Spielbericht Profis

Borussia schlägt Tasmania

31.10.2009, 00:00 Uhr von:  Arne
Borussia schlägt Tasmania
Nuri-Lucas

Manchmal braucht es bekanntlich Hilfe von außen, um Maßstäbe wieder geradezurücken. Wem es schlecht geht, dessen Blick auf das eigene Schicksal relativiert sich recht schnell beim Blick auf das Elend in der Welt und die Vielzahl an Leuten, denen es noch bedeutend schlechter geht. Am gestrigen Abend übernahm die Tasmania aus Berlin für den BVB genau diese Aufgabe. Ja, ein Pokal-Aus in Osnabrück ist bitter. Für die Hauptstadt-Gäste in momentaner Verfassung reicht es jedoch allemal.

Es war wirklich kein Spiel, an das man sich lange erinnern wird. Zumindest nicht aus Dortmunder Sicht und selbst die Berliner dürften so langsam den Überblick verlieren über all die Klatschen, die sie in dieser Spielzeit bislang über sich ergehen lassen mussten.

Doch fangen wir vorne an:

Tribüne

Beide Mannschaften traten an diesem Freitagabend in einer sehr ähnlichen 4-5-1/4-2-3-1/4-4-1-1-Variante an, bei der Borussia tauschte Jürgen Klopp lediglich den wieder genesenen Sven Bender für den erkrankten Tinga in die Mannschaft, ansonsten erhielten alle Pokalhelden die Gelegenheit zur Rehabilitation. Auch Patrick Owomoyela und Nelson Valdez, die in Osnabrück beide keine Sternstunden erlebt hatten und auf die die meiste Kritik der Fans abzielte. Klopps Möglichkeiten zu personellen Konsequenzen allerdings schrumpften auch auf ein Minimum zusammen: Tinga saß angeschlagen immerhin auf der Bank, mit Marc Ziegler und Markus Feulner hatten sich aber noch am Freitag zwei Akteure kurzfristig krankgemeldet, so dass der Brasilianer sich auf der Bank inmitten von Jungspunden wiederfand.

Das Spiel selbst begann, wie man erwarten konnte. Zwei verunsicherte Mannschaften waren in erster Linie bemüht, wenige Fehler zu machen, was zur Folge hatte, dass sie viele Fehler machten. Dem beizuwohnen, war weder ansehnlich noch unterhaltsam, so dass sie erste Halbzeit schnell erzählt ist:

Dede

Die erste unglückliche Szene des Spiels gehörte prompt dem BVB. Weidenfeller und Dede prallten nach wenigen Minuten Spielzeit zusammen, Dede musste lange behandelt werden. Die Lippe blutete. Weil der Zusammenprall ihn überdies sichtlich mitgenommen hatte, musste der Brasilianer nach 17 Minuten unter dem Anteil nehmenden Beifall der Massen das Feld räumen, übergab sich anschließend in der Kabine und kam ins Krankenhaus. Hoffentlich nur eine leichte Gehirnerschütterung. Wir wünschen alles Gute!

Wenig später war es eine Flanke von Kuba, die Barrios im Strafraum erreichte. Der Argentinier kam per Kopf an den Ball, aber es fehlte die Genauigkeit, der Ball ging folglich über das Tor (18. Minute). Später flankte Owomoyela aus dem Halbfeld in den Strafraum, Tasmanias Drobny und Valdez gingen nahezu zeitgleich in der Luft zum Ball und Drobny riss Valdez zu Boden (35.). Riesenaufregung im Stadion, das einen Elfmeter forderte. Vertretbar wär’s zumindest gewesen, doch Schiri Dr. Brych sah das anders.

Doch das war es auch schon an Spannung in dieser ersten Hälfte und so brach sich mit dem Halbzeitpfiff allmählich der Unmut der Zuschauer Bahn. Pfiffe begleiteten beide Teams in die Halbzeit. Überhaupt die Stimmung: Das noch immer ungewohnte Bild von Heimfans im Gästeblock konnte auch nicht verhindern, dass sich die Atmosphäre am heutigen Abend weitgehend dem Spielverlauf anpasste. Weder das Häufchen Tasmania-Fans im Gästeblock noch die Dortmunder auf beiden Seiten vermochten aus dem Kick ein echtes Erlebnis zu machen.

