...Giovanni Federico: "Das Dortmunder Angebot hat mich geehrt"
Während Thomas Doll mit seinen Schützlingen alles Menschenmögliche in Bewegung setzen will, um den drohenden Abstieg in die zweite Bundesliga abzuwenden, laufen die Personalplanungen für die nächste Saison bereits auf Hochtouren. Nach dem hierzulande eher unbekannten Jakub Blazczykowski konnte mit Giovanni Federico ein durchaus namhafter Spieler verpflichtet werden, dessen Ankunft in Dortmund schon freudig erwartet wird.
Immerhin verlässt der gebürtige Hagener den KSC ablösefrei und soll ab der kommenden Saison für mehr Schwung im Dortmunder Mittelfeld sorgen, das diese Saison nicht nur erhebliche Schnelligkeitsdefizite aufwies. Grund genug, Giovanni Federico in Karlsruhe zu besuchen und sich mit dem momentan besten Zweitligaspieler über dessen Erwartungen und Hoffnungen beim BVB zu unterhalten.
schwatzgelb.de: Giovanni, Profifußball ist ein schnelllebiges Geschäft. Es gibt Bilderbuchkarrieren, Alptraumkarrieren und auch ganz normale Durchschnittskarrieren. Wie würdest du deine bisherige Laufbahn am ehesten beschreiben wollen?
Giovanni Federico: Schwierig. Zunächst mal muss man wohl sagen, dass ich ein Spätstarter bin, denn einige haben mich schon als ewiges Talent gesehen. Ich glaube, da ist schon von allem etwas dabei.
schwatzgelb.de: Beim VfL Bochum konntest du dich nicht durchsetzen und auch beim FC Köln wurde dir lange Zeit die Bundesligatauglichkeit abgesprochen. Erst der KSC gab dir eine richtige Chance im Profifußball Fuß zu fassen. Wie fühlt es sich nun für dich an, diesem Verein und seinen Fans den Rücken zu kehren?
Giovanni Federico: Meine Entscheidung war bestimmt keine Entscheidung gegen den KSC. Das war eine Entscheidung für mich und für den BVB, weil der schon immer ein Traum von mir war. Ich möchte mich hier wirklich gut verabschieden und ich glaube, mit dem Aufstieg wäre das schon perfekt.
schwatzgelb.de: Du wirst dieses Jahr 27. Eigentlich ein tolles Fußballalter, andererseits aber ein sehr später Zeitpunkt, um noch in die erste Liga zu kommen. Traust du dir die Herausforderung zu?
Giovanni Federico: Wie du schon gesagt hast: Profifußball ist ein schnelles Geschäft. Man weiß nie, wie es ein halbes Jahr später aussieht. Doch wenn ich meine Chance in der ersten Bundesliga Fußball zu spielen jetzt nicht nutze, werde ich sie nie mehr nutzen. Dann kann ich sie in 3 bis 4 Jahren auch nicht nutzen, weil ich dann ja noch älter bin. Der Zeitpunkt ist schon optimal, davon bin ich überzeugt.
schwatzgelb.de: Du hast also keine Bedenken?
Giovanni Federico: Sonst hätte ich es ja nicht gemacht (lächelt).
schwatzgelb.de: Ich habe vorhin schon einiges über die Unterschiede zwischen der ersten und zweiten Liga gehört, insbesondere, was die friedlich-familiäre Atmosphäre beim KSC betrifft. Die Erwartungshaltung in der Bundesliga ist da schon eine ganz andere, da kann es auch passieren, dass Fußballprofis schnell als satte Millionäre oder untreue Söldner bezeichnet werden. Was machst du, um nicht in diese Klischees zu passen?
Giovanni Federico: Was ich genau machen werde, kann ich noch nicht sagen, weil ich die Situation noch nicht richtig kenne. Ich werde es auf jeden Fall so versuchen, wie ich es auch die zwei Jahre in Karlsruhe versucht habe, nämlich vom ersten Tag an Vollgas zu geben. Ich würde mir aber wünschen, dass es genauso gut läuft wie beim KSC. Dann hätte ich in Dortmund bestimmt keine Probleme.
schwatzgelb.de: Dein Wechsel zum BVB wurde in der Karlsruher Fanszene unterschiedlich aufgenommen. Wie nahe gingen dir die Reaktionen der Fans und wie hast du sie verarbeitet?
