Im Gespräch mit...

...Florian Kringe / Markus Brzenska: Der Trainer geht richtig ab

01.05.2007, 00:00 Uhr von:  Felix DvB
...Florian Kringe / Markus Brzenska: Der Trainer geht richtig ab

Der eine ist gelernter Stürmer und hilft gerne in der Abwehr aus, der andere ist Defensivmann und wird gelegentlich als Jokerstürmer ins Spiel gebracht. Florian Kringe und Markus Brzenska spielen schon seit ihrer Kindheit beim BVB. Im Interview mit schwatzgelb.de erzählen sie von erschreckenden Videoanalysen, beschreiben, was unter Thomas Doll jetzt alles besser läuft und erklären, warum der BVB nicht absteigt.

schwatzgelb.de: Wie fühlt sich der überraschende Abstiegskampf für Dich an?

Brzenska: Nicht gut. Aber jeder Spieler hat kapiert, dass wir jetzt im Abstiegskampf sind. Wir versuchen, so schnell wie möglich da raus zu kommen.

schwatzgelb.de: Ab wann habt ihr realisiert, wie prekär die Situation ist?

Brzenska: Vor dem Stuttgart-Spiel wurden wir schon darauf angesprochen, dass es nur noch vier Punkte bis zum Abstieg sind. Da haben wir es schon realisiert, aber wir wussten, da kommen noch Spiele, in denen man das noch ändern kann. Aber diese Spiele haben wir dann auch verloren. Nach dem Spiel gegen Cottbus wussten wir, dass wir jetzt mitten im Abstiegskampf sind.

Kringe: In der Winterpause dachten wir eigentlich noch, dass wir die Kurve kriegen. Aber nach dem Spiel gegen die Bayern lief es dann plötzlich immer schlechter.

schwatzgelb.de: War das Bayernspiel zu dem Zeitpunkt vielleicht gar nicht so gut, weil Ihr dachtet, dass es jetzt wieder läuft und Ihr deswegen die nächsten Aufgaben zu locker angegangen seid?

Kringe: Nein, ich denke, dass man sich von Woche zu Woche sowieso immer wieder neu motivieren muss. Jeder geht grundsätzlich in ein Spiel rein, um es zu gewinnen. Natürlich kann man darüber spekulieren, ob wir anders mit der Situation umgegangen wären, wenn wir gegen Bayern verloren hätten. Aber im Endeffekt haben wir da schon mal drei Punkte geholt, die wir jetzt sicher haben und jetzt auch dringend brauchen.

schwatzgelb.de: Markus, wie gehst Du als junger Spieler mit dieser Situation um, mit der Du sicher in der Form nicht rechnen konntest?

Brzenska: Ich mache mir natürlich Gedanken, woran es liegt. Ich versuche, durch die Trainerwechsel neue Kraft zu tanken und Vollgas zu geben. Man merkt, dass sich durch einen neuen Trainer das Training verändert, und letztendlich ist das ganz gut.

schwatzgelb.de: Bert van Marwijk hat Dich gefördert, Du warst Stammspieler. Dein Förderer ist jetzt weg. Wie ist das für Dich?

Brzenska: Ich habe ja auch unter Jürgen Röber mal von Anfang gespielt. Klar, unter Thomas Doll muss ich mich jetzt wieder neu beweisen. Aber das ist für mich eine normale Sache. Ich möchte dem Trainer halt beweisen, dass er immer auf mich bauen kann.

schwatzgelb.de: Wie ist das Verhältnis zu Christoph Metzelder, dem Du letzte Saison den Stammplatz streitig machtest?

Brzenska: Das wurde ich schon damals oft gefragt. Christoph und ich haben da nie Probleme gehabt. Wir sind Profis genug, um damit sauber umzugehen.

schwatzgelb.de: Und zu Christian Wörns?

Markus Brzenska

Brzenska: Das Verhältnis ist super. Wie zu allen anderen Spielern auch. Ich habe viele Spiele mit Christian als Innenverteidiger zusammen gemacht, und wir verstehen uns auf dem Platz und auch neben dem Platz gut.

schwatzgelb.de: Was lernst Du von ihm?

