Elfmeterschießen üben im Grenzland
Der letzte Pflichtspielauftritt von Hannes Wolf an der Seitenlinie der BVB Amateure endete mit einer Niederlage gegen die Zweitvertretung vom VfL Mönchengladbach (für die Traditionalisten: München-Klappdach). Obwohl man bereits in der ersten Minute in Führung ging und das Spiel über weite Strecken der ersten Halbzeit kontrollierte, schaffte man es, das Spiel in der zweiten Hälfte noch derart aus der Hand zu geben, dass die Niederlage am Ende nicht mal unverdient war. Als krönender Höhepunkt wurde dann noch in den letzten Minuten die BVB-Elfmeterseuche auf ein völlig neues Niveau gehoben.
Ausgangslage und Randerscheinungen
Da die beste Saison aller Zeiten einfach nicht enden darf, ging es heute bei bestem Wetter Richtung holländisches Grenzgebiet, wo der Saisonabschluss der Amateure gegen die Jungponys geboten wurde. Am Dortmunder Hauptbahnhof fand sich ein ordentlicher Mob zusammen, um den VRR per Nahverkehr zu erkunden. Obwohl auch die ungeliebten Begleiter in voller Montur zahlreich erschienen waren, gestaltete sich die Anreise bis Rheydt ziemlich entspannt. Dort musste man dann aber eine kleine Ewigkeit in den bereitstehenden Shuttlebussen schwitzen, bevor endlich die letzte Etappe zum Grenzlandstadion in Angriff genommen werden konnte. Da angekommen wurde schnell klar, dass die Fahrt sich gelohnt hatte. Idyllisch gelegen beeindruckte das Stadion mit schönen Flutlichtmasten und einigen altehrwürdigen Bäumen.
Vor dem Stadion stellte sich dann heraus, dass so nahe an der holländischen Grenze bereits selbstgedrehte Zigaretten dem BtMG unterfallen, was von dem betroffenen Raucher einigermaßen fassungslos zur Kenntnis genommen wurde. So schnell kann man eine Anzeige kassieren, wenn man nicht mit den örtlichen Gepflogenheiten vertraut ist. Auch sonst kam es noch zu einigen unschönen Szenen mit übermotivierten Ordnungshütern, übrigens denselben (MKÜ), die den Dortmunder Fans noch vom Trier Fiasko unangenehm in Erinnerung geblieben waren. Ein besonders sympathischer Vertreter hatte sein Schlagwerkzeug mit Aufklebern seines Lieblingsblaukrauts verziert. Das nennt man dann wohl professionelle Deeskalation.
Kurz vor Ende der Partie wurden dann individuell angereiste Fans daran gehindert, das Stadion zu verlassen. Von besonderer Fachkenntnis zeugte die abenteuerliche Begründung, die für diese Maßnahme angegeben wurde. Es sei zu gefährlich das Stadion allein zu verlassen, da draußen Gladbacher Fans auf Beutefang Patrouille fahren würden. Gesichtet wurden diese gefährlichen Räuber allerdings von Niemandem.
Da es für die Amateure nicht mehr wirklich viel zu gewinnen gab, hatte Hannes Wolf den angehenden Zweitligisten Sobiech, Stiepermann und Ginczek sowie Hornschuh und Le Tallec bereits Urlaub gegeben und seine Aufstellung auch sonst ziemlich durcheinander gewürfelt. So durfte Kullmann mal wieder auf seiner angestammten Position in der Sturmzentrale auflaufen und Schnier, Cenik, Hermes und Paurevic erhielten eine Chance von Beginn an.