Giovanni Federico: Unser Pressesprecher Jörg Bock hat mit mir genau darüber gesprochen. Er hat mir gesagt, dass die Stimmung unter den Fans wohl fifty-fifty war, als der Wechsel bekannt gegeben wurde. Fünfzig Prozent der Fans haben mich verstanden, die anderen haben mich nicht verstanden. In der ersten Reaktion waren gerade die ziemlich sauer, was ich natürlich gut nachvollziehen kann. Weil bei den Spielen aber wirklich nur positive Reaktionen von den Fans kamen, konnte ich das gut verarbeiten und hatte keine Probleme. Dass nicht mal ein Pfiff gegen mich kam, als wir zuhause gegen Essen verloren hatten, hat mich gefreut. Das zeigt, was für tolle Fans wir hier in Karlsruhe haben.
"Michael Zorc hat mir das Gefühl gegeben, dass mich der Verein unbedingt haben will."
schwatzgelb.de: Wie wichtig sind dir denn die Meinungen der Fans?
Giovanni Federico: Fußballspielen ist mein Job und ich muss versuchen, den möglichst gut zu machen. Es ist mein großes Glück diesen Beruf zu haben, das haben viele andere nicht. Da sind mir die Fans schon wichtig und ich kann zum Beispiel verstehen, dass es ihnen schlecht geht, wenn ein Spieler den Verein verlässt. Deshalb ist mir momentan sehr wichtig, dass die Fans in Karlsruhe wissen, dass meine Entscheidung zu wechseln keine Entscheidung gegen sie oder den KSC war.
schwatzgelb.de: Es wurde viel darüber spekuliert, was alles den Ausschlag für deinen Wechsel zum BVB gegeben haben könnte. Was hat dich davon überzeugt, trotz der prekären sportlichen Situation, einen Vertrag in Dortmund zu unterschreiben?
Giovanni Federico: Ich habe gesehen, wie sehr sich der Verein um mich bemüht hat. Michael Zorc hat mir das Gefühl gegeben, dass der Verein echtes Interesse an mir hat und mich unbedingt haben will. Außerdem komme ich 10 km aus Dortmund weg, da ist das natürlich ein großer Traum dort Fußball zu spielen. Ich hab auch schon einige Spiele live auf der Südtribüne gesehen, da waren die Ecken aber noch offen. Schon damals hab ich darüber nachgedacht, was für ein tolles Erlebnis es sein müsste vor so vielen Zuschauern zu spielen. Und heute sind es keine 70.000 mehr, sondern 80.000.
schwatzgelb.de: Seit wann gab es denn die Dortmunder Bemühungen um Giovanni Federico?
Giovanni Federico: Angefangen hat das glaub ich Ende Dezember, so richtig angefangen hat es dann aber im Januar. Ich hatte klar gesagt, dass ich mir vor diesem Zeitpunkt keine Gedanken darüber machen will. Daran habe ich mich dann auch gehalten.
schwatzgelb.de: Du hattest ja auch Angebote von anderen Vereinen...
Giovanni Federico: ... unter anderem (grinst)...
schwatzgelb.de: ... waren die denn so viel schlechter als das Borussia Dortmunds?
Giovanni Federico: Nein, überhaupt nicht. Das Dortmunder Angebot hat mich geehrt, weil ich denke, dass der BVB noch immer zu den vier großen Vereinen in Deutschland gehört. Momentan läuft es sportlich zwar nicht so gut, aber im Fußball geht’s mittlerweile so schnell auf und ab, dass das nächste Saison schon wieder ganz anders aussehen kann.
schwatzgelb.de: Sag bloß, du spekulierst auf den Uefa-Cup?
Giovanni Federico: Naja, warum nicht? Dortmund ist ein großer Club und muss meiner Meinung nach auch oben mitspielen. Ich bin zwar traurig, dass es momentan nicht so ist, aber die Jungs sind erfahren genug, um auch diese Situation zu meistern.
schwatzgelb.de: Hans Meyer und Jörg Berger bezeichneten gerade das als Achillesverse des BVB. Während Bochum und Gladbach von Anfang an gegen den Abstieg kämpften und sich der HSV lange Zeit auf die Situation einstellen konnte, schlitterte Borussia da erst ziemlich langsam rein.
