aus dem Frust geborene und völliger Hilflosigkeit geschuldete Machwerk auch bei Google gefunden wird: Facebook, Griechenland, iPhone 5, FDP, Rösler, Euro, Islam, Sebastian Vettel, Kate Perry nackt, Papstbesuch, Oma Hildegard und Porno.
Das Medium (anerkannt), 18.09.2011