Platzen jetzt die Knoten? - Gladbach - BVB
Mönchengladbach liegt nach dem letzten Saisonfinale vielen Fans wohl noch schwer im Magen. Hatte man doch ziemlich kampflos den Euroleague-Startplatz in letzter Minute noch hergegeben. Die von Nostalgie zerfressenen Gladbacher nutzten diese Möglichkeit, um ganze Wagenladungen Hohn und Spott auf den schwarzgelben Borussen abzuladen, anstatt sich über ihren Nichtabstieg zu freuen. Nun bestand also die Chance auf eine kleine Revanche. Viele Fans planten den Samstag allerdings sehr auf Kante.
Die ganz hart Gesottenen waren am Morgen schon bei der A-Jugend in Brackel, um dann zur Roten Erde zu fahren, um die Amateure gegen das Kunstprodukt Wehen-Wiesbaden zu unterstützen, um hiernach wieder los zu hetzen, um zeitig in Mönchengladbach anzukommen. Nach dem Amateurspiel setzten sich dann auch fünf Busse, etliche Autos und Bullis gen Borussia Park in Bewegungen. Empfangen wurden sie rund um das Stadion von verstopften Straßen, und das bei einem neuen Stadion mitten auf der grünen Wiese.
Auch wenn die Anstoßzeit für die Freunde der Amateure natürlich günstig war, sah man zu Spielbeginn dann doch sehr deutlich, welche Auswirkungen sie in Verbindung mit den eher schwachen Leistungen der letzten Spiele hatte. In einem sehr gut gefüllten Stadion fiel der Gästebereich negativ heraus.
Sowohl in Ober- wie Unterrang klafften doch ordentliche Lücken. Das tat der Stimmung aber kaum Abbruch und der Dortmunder Anhang präsentierte sich durchweg sehr geschlossen gesangsfreudig – ganz im Gegensatz zur Nordkurve. Diese präsentierte ein recht langes unkreatives Spruchband im Oberrang, um die Mannschaft für 90 Minuten zu motivieren. Auf Dortmunder Seite fehlten wie angekündigt einige Szenefahnen, dafür hing eine Gedenkfahne für Brice Taton.
Die Fohlen starteten mit Bailly im Tor. Davor gruppierten sich Paul Stalteri, Roel Brouwers, der Brasilianer Dante und Tobias Levels. Marcel Meeuwis agierte als Vorstopper. Dazu gesellten sich im Mittelfeld Michael Bradley, Thorben Marx und Juan Arango. Im Sturm sollten Rob Friend und Raul Bobadilla für Gefahr für das Tor von Weidenfeller sorgen. Weidenfeller lief wieder mal als Kapitän auf. Davor bildeten Owomoyela, Subotic, Hummels und Dede die Abwehrkette. Santana musste also auf der Bank Platz nehmen. Im Mittelfeld setzte Klopp auf die gewohnte Raute, mit Sven Bender als Kehl-Ersatz, Tinga kam von rechts und Sahin spielte links. Die Spitzen Lucas Barrios und Zidan sollten von Hajnal eingesetzt werden. Bevor es nun los ging, wurde noch des verstorbenen Rolf Rüssmann gedacht.
Bis zur 8. Minute konnten die Zuschauer die offensichtlichen Schwächen beider Teams betrachten, dann verbreitete ein Schuss von Dede erstmals etwas Unruhe. Danach plätscherte das Spiel weiter vor sich hin. Beide Teams wirkten in ihren Aktionen sehr unstrukturiert und überhastet, die Außenbahnen wurden von beiden Mannschaft recht durchgängig ignoriert und so konzentrierte sich das Spiel vor den Strafräumen der beiden Torwächter. Während Dortmund ganz gefällig bis zum Gladbacher Strafraum kombinierte, sorgte auf Seiten der Fohlen Raul Bobadilla immer wieder für Aufregung. Wirklich zwingend war bis dahin allerdings nicht viel, sicherlich auch ein Verdienst von Weidenfeller, der sich diesmal keinen einzigen Bock leistete. So konnte man sich gedanklich damit beschäftigen, welche Wellblechschüssel nun eigentlich hässlicher ist: jene in Mönchengladbach oder die in Paderborn. In Anbetracht der vielen VfL-Graffiti auf dem Weg zum Stadion möchte man doch meinen, es gebe genug Potential, um das Wellblech wenigstens etwas zu verschönern.
