Die BVB-Geschichte

Die Geschichte des BVB - Teil 5: Von 1939 bis 1948

15.02.2008, 05:00 Uhr von:  CHS

In dieser Rubrik findet ihr ab jetzt einen Rückblick auf über 100 Jahre Borussia Dortmund und ein wenig mehr. Denn wir werfen auch einen kurzen Blick auf die übrige Dortmunder Fußballlandschaft.

Derbysieger in der Jugend: Max Michallek

Die Saison 1938/39 endete für den BVB auf dem dritten Platz. Nur der FC Sch*lke 04 und der VfL Bochum waren vor den Dortmundern. Erfolgreich verlief der Dortmunder Ostland-Pokal. Der BVB holte nach Siegen gegen Viktoria 08, VfL Hörde, VfL Wickede, Sportfreunde 06 und SV Schüren den Pokal. Allerdings war für die Borussen im Tschammer-Pokal schon in der zweiten Hauptrunde gegen VfL Köln 99 Schluss. Für die Saison 1939/40 trat der Wiener Willi Sevzik die Nachfolge von Trainer Swatosch an, den es nach Berlin zog.

Im Jahr 1939 gab es endlich einen Erfolg gegen den FC Sch*lke 04 - allerdings nur auf dem Jugendsektor. In der Westfalenmeisterschaft in Münster gewann die A-Jugend der Borussen überraschend mit 4-2. In diesem Team standen Spieler wie Michallek, Ruhmhofer und Koschmieder. Der Kriegsausbruch im September 1939 reißt große Lücken in die Mannschaft. Etliche Spieler, Angehörige des Vorstandes und passive Mitglieder werden einberufen. Die Lücken werden aus den eigenen Reihen gefüllt. Dem BVB gelang es trotz dieser personellen Engpässe in den sechs Kriegsjahren, den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten. In diesen turbulenten Tagen leistet vor allem Willy Bietzek viel für den BVB. Durch sein unermüdliches Bestreben, den Kontakt per Brief zwischen Spielern an der Front und dem Verein nicht abreißen zu lassen, kann er immer wieder „Front-Urlauber" ins Team holen. Leider endete das erste Tschammer-Pokalspiel für den BVB in der Saison 1939/40 nicht wirklich gut. Man verlor gegen Gelsenguß Gelsenkirchen klar mit 0-2.

Am 19.12.1939 feierte der BVB sein 30-jähriges Bestehen. Wie damals üblich, vermeldete der BVB in einer Festschrift, dass 80% der ersten Mannschaft - größenteils passiv - Angehörige von Hitlers Sturmabteilung (SA) sind. Allerdings war diese Meldung reine Propaganda, überzeugte Nazis gab es kaum beim BVB. Der BVB-Vorsitzende August Busse etwa wurde erst 1941 NSDAP-Mitglied. Und dies nicht aus Überzeugung, sondern weil es nicht anders ging. Das zeigt auch schon die Tatsache, dass Busse es zuließ, dass der BVB-Platzwart und Widerstandskämpfer Heinrich Czerkus die Vervielfältigungsmaschine auf der BVB-Geschäftsstelle für Handzettel und Faltblätter nutzen konnte. Eine Anordnung vom Reichssportführer war die Einführung eines Dietwarts. Dieser hatte die Aufgabe, den Mitgliedern das nationalsozialistische Erziehungsbild zu vermitteln. Karl Brettin, der diese Position beim BVB bekleidete, hatte keinen leichten Stand, denn die BVBler wollten nur eins: Sport treiben. Politische Ideologie interessierten die meisten nicht.

Am 14.01.1940 fand für die Zuschauer ein schlechtes Spiel statt. Denn beim Heimspiel gegen Preußen Münster kamen die Gäste erst eine Stunde später als geplant an und so musste unter Lampeneinsatz gespielt werden. Der Ball und die Spieler waren kaum zu erkennen. Das Spiel endete 2-2. Nach diversen Spielabsagen musste der BVB in Herne mit einer verstärkten Jugendmannschaft antreten und verlor deutlich mit 0-5. Der Grund war, dass die meisten Spieler zur Front mussten. So ist es auch nicht verwunderlich, das Dortmund in der Saison 39/40 nur den 9. Platz in der Gauliga erreichte und nur aufgrund der Aufstockung der Liga auf zwölf Mannschaften nicht absteigen musste. Es war übrigens die einzige Saison in der Gauliga, in der eine andere Dortmunder Mannschaft vor dem BVB war. Der SV Arminia Marten 08 schaffte dieses Kunststück. Marten konnte sich vier Spielzeiten in der Gauliga halten, bis sie in der Saison 40/41 als Drittletzter abstiegen, weil die Liga verkleinert wurde. Zwar stiegen sie in der Saison 41/42 noch einmal auf, mussten aber als abgeschlagener Tabellenletzter ein Jahr später wieder absteigen.