Brzenska: Christian ist ja schon viele Jahre als Profi bei Borussia Dortmund. Im Spiel gibt es schon einige Situationen, in denen ich gucke, wie er sie löst. Es gibt aber viele Spieler in der Mannschaft, von denen ich mir was abgucke, von denen ich lernen kann. Dede zum Beispiel oder andere ältere Spieler. Ich schaue genau hin, wie sie mit bestimmten Situationen umgehen.

schwatzgelb.de: Es heißt ja immer, die älteren Spieler müssten die jungen Spieler mal zur Seite nehmen, mit ihnen reden, ihnen was beibringen. Ist das bei Euch auch so?

Brzenska: Es ist nicht so, dass wir jetzt jeden Tag miteinander reden, dass einer kommt und sagt mir: „Mach das so und so.“ Ab und zu schon, wenn die älteren Spieler sehen, dass wir jungen mit dieser oder jener Situation Probleme hatten. Aber ich denke, jeder junge Spieler ist selbst dafür verantwortlich, zu gucken, wie sich die erfahrenen Profis auf und neben dem Platz verhalten. Die Älteren wollen uns natürlich helfen. Aber die Initiative muss schon von den Jüngeren ausgehen.

schwatzgelb.de: Florian, siehst Du Dich selbst als Führungsspieler, der den Jüngeren auch mal sagen kann, wo es langgeht?

Kringe: Wir haben ja sowieso eine sehr junge Mannschaft. Ich will in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen. Das hat auch immer etwas mit der eigenen Leistung zu tun. Die Hinrunde war für mich persönlich sehr verkorkst. Aber ich denke, dass ich mich wieder gefangen habe. Und wenn man sich dann selber besser fühlt, dann kann man auch wieder Verantwortung übernehmen.

schwatzgelb.de: Markus, fühlst Du Dich sicherer, wenn Du mit einem erfahrenen Profis in der Innenverteidigung spielst, als mit einem unerfahrenen Spieler wie Martin Amedick?

Brzenska: Nein, das ist eigentlich egal, mit wem ich spiele. Da Christian und ich schon so viele Spiele zusammen gemacht haben, kennen wir uns natürlich besser.

schwatzgelb.de: Martin Amedick und Du wurdet zuletzt ins kalte Wasser geworfen und habt in der Innenverteidigung gespielt. Wie bereitet Ihr Euch vor?

Brzenska: Das ist zwar eine Umstellung, aber man kommt dann auch schnell rein. Wie gesagt, Christian und ich kennen uns schon sehr gut, wir wissen immer, wo der andere steht.

schwatzgelb.de: Aber mit Martin klappt das auch schon ganz gut. Du spielst ja nicht nur in der Innenverteidigung, sondern bist auch ab und zu mal der Jokerstürmer.

Brzenska: Das ist nichts Ungewöhnliches. Das machen viele Trainer gerne, wenn sie große Spieler haben, dass sie die dann kurz vor Schluss vorne rein schmeißen, als kopfballstarke Spieler.

schwatzgelb.de: Trainiert ihr auch Sturmverhalten?

Brzenska: Nein, denn die zwei, drei Minuten, die man dann reinkommt, hat man nicht mehr die Zeit, ein Kombinationsspiel aufzuziehen. Ich habe lediglich die Aufgabe, die Kopfbälle zu gewinnen.

schwatzgelb.de: Bringt das denn dann überhaupt was?

Brzenska: Ja, klar. Gegen Bielefeld habe ich zum Beispiel in der letzten Minute den Elfmeter rausgeholt.

schwatzgelb.de: Florian, Du hast schon auf vielen Positionen gespielt. Empfindest Du es als Fluch oder als Segen, dass Du so vielseitig einsetzbar bist?