Valdez

Das Konzept, Gäste in die Nord-Ost-Ecke zu stopfen, sollte sich der BVB überhaupt noch einmal überlegen. Zuerst entwickelten sich zwischen dem eigentlichen und dem echten Gästeblock kleine Scharmützel, später legten sich die Tasmania-Fans mit Heimfans im Oberrang der Nordtribüne an, von diesen nur getrennt von einer Handvoll Ordner und einem Minigeländer.

Auch dass nach Informationen von schwatzgelb.de an Berliner Fans offenbar vor Ort keine günstigen Karten mehr verkauft wurden und diese lediglich Tickets für 38 Euro angeboten bekamen, ist nicht sonderlich gastfreundlich.

Nun denn, die zweite Halbzeit sollte beginnen und der BVB berappelte sich zusehends. Die ganz groben Fehlpässe waren nun nicht mehr zu sehen und Schwarzgelb erspielte sich eine sichtbare Feldüberlegenheit, verbunden allerdings mit dem altbekannten Manko: Nach Torgefahr roch das alles keineswegs. So war es auch kein Zufall, dass ausgerechnet ein Foulelfmeter den BVB auf die Siegerstraße bringen musste. Eine Ecke für den BVB nutzte Tasmanias Kacar, um fernab des eigentlichen Spielgeschehens und des Balls, Owomoyela eine kleine Lektion im Freistilringen näher zu bringen. Owomoyela ging zu Boden und Dr. Brych zeigte auf den Punkt. Vor der Ausführung mache Drobny sich noch ein wenig zum Affen, doch Nuri Sahin ließ sich davon rein gar nicht beeindrucken und markierte souverän vom Punkt aus das 1:0.

In der Folge war es der Berliner Anhang, der es Drobny gleich tat. „OS-NA-BRÜCK, OS-NA-BRÜCK“ ertönte es aus Richtung Nord-Ost-Ecke, offenbar wollten die Tasmania-Fans ein wenig Salz in die Dortmunder Pokalwunde streuen, aber so richtig heroisch will eine solche Szene nicht wirken, wenn die eigene Mannschaft sich gerade die neunte Saisonniederlage im elften Spiel abholt.

Torjubel

Die Berliner Mannschaft stemmt sich nur kurz gegen die Niederlage. Ein Pfostentreffer von Piszczek in der 74. Spielminute brachte den Dortmunder Sieg kurzzeitig ins Wanken, das war es aber auch schon, was die Tasmania an Torgefahr auszustrahlen vermochte. Ansonsten war da nichts, rein gar nichts.

Das Spiel plätscherte also allmählich dem Ende entgegen, und als sich alle Zuschauer bereits mit dem müden 1:0 abgefunden, sorgte der sehr umtriebige Barrios noch kurz vor Schluss für einen Weckruf der besonders schönen Art: den Ball im Strafraum bekommen, kurz gedreht und dann mit ordentlich Wums im Tor versenkt. Ein sehr, sehr schönes und sehenswertes Dingen, dieses inzwischen insgesamt vierte Bundesligator. Noch schönere Statistik: Es war das siebte Pflichtspieltor des Argentiniers in den letzten sieben Partien. Dass die Borussia in den letzten Ligaspielen gut da steht, hat auch und gerade mit Barrios Toren zu tun, die im Nu unglaublich wichtig für den BVB geworden sind.

Quasi mit dem Torjubel beendete der Schiedsrichter dann auch die Partie und es folgte eine Episode der Kategorie Fremdschämen. Für einige Strategen scheint die „Humba“ offenbar die Krönung ihres Stadionbesuchs zu sein und so quittierten sie die absolut richtige Weigerung der Mannschaft mit Pfiffen. Was aber sollte man von einer Mannschaft halten, die nach einem verpatzten Pokalspiel beim Drittligisten den Tabellenletzten mühsam schlägt, in der Halbzeitpause noch ausgepfiffen wird, nur um nach dem Spielende dann ausgelassen vor der Tribüne zu feiern?

Lucas

Die Jungs haben sich absolut richtig entschieden. Und wessen Stadionbesuch ohne das Event der Humba nicht komplett ist, der sollte sich selbst mal hinterfragen, weshalb er überhaupt ins Stadion rennt.

