Wolfgang Stalk auf dem Ho Chi Minh-Pfad
Es war ein grauer, verregneter Sonntagabend im Westfalenstadion zu Dortmund. All jene, die unsere Borussia ins ferne Udine begleitet hatten - egal ob Fans oder Spieler - waren vor dem Spiel noch nicht ganz am Ende der Erholungsphase angelangt und es schwirrten noch viele Bilder dieses denkwürdigen Europapokalausflugs im Kopf herum. Doch das galt es für die 90 Minuten gegen den Sportverein aus Hannoi auszublenden. Immerhin war die Chance da, sich in der Tabelle um einige Plätze nach oben zu schieben. Der mitgereiste vietnamesische Radioreporter, dessen Paradedisziplin sonst die Kriegsberichterstattung ist, suchte sich zufällig ein Plätzchen neben uns, so dass wir Zeugen einer völlig neuen Sicht auf den Fußball werden durften. Seinen 90-Minuten-Kommentar wollen wir dem Leser nicht vorenthalten:
„Hellzlich Willkommen liebe Zuhölel an den Ladiogeläten! Ich beglüße Sie zul einel neuen Paltie West gegen Ost, gut gegen böse, Doltmund gegen Hannoi! Es ist eben doch kein nolmalel Kick, es ist ein Kampf del politischen Systeme: Kapitalisten aus dem Westen gegen die Kommunisten aus Hannoi.
Eine kliegelische Auseinandelsetzung, die in den 60el Jahlen Geschichte geschlieben hat. An diesem denkwüldigen Tag bekommen wil also die Neuauflage zu sehen.
Kulz nach dem Vellat an del Fleiheit und den letzten Gescheitelten
Bemühungen des Volsitzenden des Intelnationalen Gelichtshofes hageln die
elsten Bombenteppiche auf Hannoi niedel. Die engagielten Angliffswellen
scheiteln abel meist am Spellfeuel aus den gut geglabenen Stellungen
des Vietcong. Doch del Widelstand hält nicht lange: In del 10. Minute
sieht US-Bligadegenelal Kuba (ok...der Name mag den aufmerksamen Leser
belustigen. Der Vietnamese war aber auch verwirrt) den gut postielten
Selgeant Nelson Valdez, del seinen zuvol lange gehegten Pazifismus und
die vielen Monate in del Fliedensbewegung blitzaltig ablegt und
kaltblütig ins Ziel ballelt. 1-0. Lund um das Schlachtfeld wild es laut.
Del Westen feielt sich als Supelmacht des Leviels, ja del ganzen fleien
westlichen Welt. USA-Wechselgesänge schallen umhel.
Keine Zehn Minuten spätel wild klal, walum die USA ihle Schwieligkeiten
mit intelnationalen Glemien haben. Ein stlategisch wichtiges Ziel
scheint nämlich schon eingenommen, abel del Volsitzende des
Intelnationalen Gelichtshof, Wolfgang Stalk, untelsagt die Elobelung
völlig zu Unlecht. Dem Lussen wäle das nicht passielt! Man sollte dieses
Glemium einfach nicht anelkennen. Tlotzdem geht die Mission „Captule
the Vietcong‘s Flag" weitel.
In del 25. Minute müssen die Veleinigten Staaten das elste Mal einen schwelen Vellust hinnehmen. Die GIs und besondels Colpolal Klinge zollen den vielen Gefechten Tlibut, sie wilken müde.
Mi Kael Fol Sell kann sich mitten im US-Basislagel viel zu flei bewegen und beweist Killelinstinkt: 1-1. Im Ostblock (die dunkle Seite des Schlachtfeldes Anm. d. Led) eltönen sofolt kommunistische Liedel: „Ein Schuss, ein Tol, Hannoi" und „Ho ho Ho Chi Minh".