Kringe: Ein bisschen von beidem. Auf der einen Seite ist es gut für die Mannschaft. Ich helfe ja auch gerne, wenn Not am Mann ist. Ich habe ein halbes Jahr nicht so gute Leistungen gebracht. Eventuell hätte ich dann auch mal nicht gespielt. Ich bin dann aber wegen Verletzungen von anderen Spielern auf anderen Positionen eingesetzt worden. Das war Glück für mich. Ich denke aber, dass es auf Dauer nicht gut ist für mich. Denn ich muss mich immer wieder auf andere Situationen einstellen. Idealerweise sollten die Positionen doppelt besetzt sein. Ich hoffe nicht, dass der Verein sich denkt: Ok, der Kringe kann sowieso überall spielen, wenn jemand ausfällt. Es ist gut, wenn ein Spieler sich mal auf einer Position etablieren kann.

schwatzgelb.de: Wo siehst Du denn Deine Idealposition?

Kringe: Am liebsten im Mittelfeld mit der Möglichkeit, mich vorne mit einzuschalten. Das macht mir am meisten Spaß. Wo genau im Mittelfeld, ist mir dann egal. Die meiste Zeit habe ich links gespielt, mit Dede zusammen. Ich denke, dass es mit ihm ganz gut passt.

schwatzgelb.de: Als Verteidiger hast Du ja nicht unbedingt die Möglichkeit, Dich vorne einzuschalten. Wie klappt das?

Kringe: Ich muss mich dann zwingen, nicht zu viel offensiv tätig zu werden. Aber so weit muss man als Spieler diszipliniert sein. Natürlich würde ich gerne bei der einen oder anderen Situation mitgehen, vor allem, wenn man sieht, dass es nicht richtig läuft. Man will das Spiel dann mit ankurbeln. Aber letztendlich habe ich als Abwehrspieler andere Aufgaben, die ich erledigen muss. Disziplin ist da enorm wichtig.

schwatzgelb.de: Wenn Du neu zur Abwehr stößt, sprichst Du dann vor dem Spiel mit Deinen Defensivkollegen, um alles abzustimmen, oder wie kann man sich als Fan eine Vorbereitung vorstellen?

Kringe: Wenn jemand ausfällt, ist es in der Regel am Anfang der Woche klar, dass ich in die Abwehr rutsche. Ich trainiere dann in der Woche in der Abwehr, damit ich mich da rein finde. Es ist zwar nicht so, dass es jedes Mal etwas total Neues für mich ist. Aber wenn ich drei Spiele im Mittelfeld gespielt habe, dann muss ich mich jedes Mal wieder umstellen, wenn ich in der Abwehr spielen soll.

schwatzgelb.de: Traust Du Dir auch Mittelstürmer zu?

Kringe (mit leuchtenden Augen, lächelt): Ich bin ja eigentlich gelernter Stürmer. Ich habe früher immer nur Mittelstürmer gespielt. Auch mal bei den Amateuren. Da hab ich vier Tore in einem Spiel gemacht. Also, grundsätzlich vorstellen könnte ich mir das schon.

schwatzgelb.de: Alles außer Torwart?

Kringe: Ja.

schwatzgelb.de: Ihr habt jetzt drei Trainer binnen kürzester Zeit miterlebt. Worauf achtet Thomas Doll jetzt mehr als Bert van Marwijk oder Jürgen Röber?

Brzenska: Von der Spielphilosophie oder Taktik unterscheiden sich die Auffassungen der drei eigentlich nicht. Insgesamt ist Thomas Doll ein sehr positiver Mensch, der sehr viel Engagement und Ehrgeiz auf dem Trainingsplatz zeigt. Davon wird man als Spieler angesteckt, wenn man sieht, dass der Trainer richtig abgeht. Das macht dann als Spieler natürlich auch großen Spaß.

schwatzgelb.de: Beeindruckte Euch die Art von Thomas Doll? Dass er Euch sofort Eure Fehler offen darlegen konnte?

Kringe: Wir haben ja mitgekriegt, wie er in Hamburg gearbeitet hat. Wir alle waren begeistert davon. Und in den Interviews kam er immer sehr sympathisch rüber. Dass er auch fachlich sehr gut ist, oder wie er das Training leitet, das konnten wir ja bisher nicht wissen. Er hat sich in Hamburg immer vor seine Mannschaft gestellt. Das ist natürlich eine Eigenschaft, die man als Spieler gut findet. Und jetzt merken wir, dass er fachlich auch top ist. Es ist sehr wichtig, dass er das Gespräch sucht mit den Spielern. Wie er Einzelgespräche führt, wie er die Mannschaft anspricht, wie er uns aufs Spiel gegen Nürnberg vorbereitet hat, das war schon beeindruckend. Unser Geschäftsführer Aki Watzke kam vor dem Spiel gegen Nürnberg zu mir und sagte, dass das die beste Spielvorbereitung war, die er je miterlebt hätte. Also, das macht Thomas Doll schon sehr gut. Als Spieler steht man nur daneben und denkt: Gut, gut, weiter so.