In der 38. Minute war es dann plötzlich soweit. Wie aus dem Nichts nahm sich Barrios den Ball, drehte sich einmal und haute das Ding aus gut 17 Meter trocken in die Maschen. Das war schon ziemlich geil gemacht und lässt hoffen, dass es nun mit Barrios so weitergeht wie im Pokal. Unverdient war die Führung auf Grund der etwas größeren Spielanteile der Borussen aus Dortmund nicht. Der Gästemob legte nun geschlossen noch eine Schippe drauf, auf der Tribüne schon jetzt ein klarer Auswärtssieg. Kurz vor dem Halbzeitpfiff gelang den Gladbachern zwar noch eine gelungene Kombination, doch Owomoyela und Hummels blocken den Schuss von Bradley mit vereinten Kräften ab.
Beide Trainer vertrauten den Akteuren der 1. Halbzeit und nahmen keine Wechsel vor. Dementsprechend änderte sich erstmal nicht viel am Spielgeschehen. Gladbach strahlt nur in Person von Raul Bobadilla Gefahr aus und Dortmund beschränkt sich auf das gefällige Querpassen, bis man den gegnerischen Strafraum erreicht. Dann zieht ein Spieler (vorzugsweise Zidan) gegen drei Mann nach innen und verliert den Ball.
In der 58. Minute kommt Hajnal dann mal wieder gefährlich vor das Tor, doch sein sehenswerter Schuss geht am Tor vorbei. Eine Minute später bringt Frontzeck Matmour für Marx, zwei Minuten später kommt Blaszczykowski für den schwachen Zidan. Dieser hatte kurz vorher noch eine Chance, schoss er den Ball jedoch über den Querbalken. Auf den Rängen änderte sich genauso wenig wie auf dem Rasen, der Gästeblock machte geschlossen weiter Alarm, in der Nordkurve versuchte sich die Sambatrommeltruppe von „Block 1900“ unermüdlich in möglichst komplizierten Rhythmen und Gesängen, die kein bisschen von der Kurve weitergetragen wurden. Ein ziemliches Armutszeugnis für eine solch treue und gestandene Anhängerschaft.
Langsam nimmt das Spiel nun an Fahrt auf und dies hauptsächlich in Form von Bobadilla, der die Dortmunder Hintermannschaft und Weidenfeller zweimal prüft. Die falschen Borussen wittern ihre Chance. Plötzlich erwacht auch die Kurve und zeigt, welche Möglichkeiten mit der dortigen Akustik gegeben sind. Sowohl beim Auspfeifen von Hajnal als auch bei den VfL-Rufen wird es nun mächtig laut und es kommt plötzlich so etwas wie Atmosphäre aus dem Norden.
Ausgeklammert sei dabei die die unbekümmert die Rufe des Restes der Kurve ignoriert und weiter ihre Sambashow durchzieht. In dieser Phase versuchte sich nun ausgerechnet Tinga als Künstler und spielt den Ball völlig unbedrängt mit der Hacke zu einem Gegenspieler. Äußerst unnötig bei diesem knappen Spielstand. Beide Trainer reagieren nun. Gladbach wird im Mittelfeld durch Reus für Meeuws offensiver und Klopp bringt für den völlig ausgepumpten Barrios Nelson Valdez. Gladbach investiert nun deutlich mehr in das Spiel, wird aber nicht wirklich zwingend. In der 81. Minute nähert sich Tobias Levels mit einem Fernschuss dem Kasten von Weidenfeller, der aber nicht einzugreifen braucht.
Während die ersten Heimfans nach einem Fehlpass anfangen zu pfeifen,
bedient Kuba Valdez mit einem Traumpass, doch der Paraguayer schafft es
in zwei Versuchen nicht den Ball im Tor unterzubringen. Für die letzten
fünf Minuten darf nun auch noch der Dortmunder Junge Kevin Großkreutz
für Hajnal ran. Drei Minuten später hat er dann seinen großen Auftritt,
als er im Strafraum den besser postierten Kuba sieht, doch dieser
kläglich vergibt. Frontzeck hatte mittlerweile Oliver Neuville gebracht,
doch dieser blieb, genauso wie der Rest seiner Mannschaft, bis zum
Schlusspfiff blass.