Giovanni Federico: Ich habe beim BVB unterschrieben und ich gehe schwer davon aus, dass es klappt mit dem Klassenerhalt. Ich habe mich jedenfalls nicht mit dem Gedanken beschäftigt nächste Saison zweite Liga zu spielen und ich denke, die Jungs werden es in den nächsten Wochen hinbekommen, dass das kein Thema wird.
schwatzgelb.de: Man hat ja schon ein wenig über deine Vergangenheit als BVB-Fan gelesen. Wie war das damals genau?
Giovanni Federico: Ich war schon als Kind BVB-Fan. Ich komme aus Hagen, da war ich das einfach immer so gewohnt. Ich kann mich da noch an Benefizturniere erinnern, bei denen unter anderem Bochum und Dortmund mitgespielt haben. Da war immer alles voll im Ort und wir waren die Balljungen, weil wir als Jugendliche da gespielt haben. Das war schon eine enge Beziehung.
schwatzgelb.de: Hattest du in den letzten Jahren die Möglichkeit, die Geschehnisse rund um den BVB zu verfolgen oder auch ins Stadion zu gehen?
Giovanni Federico: Ich hatte leider schon lange nicht mehr die Zeit ins Stadion zu gehen. Verfolgt hab ich das Geschehen aber immer, ich kenne ja auch ein paar Jungs in der Mannschaft. Da hab ich natürlich immer versucht auch ein bisschen mitzubekommen, was meine alten Mannschaftskameraden so machen.
schwatzgelb.de: Zu welchen Spielern hast du denn Kontakt?
Giovanni Federico: Christoph Metzelder und Florian Kringe.
schwatzgelb.de: Das ist ja interessant. Jürgen Röber hat nach seinem Rauswurf gerade die beiden Namen genannt, einmal als Positiv- und einmal als Negativbeispiel in Sachen Charakterstärke. Was hast du davon denn mitbekommen?
Giovanni Federico: (lacht) Ne, dazu hab ich nix gehört und kann dir auch nix sagen. Heute im Kicker steht im Interview mit Thomas Doll, dass die Mannschaft am Wochenende einen guten Charakter gezeigt hat. Ich kann das aus der Entfernung nur schlecht beurteilen, ich bin ja nicht mit dabei und konzentriere mich am Wochenende auf den KSC. Es ist aber denk ich normal, dass jeder Mensch und jeder Trainer seine eigene Meinung hat. Da ist es legitim, dass Jürgen Röber vielleicht eine andere Meinung hat als Thomas Doll, aber mehr als im Kicker steht weiß ich auch nicht.
schwatzgelb.de: Borussia Dortmund hat derzeit einige Probleme, die sich bis zur Sommerpause wohl eher nicht in Luft aufgelöst haben werden. Fällt es dir schwer, dich in der Liga da noch auf den KSC zu konzentrieren?
Giovanni Federico: (lacht) He, du hast ja doch ne Standardfrage! (lacht weiter...) Es fällt mir nicht schwer, nein. Denn alles, was in Dortmund passiert, kann ich jetzt nicht beeinflussen. Dafür kann ich aber die Situation hier bei mir in Karlsruhe beeinflussen, wo ich noch bis zum 30.6. einen Vertrag habe. Bis dahin will ich alles für den KSC geben, alles andere kommt danach.
schwatzgelb.de: Es ist insofern eine interessant Frage, weil du ja als Fan und zukünftiger Spieler gleich doppelt betroffen bist...
Giovanni Federico: Das ist richtig. Vielleicht wäre es auch anders, wenn ich was an der Situation ändern könnte. Ich kann es aber nicht, deshalb muss ich mich damit nicht beschäftigen. Im Gegenteil, ich muss sogar Berufliches und Privates trennen.
schwatzgelb.de: Dein größter Wunsch zu Saisonbeginn war es, im nächsten Jahr in der Bundesliga zu spielen. Statt noch einige Wochen abzuwarten hast du nun beim BVB einen Vertrag unterschrieben, der auch in der zweiten Liga Gültigkeit besitzt. Was macht dich so sicher, dass der BVB den Klassenerhalt schafft?
