Vier Wochen in Südafrika (Teil 5) - Glückwunsch, Neven
Die knapp 800 km nach Port Elizabeth werden über die „Garden Route“ zurückgelegt. Dabei handelt es sich um eine landschaftlich sehr ansprechende Region zwischen Kapstadt und Port Elizabeth, die jährlich von zahlreichen Touristen besucht wird. Als wir Kapstadt verlassen, fallen uns aber zunächst die vielen Wellblechhütten der Townships entlang der Autobahn auf. Der krasse Gegensatz zwischen Arm und Reich wird einem immer wieder vor Augen geführt.
Wir fahren weiter durch die Weingebiete der Region Vergelegen, bevor wir das Hauptziel der ersten Etappe erreichen: Hermanus. Von der Armut in den Townships ist hier nichts mehr zu sehen. Ein schönes kleines Küstenstädtchen liegt vor uns. Man soll hier Wale beobachten können. Leider sehen wir vom Ufer aus nur ein paar Wasserfontainen, die auf die Meeresbewohner schließen lassen. Weiter geht es über Landstraßen in Richtung Mossel Bay. Die als Freeway ausgeschilderten Hauptstraßen sind dabei in sehr gutem Zustand. Verlässt man diese, landet man schnell mal auf Schotterpisten. So hörte auch unsere asphaltierte Straße urplötzlich auf und wir mussten 15km über eine unbefestigte Straße fahren.
Unsere Unterkunft für den Zwischenstopp liegt in der Nähe von Mossel Bay. Dieses Mal gibt es leider überhaupt keine Heizung, aber die Vermieterin war so nett, uns Wärmflaschen zur Verfügung zu stellen. In geselliger Runde wird dann noch der Sieg Uruguays über Südafrika geschaut. Schade, ich hoffe, dass wird der Stimmung im Land keinen Abbruch tun.
Am nächsten Tag geht es über Wilderness, Knysna und die Bloukraans Brücke (höchster Bungee-Sprung der Welt) zunächst in den Tsitsikamma Nationalpark, bevor wir Port Elizabeth ansteuern. Hier bleibe ich zusammen mit einigen anderen aus unserer Reisegruppe in einem Backpacker. Die 25 Euro pro Nacht im Sechserzimmer sind für die etwas heruntergekommene Absteige doch schon recht viel. Zu Nicht-WM-Zeiten zahlt man hier auch nur 10 Euro pro Nacht. Ein Aufschlag von 100-200% auf die Hochsaison-Preise ist in den WM-Spielorten leider keine Seltenheit und dürfte auch den einen oder anderen Fan von einer Reise nach Südafrika abgeschreckt haben.
Am Abend wird dann noch das Spiel Frankreich gegen Mexiko auf dem Fanfest geschaut. Über einen etwas dunklen Zugang, erreichen wir den Eingang zu dem Kricketstadion, in dem das Fanfest stattfindet. Auch hier ist wieder eine große Anzahl an zum Teil mit Maschinenpistolen bewaffneten Polizisten zu verzeichnen. Trotzdem ist das Fest leider nur spärlich besucht. Wenige Einheimische und auch nur ein paar WM-Touristen haben den Weg zu dem doch etwas abgelegenen Ort gefunden. Vor dem Stadion werden aus alten Wohnwagen und ein paar Buden einige Snacks verkauft. Im Stadion sind die zahlreichen Getränkestände deutlich überdimensionert. Das lokale Bier „Castle Lager“ wird dabei aus roten Dosen mit der Aufschrift „South Africa“ serviert. Hier hat die FIFA-Zensur wieder zugeschlagen. Bei umgerechnet 1,60 € für den halben Liter kann man sich aber nicht beschweren.
Die Nacht verläuft recht unruhig, da um 3 Uhr die verspätete Reisegruppe eintrifft. Wegen diverser Baustellen, einer Vollsperrung und einem gerissenen Keilriemen hat die Anreise aus Pretoria (1150 km) gut 23 Stunden gedauert. Am Morgen fahren wir dann auch recht zeitig zum Stadion. Wieder sehen wir eine komplett neue Arena, die durchaus zu beeindrucken weiß.
Bei den Einlasskontrollen habe ich zum wiederholten Mal das Gefühl, dass den Ordnern zwar gezeigt wurde, wie sie mit einem Metalldektektor Personen absuchen, sie aber überhaupt nicht wissen, was sie machen sollen, wenn das Ding mal piept: Freudestrahlend werde ich mit einem „How are you?“ begrüßt. Mit dem mobilen Detektor werde ich komplett abgesucht. Es piept an jeder erdenklichen Stelle, dann lächelt mich der Ordner an und ich höre nur noch ein „Welcome to the World Cup“ und bin drin, ohne dass er mich einmal angefasst hat.
Das Stadion ist heute fest in deutscher Hand. Lediglich ein kleiner Block an Serben kann ausgemacht werden. Auch hier weisen einige Blöcke wieder große Lücken auf. Zudem sind Karten hinter den Toren an eine Schule verschenkt worden. Ein Sponsor der WM hat, wie vorher bei anderen Spielen auch, eine Menge Tickets an Einheimische verteilt und diese auch gleich komplett in blau gekleidet. Schon vor dem Spiel wird versucht, einige Gesänge anzustarten. Im Verlauf des Spiels klappt das immer besser, und wir haben den Eindruck, sogar die Vuvuzuelas einige Male überstimmt zu haben. Wir sind guter Dinge.
Nach dem famosen Start gegen Australien erscheint Serbien lediglich als Pflichtaufgabe. Tja, das Spiel werden die meisten ja gesehen haben. Keine Ahnung was den Schiri geritten hat, bei jeder Aktion, in der ein Spieler auf dem Boden lag, gleich gelb zu zeigen. Ich habe selten so viele überzogene gelbe Karten gesehen. Allerdings muss sich Herr Klose da auch mal an die eigene Nase fassen. Fouls an der Mittellinie müssen einfach nicht sein. Genauso wie die Zuschauer waren wohl auch die Spieler noch von den Geschehnissen um unseren Mittelstürmer geschockt. Ehe ich mich versah war der Ball dann auch gleich im Tor. Irgendwie sollte es heute wohl nicht sein. Nach Poldis verschossenem Elfmeter lief dann auch nicht mehr viel zusammen. Glückwunsch Neven! Für Deutschland muss jetzt allerdings im letzten Spiel ein Sieg her, ansonsten ist die Weltmeisterschaft für Jogis Mannen wahrscheinlich vorbei.
Den Weg zurück treten wir wieder mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Shuttles bringen uns recht schnell vom Stadion zum Fanfest. Leider ist wieder nicht viel los. Vereinzelt treffen einige Stadionbesucher ein, die Meisten wird es aber zum Strand und dem dortigen Zentrum verschlagen haben. Den Abend lassen wir in der Backpackers Lodge bei ein paar Bier und nem Fläschchen Wein ausklingen.
Morgen steht dann die Rückfahrt mit dem Bus nach Pretoria an. Von dort geht es übermorgen zum Spiel der Italiener gegen Neuseeland in Nelspruit und direkt weiter in den Kruger Nationalpark, bevor wieder das deutsche Team beim entscheidenden letzten Gruppenspiel in Johannesburg auf dem Programm steht.