Souveräner Sieg, was will man mehr
In der 60. Minute wurde der Plan für den Spielbericht imaginär über den Haufen geworfen. Eigentlich gab es viel zu erzählen: von einer Lewandowski-Gala, von vermeintlichen Starspielern aus Augsburg oder der karitativen Bechersammlung der Desperados Dortmund. Stattdessen fasste sich mancher plötzlich an den Kopf und verstand die Welt nicht mehr. Nach einem durchwachsenen Saisonstart und einer satten Pleite in Marseille führten die Schwarzgelben und waren drauf und dran, dieses Spiel nach kurzen Schockmomenten um den Elfmeter herum locker nach Hause zu bringen. Doch einigen scheint dies nicht mehr genug zu sein, von mehreren Tribünen gellten Pfiffe durch das Westfalenstadion. Auch mit einem Tag Abstand kann ich mich persönlich darüber aufregen.
Welche Anspruchshaltungen haben manche mittlerweile an diese junge Mannschaft, der man in den ersten Minuten ansehen konnte, wie verunsichert sie war? Es ist schon erstaunlich, wie hoch die Ansprüche nach nur einer Saison wieder sind. Nach einer Saison, in der man wohl eine Serie gespielt hat, die eventuell sogar über dem eigentlichen Leistungsvermögen lag. Zusätzlich spielte man gestern immer noch gegen extrem defensive und passive Augsburger und hiermit kann dann auch noch die Kurve zu einem Spielbericht geschlagen werden.
Denn Augsburg zog sich bei Ballbesitz unserer Borussen weit zurück. In der kompletten ersten Halbzeit agierte man im Rückwärtsgang nur mit einer Sturmspitze (Sascha Mölders), während sich dahinter eine Viererkette und vor dem Strafraum gar eine Fünferreihe konstituierten. Gegen diese massiven Abwehrverband sollte wohl jede Mannschaft Probleme haben, zum Abschluss zu kommen. Da Augsburg auch bei eigenem Ballbesitz kaum etwas für das Spiel tat und sich komplett darauf verließ, dass Mölders einen genialen Moment hat, war es extrem schwierig hier zum Abschluss zu kommen. Zusätzlich rotierte Jürgen Klopp ordentlich durch und begann unter anderem mit Santana, Gündogan, Löwe, Perisic und Blaszczykowski, die in dieser Formation bis heute eher selten agiert haben.
Dennoch begann der BVB beängstigend verheißungsvoll, als bereits in der vierten Minute der Ball am Außennetz der Augsburger landete. Zwei Minuten später zeigte dann aber Mölders bei einer artistischen Einlage, dass er auch als Alleinunterhalter Gefährlichkeit ausstrahlen kann. In der zwölften Minute war es dann soweit und Weidenfeller und Hummels boten eine hochnotpeinliche Szene, die fast zum Rückstand führte. Man wollte schon sagen, es läuft wie immer: Der BVB mit gefühlten 120 % Ballsitz, drölfhundert Ecken und 1909 Torchancen, aber der Gegner eben mit der effizienteren Spielweise. Doch Santana verhinderte in eben diesen Augenblick gerade noch Schlimmeres.
Selbiger zeigte dann in der 24. Minute, dass auch er nicht der bessere Subotic ist und machte einen ordentlichen Stockfehler. Gerade war man dabei zu überlegen, dass der Unterschied zum Spiel in Hannover oder zu Hause gegen Hertha an diesem Samstag nur in den auf ganzer Linie enttäuschenden Augsburger Fans zu finden ist, da nahmen die Borussen ihr Herz in die Hand und kämpften den Ball ins Tor.
In der 30. Minute fiel die Bude und die war richtig geil erkämpft: Mit dreimaligem Nachsetzen und purem Willen bugsierte schlussendlich Lewandowski den Ball an Simon Jentzsch vorbei. Zaubertore sind schön, aber solche Kampftore sind umso geiler und so war der Jubel entsprechend. In der Folgezeit verpassten alle anwesenden Augsburger die Möglichkeit zum Aufbäumen und so konnte der BVB weiter überlegt sein Spiel spielen. In der 44. Minute belohnte wiederum Lewandowski sich, Mannschaft und Fans und schob sicher zum 2:0 ein.