schwatzgelb.de: Also ist die Mannschaft jetzt froh, dass es so gekommen ist? Ohne jetzt zu sagen, dass Ihr wolltet, dass Jürgen Röber aufhört.

Kringe: Ja, aber wenn man drei Trainer in drei Monaten hatte, dann muss man sich natürlich auch als Mannschaft mal hinterfragen.

schwatzgelb.de: Das tut Ihr auch?

Kringe: Ja.

schwatzgelb.de: Wie hat sich Thomas Doll eingeführt? Hält er erstmal eine lange Ansprache und sagt: Das stelle ich mir so und so vor, oder wie läuft das ab?

Brzenska: Ja, er stellt sich erstmal vor. Erzählt, was er vorhat, wie er spielen will. Thomas Doll hat außerdem gesagt, was er sich vorgenommen hat und welche Ziele er sich mit uns gesetzt hat.

schwatzgelb.de: Wie kommt die Ansprache dann bei den nichtdeutschen Spielern, die das gar nicht verstehen, an? Zum Beispiel Tinga?

Brzenska: Für Tinga übersetzt zum Beispiel Dede. Und nach der Ansprache hat sich Thomas Doll dann noch einzeln mit jedem ausländischen Spieler zusammengesetzt, um ihm alles zu erklären.

schwatzgelb.de: Wie verständigt Ihr Euch mit Tinga auf dem Platz?

Brzenska: Auf dem Platz ist das ja nicht so schwer. Die wichtigsten Begriffe, die man auf dem Platz braucht, „rechts“, „links“ oder so, das versteht er alles. Außerdem lernt Tinga zur Zeit intensiv mit einer Deutschlehrerin.

schwatzgelb.de: Gibt es Mannschaftsteile, bei denen es Deiner Meinung nach am meisten hapert?

Brzenska: Nein, wir arbeiten alle hart. Jeder Mannschaftsteil versucht, das Beste zu geben. Gegen Nürnberg stand die Null jetzt wieder hinten, mit ein wenig Glück hätten wir auch ein Tor machen können. Aber ich denke, dieses Glück müssen wir uns jetzt erarbeiten.

schwatzgelb.de: Florian, was wir Fans sehr an Dir schätzen, ist, dass Du eigentlich immer um jeden Ball kämpfst. Hast Du den Eindruck, dass alle Deine Mannschaftskollegen dasselbe Verhalten zeigen?

Kringe: Ja, ich denke schon. Ich will niemandem den Willen absprechen, alles zu geben. Ich kann nachvollziehen, dass es auf den Zuschauer manchmal so wirkt, als würden wir nicht richtig wollen. Aber das liegt dann eher an der Spielsituation. Wir haben oft den Fehler gemacht, dass wir zu weit auseinander stehen. Zwischen Abwehrreihe und Stürmerreihe waren teilweise 50-60 Meter. Dann ist das Feld zu groß. Wenn da dann mal einer von uns ausgespielt wird, dann kommst Du überhaupt nicht mehr in die Zweikämpfe. Und dann hast Du so ein Scheißgefühl. Dann denkst Du, Du kommst immer zu spät. Du läufst praktisch nur noch hinterher. Und dann sieht es halt so aus, als ob wir gar nicht wollen. Das haben wir gegen Nürnberg schon besser gemacht, dass wir ständig drauf geachtet haben, dass die Räume eng sind. Dafür lief es zwar in der ersten Halbzeit nach vorne nicht so gut, aber in der Defensive – „Kampfzone“ nennt es Herr Doll immer – hatte jeder einen Nebenmann. Jeder zeigte Disziplin. Und dann kommen wir auch wieder besser in die Zweikämpfe. Dann erkennt man auch von außen, dass die auf dem Platz wollen. Dann sind wir präsent.

schwatzgelb.de: Und dann springt der Funke aufs Publikum über.