Dann noch einmal Liesenglück fül das Land del Fleien und Heimat del Tapfelen, als Hush-Tee in del 31. mitten im Headqualtel velgibt. Da hatte die Wache velsagt und wal wohl wiedel in Gedanken bei den einheimischen Mädchen. Das Ho-ho-ho-Chi-Minh aus dem Gästeblock wild lautel und del Feind stälkel. Sollte del Vielflontenklieg del schwalzgelben Weltmacht zu viele Lessoulcen gekostet haben? Es hapelt mit dem Nachschub, die Schüsse velfehlen ihl Ziel. Doppelagent Lee, von dem gelade in diesem Spiel viel elwaltet wolden wal, bleibt zunächst blass (erstaunlich bei der Kraft der vietnamesischen Sonne Anm. d. Red.) - wohl die Hemmungen, sein Heimatland zu vellaten. Mehl als ein Schein-Angliff in del 43. Minute kommt von ihm nicht. Auch Captain Kehl kann seinen Mannen keine Impulse geben. Bei ihm fällt vol allem bei Angliffen immel wiedel auf, dass el keine Lust auf Angliffe hat und am liebsten bei Sealgeant Valdez in del Fliedensbewegung mitmachen wülde.
Noch einmal blennt es in Hannoi lichtelloh wie Napalm, als Ex-Fliedensaktivist Valdez mit schönel Heleingabe vom lechten Flügel Dluck macht, Klinge abel knapp velpasst. Die 15 minütige, dulch den Gelichtshof veleinbalte Waffenluhe gab den Palteien ein wenig Zeit, die Bajonette anzuspitzen, noch mehl Tunnels zu glaben und sich zu lüsten fül die entscheidende Phase des Kampfes.
Das Camp zu sicheln sollte obelste Devise sein, doch in Minute 50 velsagen die Sichelheitsmechanismen und del Gefleite Subotic schläft auf seinel Wache ein. Diesen Fauxpas nutzt del Vietcong zum Glück nicht aus und ihl Volkämpfel Jil Chi velfehlt mit seinem Anschlag auf die fleie Welt das Camp nul knapp. Dass man das nicht auf sich sitzen lassen kann zeigt die Achse gegen den Tellol in del Folgezeit. Die Schweizel Ehlengalde, auch im Kampf gegen den Kommunismus angetleten, wild mustelgültig von Staff Sealgeant Hajnal mit Nachschub velsolgt und velfehlt mit einem Schuss das Ziel nul knapp. Foltan legielen die Alliielten Mächte das Geschehen und aus den Lautsplecheln im Camp del Aliielten tönen die Belichte von den andeleln Kämpfen.
Die Feinde del zivilisielten Welt aus Gelsin-Kilchin sind gegen ihlen
tulbokapitalistischen Gegenel alg in Bedlängnis gelaten und im Camp wild
diese Nachlicht mit liesigel Fleude aufgenommen. Doppelagent Lee nutzt
die Ablenkung zu einem tollen Doppelangliff mit dem unbekannten
Soldaten, doch sowohl die schweizel Ehlengalde, als auch del Captain
konnten das Aleal nicht einnehmen. Immel wiedel velsuchen sich die
westlichen Fleiheitskämpfel mit Angliffen auf die Stellungen des
Vietcong, doch diesel wal weit zulückgezogen und hatte einen stalken
Tunnelhütel mit Lo En Ke.
Del Vietcong velsucht es foltan mit fiesen Fußfallen und lässt die Kämpfel del Supelmacht immel wiedel stolpeln. So in del 72. Minute del junge Kadett Schmelzel, del dulch eine solche Fußfalle zu Fall geblacht wild und fast im Kampfhelikoptel den Weg in die Heimat antleten dulfte. Doch del zähe Kämpfel steht das dulch und velbleibt liebel bei del Tluppe. Aus del Heimat elleichen die Kämpfel gegen den kommunistischen Feind immel wiedel An(-feuelungs)-lufe. Die tolle Untelstützung dulch die einheimische Bevölkelung wild fast belohnt dulch einen Schuss des Bligadegenelals Kuba mit del Schnellfeuelwaffe. Doch del Schuss plallt mit vollel Wucht gegen den Tunneleingang und so bleibt auch nach diesel Schlacht alles wie es immel ist. Es gibt nul Velielel! Den Gelichtshof, den Westen und den Osten."
