...Dirk Rupprecht: Ticketschlacht beim BVB - Wie kommt die Karte vom Club zum Fan?
Er zählt zu den größten Mysterien beim BVB und bringt in regelmäßigen Abständen die Gemüter der Fans zum Kochen: der Ablauf des Kartenvorverkaufs. Unzählige Gerüchte ranken sich um diese auf den ersten Blick banale Tätigkeit, ganze Verschwörungstheorien wurden in den letzten Jahren aufgestellt und immer wieder aufs Neue bewiesen oder widerlegt. Wozu braucht es heutzutage noch Vorverkaufsstellen, wenn man die Tickets doch viel bequemer Zuhause ausdrucken könnte? Weshalb sind die Karten bei bestimmten Spielen immer so schnell vergriffen? Und warum kostet der Ticketversand satte 7 Euro? Dirk Rupprecht, seines Zeichens Leiter einer der bekanntesten Vorverkaufsstellen des BVB, bringt im Interview mit schwatzgelb.de Licht ins Dunkel.
schwatzgelb.de: Herr Rupprecht, seit wie vielen Jahren leiten Sie ihre eigene Vorverkaufsstelle und wie kamen Sie dazu?
Dirk Rupprecht: Zunächst einmal sind wir hier beim Fußball und als Fußballer sagt man du. Du kannst also ruhig Dirk oder Ruppi zu mir sagen. Ich habe bis zur Landesliga selbst Fußball gespielt, bei dem schwarzgelben Verein, in dem auch Hans Tilkowski und Adi Preißler gespielt haben. Dem SuS Kaiserau bin ich immer treu geblieben, obwohl ich jedes Jahr lukrative Angebot hatte. Ich konnte eben schon damals nur schwarzgelb tragen! Der Höhepunkt meiner Spielerkarriere war ein Testspiel mit einer Stadtauswahl gegen die Weltmeistermannschaft von 1990, bei dem ich Jürgen Kohler schwindlig gespielt habe (lacht).Durch den Amateurfußball habe ich dann auch Bomber Wiegandt kennen gelernt und es ergab sich, dass ich vor 14 Jahren die Leitung der Vorverkaufsstelle Wiegandt übernommen habe und seit Bombers Pensionierung diese in Eigenregie betreibe. Während dieser Zeit habe ich nebenher noch Studiengänge zum Geprüften Bilanzbuchhalter und Betriebswirt absolviert.
schwatzgelb.de: Nur wenige Personen im Umfeld des BVB haben einen so direkten und regelmäßigen Kontakt zu Fans der unterschiedlichsten Gruppierungen. Ob Ultras, Normalos, Gelegenheitsbesucher oder die sogenannten „Event- und Modefans“ – alle müssen sich ihre Eintrittskarten bei einer der Vorverkaufsstellen kaufen, wenn sie sich nicht auf ihr Glück an der Tageskasse verlassen wollen. Wie nah bist du an den Fans und was liegt diesen am Herzen, wenn sie dein Geschäft betreten? Geht es nur um den reinen Ticketkauf?
Dirk Rupprecht: Zum Betrieb einer Vorverkaufsstelle gehört nicht nur der Vorverkauf, sondern auch die Information über alle möglichen Termine und Vorgänge. Egal ob telefonisch, online oder im Geschäft: überall werden Fragen gestellt. Angefangen bei Gibt es genug Toilettenpapier im Stadion? über Wann fährt ein Zug nach Spielende? bis hin zu Fragen über die Anzahl der Ordner, Pfandbecherabgabestellen oder Fanshops im Stadion. Viele Fans erwarten eine Beratung über die zu kaufenden Plätze oder suchen uns auf, um über den BVB zu diskutieren und ihren Frust raus zu lassen. Es macht mir Spaß mit den Fans im Laden ins Gespräch zu kommen, genau so wie ich mich darüber freue besucht zu werden, wie beispielsweise von der Swisscrew aus der Schweiz. Auch der Schrift- und Mailverkehr mit den formell und informell Führenden, das Beobachten der Fan-, Fanclub- und Ultraszene sowie der Fanabteilung und der Besuch relevanter Fanveranstaltungen gehört zu meinem Job dazu. Andererseits ist es keine Selbstverständlichkeit, von der Fanabteilung, The Unity oder Fanclubs zu Feiern eingeladen zu werden – und das, wie ich betonen möchte, ohne diesen Gruppierungen Karten zu geben.