Kringe: Ja, eben.

schwatzgelb.de: Ist das ein gegenseitiges Geben und Nehmen zwischen Fans und Spielern?

Kringe: Ja, das sehe ich auch so. Wer jetzt anfängt – ob das Publikum tolle Stimmung macht, oder wir auf dem Platz voll abgehen – ist im Endeffekt egal. Beide, also Fans und Mannschaft, haben das Ziel, 90 Minuten zusammen zu feiern. In der Regel ist es ja so, dass erstmal applaudiert wird, wenn wir ins Stadion einlaufen. Wir können dann direkt von Anfang an voll draufgehen, um ein Zeichen zu setzen, damit der Funke sofort überspringt.

schwatzgelb.de: Du sagtest, die Räume waren teilweise zu groß. Siehst Du denn Ansätze, dass das unter Thomas Doll besser wird? Kringe: Ja. Wieso hat das unter Jürgen Röber nicht geklappt?

Kringe: Das ist eine gute Frage. Vielleicht muss man uns immer wieder drauf hinweisen. Keine Ahnung. Aber Thomas Doll hat das halt gleich erkannt. Und wir haben in den ersten Tagen ganz statisch mit Fahnen auf dem Trainingsplatz einstudiert, die Räume enger zu gestalten. Wir haben uns Videosequenzen aus dem Bochumspiel angeguckt. Er hat uns gezeigt, wie wir es gemacht haben und danach gesagt, wie wir es hätten besser machen sollen. Das haben wir bis zum Umfallen hier trainiert. Und ich denke, das hat man gegen Nürnberg schon gesehen.

schwatzgelb.de: Ihr betreibt Basisarbeit.

Kringe: Ja, klar. Wir haben uns in letzter Zeit so viele blöde Tore gefangen, dass es jetzt erst mal wichtig ist, hinten gut zu stehen. Dass man Sicherheit kriegt, dass man auch das Vertrauen zu den Mitspielern hat. Dann kommt das auch wieder, dass man sich selbst mehr zutraut. Wenn ich weiß, dass wir hinten gut stehen, dann kann ich auch wieder mehr nach vorne gehen. Bisher war es so, dass einer den Ball vorne verloren hat, und prompt war er bei uns drin. Ich wünsche mir, dass sich das ändern wird. Und ich glaub auch daran, dass das besser wird.

schwatzgelb.de: Man hat oft den Eindruck, nach einem Gegentor bricht die Mannschaft in sich zusammen. Wie gegen Bochum oder Hannover. Wie erklärst Du Dir das?

Brzenska: Schwer zu sagen. Klar war die Leistung gegen Bochum nicht gut, nach dem Gegentor hätten wir uns sicher noch mal aufraffen müssen. Aber das sind dann auch taktische Varianten, dass die Spieler zu weit auseinander stehen, dass dann eigentlich nichts mehr möglich ist. Und irgendwann verliert man dann auch den Mut. Klar weiß ich selber, dass es falsch war von uns, dass wir uns da haben hängen lassen. Thomas Doll hat das auch klar angesprochen, dass die Körpersprache sehr wichtig ist, auch nach einem Gegentor. Und daraus haben wir dann auch gelernt.

Kringe: Ich denke, gerade gegen Hannover hätten wir uns nach der guten ersten Halbzeit da raus kämpfen können. Aber es war wieder ein Elfmeter, durch den wir in Rückstand gerieten. Dann kam der Platzverweis von Nelson. Dann wird es schwer, das ist klar. Aber es ist ja nicht unmöglich, mit zehn Mann gegen elf das 1:1 zu machen, oder auch das 2:1. Aber dann kam diese Bogenlampe von Stajner mit dem Kopf aus 16 Metern. Und dann stehst du erst mal auf dem Platz und denkst: Ey, das gibt es doch gar nicht.

schwatzgelb.de: Jürgen Röber hatte nur einen Halbjahresvertrag. Hat es Einfluss auf euer Verhalten, wenn ihr wisst, dass der Trainer eh bald wieder weg ist?