Siegschütze beim ersten Derbysieg: August Lenz

Ganz Bitter war der 20.10.1940 für den BVB. Man verlor gegen die Gelsenkirchener zweistellig mit 10-0. Am Ende der Saison 40/41 belegt man einen vierten Platz. Eine besondere Premiere feiert am 13.01.1942 August Lenz. Nach Torwart und Stürmer wird er nun in der Verteidigung eingesetzt und zählt da auf der rechten Abwehrseite zu den besten Spielern im Team. Am Ende der Saison wird der BVB Vize-Meister, allerdings mit acht Punkten Rückstand auf den Reviernachbarn aus Gelsenkirchen. Die verkürzte Saison 42/43 endet mit dem Klassenerhalt des BVB durch ein Unentschieden gegen Alemannia Gelsenkirchen. Am Ende liegt man auf dem sechsten Platz.

Am 14.10.1943 war es dann endlich soweit: Der BVB gewann sein erstes Spiel gegen die Gelsenkirchener. Bereits in der achten Minute erzielte der Ur-Borusse August Lenz den 1-0-Siegtreffer. Am Ende der Saison 43/44 belegt der BVB den dritten Platz. Die Saison 44/45 war für den BVB sehr kurz. Das erste Meisterschaftsspiel der Borussen war gleichzeitig das letzte. Man gewann gegen Alemannia Dortmund mit 3-1.

Karfreitag 1945 werden von der Gestapo 267 Widerständler, Kriegsgefangene und ausländische Zwangsarbeiter verhaftet, darunter auch der BVB-Platzwart Heinrich Czerkus und Franz Hippler. Diese werden dann im Rombergpark bzw. im Stadtforst Bittermark ermordet.

BVB-Platzwart Heinrich Czerkus wurde von der Gestapo ermordet

Am 08.05.1945 ist Kriegsende und auf Beschluss der britischen Militäradministration werden alle Sportvereine, darunter auch der BVB, aufgelöst. Und Dortmund musste noch mehr Verluste verzeichnen. Da Dortmund ein strategisches Ziel der Alliierten war, gab es auch viel Leid. 70% aller Wohnhäuser waren nach Kriegsende nicht mehr bewohnbar, die Innenstadt war zu 95% zerstört, darunter auch die BVB Geschäftsstelle und das Stadion „Rote Erde". Es kamen 6.341 Zivilisten beim Bombenhagel in Dortmund ums Leben, 12.520 Dortmunder fielen an der Front, darunter auch aktive Vereinsmitglieder: Hanns Büttner, Paul Burzig, Willy Dunnay, Karl Eron, Paul Gruhn, Josef Lukasiewiecz, Hans Orth, Andreas Ortlewski, Hans Piotrowicz, Heini Raszio, Hans Schimetzki, Otto Sombetzki, Hermann Strachorra und Paul Tregel.

Mitte Mai versucht dann der Stadtverband für Leibesübungen die drei früheren Dortmunder Vereine „BVB", „Werksportgemeinschaft Hoesch" und „Freien Sportverein 98" zu vereinigen. Und Anfang Juli findet dann beim Vereinswirt Willi Schneider am Borsigplatz eine geheime Sitzung von BVB-Anhängern statt. Denn da der BVB immer noch aufgelöst ist, versucht man die „Sportgemeinschaft Borussia von 1898" ins Leben zu rufen.

Aber am 15.07.1945 ändert sich alles wieder, denn der Verein heißt wieder BV Borussia 09 Dortmund. Die britische Militärregierung bestätigt den kommissarischen Vorstand mit Willi Bietzek als Vorsitzendem und Franz Jacobi als Stellvertreter und gleichzeitig auch als Kassierer. Im September gibt es dann eine Sitzung im Vereinslokal des VfL Altenbögge (Haus Timmering). Dort beschließen Vertreter der ehemaligen Klub aus der Gauliga die Einführung einer Punktspielrunde in der 1. Division West. Der BVB wird der Landesliga Westfalen, Gruppe 2 zugeordnet und spielt damit sofort wieder erstklassig.