Giovanni Federico: Ich bin überzeugt von der Qualität, die in der Mannschaft steckt. Ziel zu Saisonbeginn war nicht umsonst der Uefa-Cup, also gehe ich davon aus, dass es Thomas Doll mit der Mannschaft hinbekommt, in der ersten Liga zu bleiben.
schwatzgelb.de: Immerhin hätte es ja eine Menge dramatisches Potenzial, wenn du als tragischer Held den KSC in die Bundesliga schießen und dann mit dem BVB in der zweiten Liga landen würdest.
Giovanni Federico: Wenn es denn so kommen sollte, hätte ich einfach Pech gehabt. Das wäre mir dann aber auch egal, denn ich habe mich nicht für die erste oder zweite Liga entschieden, sondern für den Verein Borussia Dortmund. Abgesehen davon bin ich ja zu 100 Prozent überzeugt, dass es nicht so kommt (grinst wieder). Die nächsten Spiele werden halt wichtig. Vor allem gegen Bielefeld sollte man besser nicht verlieren, um wenigstens die schon mal auf Distanz zu halten.
schwatzgelb.de: Ich hab mir ein paar Zahlen rausgeschrieben, was deine Person betrifft. 38 Tore in 68 Regionalligaspielen, 29 Tore und 17 Vorlagen in 62 Zweitligaspielen, dazu ein Kicker-Notenschnitt von 2,67 – das sind für einen Mittelfeldspieler absolute Ausnahmewerte.
Giovanni Federico: Das müssen andere beurteilen. Gerade bei den Kickernoten weiß man nie, was man davon zu halten hat. Wenn dich einer mag, gibt er dir eine zwei, wenn er dich nicht mag, bekommst du halt eine fünf.
schwatzgelb.de: Mit der Note bist du immerhin der beste Spieler der laufenden Zweitligasaison. Die Kicker-Redakteure müssen dich lieben.
Giovanni Federico: Das wäre möglich (lacht). Aber sind wir mal ehrlich: Man kann ein gutes Spiel machen, aber ob man dafür dann eine zwei oder drei bekommt, ist egal. Wichtig ist, dass man die Spiele gewinnt und die Mannschaft die Punkte holt.
schwatzgelb.de: Welche Ziele hast du dir für die Bundesliga gesteckt?
Giovanni Federico: Ich möchte möglichst viele Spiele machen und mich weiterentwickeln. Mehr Ziele hab ich nicht, weil es mir eigentlich egal ist, wie ich abschneide. Zum Anfang der Saison hab ich gesagt, dass ich lieber aufsteige und nur ein Tor schieße, als 15 Tore zu schießen und dann abzusteigen. So halte ich es auch weiterhin, alles andere bringt mir ja irgendwo auch nix.
schwatzgelb.de: Mit Delron Buckley, Nelson Valdez und Matthew Amoah kamen zuletzt drei Offensivspieler mit Vorschusslorbeeren zum BVB, die bis heute noch kein einziges Bundesligator geschossen haben. Du bist jetzt der nächste Hoffnungsträger – hast du Angst die Erwartungen der Anhänger nicht erfüllen zu können?
Giovanni Federico: Ich mache mir keine Sorgen und hab da keine Angst. Für mich persönlich zählt der Erfolg der Mannschaft. Ob Valdez jetzt fünfzehn, zehn oder fünf Tore macht, ist ganz egal, so lange der Tabellenplatz stimmt. Natürlich ist es unglücklich für ihn, dass er noch kein Tor hat und die Mannschaft so weit unten steht, aber da muss er durch. Ich kenne ihn noch aus der Regionalliga und ich weiß, was er für ein Kämpfertyp ist. Der hat uns immer und überall richtig eingeheizt und ist ein wirklich guter Fußballer. Wir hatten letztes Jahr ein Testspiel, da hab ich erst wieder gesehen wie schnell und gefährlich er ist, nur fehlt ihm momentan halt einfach das Erfolgserlebnis. Ich hab heute gelesen, dass Doll gesagt hat, Valdez könnte mit einem Tor gegen Bielefeld sofort alles vergessen machen, was die 26 Spieltage vorher passiert ist. Ich denke, das sieht er ganz richtig.
schwatzgelb.de: Könnte Valdez denn von deinem Spiel profitieren?