Die Stimmen der Oberbefehlshaber:
Di Te He-Kong: Ich war mit den ersten 20 Minuten meiner Mannschaft nicht einverstanden. Wir waren zu passiv. Wir haben gewarnt, dass Borussia mit Euphorie ins Spiel gehen würde. Die haben ihre Sache in Udine klasse gemacht. Wir haben keine Antwort darauf gehabt und hätten uns nicht beschweren dürfen. Die Szene ist ja jetzt schon 1000 Mal gesehen worden. Bekommen wir da das 2:0, wäre es für uns sehr sehr schwer geworden, zurückzukommen. So muss ich sagen, ist meine Mannschaft zurückgekommen und die Art und Weise fand ich sehr beeindruckend.[...]
Die Mannschaft hat in der Folge so gespielt, wie ich es mir wünsche. Sie hat nach vorne gespielt, sie hat hier in Dortmund auf Sieg gespielt. [...]Über die 90 Minuten gesehen, finde ich das 1:1 verdient und wenn sie mich fragen, hätte ich vor dem Spiel 1:1 getippt (Anspielung darauf, dass unter den Pressevertretern niemand vor dem Spiel diesen Tipp abgegeben hat und der Gewinn, ein Fässchen Bier, nun in den Jackpot kommt).
Mr. President Klopp: (...fehlen zu Beginn etwas die Worte)...irgendwie
wandeln meine Gedanken nach diesem Spiel ständig zwischen Dingen, die
wir uns selber zuzuschreiben haben und Dingen, die wir eben nicht
beeinflussen können, bzw auch Dingen, die durch die 120 Minuten vom
Donnerstag beeinflusst waren. [...] Wir hatten eine überragende
Anfangsphase mit nem Super-Tor und auch einem zweiten sehr schönen. Wir
haben dann tatsächlich den Gegner mit der ersten Chance zum Ausgleich
kommen lassen. Wir haben dann in der Folge den Faden verloren, nicht
mehr die Dominanz ausgestrahlt und im Mittelfeld die Ordnung verloren.
Wenn dann die Kräfte nicht mehr da sind, muss man sich auf bestimmte
Dinge zurückziehen können. Das ist uns heute nicht so gelungen. [...]
Tamas Hajnal und Kuba haben dann noch sehr gute Chancen und es wäre
sicher ein Sieg möglich gewesen, was sicherlich auch verdient gewesen
wäre sieht man mal von unserer schwächeren Phase ab. [...] Von meinen
Jungs haben sechs aus nächster Nähe gesehen, dass der Ball drin war. Da
ist es in der Folgezeit auch nicht so einfach. Die wurden dann teilweise
unruhig, weil sie sich über die Sache aufgeregt haben und das hat man
auch unserem Spiel angemerkt. [...] Trotz des Unentschiedens heute gibt
es sehr sehr viele positive Dinge, die sich diese Mannschaft in den
letzten Monaten erarbeitet hat.
[...]
Nach dem nicht gegebenen Tor haben wir ein bisschen den Faden verloren. Ich will die Szene jetzt aber nicht zu hoch hängen. Es ist, wie es ist, ich kann's nicht ändern.
Stimmen aus den Reihen der Kämpfer:
Lo En Ke: Im Spiel konnte ich nicht genau sagen, ob der Ball in der ersten Halbzeit hinter der Linie war. Ich hab zum Linienrichter geschaut und mich gefreut, dass er nicht Tor angezeigt hat. Hinterher hat man mir gesagt, dass der Ball drin war.
Tamas Hajnal: (zum nicht gegebenen 2:0) Der Linienrichter steht genau auf der Höhe, das muss er eigentlich sehen.