schwatzgelb.de: Vor zehn Jahren galt es als Wunder eine Karte für die Südtribüne zu bekommen. Toppspiele gegen den FC Bayern oder Herne-West waren fast ausschließlich den Dauerkarteninhabern und einigen Glücklichen vorbehalten, gleiches galt für Auswärts- und Europapokalspiele. Immer wieder hört man heute Geschichten, dass damals Zelte vor den Vorverkaufsstellen aufgeschlagen wurden, nur um an eines der begehrten Tickets zu kommen. Im Gegensatz dazu ist es heute überhaupt kein Problem mehr an Eintrittskarten zu kommen, fast immer gibt es wenige Stunden vor Anpfiff noch Karten zum Normalpreis an den Kassenhäuschen zu ergattern. Und dennoch beklagen sich zahlreiche Fans über vermeintliche Ungerechtigkeiten im Vorverkauf. Jammern wir auf einem hohen Niveau?
Dirk Rupprecht: Es ist richtig, dass die Leute damals vor der Vorverkaufsstelle gecampt haben. Kassenhäuschen hatten am Spieltag kaum geöffnet. Es ist aber nicht so, dass jedes Spiel innerhalb von Stunden ausverkauft gewesen wäre und mit etwas Eigeninitiative war es auch damals möglich, bei den normalen Spielen Karten zu erhalten. Neben einem kleineren Stadion und dem erfolgreicheren Fußball gab es eine Reihe von Gründen, warum es so schwer war an Karten zu kommen. Das fing schon damit an, dass es chic war zum BVB zu gehen, eben weil es so schwer war, an Karten zu gelangen – der typische Snobeffekt. Anderseits spielt heute die Konkurrenz erfolgreicher und hat wettbewerbsfähige Stadien, die geburtenstarken Jahrgänge haben mittlerweile selbst eine Familie und setzen andere Prioritäten. Die Spieltage waren früher langfristig überschau- und planbar, dazu kam noch die Angst, zu einem späteren Zeitpunkt keine Karten mehr zu bekommen. Ebenfalls sollte man nicht vergessen, dass die allgemeine wirtschaftliche Lage besser war und wir viele Touristen aus der ehemaligen DDR zu Gast hatten. Heute hingegen haben wir ein Nachwuchsproblem: Wenn ich mir die Kids in meinem Stadtteil anschaue, gibt mir das zu denken. Lag der Anteil an BVB-Trikots vor einigen Jahren noch bei vielleicht 80 Prozent, sind es heute beinahe gleich viele hässliche GE-Fetzen wie BVB-Trikots. Gerade die Jugendarbeit ist sehr wichtig und wurde viele Jahre vernachlässigt. Kein Mensch kennt heute den Namen des Mannes, der als zweiter über den Atlantik flog – obwohl er weniger Sprit als Charles Lindbergh brauchte und der bessere Pilot war. Jeder kennt mit Harvard das erste in den USA gegründete College – aber wer hat schon vom College of William and Mary gehört? Menschen haben die Neigung bei dem zu bleiben, was sie haben, und da müssen wir einiges wieder aufholen. Dazu kommt, dass die Leute wissen, dass es an den Tageskassen noch Karten gibt. Sie sind gelassen und warten ab wie viel Lust sie am Spieltag haben. Durch das Internet herrscht eine gewisse Markttransparenz und man ist immer auf den neuesten Stand, wo es wie viele Karten gibt.
schwatzgelb.de: Sind die Heimspiele also deshalb nicht mehr regelmäßig ausverkauft, weil der BVB zu unattraktiv geworden ist?