Giovanni Federico: Nun ja, ich komme nach Dortmund, um die Mannschaft zu verstärken. Das heißt, entweder Torschüsse aufzulegen oder selber zum Abschluss zu kommen, weil das meine großen Stärken sind, die ich der Mannschaft zur Verfügung stellen will. Wichtig für mein Spiel ist nur, dass ich nicht ganz vorne stehe, sondern zwei bis drei Spieler vor mir habe. Das macht es mir sehr viel leichter meine Stärken auszuspielen. Ob ich letztlich das Tor mache oder vorbereite, ist mir dann egal.
schwatzgelb.de: Du bist einer von wenigen Profifußballern, denen es gelungen ist, bei ihrem Lieblingsclub einen Vertrag zu unterschreiben. Was ist es für ein Gefühl den Traum zehntausender Fans leben zu können?
Giovanni Federico: Ich freue mich sehr, dass es geklappt hat. Ich will versuchen alles zu geben, um das Vertrauen auch zu rechtfertigen.
schwatzgelb.de: Worauf freust du dich beim BVB besonders?
Giovanni Federico: Auf die Fans und das Stadion. Als ich zuletzt im Westfalenstadion war, waren die Ecken noch offen. Jetzt bin ich da rein gegangen und hab mir nur gedacht: Wow, wie weit geht das denn noch hoch? Das hört ja gar nicht mehr auf, das ist unvorstellbar. Ich hoffe natürlich auch, dass wir ein bisschen erfolgreicher sind.
schwatzgelb.de: Fühlst du dich denn eher wie ein Fan oder Spieler, wenn du das Stadion betrittst?
Giovanni Federico: Kommt drauf an. Wenn ich spiele, bin ich Spieler. Wenn ich nicht auf dem Platz stehe, weil ich verletzt oder gesperrt bin oder auf der Bank sitze, bin ich Fan der Mannschaft. Ich gehöre dazu und versuche immer alles zu geben, und wenn ich die Jungs nur anfeuere.
schwatzgelb.de: Du bezeichnest dich als Fan deiner Mannschaft. Wie verhältst du dich den anderen Fans gegenüber? Suchst du den direkten Kontakt oder wartest du lieber ab, wie sie sich dir gegenüber verhalten?
Giovanni Federico: Es ist ein Geben und Nehmen. Es macht für mich wenig Sinn auf die Fans zuzugehen, wenn ich da keinen kenne. Wenn aber jemand auf mich zukommt, bemühe ich mich immer freundlich und höflich zu sein. Ich war in den zwei Jahren hier in Karlsruhe vielleicht ein oder zwei mal mit den Jungs aus der Mannschaft feiern, weil ich halt kein großer Partytyp und auch ein bisschen schüchtern bin. Trotzdem ist nichts schlimmes dabei mal ein paar Sachen einzubringen, die Spaß machen. Beim KSC war es zum Beispiel so, dass wir einige Fans mit im Trainingslager in der Türkei hatten. Da haben wir geschaut, dass wir Kontakt zu denen haben. Natürlich fährt man ins Trainingslager, um zu arbeiten, das heißt aber nicht, dass man nicht auch ein paar lustige Sachen machen könnte. An einem Abend hatten wir zum Beispiel ein Essen mit den Fans, an einem anderen Abend war meine Gruppe mit ein paar Fans bowlen. Das ist dann eine Frage des Wollens, nicht des Könnens.
schwatzgelb.de: Ging das von den Fans aus oder von der Mannschaft?
Giovanni Federico: Unser Kapitän Mario Eggimann hat einen guten Draht zum Fanbeauftragten. Die haben sich da mal drüber unterhalten und das so abgemacht, am Ende war dann die ganze Mannschaft mit dabei. Es ging also von beiden Seiten aus, würde ich sagen.
schwatzgelb.de: Wie sieht das aus, wenn du gerade auf dem Platz stehst? Bekommst du viel von den Fans mit?