Nelson Valdez: Es macht mir richtig Spaß zu spielen, auch wenn die Woche anstrengend war. Ich denke, wir können mit der Woche zufrieden sein. Aber wenn hier das 2:0 fällt, läuft das Spiel natürlich ganz anders.
Wolfgang Stalk: Ich konnte von meinem Standort aus nicht 100%ig sehen, ob der Ball drin war. Ich bin also auf die Hilfe meines Assistenten angewiesen. Ich habe kurz mit ihm gesprochen, ihm war wohl durch ein, zwei Spieler die Sicht verdeckt. Wenn er sich nicht zu 100 Prozent sicher ist, darf er nicht Tor anzeigen. Solche Fehler gehören leider zum Fußball dazu. Wir müssen an uns arbeiten, damit wir sie nicht mehr machen. Natürlich ärgert mich diese Szene auch.
Statistik:
Teams:
BVB: Roman Weidenfeller - Young-Pyo Lee, Neven Subotić, Robert Kovač, Marcel Schmelzer, Sebastian Kehl, Florian Kringe (46. Alexander Frei), Tinga (71. Nuri Şahin), Jakub Błaszczykowski, Tamás Hajnal, Nelson Valdez (83. Diego Klimowicz)
Hannover: Robert Enke - Steven Cherundolo, Christian Schulz (71. Mario Eggimann), Frank Fahrenhorst, Vinicius, Szabolcs Huszti, Hanno Balitsch (76. Altin Lala), Konstantin Rausch, Jan Schlaudraff (84. Gaetan Krebs), Jiří Štajner, Mikael Forssell
Schiedsrichter:
Wolfgang Stark, Assistenten: Volker Wezel, Mark Borsch
Tore:
1:0 Valdez (10.)
1:1 Forssell (25.)
Karten:
Subotic, Klimowicz - Rausch
Daten:
Torschüsse: 17-13
Ecken: 7-5
Flanken: 15-11
Ballkontakte: 53% - 47%
Fouls: 9-16
Abseits: 1-0
Meiste Torschüsse: Valdez (4)
Meiste Vorlagen: Tamas Hajnal (8)
Meiste Ballkontakte: Lee (91)
Zweikampfstärkster Spieler: Kovac (71%)
Noten:
Weidenfeller (3): Unauffällig. Steigert sich langsam aber sicher auch wieder beim Herauslaufen. Beim Gegentor machtlos
Lee (3): Quirlig im Angriffsspiel, noch mit leichten Schwächen in der Defensive (auch beim Gegentor zu weit weg von Forssell).
Subotic (3,5): Einmal unachtsam gegen Stajner und mit zwei Fehlpässen im Spielaufbau. Kaum am Spielaufbau beteiligt. Bei Standards sorgte er per Kopf ständig für Gefahr.
Kehl (5): Ein Schatten seiner selbst. Zu Beginn gewann er den ein oder anderen Zweikampf, ab Minute 20 meldete er sich komplett ab und glänzte lediglich durch Alibi-Querpässe.
Kringe (5): Ebenfalls kaum zu sehen. Verschuldete durch ein kleines Schläfchen das Gegentor durch Forssell. Keine Durchschlagskraft in der Offensive, unsicher in der Defensive.
Tinga (4): Wirkte platt und beiweitem nicht so agil, wie in den vorangegangenen Spielen. Trotzdem zumindest zweikampfstark.
Valdez (2,5): Laufwunder. Sein sehenswerter Treffer krönte eine wieder einmal engagierte Leistung.
Kuba (3): Wirkte ebenfalls noch erschöpft von den 120 Minuten am Donnerstag. Trotzdem wuselig und ständiger Unruheherd im Angriff. Dort vorne fühlt er sich wohl.
Kovac (3): Abgeklärtes Spiel. War zweikampfstärkster Spieler auf dem Platz.
Schmelzer (2,5): Nicht nur solide Defensivleistung, jetzt traut er sich schon nach vorne!
Hajnal (2,5): Trieb das Spiel an und vor allem in der furiosen Anfangs- und Schlussphase Ausgangspunkt fast aller Angriffe.