Die zweite Halbzeit begann mit einem Knall. Nachdem der gewohnt souverän unsouverän agierende Rafati einen Elfer für Dortmund übersehen hatte, konnte er Gündogans ungeschickte Abwehr nicht anders bewerten, als mit einem Strafstoß. Doch an einem Tag, an dem selbst Weidenfeller einen Elfmeter pariert, sollte nun doch alles in Butter sein. Die Mannschaft gab sich zwar ein bisschen beeindruckt und spielt nun erstmal etwas vorsichtiger, aber weiterhin souverän. Dann kamen eben jene Pfiffe auf, die einen immer noch aufregen können. Wem eine Zwei-Tore-Führung und ein souveränes Runterspielen nicht reicht, der sollte eventuell seinen Blick nach Spanien wenden, wo jeder Rückpass als Sakrileg am Sport gewertet wird.
Auf dem Feld kam nun dennoch langsam wieder Schwung und Lewandowski und Götze machten mit einem wunderbar gefühlvollen Zuspiel und anschließendem Lupfer den Sack zu. Nun konnte in Ruhe spekuliert werden, ob nicht nur Lorenzo Davids ein Cousin des berühmten Edgar Davids ist, sondern auch Marcel de Jong mit Nigel de Jong in familiärer Beziehung steht und ob Daniel Brinkmann vielleicht ein unehelicher Sohn von Ansgar Brinkmann ist. Während man nun diesen Gedanken nachhing und der Fahnenwedelei im Gästeblock zuschaute, machte Lewandowski nach einer Hereingabe von Götze den Hattrick voll. Danach war das Spiel endgültig gelaufen und man freute sich über die deutlich höhere Effizienz vor des Gegners Tor.
Auf dem Spielfeld und den Tribünen war es nun gelaufen. Ausgburg hatte sich nie wirklich getraut, an dem Spiel als aktiver Part teilzunehmen und so war der Sieg unserer Borussen in dieser Höhe durchaus verdient. Zu hoffen bleibt, dass es nun auch weiter geht mit einer solchen Chancenauswertung und dass auch die Fehlerquote in der Rückwärtsbewegung weiter eingedämmt wird. Denn einen derart passiven Gegner werden wir wohl so bald nicht nochmal im Westfalenstadion begrüßen dürfen.
Noten:
Weidenfeller: 2 – hatte wenig zu tun, mit einem Patzer in Halbzeit eins und einem gehaltenen Elfmeter
Löwe: 3+ - machte ein solides Spiel, kann vermutlich noch deutlich mehr, ist aber häufig etwas zurückhaltend
Hummels: 3+ - souveräner als zuletzt und mit einigen Akzenten nach vorne
Santana: 3 – rettete stark in Halbzeit Eins, hatte gleichzeitig aber auch ein zwei Aussetzer
Piszczek: 3 – Kann ja nicht jedes Mal solch ein Auf und Ab wie in Mainz erleben
Gündogan: 4 – blieb sehr blass, sah beim Elfer nicht gut aus und hatte wenige Aktionen nach vorne
Bender: 2- gewohnt eifrig, schaltet sich in der Saison öfter mal nach vorne ein
Blaszczykowski: 3 – viel Einsatz, aber wenig Zählbares - droht langsam der bessere Nationalspieler zu werden
Götze: 1 – machte viel, zauberte, bereitete vor und verwandelte selber, was will man mehr?
Lewandowski: 1 – Drei Tore, eine Vorlage, da ist der Rest egal
Perisic: 3- - deutlich unauffälliger als zuletzt
Barrios (für Blaszczykowski): 3 - trat kaum in Erscheinung
Da Silva (für Gündogan): Genauso blass wie Gündogan, verursachte nur keinen Elfer
Großkreutz: Zu kurz auf dem Feld
Stimmen folgen in Kürze....
-mrg, 02.10.2011