Spielbericht Profis

Gelungener Auftakt ins Jubiläumsjahr. Oder: Wie, es ist schon März?

22.03.2009, 00:00 Uhr von:  Arne
Gelungener Auftakt ins Jubiläumsjahr. Oder: Wie, es ist schon März?
Freude nach dem Sieg

Ausgerechnet gegen den SV Werder hat sich der BVB einer alter Bremer Redensart bemächtigt. Nach dem spektakulären Remis im Hinspiel und dem Pokalaus vor zwei Monaten markierte Alex Frei per Foulelfmeter den ersten Dreier der Borussia im Jahr 2009 und beendete so den schwarzgelben Winterschlaf. Oder um es auf Bremerisch zu sagen: Dreimal ist Dortmunder Recht!

Die Voraussetzungen waren auch wie gemalt für den ersten Sieg im Jubiläumsjahr: Die DFL hatte gnädigerweise doch mal wieder ein Samstag-Heimspiel vorgesehen und pünktlich zum Frühlingsanfang strahlte die Sonne wie sonst nur im Jubiläumslogo des BVB, so dass bereits der Weg zum Stadion bei frühlingshaften Temperaturen einfach Spaß machte. Zumindest bis zum Stadionvorplatz, denn im kühlen Schatten der Nordtribüne dürfte so mancher Stadionbesucher dann gemerkt haben, dass die eigene Kleiderwahl noch etwas zu optimistisch gewesen war.

Doch weg vom Wetter- hin zum Spielbericht: Während bei der Borussia im Vergleich zur Vorwoche lediglich Kringe für den angeschlagenen Nuri Sahin in die Mannschaft rückte, mussten die Bremer ihr Team deutlicher durcheinander wirbeln. Frings, Rosenberg und Naldo konnten bzw. durften nicht antreten, für sie liefen stattdessen Tziolis, Almeida und Pasanen auf den Platz.

Schlagerbarden in Aktion

Protest gegen Kasche und Co.

Bevor es so weit war, hatte der BVB aber für seine Besucher noch eine Härteprüfung vorgesehen: Die Präsentation der neuen Vielleicht-doch-nicht-Einlaufmusik durch den unvermeidlichen Kasche Kartner, Andy Schade und die Undercover Crew. Schon die Ankündigung unter der Woche ließ nicht viel Gutes erahnen, dazu reichte schon der Name "Kasche Kartner" - gemeinhin ein Garant dafür, ohnehin schon anspruchslose Lieder durch ein Cover noch weiter zu entstellen. Als Opfer diesmal auserkoren: Das wohlwollend als "Partymusik" zu umschreibende „Stand Up For The Champions" von Right Said Fred (Siehe Infobox).

Für alle BVB-Fans, die beim 1:0 gegen Werder Bremen nicht live im Stadion dabei sein konnten, haben wir in einem kurzen Ausschnitt noch einmal das spannende Duell der Mannschaften vom "FC Playback Mittelkeis" und dem "BV Live Südtribüne 09" zusammengefasst. Hauptdarsteller: „Kasche" Kartner, Andy Schade und die Under Cover Crew sowie einige unbekannte Sänger von der Südtribüne.

Wir möchten Euch damit demonstrieren, was dabei herauskommt, wenn junge, ambitionierte Nachwuchskünstler versuchen, am Schreibtisch einen Megahit für unser Westfalenstadion zu entwerfen.

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Allein die Ankündigung ließ also bereits Schlimmes vermuten und irgendjemand bei Borussia Dortmund muss sich in den Tagen vor dem Spiel die Fan-Reaktionen durchgelesen oder vielleicht auch nur die CD mal angehört haben. Denn das ursprünglich als Einlaufmusik geplante Machwerk rückte im Zeitplan urplötzlich etwas vor und auf die weniger brisante Uhrzeit eine knappe Viertelstunde vor Spielbeginn.

Was sich den in Sachen Stadionmusik nicht unbedingt verwöhnten Ohren dann offenbarte, lässt sich wohl am ehesten als musikalische Doll-Saison bezeichnen: Discogestampfe, das selbst am Ballermann Akzeptanzprobleme finden würde, unterlegt mit einem stupid-peinlichen Text.