Dirk Rupprecht: Grundsätzlich geht das Interesse bei jedem Verein mit dem sportlichen Erfolg einher. Dennoch hatten wir an den Samstagen in dieser Saison bis zum Spiel gegen Wolfsburg ein beinahe volles Haus. Jetzt sagen bestimmt viele: Der spinnt. Aber wenn man die Heimkarten differenziert betrachtet und die auswärtigen Fans von der Gesamtbesucherzahl abzieht, dann sprechen wir von 72.000-73.000 Zuschauern, die Karten für Dortmunder Blöcke erwerben können. Außerdem kann man an Spieltagen keine Südkarten erwerben, da diese in aller Regelmäßigkeit bereits vorher vergriffen sind. Insofern sind wir an den Samstagen also häufig fast ausverkauft gewesen. Dennoch hat man das Gefühl, dass immer mehr geklagt wird und sich viele Fans bei Spielen mit Nachfrageüberhang benachteiligt fühlen. Früher hatten eigentlich alle die gleichen Voraussetzungen an Karten zu kommen. Das ist heute nicht mehr so, da es verschiedene Verkaufsinstrumente wie den Internetverkauf gibt und mehrere Märkte wie zum Beispiel der Mitgliederverkauf befriedigt werden müssen. Um noch einmal auf die Ausgangsfrage einzugehen: Ich habe Verständnis, wenn sich jemand aufgrund der unterschiedlichen Markteintrittsbedingungen subjektiv beim Kartenkauf benachteiligt fühlt. Aber häufig fehlt es an der Eigeninitiative und die Zuschauer beharren oft bei ihrer Kartenpräferenz.
schwatzgelb.de: Nehmen wir die einzelnen Kritikpunkte doch einmal auseinander und analysieren sie der Reihe nach. Der erste immer wieder genannte Punkt ist das Ärgernis über den Kartenvorverkauf für Mitglieder. Dort passiert es nicht selten, dass es bereits um 8:35 Uhr heißt: „ausverkauft“. Was passiert da und wie viel bekommst du davon mit?
Dirk Rupprecht: Rund um den BVB bekomme ich fast alles mit. Es ist für mich Pflicht alle wesentlichen Internetseiten täglich aufzurufen und die wichtigsten Beiträge zu lesen. Außerdem suche ich auch täglich den Kontakt mit Fans, Fanclub-, Fanabteilungs- und Ultramitgliedern. Also bekomme ich zwangsläufig die auftretende Problematik mit. Ich weiß, dass durch das Telefonsystem innerhalb kurzer Zeit viele Karten verkauft werden können. Wenn das Kontingent dann recht klein ist, liegt es in der Natur der Sache, dass die Karten schnell ausverkauft sind. Die alte Geschäftsführung hat vor einigen Jahren das Mitgliederkontingent eingeführt und als Instrument zur Mitgliederwerbung eingesetzt. Mir persönlich schien die ganze Planung nur auf den operativen Zeitpunkt ausgerichtet zu sein. Hätte man taktisch und/oder strategisch geplant und die avisierten 40.000 Mitglieder dem Machbaren gegenüber gestellt, hätte man damals schon erkennen müssen, dass irgendwann das Ende der Fahnenstange erreicht sein würde. Gäbe es einen reinen Vorverkauf nur für Mitglieder, blieben für normale Fans wohl nur uninteressante Spiele übrig. Dieses Publikum würde sich dann sehr schnell zu einem anderen Verein orientieren, was Gift für den BVB wäre. Es ist schwierig das Rad zurück zu drehen, aber wenn die Mitgliedschaft überhaupt einer Gegenleistung bedarf, dann sollte diese aus Rabatten, also Zusatznutzen, bei Fanshops oder Sponsoren bestehen. Ich glaube, dass viele Firmen das mit Freude unterstützen würden.
schwatzgelb.de: Ist der Mitgliedervorverkauf abgewickelt, beginnt die Phase des freien Vorverkaufs. Auch hier heißt es schon oft nach wenigen Minuten, dass keine Tickets mehr verfügbar seien. Was genau passiert in diesen Augenblicken?