Brzenska: Nein. Wir wollen erfolgreich sein und Punkte holen. Die Laufzeit des Vertrages spielt da keine Rolle.

schwatzgelb.de: Ihr seid von Trainer Jürgen Röber ausdrücklich für eure Einstellung gelobt worden. Freut euch das?

Kringe: Natürlich ehrt einen das. Auf der anderen Seite ging es dabei um Einsatz und um das tägliche Training. In meinen Augen ist das eine ganz normale Berufsauffassung, dass man versucht, im Training und im Spiel alles einzubringen. Deshalb will ich das nicht überbewerten, auch wenn es mich natürlich freut.

schwatzgelb.de: Florian, Du hast schon angesprochen, dass Du in der Hinrunde auch schwere Zeiten durchgemacht hast. Du hast schlecht gespielt und wurdest ständig ausgepfiffen. Wie kam das bei Dir an?

Kringe: Das war schon eine schwere Situation. Vor allem, weil ich schon bei Borussia spiele, seit ich 13 bin und ich an dem Verein auch hänge. Man versucht als Spieler wirklich alles. Es ist ja nicht so, dass ich absichtlich meine Leistung nicht bringe. Ich glaube, dass ich mir damals selbst am meisten Gedanken darüber gemacht habe, dass ich mein größter Kritiker war. Man steigert sich dann natürlich noch da rein. Wenn noch Pfiffe dazu kommen, dann wird es noch schwerer. Ich glaube, dass mir die Pause ganz gut tat und ich mich dann wieder gefangen hatte. Gegen Leverkusen habe ich dann schon wieder ganz ordentlich gespielt.

schwatzgelb.de: Du bist trotzdem nach den Pfiffen zu den Fans hingegangen und hast mit ihnen geredet. Warum?

Kringe: Weil ich denke, dass es sehr wichtig ist, gerade, wenn es nicht so läuft, den Fans Respekt entgegen zu bringen. Es ist für uns leicht, da unten auf dem Platz zu stehen. Die Fans würden gerne alle mit uns tauschen. Ich weiß, dass viele sich das Geld zusammen sparen müssen, um ins Stadion gehen zu können. Ich kann die Fans nicht für irgendetwas beschuldigen, wenn die Distanz zu uns Spielern so groß ist. Wir sind ja auch alles normale Jungs. Das merken die Fans ja auch, wenn sie uns kennen lernen. Wir Spieler wollen immer unsere Leistung bringen, für sich, für die Mannschaft, für den Verein und natürlich für die Fans. Ich denke, wenn man dann mal versucht, sich in die Lage des anderen zu versetzen, dann ist das förderlich. Ich erwarte, dass sie mir Respekt entgegenbringen. Also sollte es umgekehrt genau so sein.

schwatzgelb.de: Ist Dir denn immer Respekt entgegengebracht worden, wenn Du an den Zaun gekommen bist?

Kringe: Es gibt ja solche und solche Fans. Aber ich denke, dass der Großteil der Fans richtige Fans sind. Dass die sich vernünftig verhalten. Natürlich fallen die Chaoten auf, aber die sind in der Minderheit. Natürlich, ich hab Bierduschen bekommen, ich bin beworfen worden. Das war natürlich eine Extremsituation. Aber ich finde es gerade in Zeiten, wo es nicht so läuft, wichtig, dass man den Arsch in der Hose hat, zu den Fans geht und darüber spricht. Der ein oder andere Fan hinterfragt vielleicht auch dann mal sein Verhalten oder bekommt eine andere Sichtweise. Letztendlich ist es förderlich, wenn alle an einem Strang ziehen. Das ist auch mein Wunsch. Wir haben hier in Dortmund ein Riesenpotenzial. Wir haben das größte Stadion, die größte Fangemeinde. Und wenn das alles zusammen geht, dann macht es richtig viel Spaß.

schwatzgelb.de: Du hast gerade das Zwischenmenschliche herausgehoben. Wie ist denn das Zwischenmenschliche innerhalb der Mannschaft? Jüngst kursierte das Wort „Grüppchenbildung“.