Erste Halbzeit
Kaum hatte das Spiel begonnen, lag der BVB auch schon in Front. Schnier tauchte in der ersten Minute frei vor dem Gladbacher Kasten auf und schob trocken ein. Der BVB übernahm nun das Kommando auf dem Platz, die Gladbacher konnten sich kaum aus der eigenen Hälfte befreien. Eine nächste Chance vergab Paurevic per Kopf nach einem Freistoß aus dem rechten Halbfeld. Der gut gefüllte Gästeblock machte nun ziemlich Alarm und zeigte einige schöne Hüpfeinlagen. Demgegenüber verloren sich nur wenige Anhänger der Heimmannschaft in dem weitläufigen Rund. Zu hören waren sie bis auf gelegentliches Getrommel aber nicht.
Die Gladbacher benötigten Standardsituationen, um den Ball überhaupt mal in die Nähe von Fochers Gehäuse zu bringen. Zunächst blieben diese jedoch harmlos. Dowidat ballerte zuerst einen Freistoß in die Wolken und bei nächster Gelegenheit versuchte er Focher zu überraschen, führte schnell aus und schoss in die Mauer. Auf der anderen Seite prüfte Treude Blaswich mit einem schönen Fernschuss nach einer Ecke. Doch mit einiger Mühe konnte Gladbachs Keeper einen höheren Rückstand verhindern. Kullmann demonstrierte dann noch einmal, dass ihm seine früheren Torjägerqualitäten abhanden gekommen sind, indem er aus fünf Metern den Ball am Torwart aber leider auch am Tor vorbei schob. Hoffentlich gelingt ihm bei Theo Schneider in Oberhausen ein Neuanfang, sonst wird es schwer für ihn. Im Gästeblock machte sich nun Partystimmung breit und man hüpfte weiter fröhlich umher.
Leider schien das der Mannschaft das falsche Signal zu geben, denn man gab die Spielkontrolle mehr und mehr an den Gegner ab und Gladbach wurde nun auch gefährlicher. Doch zunächst hatte Johannes Focher immer die passende Antwort auf die Angriffsbemühungen parat. Er klärte gegen einen Kopfball von Iljazovic aus kurzer Distanz, faustete Dowidads Schuss weg und stoppte Podszus Versuch per Fußabwehr. Gegen Dowidads Freistoßhammer in der 40. Minute war dann aber nichts mehr zu machen. Er knallte den Ball aus 25 Metern unhaltbar in den Winkel. So gelang es mal wieder nicht, die Führung in die Pause zu retten.
Zweite Halbzeit
Torschütze Schnier musste in der Kabine bleiben und wurde durch Zakrzewski ersetzt. Gladbach wechselte doppelt und das sollte sich auszahlen. Die ganze Mannschaft spielte nun wie ausgewechselt. Die erste Großchance vergab Podszus zwar noch, doch wo Dortmund in der ersten Hälfte noch meist dominiert hatte, war Gladbach jetzt deutlich feldüberlegen. Dennoch wäre der BVB beinahe erneut in Führung gegangen, als eine verunglückte Kandziora Flanke sich in den Winkel zu senken schien. Doch leider hatte Blaswich aufgepasst und konnte klären. Aber die Chancen des VfL häuften sich nun. Zunächst war aber wieder bei Johannes Focher der Spaß vorbei. Er trieb Platzek schier zur Verzweiflung und rettete vor Dowidat.
Dann sorgte Hannes Wolf für kurzfristige Verwirrung auf den Presseplätzen. Er wechselte den A-Junior Hervenogi Unzola ein, der auf dem Aufstellungsbogen nicht vermerkt war. Leider führte der sich gleich mit einem großen Bock ein. Im Strafraum versprang ihm der Ball, Gladbach bedankte sich, schneller Querpass und Tor. Wieder war Dowidat der Schütze. Gladbach machte weiter Druck, nur Platzek schien noch etwas von der Rolle. Eine hundertprozentige Torchance vergab er, indem er in Slapstick-Manier ein Luftloch trat und den Querpass ins Leere rollen ließ.