Giovanni Federico: Nein, eigentlich nicht. Ich konzentriere mich auf das Spiel und merke nur selten, was auf den Tribünen gerade passiert. Natürlich bekomme ich die Reaktion der Fans mit, wenn ein Tor oder Gegentor fällt, und ich spüre auch, dass sie uns anfeuern. Alles andere merke ich aber erst nach dem Spiel, wenn ich zu den Fans gehe. Wenn ich mich dann umschaue, gibt es schon eine Menge Unterschiede zwischen den Vereinen. Köln, Kaiserslautern und München haben auch in der zweiten Liga ein volles Stadion, der KSC genauso. Dass wir unser letztes Spiel ausgerechnet in Fürth haben und unseren Aufstieg vor vielleicht 5.000 Zuschauern feiern müssen, ist da natürlich schade.
schwatzgelb.de: Wie viel Kritik muss man beim Gang in die Kurve einstecken können? Florian Kringe hat beispielsweise eine durchwachsene Hinrunde gespielt, um es mal freundlich zu formulieren. Dennoch ist er nach Spielende immer wieder zu den Fans gekommen, von denen er teilweise heftig beschimpft und sogar mit Bierbechern beworfen wurde. Muss man als Profi diese Opfer bringen?
Giovanni Federico: Interessant, dass du diese Frage stellst. Ich habe in der Winterpause mit Florian telefoniert, da hat er mir gesagt, wie schlecht er gespielt hat und wie unzufrieden er mit sich selbst war. Dass er immer zu den Fans gekommen ist, habe ich nicht gewusst, aber es zeigt, wie sehr ihm dieser Verein am Herzen hängt. Florian kommt glaub ich aus Siegen, das ist vielleicht 70 Kilometer weg von Dortmund. Es ist wichtig, dass man solche Leute im Verein hat, denn auf die ist immer Verlass. Beim KSC haben wir sogar acht bis zehn Spieler, die hier ganz aus der Nähe kommen. Das ist ein großer Vorteil, weil denen allen wirklich viel am Verein gelegen ist. Auch deshalb haben wir immer versucht, zumindest nach den Siegen gemeinsam in die Kurve zu gehen. Klar, es wurde mal einer für ein Interview rausgezogen, aber sonst war die Mannschaft geschlossen bei den Fans. Wer das auch in schlechten Zeiten macht, zeigt damit seine Verbundenheit zum Verein.
schwatzgelb.de: Vielen Spielern wird heutzutage vorgeworfen, die Bedeutung der Worte „Derby“ und „Leidenschaft“ nicht mehr zu kennen. Wie würdest du deinen neuen Mannschaftskameraden diese Begriffe erklären wollen?
Giovanni Federico: Ich hab schon ein paar Derbys hinter mir, Köln-Leverkusen und Karlsruhe-Stuttgart zum Beispiel. Dortmund-Schalke wird aber was ganz neues für mich sein, da freue ich mich drauf. Ich weiß ziemlich genau, wie wichtig dieses Spiel für die Fans im Ruhrgebiet ist, für viele ist es sogar wichtiger als die Meisterschaft. Wenn ich das sage, muss klar sein, was ein Derby und was Leidenschaft ist.
schwatzgelb.de: Zum Abschluss die obligatorische letzte Frage: Wer wird deutscher Meister?
Giovanni Federico: Bremen.
schwatzgelb.de: Gute Antwort.
Giovanni Federico: Ich bin da guter Dinge. Bremen hat keinen direkten Konkurrenten mehr als Gegner, die anderen nehmen sich noch gegenseitig die Punkte weg. Da brennt schon nichts an.
schwatzgelb.de: Dann wollen wir hoffen, dass du Recht behältst. Ich bedanke mich sehr für das nette Gespräch und wünsche dir im Namen aller BVB-Fans noch ein paar schöne und erfolgreiche Wochen beim KSC. Wir freuen uns auf dich und drücken dir die Daumen, dass du dich beim BVB schon bald durchsetzen und deine Ziele erreichen wirst.
Herzlichen Dank auch an den Pressesprecher des KSC, Jörg Bock, der sich viel Mühe gegeben und unser Interview mit Giovanni Federico in der heißen Saisonphase überhaupt erst ermöglicht hat.