Kringe: Eine gewisse Grüppchenbildung hat man immer. Das ist ganz normal. Viele Spieler kennen sich aus Jugendmannschaften, in denen sie schon miteinander gespielt haben. Die Südamerikaner tun sich zusammen. Das ist doch alles ganz normal. Wichtig ist, dass man am Wochenende als Einheit auftritt. Und ich denke, auch da hat es Thomas Doll geschafft, dass wir als Einheit gegen Nürnberg aufgetreten sind. Dass wirklich jeder für jeden kämpft. Und genau das brauchen wir jetzt auch. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, diese Situation zu überstehen. Es ist wichtig, dass sich keiner zu schade dafür ist, für den anderen die Meter zu machen.

schwatzgelb.de: Wie ist das Zwischenmenschliche in der Mannschaft insgesamt?

Kringe: Wir haben ja vorher immer den Vorwurf zu hören bekommen, dass die Mannschaft zu harmonisch ist, dass es nie mal kracht. Ich denke schon, dass es bei uns passt. Ich denke, es ist wichtig, dass es auch mal Reibereien geben muss, dass man sich die Meinung sagt und nicht ständig alles in sich rein frisst. Dann ist man unzufrieden, trägt das mit sich rum, auch auf dem Platz. Deshalb ist es wichtig, dass es auch mal kracht und man sich danach wieder in die Augen schauen kann. Also, das passt bei uns.

schwatzgelb.de: Du hast gesagt, ihr macht viel Videoanalyse. Sitzt Du da manchmal und denkst: Mensch, was hab ich denn da für einen Mist gemacht?

Kringe: Ja, natürlich. Die Sequenzen, die wir vom Spiel in Bochum gesehen haben, die waren schon erschreckend. Markus, wie lange spielst Du noch beim BVB?

Brzenska: Ich habe ja noch Vertrag bis 2008. Ich spiele jetzt seit 93 hier. Vom Herzen her würde ich natürlich gerne hier bleiben. Man muss aber auch realistisch bleiben. Ich muss mal sehen, wer alles als Innenverteidiger neu dazu kommt. Aber das ist jetzt im Moment nicht so wichtig, damit beschäftige ich mich gar nicht. Das Wichtigste ist, dass wir da unten rauskommen.

schwatzgelb.de: Und da unten raus zu kommen, das schafft Ihr auch?

Brzenska: Ja, natürlich. Davon sind wir hier alle überzeugt, dass wir es schaffen.

schwatzgelb.de: Weil Ihr es selber hinkriegt oder weil einfach drei Mannschaften schlechter sind?

Brzenska: Wir haben es selbst in der Hand, es zu schaffen, und wir sind auch gut genug, auch wenn wir das nicht immer gezeigt haben. Das Spiel gegen Nürnberg war ein guter Anfang. Wir arbeiten viel und müssen uns noch viel mehr erarbeiten. Ich denke, dass wir es aus eigener Kraft schaffen.

Kringe: Wenn wir am Ende auf dem Platz landen, den wir zur Zeit innehaben (Platz 15, d. Red.), dann ist das sehr enttäuschend. Aber dann wären wir trotzdem glücklich. Wir haben den Abstiegskampf jetzt angenommen. Da braucht auch keiner mehr den alten Zielen hinterher zu trauern. Jetzt gilt es einfach nur, sich zu retten. Und in der neuen Saison können wir dann wieder angreifen.

schwatzgelb.de: Warum steigt der BVB nicht ab?

Kringe (wie aus der Pistole geschossen): Weil wir jetzt die Wende kriegen, weil wir viel miteinander sprechen und weil wir wieder als Einheit auftreten.

schwatzgelb.de: Was können wir Fans tun im Abstiegskampf?

Kringe: Ihr könnt uns weiterhin so unterstützen wie gegen Nürnberg. Das fand ich großartig. Es war wichtig, dass ihr ein Zeichen gesetzt habt, dass ihr hinter der Mannschaft steht. Wir wollen alle, dass der BVB in der Bundesliga bleibt, und wir wollen wieder zusammen Erfolge feiern. Uns als Mannschaft hat euer Verhalten gegen Nürnberg unheimlich gut getan. Und ich hoffe, dass wir jetzt auch wieder was an euch zurückgeben können.

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