Vier Wochen in Südafrika (Teil 09) - Adiós Argentina! Adiós Südafrika!
Nachdem der Akku auf der Mattanu Game Ranch wieder aufgeladen werden konnte, geht es von Bloemfontein nun alleine per Flugzeug nach Kapstadt. Die eigentlich geplante Selbstfahrertour mit Minibussen nach Kapstadt und wieder zurück nach Johannesburg habe ich schon von ein paar Tagen abgesagt. Nach den bisher gesammelten Erfahrungen ist dies bei einer Gesamtstrecke von 2000 km in drei Tagen einfach zu zeitaufwendig und gerade bei den Nachtfahrten auch nicht gerade ungefährlich.
In Kapstadt wurde eigentlich eine Unterkunft über die Sektion Mitteldeutschland reserviert. Leider stellt sich kurz vorher aber heraus, dass die Reservierung anscheinend nicht mehr existiert. Ein bezahlbares Zimmer zum Viertelfinale in Kapstadt zu bekommen scheint nach intensiver Internetrecherche recht schwer. Nach etwas hin und her und einem Telefonat mit dem eigentlich gebuchten Guesthouse im Vorort Belleville bekomme ich aber doch noch ein Bett im Dreierzimmer. Angeblich sollen nun auch weitere Leute unserer Reisegruppe hier übernachten.
Nach der Ankunft in Kapstadt wird zunächst der Hauptbahnhof in Belleville aufgesucht. Neben den Zügen fahren hier auch zahlreiche Busse und Minibustaxis in alle Richtungen. Geschäftiges Treiben herrscht in und um den Bahnhof und unter einer Brücke nebenan. Haarschnitte, Lebensmittel und auch Goldzähne werden hier an jeder Ecke angeboten. Mit dem Zug erreiche ich den Hauptbahnhof von Kapstadt für günstige 8 Rand (0,90 €). Auch in den Zügen bieten zahlreiche Händler wieder diverse Waren an. Die Zugtüren müssen hier übrigens nicht unbedingt geschlossen sein, damit der Zug abfährt. Bei den heute warmen Temperaturen ist der leichte Wind in dem voll besetzten Zug aber sehr angenehm.
In Kapstadt wird zunächst das Fanfest angesteuert. Dieses Mal ist es gut gefüllt. Es läuft die zweite Halbzeit des Spiels Brasiliens gegen die Niederlande. Alles fiebert hier mit den Holländern. Nach dem 2:1 wird bis zum Abpfiff durchgefeiert. Nach einem kurzen Stadtrundgang wird auch das zweite Spiel des Tages hier geschaut. Mittlerweile sind auch meine beiden Zimmerbewohner eingetroffen. Das Spiel sorgt mit einer dramatischen Schlussphase für mächtig Spannung. Leider scheint man es hier aber nicht gewohnt zu sein nach dem Spiel noch etwas weiter zu feiern. Als ich mir kurz vor dem Elfmeterschießen noch ein Bier holen will, sind bereits alle Stände geschlossen. Fünf Minuten nach Abpfiff werden wir dann von Polizei und Ordnungskräften vom Fanfest geschoben. Unverständnis kommt auf. In einer Nahe gelegenen, ziemlich heruntergekommen Bar stimmen wir uns dann noch auf das morgige Spiel ein, bevor wir den Rückweg mit dem Taxi antreten. Den Nervenkitzel einer Zugfahrt bei Nacht in einen der Vororte brauche ich nicht unbedingt.
Als am nächsten Morgen weitere Personen unserer Reisegruppe am Guesthouse eintreffen, weiß von der am Vortag durch unsere Reiseleitung bestätigten Buchung allerdings niemand mehr etwas. Kurzerhand werden alle vom Vermieter in Privatunterkünften untergebracht. Ohne ein wenig Chaos geht hier halt nichts. Unsere kleine Gruppe macht sich dann wieder mit der Bahn zum Stadion auf. Bei schönstem Sommerwetter (Das ist hier selten!) kann der Nachmittag noch am Hafen verbracht werden bevor wir wie im Viertelfinale 2006 auf Argentinien treffen.