Thema SV in Block Drölf

Dazu sieben Musiker, denen man peinlich berührt dabei zusehen musste, wie sie sich der Lächerlichkeit preisgaben. Während Andy Schade und Kasche Kartner die Posen abgehalfterter Schlagerbarden nachahmten, hüpfte der Rest der Crew, von der man nun weiß, warum sie undercover auftritt, wild durch den Mittelkreis – offenbar in der Hoffnung, doch noch irgendwie die Zuschauer für den eigenen Geisterbahn-Auftritt erwärmen zu können.

Die derart Animierten dachten aber irgendwie so gar nichts ans Mitmachen und gaben dem peinlichen Moment zumindest seine Würde zurück, indem die Südtribüne das Musikdebakel nach anfänglichem Pfeifkonzert kurzerhand mit eigenen Liedern übertönte. Eine mehr als deutliche Ohrfeige für die Verantwortlichen, die wohl nie verstehen werden, dass auch Mist mit schwarzgelbem Schleifchen vom Fanvolk immer noch als Mist erkannt wird.

Dass die CD im Stadion zum Sonderpreis von 5 statt 6,95 Euro verkauft wurde, darf man wohl unter dem Gedanken der Abwrackprämie verstehen. Bleibt zu hoffen, dass die Ohren der Stadionbesucher fortan von diesem Machwerk verschont bleiben.

Das Spruchband „Heute ist nicht aller Tage. Ihr kommt wieder, keine Frage!", das die gesamte Partie über an der Westtribüne prangte und an die 119 von Gelsenkirchener Seite ausgesprochenen Stadionverbote gegen Dortmunder Fans erinnern sollte, haben Kartner und Co. dabei hoffentlich nicht auf sich bezogen.

Gruß an Jürgen Klopp

Es sollte auch nicht die einzige Stellungnahme zum Thema sein. Immer wieder wurden auf der Südtribüne Grußbotschaften an die von nun an Ausgesperrten präsentiert, die von dem Massenabwurf an Stadionverboten betroffen sind. Und noch eine Botschaft, direkt an den Trainer war dort zu lesen: „Klopp! Bitte vergraul uns den Alex nicht!"

Los geht's

Nach diesem Vorgeplänkel konnte pünktlich zur schönsten Bundesligazeit um 15:30 Uhr endlich auch das Spiel beginnen. Zumindest wurde es angepfiffen, so wirklich entwickeln wollte sich die Partie zunächst aber nicht. Vor allem aus schwarzgelber Sicht lief in der Anfangsphase wenig zusammen: Viele Fehlpässe im Spielaufbau sorgten dafür, dass der BVB schon in der eigenen Hälfte etwas unter Druck geriet, allerdings ohne dass die eher harmlosen Bremer daraus nennenswerte Torchancen hätten herausspielen können.

Auch bei den Dortmunder, die sich nach den etwas unsortierten Anfangsminuten schnell wieder gefangen hatten, geschah nicht viel Nennenswertes. Ein Freistoß von Frei verfehlte bereits nach fünf Minuten das Gehäuse knapp, ein aussichtsreicher Schussversuch durch Kehl 20 Minuten später wusste Pasanen noch abzublocken. Das war's auch schon. Die unaufgeregte, eher für Taktik-Fans interessante Darbietung auf dem Platz gab einem immerhin die Gelegenheit, das Auge ein bisschen schweifen zu lassen.

Kehl und Hajnal vereint

Auf der Südtribüne, die sich in Halbzeit Eins weitgehend dem Spiel anpasste, offenbarte sich dem Betrachter die Erkenntnis, dass immer mehr Fahnen und Doppelhalter die Tribüne in ein schönes schwarzgelbes Bild verwandeln. Vor allem die Verteilung gefällt: Waren es früher vor allem die Ultra-Blöcke, in denen sich die Fahnen dicht drängelten, verteilen sie sich heute viel schöner auf der gesamten Tribüne.

Die auf der gegenüberliegenden Seite stehenden, nicht gerade zahlreich mitgereisten Bremer bekamen in der 36. Minute die einzige Großchance der ersten Hälfte zu bestaunen. Der Torjubel, den der Gästeblock schon auf den Lippen trug, wurde von Pizarro jedoch erstickt: Konter der Bremer, unschöne Fehler-Koproduktion von Tinga und Santana, stattdessen schöne Hereingabe von Özil, doch der Peruaner verbaselte das Leder in der Mitte.