Insgesamt geht der Sieg für die Schwarzgelben auf
Grund der besseren Spielanlage so in Ordnung. Mit den drei Punkten im
Rücken kann man nun etwas ruhiger in die Länderspielpause gehen, doch
sollte der Blick vorerst weiterhin nach unten gerichtet bleiben.
Nach dem Spiel mussten sich viele Fans noch über eine Viertelstunde gedulden, bevor sie die Heimreise antreten konnten. Einer von ihnen beschreibt es treffend:
"Bin nach dem Spiel rausgestürmt Richtung Ausgang. Leider 20 Sekunden zu spät. Der Durchgang zum Parkplatz ist von der Polizei vergittert worden. Da, da kam die stärkste Phase der Dortmunder. Man erinnerte sich des Datums und skandierte minutenlang "Die Mauer muß weg!". Als alles nichts nützte, hat man die 3te Strophe des Deutschlandlieds angestimmt und deutlich die Staatsbeamten irritiert.
Manchmal - aber nur manchmal - liebe ich diese Dortmund Fans. Ganz besonders auswärts."
Auf'm Platz:
Die Falschen: Bailly – Stalteri (86. Neuville), Brouwers, Dante, Levels – Meeuwis (78. Reus) - Bradley, Marx (59. Matmour) - Arango - Friend, Bobadilla
Borussia Dortmund: Weidenfeller - Owomoyela, Subotic, Hummels, Dede - Bender - Tinga, Sahin – Hajnal (86. Großkreuz) – Barrios (78. Valdez), Zidan (61. Kuba)
Noten:
Weidenfeller: In einem grottigen Spiel von einem schwachen Gegner selten gefordert. Insgesamt ein sicherer Auftritt ohne den fast obligatorischen Patzer. 3,0
Owomoyela: Erstmals in dieser Saison ein kleiner Aufwärtstrend erkennbar. Nach mäßiger Anfangsphase, in der die rechte Angriffsseite nicht existierte, sorgte er hier später häufiger für Druck. Lässt sich allerdings defensiv noch immer zu häufig leicht ausspielen. 3,0
Subotic: Gegen harmlose Fohlen eine grundsolide Leistung in der Innenverteidigung. Kleinere Leichtsinnsfehler, kaum Offensivdrang. 3,0
Hummels: Hinten souverän, schaltete sich häufiger in den Angriff mit ein. 2,5
Dede: Machte anfangs mit einigen Vorstößen Hoffnung, fand später kaum noch in der Offensive statt. Hinten gewohnt sicher. 3,5
Bender: Wirkte anfangs nervös, später ruhiger. Schaltete sich gelegentlich vorne ein, ohne allerdings Akzente setzen zu können. Wenn hinten etwas abzuräumen war, war er zur Stelle. Mit ein wenig Spielpraxis sicher eine gute Alternative auf der Sechs. 3,0
Tinga: Gewohnt wuselig, mit Offensivfehlern, die ihm mit seiner Vorbereitung des 0:1 verziehen sein sollen. 3,0
Sahin: Versuchte Ruhe und Struktur in das Spiel zu bringen. In der Spieleröffnung kann er mehr: 3,5
Hajnal: Ausgebrannt? Lust- oder glücklos? Schien sich und das Spiel in der ersten Halbzeit eher zu beobachten statt zu lenken. Leistete sich haarsträubende Abspielfehler. In der zweiten Hälfte stärker. 4,5
Barrios: Wenn das keinen Mut macht. Herrliches Tor, rackerte wie Nelson und Tinga zusammen und war am Ende platt wie eine Flunder. Rieb sich außen häufig unnötig auf. Da hat er nichts zu suchen, auch wenn der Trainer es womöglich anders sieht... 2,5
Zidan: Bestätigte seinen Aufwärtstrend. Suchte ständig die 1-1 Situationen und zog die Gegner auf sich. Vor dem Abspiel manchmal immer noch ein Schnörkel zu viel. 3,0
Kuba: Sorgte zwar für etwas Unruhe in der Abwehr der Ponys, insgesamt allerdings glücklos. Da wünscht man sich die alte Durchschlagskraft zurück. Das 2:0 MUSS er machen. 4,0
Großkreuz/Valdez: keine Note