Einen netten Gruß richtete der Stadionsprecher dann bei der Verkündung der Zuschauerzahl an die Gästefans. Er bedankte sich für die fantastische Kulisse aus Dortmund. Das war aber auch wirklich angebracht, denn von den gut 900 Zuschauern waren circa zwei Drittel aus der Bierstadt angereist. Die Mannschaft konnte sich aber weiter nicht wirklich dieser tollen Unterstützung würdig erweisen. Nach Vorne ging nicht mehr viel. Man versuchte es wieder und wieder mit hoch und weit Richtung Kullmann geschlagenen Bällen, die den Adressaten nur in den seltensten Fällen erreichten und wenn er mal einen bekam, stand er allein auf weiter Flur.
Als man sich innerlich bereits mit der erneuten Niederlage abgefunden hatte, wurde es nochmal kurios. Hatten die Profis in dieser Saison unter Beweis gestellt, dass man Meister werden kann, obwohl man von 5 Elfmetern nicht einen einzigen verwandelt, wollten die Amateure nun beweisen, dass sie das noch viel besser können. Als Kullmann im Strafraum gefoult wurde, rief Hannes Wolf nach Vrancic, doch stattdessen schnappte sich Memo Boztepe den Ball. Er drosch ihn dann allerdings völlig unplaziert flach in die Mitte des Tores, so dass Blaswich wohl selbst dann keine Chance gehabt hätte, dem Ball auszuweichen, wenn er das wirklich versucht hätte. Immerhin setzte Boztepe dem Abpraller flink nach und als er eine Berührung spürte, sprang er den Salto, den er sonst nur nach Torerfolgen zeigt. Das beeindruckte Schiri Günsch dermaßen, dass er sofort wieder auf den Punkt zeigte. Diesmal durfte sich Vrancic dann doch noch versuchen. Er plazierte den Ball zwar in die Ecke, doch auch ihm war es nicht vergönnt, Blaswich zu überwinden. Zwei Elfmeter innerhalb einer Spielminute zu verschießen, dürfte auch noch nicht vielen Mannschaften außerhalb eines Elfmeterschießens gelungen sein. Man sollte beim BVB ernsthaft überlegen, die im Scherz beim Meisterkorso an Jürgen Klopp erteilte Aufforderung in die Tat umzusetzen und das einfach mal zu üben. So schwer kann das doch eigentlich nicht sein.
So blieb es bei der Niederlage, die aufgrund der starken Leistung der Gladbacher in Durchgang zwei auch nicht unverdient genannt werden kann. Damit geht eine insgesamt unbefriedigende Saison der BVB Amateure zu Ende. Man spielte zumeist im Niemandsland der Regionalliga herum und die vor der Saison geäußerten Aufstiegsambitionen waren deutlich vermessen. Andererseits hat man mit Ginczek, Sobiech und Stiepermann drei weitere Spieler an den Profifußball herangeführt und das ist ja die originäre Aufgabe der U23. Der Großteil des Kaders wird nächste Saison nicht mehr in Schwarzgelb auflaufen, so dass man gespannt sein darf, welche Formation der neue Trainer David Wagner nächste Saison ins Rennen schicken wird. Klar ist, dass dafür einige externe Zugänge benötigt werden, zumal aus der A-Jugend nicht wirklich viele vielversprechende Spieler nachrücken werden.
VfL Mönchengladbach II: Blaswich - Tobor, Dams, Dorda, Schaaf - Bieler, Bastürk (46. Kasak), Pirschel, Dowidat (75. Breuer) - Podszus, Iljazovic (46. Platzek)
Borussia Dortmunds Amateure: Focher - Hermes, Cenik (65. Unzola), Eggert, Kandziora - Treude, Vrancic - Boztepe, Schnier (46. Zakrzewski) - Kullmann, Paurevic
Tore: 0:1 Schnier (1.), 1:1 Dowidat (39.), 2:1 Dowidat (66.)
Schiedsrichter: Christof Günsch
Zuschauer: 912 im Grenzlandstadion zu Rheydt
Web, 28.05.2011