1:1 gewonnen!
Wie ein Siegtor wurde der wunderschöne Freistoßtreffer von Antonio da Silva in der Nachspielzeit im Westfalenstadion gefeiert. Zuvor mussten elf tapfere Borussen 92 Minuten lang gegen elf Hoffenheimer und ein Schiedsrichtergespann anrennen, bis der hochverdiente Ausgleich fiel.
Bei Sonnenschein strömten die 80.720 Zuschauer, den Sonntagsbraten im Magen, in das ausverkaufte Westfalenstadion. Friedlich ging es vor dem Stadion zu, was sicherlich auch darauf zurückzuführen ist, dass man fast unter sich blieb. Man musste schon genauer hinschauen, um die Hoffe-Fans zu finden. Immerhin schaffte es der SAP-Konzern, mit Freikarten die Nord-Westkurve zu füllen. Der übliche Stehplatzblock auf der Nordtribüne war erneut für BVB-Fans freigegeben und wurde dankend angenommen. Neben der Südtribüne entpuppte sich gerade die Nordtribüne als kleiner Stimmungsvulkan.
Beim Einlaufen der Mannschaft zum Aufwärmen spürte man trotz der Tabellenführung eine gebremste Begeisterung auf der Südtribüne. Das späte Gegentor im Heimspiel gegen Paris hatte anscheinend der zuvor ungebremsten Euphorie einen kleinen Dämpfer verpasst. Mit einem aus mehreren Doppelhaltern gebildetem Schriftzug „Westfalenstadion“ setzte der Block „Drölf“ einen netten optischen Akzent. Auch Plakate gegen den „Besitzer“ von Hoffenheim waren keine Seltenheit. Akustisch beschränkte man sich lediglich darauf, vor und nach dem Spiel Anti-Hopp-Gesänge anzustimmen.
Das Spiel selbst sorgte von Minute zu Minute für mehr Endorphin-Ausschüttung und das nicht nur auf Dortmunder-Seite. Nach Abpfiff kochten beide Trainer, die Dortmunder Spieler jubelten verhalten, die „Hoffenheim-Elf“ schäumte vor Wut und alle anderen im Stadion feierten eine engagierte, leidenschaftliche Dortmunder Mannschaft. Ach ja, die Hoffenheim-Fans waren auch körperlich anwesend, aber über deren Reaktion gibt es bislang noch keine Berichte.
Lediglich in der 09. Minute machten die „Hoffe-Fans“ auf sich Aufmerksam. Zuvor hatte Mlapa den Ball gegen Piszczek erobert und schnell zu Luiz Gustavo gespielt, der ohne Gegenwehr auf der linken Seite auf Ba, der am zweiten Pfosten wartete, flanken konnte. Dieser brauchte die Kugel nur über die Linie schieben. Das 0:1 nach "nur" neun Minuten und das Parisspiel in den Knochen ließen nichts gutes erahnen. Doch weder die 80.000 Dortmunder, noch die elf Spieler auf dem Rasen gaben sich geschockt. Man gab „Volldampf“. Bereits in der 15. Minute sollte der BVB die Gelegenheit haben, per Elfmeter auszugleichen. Nach einem tollen Pass von Sahin auf Kagawa konnte Vorsah nur mit der Hand verhindern, dass Kagawa an den Ball kommt. Vorsah sah für sein absichtliches Handspiel keine(!) gelbe Karte. Sahin vollstreckte im ersten Anlauf, doch Wolfgang Stark ließ den Strafstoß wiederholen, weil Barrios die nötige Distanz zum Ball nicht eingehalten hatte. Wenn man die Regeln kleinlich auslegt, geht die Entscheidung in Ordnung, auch wenn man als Borusse und erst recht als Trainer einer jungen ambitionierten Mannschaft dies natürlich ganz anders sieht. Allerdings könnte man vermutlich bei dieser Regelauslegung jeden Elfmeter zurückpfeifen. Den zweiten Versuch von Sahin parierte Tom Starke stark. Komisch, dass weder Schiedsrichter noch Assistent bemerkten, dass erneut Hoffenheimer Spieler auf der 16m Linie standen, und der Torwart seine Torlinie verlassen hatte. Bei widerum korrekter Regelauslegung hätte man den Elfmeter erneut wiederholen müssen. Der Ärger auf Dortmunderseite verständlich.Früher Rückstand, schwere Beine nach der Europapokalwoche und dann der nächste Rückschlag.