Ebenfalls ein Opfer der Nazis: Franz Hippler

Am 21.10.1945 findet die erste BVB-Generalversammlung nach dem Weltkrieg statt. Als 1. Vorsitzender wird Egon Pentrup eingesetzt, Geschäftsführer wird Willi Bietzek und Kassierer wird Franz Jacobi. Am 10.01.1946 wird der neue Trainer vorgestellt. Es ist Fritz Thelen, der nicht nur der erste Trainer nach dem Krieg war, sondern auch der letzte Trainer im Krieg. In der Landesliga Westfalen, Staffel 2 belegt der BVB in der Saison 45/46 den vierten Platz.

Zwei Tage nach dem Ende der Landesliga findet am 26.05.1946 die Mitgliederversammlung statt. Dort wird dann der erste Nachkriegsvorstand gewählt. Vorsitzender wird Rudi Lückert, sein Stellvertreter wird Egon Pentrup. Den Posten des Geschäftsführers behält Willi Bietzek und neuer Kassierer wird Fritz Schaaf. Da Fritz Thelen zurück nach Gelsenkirchen will, übernimmt der Sportlehrer und ehemalige Assistent von Sepp Herberger, Ferdinand Fabra für die Saison 1946/47 das Training.

Im Oktober 1946 wurde in Essen von den westdeutschen Vereinsvertretern dann eine eingleisige Westdeutsche Eliteklasse für die Saison 46/47 gegründet: die Oberliga West. Am 12.11.46 kam es dann zum ersten Nachkriegsderby, bei dem die Gelsenkirchener mit 3-1 die Oberhand behielten. Trotzdem qualifizierte sich der BVB als Meister souverän für die Neue Liga. Am 18.05.1947 fand dann in Herne das Endspiel um die Westfalenmeisteschaft statt, wo der BVB mit 3-2 durch Treffer von Michallek, Ruhmhofer und Sandmann gegen den FC Sch*lke 04 gewann. Damit beendete der BVB die 21-jährige Vorherrschaft der Blauen. In der anschließenden Meisterschaft der britischen Zone besiegt der BVB zuerst Werder Bremen mit 4-2 und dann den VfR Köln 04 mit 5-4 nach Verlängerung. Im Finale in Düsseldorf gewinnt aber der Hamburger SV gegen den BVB mit 0-1. Im August 1947 kommt ein Spieler vom Vorortverein Bövinghausen zum BVB. Sein Name lautet Erich Schanko. Am 14.09.1947 startet dann die Oberliga West, deren erfolgreichste Mannschaft der BVB werden sollte. Die Borussia empfing im ersten Spiel die Sportfreunde aus Katernberg und gewann vor 25.000 Zuschauern mit 3-0 durch Tore von Ihbel und zweimal August Lenz.

Egon Pentrup - Vor und nach dem Krieg eine treibene Kraft (hier bei einer Auszeichnung von August Lenz)

Am 1.11.1947 wurde eine neue Abteilung beim BVB gegründet, die Tischtennisabteilung. Am Ende der Saison 47/48 hieß der erste Oberliga West-Meister BVB und der erste Torschützenkönig war mit 22 Treffern August Lenz. In der britischen Zonenmeisterschaft muss der BVB im Viertelfinale mit Bremen auseinander setzen und gewinnt mit 3-2 n. V. Zweimal muss dann der BVB im Halbfinale gegen den FC St. Pauli spielen. Das erste Spiel endet mit 2-2 n. V. und im Wiederholungsspiel ist St. Pauli mit 0-1 erfolgreich. Im Spiel um Platz 3 gewinnt der BVB gegen TSV Braunschweig klar mit 2-0. Allerdings war dieses Spiel bedeutungslos, da der Verband den BVB von der Deutschen Meisterschaft ausschloss, weil sich der BVB einer Anordnung des britischen Zonenausschusses widersetzt hatte. Dritter Vertreter Nordwestdeutschlands wurde damit der TSV Braunschweig. Am 01.08.48 löste dann der Wiener Edy Havlicek Trainer Fabra ab und der BVB startete in die zweite Saison der Oberliga West.

In der nächsten Ausgabe geht es um Westdeutsche Meisterschaften, Endspiele um die Deutsche Meisterschaften, das Feiern von Titel und ein Novum bei der Deutschen Meisterschaft. Aber es geht auch um Querelen innerhalb des Vereins oder um Reisen nach Großbritanien oder den USA. Auch die Fussballweltmeisterschaft 54 war nicht ohne Dortmunder Beteiligung.

Bildermaterial:

  • Martin Betker - Martin sucht für seine Sammlung weiteres Material (Hefte, Tickets, Autogrammkarten etc.)

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