Zurück zum Bremer Anhang: Wer Borussia in der Fremde erlebt, für den ist es schon erschreckend, wie emotionslos der hanseatische Gästeblock ein solches Spiel verfolgt. Nur etwa 50 Mann üben sich in monotonem Dauergesang und -getrommel und reagieren dabei so gut wie gar nicht auf das Geschehen auf dem Rasen, derweil der Rest der Mitgereisten schweigend daneben steht. Auch zahlenmäßig sind knapp 4.000 Mitreisende alles andere als ein Ruhmesblatt für den Werder-Anhang. Mag sein, dass man dort inzwischen europapokal-verwöhnt ist, aber das sich bietende Bild des Gästeblocks war schon mehr als traurig.

Musikalisches und spielerisches Kontrastprogramm

Tinga und Owo gegen Pizarro

In der Halbzeitpause dann Kontrastprogramm zum Geschehen eine knappe Stunde zuvor. Michael Boschke präsentierte „Dortmund, meine Stadt" (-> Lied unter Youtube). Zweifelsohne eine wenig stadionkompatible Ballade auf der Akustik-Gitarre, fernab jeder Geschmacksfrage aber sicherlich ehrlichere und handwerklich bessere Musik als die Peinlichkeiten zuvor.

In Halbzeit Zwei dann riskierten beide Mannschaften endlich mehr und das Spiel kam in Schwung. Zuerst war es Roman Weidenfeller, der in der 51. Spielminute einen Tumult im Strafraum dadurch auflöste, dass er das Leder weit aus der Gefahrenzone boxte. In der Folge dann die Schwarzgelben deutlich mehr am Zug und mit Druck in Richtung Werder-Tor, aber immer noch ohne wirkliche Durchschlagskraft.

Knapp eine Stunde gespielt, die Szene der Partie: Nelson Valdez spielt Tim Wiese aus, stolpert im Zweikampf mit Prödl, rappelt sich auf und fällt erneut hin. Von der Tribüne aus ein glasklarer Strafstoß und eine Rote Karte gegen Prödl, das anschließende TV-Bild ist jedoch weniger eindeutig. Eher stolperte Valdez erneut über Prödl, als dass hier wirklich ein Foul des Österreichers vorlag. Die Entscheidung von Knut Kircher gegen einen Strafstoß darum durchaus vertretbar, aber vor allem für die Stimmung Gold wert.

Gellende Pfiffe jetzt bei jeder Ballberührung der Bremer, Riesengetöse bei jeder Entscheidung gegen Schwarzgelb. Die ohnehin schon stark verbesserte Stimmung der zweiten Halbzeit erreichte ihren Siedepunkt - und zeigte Wirkung.

Alex Frei bejubelt das 1:0

Nur wenige Minuten später. Erneut dringt Valdez in den Strafraum, diesmal legt Boenisch Hand an. Valdez fällt und der Schiedsrichter traut sich kein zweites Mal gegen den BVB zu entscheiden. Elfmeter - und das ist wohl vor allem der Verdienst der Südtribüne, denn das Foul ist nur geringfügig eindeutiger gewesen. Boenischs Hand hat an Valdez Oberkörper nichts zu suchen, der Schubser macht den Strafstoß vertretbar. Jedoch kaum zu glauben, dass Kircher auch ohne die Vorgeschichte hier so zweifelsfrei auf den Punkt gezeigt hätte.

Der Rest ist Frei: Kurzer Anlauf, Wiese verladen, sicher eingenetzt. Bei Elfmetern ist und bleibt der nervenstarke Schweizer eine Bank. Jubel im Stadion, der erste Dreier des Jubiläumsjahrs zum Greifen nahe.

In der Folge sorgten beide Teams für eine deutlich unterhaltsamere Partie mit einigen Torschussgelgenheiten, aber ohne die ganz großen Torchancen. Ohne mehrere Stammspieler fiel es den Bremern sichtlich schwer, sich gegen den Rückstand noch aufzustemmen. So vermochte die Borussia die Führung relativ ungefährdet und souverän nach Hause zu bringen. Drei Minuten Nachspielzeit, dann der Schlusspfiff: Jubel und Erleichterung. Borussia kann doch noch siegen und festigt die Position in der Tabelle. Mit der Rückkehr von Dede und Kuba werden in den folgenden Partien hoffentlich noch ein paar weitere Siege einzufahren sein.

Dede vor der Süd

Die schönste Szene dann im Anschluss an das Spiel, als Rückkehrer Dede sichtlich glücklich und bewegt in Richtung Südtribüne trat, sein Trikot in die Menge warf und sich von der Masse feiern ließ. Einfach schön, dass der Brasilianer wieder dabei ist. Als Linksverteidiger war er vielleicht noch zu ersetzen, seine pure Präsenz hat aber Mannschaft und Fans definitiv gefehlt.