Auch wenn die Borussen sich auf dem Platz in der Folgezeit keine weitere Großchance erspielen sollten, zeigten sie weiterhin großen Einsatz. Die Zweikämpfe wurden intensiver und das Spiel dadurch hektischer. Auch wenn der BvB optisch überlegen war, ging man mit einem verdienten Rückstand in die Pause. Wolfgang Stark zeichnete sich darin aus, dass er viele Situationen zu Ungunsten der Dortmunder entschied und keine klare Linie in seinen Entscheidungen erkennen ließ.
Zur Halbzeit brachte Klopp Götze für den angeschlagenen Bender. Rangnick brachte auf der Gegenseite mit Sigurdsson für Mlepa einen weiteren Mann für die Defensive. Das Spiel sollte offener werden. Beide Mannschaften sollten zu guten Chancen kommen. Auf Dortmunder-Seite vergab Großkreutz frei stehend im Strafraum. Für Hoffenheim war es Ba, der leichtfertig eine gute Chance ausließ. Besonders sehenswert der Pass von Sahin auf Lucas, der in alter "Panthermanier" den Ball annahm und auf den Torwart zu lief. Starke konnte den platzierten Schuss mit dem Oberschenkel noch so gerade entschärfen. Doch auch Weidenfeller durfte sich bald mit einer Parade auszeichnen, als er den Ball von Vukcevics an die Latte lenkte (62. Minute). Die Zeit schien den Borussen davon zu laufen. Die Aktionen wurden immer hektischer und Ungenauigkeiten im Passspiel schlichen sich ein.
Hoffenheim erwies sich mehr und mehr als ein richtiges Abwehr-Bollwerk, an dem die stürmischen Angriffe der Dortmunder zerschellten. Lange nichts mehr über Herrn Stark gelesen? Keine Sorge, es gibt noch etwas zu berichten. Jürgen Klopp bezeichnete es später als „lächerlich“ und „unfassbar“ und meinte damit folgende Situation: Subotic, nicht im Abseits stehend, nimmt den Ball im Strafraum der Hoffenheimer an und versucht ihn an Hummels weiterzuleiten, was ihm auch gelingt. Allerdings wird er dabei mehr als eindeutig von einem Hoffenheim im Strafraum gefoult, eigentlich ein klarer Elfmeter. Der Starke Wolfgang pfeift, guckt nach rechts zu seinem Assistenten, der die Fahne hebt und entscheidet auf Abseits, anstatt den fälligen Elfmeter zu geben. Vermutlich hatte der Assistent Hummels im Abseits gesehen und darauf hin die Fahne gehoben. Eine aus Dortmundersicht äußerst ärgerliche Fehlentscheidung. Doch zum Glück hatte unser Wolfgang heute doch noch seinen „starken“ Tag und schenkte Dortmund in der 92. Minute einen Freistoß in bester Lage. Eine weitere Fehlentscheidung, dieses mal ausnahmsweise zu unseren Gunsten. Verwundert rieb sich so manch einer im Stadion die Augen, als der eingewechselte Antonio da Silva sich den Ball zurecht knutschte und dann an die richtige Stelle legte, um mit einem wunderschönen Schuss in den Winkel den 1:1 Endstand zu erzielen. Eigentlich hatte jeder den Freistoßexperten Sahin erwartet, doch da Silva war es, der das Westfalenstadion zum Beben brachte.
So haben sie gespielt:
Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Bender, Sahin - Kuba, Kagawa, Großkreutz - Barrios.
Hoffenheim: Starke - Beck, Vorsah, Compper, Luiz Gustavo - Rudy, Weis, Salihovic - Vukcevic, Mlapa, Ba.
Einwechselungen: 46. Götze für Bender, 59. Lewandowski für Großkreutz, 74. da Silva für Kuba - 46. Sigurdsson für Mlapa, 90.+1 Obasi für Weis.