Fazit:

Ein dringend benötigter Arbeitssieg der Borussia, die diesmal auch ein wenig Dusel hatte. Mit zehn von zwölf möglichen Punkten aus den letzten Partien sieht die Welt schon etwas freundlicher aus, auch wenn der BVB in dieser Form gestern wohl nicht gegen viele andere Teams der Liga gewonnen hätte. Doch diese drei Punkte nimmt uns erstmal niemand und vielleicht schaffen solche Siege endlich auch wieder das Selbstvertrauen in der Mannschaft, das es braucht, um auch ansehnlicheren Fußball auf den Rasen zu bringen. Zumindest für die restlichen drei Heimspiele sind auch gute Voraussetzungen vorhanden, weiter eifrig Punkte zu sammeln. Ob die Borussia sich aber auch gegen gute Gegner behaupten kann oder ob die Partie in Leverkusen eine Eintagsfliege war, das wird sich schon am kommenden Sonntag in Bremen zeigen. Vielleicht eines der richtungweisendsten Spiele in dieser Saison.

Die Spieler in der Einzelbewertung:

Weidenfeller: Solide Leistung, von den schwachen Tasmania-Spielern allerdings auch kaum geprüft. Note 3,5

Owomoyela: Ohne wirklich gravierende Fehler, Sicherheit sieht aber auch anders aus. Sowohl hinten wie auch im Spiel nach vorn noch mit zu vielen Unsicherheiten. Note 4,5

Subotic: Katastrophenleistung in Halbzeit 1, wo im Spielaufbau nahezu jeder Ball blind zum Gegner gedroschen wurde. In Halbzeit 2 dann verbessert. Mit zwei zugedrückten Augen Note 4,5

Hummels: Stark und souverän, wie bereits in der Vorwoche in Leverkusen. Bei ihm brennt aktuell nichts an und die Gegenspieler sind in guten Händen. Note 2,5

Dede: Gute Besserung!

Schmelzer: Sicherte nach hinten ab, das war es aber auch schon. Nach vorne viel zu ängstlich. Die Furcht, im Offensivspiel Fehler zu machen, war ihm bei jeder dieser Szenen anzusehen. Gegen eine schwache Tasmania hätte da mehr kommen dürfen. Note 4

Bender: Licht und Schatten. Sehenswerte Balleroberungen und kluge Spieleröffnungen wechselten sich ab mit Fehlpässen und verbaselten Bällen. Insgesamt daher Note 3,5

Sahin: Starke Darbietung. Ballsicher, durchaus Zweikampfstark und mit gewohnt gutem Auge im Passspiel. Der abgeklärte Elfmeter war das Sahnehäubchen. Nuri entwickelt sich mehr und mehr zum echten „Leader“. Note 2

Kuba: Ebenfalls mit Licht und Schatten, besonders in der zweiten Hälfte dann aber auch stetige Gefahr für die Berliner Hintermannschaft. Nutzt auf der rechten Seite noch zu selten die Chance zum Sprint. Note 3

Valdez: Jürgen Klopp äußerte sich nach Spielende begeistert, also wird er die Vorgaben 100%ig umgesetzt haben. Als Zuschauer mag man dem Trainer da jedoch nicht so ganz zustimmen. Besonders fürs Offensivspiel war das eigentlich zu wenig. Note 4

Zidan: Rückfall in alte Zeiten. Ein paar sehenswerte Aktionen, die aber überlagert wurden von der Vielzahl der Szenen, in denen er sich treffsicher für die falsche Möglichkeit entschied. Note 4,5

Barrios: Das Zusehen macht Spaß: Er behauptet die Bälle, setzt die Mitspieler in Szene, erarbeitet sich die Torchancen und trifft überdies dann sogar. Gestern in der Nachspielzeit ein wirklich schönes Tor. Note 2

Aufstellungen und Statistik:

Borussia: Weidenfeller – Owomoyela, Subotic, Hummels, Dede (17. Schmelzer) – Bender, Sahin – Kuba, Valdez (89. Großkreutz) – Zidan (70. Rangelov) – Barrios

Berlin: Drobny – Stein, Friedrich, von Bergen, Pejcinovic – Lustenberger, Kacar – Piszczek (80. Wichniarek), Ebert – Raffael – Ramos

Tore: 1:0 Sahin (60., Foulelfmeter), 2:0 Barrios (91.)

Gelbe Karten: Rangelov, Bender – Patrick Ebert, Du alter Rowdy

Zuschauer: 77.000, darunter knapp 1.000 Tasmania-Fans und um die 3.000 Erstsemester

Schiedsrichter: Dr. Felix Brych. Passte sich weitgehend dem Spiel an und traf nicht immer nachvollziehbare Entscheidungen. Note 4

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