Fazit:

Ein gelungener Samstagnachmittag. Nicht unbedingt begeisternder, aber doch unterhaltsamer Fußball, endlich auch wieder mit dem besseren Ende für Schwarzgelb. Ein wenig schmerzt der Blick auf die Tabelle und die Frage „Wo könnten wir stehen, wenn wir hier und da...", aber das ist Makulatur und bringt niemanden weiter. Borussia hat die sieglose Phase endlich beendet, das ist erst einmal das Wichtigste. Den Rest der Saison sollte die Mannschaft nun befreit aufspielen können und am Ende mal schauen, für welche Platzierung es reicht.

Die Spieler in der Einzelbewertung

Weidenfeller: Hatte wenig zu tun, war aber da, als er gebraucht wurde. Klasse Abwehr gegen Pizarro. Note 2

Owomoyela: Licht und Schatten auf der rechten Abwehrseite, allerdings auch weitgehend ohne größere Fehl und Tadel. Note 3,5

Subotic: Souveräner und ruhiger als zuletzt. Hatte mit den Bremer Angreifern nicht die allermeiste Arbeit. Note 3

Santana: In einer Szene unaufmerksam gegen Almeida, ansonsten auch er weitgehend solide. Note 3,5

Dede: Bester Verteidiger. Das erst dritte Spiel nach der langen Verletzung war ihm kaum anzumerken. Schickte sich aufgrund mangelnder Beschäftigung immer wieder an, auch nach vorn tätig zu werden. Gute Leistung: Note 2

Kehl: Schwaches Spiel mit vielen unnötigen Fehlpässen. War dem Mittelfeld kein großer Rückhalt. Note 4

Tinga zeigte eine soueveräne Leistung

Tinga: Erste Halbzeit äußerst mäßig, in der zweiten dann wie die gesamte Mannschaft verbessert. Note 3,5

Kringe: Weitgehend unauffällig, aber ohne echte Fehler. Im Spiel nach vorn etwas zu unscheinbar. Note 3,5

Hajnal: Fleißkärtchen für viel Laufarbeit und ein paar nett anzuschauende Zuspiele, wenngleich ihm der ganz große Wurf nicht gelang. Trotzdem Note 2,5

Frei: Erneut Eiskalt den Elfmeter verwandelt, ansonsten für seine Verhältnisse durchaus lauffreudig. Am letzten Zuspiel in den Strafraum fehlte es oft, darum kaum echte Schussgelegenheiten für den Schweizer. Note 3

Valdez: Unglücklich in der ersten Strafraumszene, holte in der zweiten dann den Strafstoß raus und zeigte sich auch sonst gewohnt engagiert und laufstark. Note 2,5

Aufstellungen und Statistik

Die Welle nach Schlusspfiff

Borussia: Weidenfeller - Owomoyela, Subotic, Santana, Dede (86. Schmelzer) - Kehl - Tinga, Hajnal, Kringe (79. Sahin) - Frei (79. Kuba), Valdez

Bremen: Wiese - Prödl (77. Harnik), Pasanen, Mertesacker, Boenisch - Niemeyer (66. Jensen) - Tziolis (77. Hunt), Diego, Özil - Pizarro, Almeida

Tore: 1:0 Frei (64. Foulelfmeter)

Gelbe Karten: Tinga - Jensen, Wiese

Zuschauer: 75.500, darunter knapp 4.000 Bremer

Schiedsrichter: Knut Kircher, Note 4,5. Hatte die undankbare Aufgabe, zwei halbe Elfmeter zu einem ganzen zusammenfügen zu müssen. Ansonsten eher unauffälliger Leiter der Partie. Hätte Tim Wiese schon beim Elfmeter die gelbe Karte zeigen müssen. Sein Assistent versagte außerdem bei der Abseitsentscheidung zu Ungunsten von Valdez.

Torschüsse: 14:16
Ecken: 6:7
Flanken: 12:12
Ballbesitz in %: 43:57
Gew. Zweikämpfe in %: 43:57
Fouls: 15:16
Abseits: 8:4

schwatzgelb.de zeigt Euch vorab die Fotos vom Heimsieg.

Weitere Bilder:

Bilder von der Südtribüne

Südtribüne und Spielszenen

Spielszenen, Dede und Gästeblock

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