Tore: 0:1 Ba 1:1 da Silva
Eckstöße: 8:3 (Halbzeit 3:1)
Chancenverhältnis: 7:3 (2:1)
Schiedsrichter: Stark ganz schwach!
Gelb-Rote Karte: Salihovic
Gelbe Karten: Subotic - Beck, Luiz Gustavo, Vukcevic
Stimmen zum Spiel:
Auf der Pressekonferenz:
Ralf Rangnick: "Ich habe keine Lust, das ganze Spiel Revue passieren zu lassen. Es reduziert sich für mich auf die 92. Minute. Es war ein Foul an!! Obasi und nicht von!! Obasi. Diese Entscheidung hat Dortmund den Ausgleich und einen Punkt beschert. Es fühlt sich an wie eine Niederlage ."
Jürgen Klopp: "Wenn man Szenen sieht, muss man die Aussagen von dir, Ralf, anders bewerten. Uns wird ein klares Tor genommen und ein zweiter Elfmeter, als Subotic gefoult wird und der Schiedsrichter Abseits pfeift. Es war einer der schwersten Gegner hier in dieser Saison. Wir haben schon über weite Strecken auch in der ersten Halbzeit das Heft übernommen und auch die zweite Halbzeit erneut mit großer Leidenschaft gespielt. Im Moment fühlt sich das Ergebnis für uns wie ein Sieg an."
Aus der Mixed-Zone
Nuri Sahin: ,,Wir haben alles versucht und wurden am Ende belohnt." Auf die Frage, warum er selbst nicht den Freistoß in der 92. Minute geschossen hat: „Ich habe Toni gerne schießen lassen, weil mein erster Schuss nicht so gut war und ich kein Egoist bin. Was er kann, hat er ja eindrucksvoll bewiesen. Diese Qualität, auch auf der Bank, zeichnet uns eben auch aus. Die Wiederholung des Elfmeters war ein schlechter Witz. Dennoch hat uns dieses Spiel weiter gebracht, das wird man noch sehen."
Die Spieler in der Kritik:
Weidenfeller: Beim Gegentor machtlos. Ansonsten kaum gefordert (2).
Subotic: Aufmerksam und zweikampfstark mit nur wenigen Stellungsfehlern (2)
Sahin: Zauberte einige Pässe aus dem Fuß, die wunderschöne Torvorlagen hätten werden können. Mit knapp 123 Ballkontakten und 8 Torschussvorlagen erreicht er absolute Spitzenwerte (1-).
Hummels: Zweikampfstärkster Borusse am heutigen Nachmittag und strahlte Sicherheit in der Abwehr aus (2).
Kuba: Sorgte für wenig Wirbel auf seiner Seite. Auch wenn er stets bemüht war, konnte er keine Akzente in der Offensive setzen (3-).
Lucas: Bis auf seine große Chance, als er frei vor Starke auftaucht eher unscheinbar. Man muss ihm allerdings zu gute halten, dass er häufig mit langen Bällen bediente wurd und um ihn herum sofort zwei Hoffenheimer standen (3).
Großkreutz: Laufpensum und Einsatz wie immer vorbildlich. Allerdings zeigte er große Defizite im Abschluss und vergab die ein oder andere gute Torchance (3).
Bender: Konnte aufgrund seiner Verletzung nur eine Halbzeit agieren. Auch wenn seine Leistung solide war, merkte man ihm seine Verletzung an (3).
Piszczek: Leitete unglücklich den ersten Gegentreffer ein und konnte, obwohl er kaum von den Hoffenheimern gefordert wurde, kaum Akzente in der Offensive setzen (3-).
Schmelzer: Leistete sich heute den ein oder anderen Stellungsfehler und vermochte ähnlich, wie Piszcek auf der rechten Seite, kaum Akzente in der Offensive setzen (3-).
Götze: Kommt und wirbelt ordentlich los! Beeindruckend für einen Jungen seines Alters (2+).
Lewandowski: Konnte nicht an die Leistungen nach seinen letzten Einwechslungen anknüpfen und „versteckte“ sich im Hoffenheimer Bollwerk (3-).