Bei unserer Heim-WM war der Held im Elfmeterschießen bekanntlich Jens Lehmann. Heute sehen wir jedoch ein komplett anderes Spiel. Ähnlich wie im Spiel gegen die Engländer vor ein paar Tagen beginnt Deutschland bärenstark. Während einige Polizisten im deutschen Block noch das Sitzgebot durchsetzen wollen steht es schon 1:0. Wahnsinn!!! In der zweiten Halbzeit wird das Spiel dann locker nach Hause gefahren. Ich habe selten einen so überzeugenden Auftritt der deutschen Nationalmannschaft gesehen. Nachdem 3:0 soll natürlich noch ordentlich gefeiert werden. Leider sind zu diesem Zeitpunkt die Bierstände im Stadion schon geschlossen. Das tut der Stimmung jedoch keinen Abbruch. Als auf der Anzeigetafel das Fanfest in Berlin bei warmem Sommerwetter eingeblendet wird, kommt ein gewisses Gefühl an Zerrissenheit auf. Zum einen würde ich unsere Mannschaft gerne auch im nächsten Spiel begleiten. Die Spielweise und das Auftreten machen einfach Lust auf mehr. Zum anderen freue ich mich auf den Sommer und einen etwas geregelteren Tagesablauf in Deutschland. Die bis heute dreieinhalb Wochen in Südafrika waren schon recht Kräfte zehrend.
Die deutsche Mannschaft wird bis 45 Minuten nach Spielende noch im Stadion gefeiert. Dann greift die Polizei ein und räumt langsam den Block. Nach einem kurzer Abstecher zu einem sehr dürftig besuchten Fanfest der Argentinier, geht es über das „Paulaner" an der Waterfront wieder zum FanFest. Wir sehen hier das späte und etwas glückliche Tor der Spanier, unserem Halbfinalgegner. Leider wir das noch recht gut besuchte Fanfest auch heute wieder um 23 Uhr geräumt, so dass wir wieder die Bar vom Vorabend ansteuern. Die 0,75l Bierflaschen gibt es hier übrigens für 1,60 Euro.
Am nächsten Morgen steht für mich noch eine Bootsfahrt nach Robben Island, der Gefängnisinsel, auf der Nelson Mandela und andere politische Gefangene in Zeiten der Apartheid eingesperrt wurden, auf dem Programm. Ehemalige Insassen liefern hier einen eindrucksvollen Einblick in die Geschichte Südafrikas. Am Abend geht es dann schon wieder zurück nach Johannesburg. Nach einer recht kurzen Nacht steht die Rückreise in drei Etappen auf dem Programm: 8,5 Stunden bis Abu Dhabi, 6,5 Stunden bis München und dann nochmal 6 Stunden mit der Bahn bis nach Dortmund. Um 14:15 ist dann das Dortmunder „U" wieder in Sicht. Nach exakt vier Wochen bin ich wieder zurück.
Nun ist es wohl an der Zeit, ein Fazit zu ziehen: Nachdem unsere Tour etwas chaotisch begonnen hat, haben wir uns recht schnell an die hiesigen Gegebenheiten gewöhnt. Eine Reise nach Südafrika kann ich jedem nur empfehlen. Abwechslungsreiche Landschaften und eine große Gastfreundschaft haben uns die ganze Reise über begleitet. Leider haben wir uns bei der Planung zu sehr von der Sicherheitsdiskussion in Deutschland anstecken lassen. Viel mehr hätten wir selber mit dem Mietwagen unternehmen sollen anstatt in der großen Gruppe mit dem Bus durch das Land zu fahren. Dies hat einiges mehr an Nerven, Zeit und Geld gekostet. Wenn man sich dann an einige Grundregeln, die in jedem Reiseführer zu finden sind und auch in beliebigen anderen Ländern gelten, hält, braucht man in Südafrika auch keine Angst zu haben.
Die Stadien waren alle in gutem bis sehr gutem Zustand. Lediglich die Organisation in und um die Stadien ließ etwas zu wünschen übrig. Bei den Sicherheitskontrollen kamen zwar modernste technische Geräte zum Einsatz, jedoch haperte es bei den Kontrolleuren an Verständnis für die Technik und die Aufgabe. Hier hat man gerne mal weg geschaut. Auf der anderen Seite wurden Regeln für Fahnen sehr unterschiedlich ausgelegt. Selbst Fahnen, die als Teil der Choreo in Johannesburg verteilt wurden, waren dann auf einmal in Bloemfontein verboten. Die Versorgung mit Essen und Getränken war zum Großteil vor den Stadien nicht existent und in den Stadien eine Katastrophe Dies hat sich zum Teil im Verlauf des Turniers aber gebessert. Die Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln klappte allerdings gut bis sehr gut. Hier hat man vielerorts gut organisiert und bei Problemen auch flexibel und schnell reagiert. Insgesamt eine lohnende Reise in ein überaus gastfreundliches und sehenswertes Land. Hoffen wir auf einen gelungenen Abschluss, an dem am Ende der vierte Stern auf der Brust steht.