Dirk Rupprecht: Die Karten sind ausverkauft! Nehmen wir doch einmal das konkrete Beispiel der Vorverkaufsstelle Dirk Rupprecht. Gegen GE haben wir die Karten am Telefon und im Ladenlokal verkauft. Außerdem fühlten wir uns verpflichtet Karten auch online anzubieten, da wir wussten, dass viele auf unseren Onlineshop gesetzt hatten. Wir haben unser gesamtes Kontingent zu 22 Euro dafür bereit gehalten, also immerhin 80 Karten. Die Eingangsbestellungen sind aber so schnell eingegangen, dass ich Mühe hatte, die Karten schnell genug aus dem Onlineshop zu bekommen. Leider kam es deshalb zu Überbuchungen in doppelter Höhe. Wir mussten daraufhin wieder vielen absagen und Mails versenden. Das größte Problem dabei ist, dies zeitnah zu erledigen. Auf der einen Seite willst du jedem, der keine Karten erhalten hat, persönlich sofort mitteilen, dass es nicht geklappt hat. Andererseits müssen das Geschäft und der Verkauf weitergehen. Da kommt richtig Hektik auf und es kann passieren, dass die Absagen etwas später oder die Karten noch einmal in den Verkauf kommen.
schwatzgelb.de: Immer wieder ist auch die Rede von Stammkunden, die über die Vorverkaufsstellen großzügig mit Tickets versorgt würden und diese dann bei Ebay zu Wucherpreisen online stellen. Hältst du für Stammkunden Kartenkontingente bewusst zurück?
Dirk Rupprecht: Wir haben Fans, die zu jedem Spiel fahren - da ist es für mich selbstverständlich, dass wir denen auch die Möglichkeit geben zu jedem Spiel zu fahren. Klipp und klar, wir halten natürlich Karten für unsere Partner zurück. Das ist ja der Unterschied zwischen einer großen Geschäftsstelle und einer Vorverkaufsstelle. Dort wird anonym und viel verkauft, bei uns sind die Mengen geringer und man kann den persönlichen Kontakt halten. Man kennt sich! Allerdings gibt es bei uns ein paar Prämissen: Wir halten je Stammpartner maximal zwei Karten zurück. Und ich sage bewusst Partner, weil ich dieses Verhältnis anstrebe. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Ich kenne meine Leute, was sie so machen, welche Ziele sie verfolgen und welcher Gruppierung sie angehören. Ein Bauer würde sagen: Ich erkenne meine Schweine am Gang! Für meine Jungs und Mädels gehe ich auch über das Notwendige hinaus, da habe ich die Karten samstags schon mal zum Bahnhof gebracht oder freitags mal eben auf der Arbeit abgeliefert, wenn Not am Mann war. Ansonsten sind wir dazu übergegangen, zurückgelegte Karten nur noch versenden, da der normale Ladenkäufer die Karten bei uns auch nicht telefonisch zurück legen kann. Es hätte da schon einen faden Beigeschmack, wenn wir dem Interessenten vor Ort keine Karte mehr verkaufen könnten und dem Partner dahinter die zurück gelegten Karten in die Hand drücken. Was würde der leer ausgehende Fan dann wohl denken? Ebenso haben wir uns dazu entschlossen, keine Karten an Fanclubs oder Fangruppierungen zu verkaufen. Diese eigenen Vorgaben setzen wir bis auf ganz wenige Ausnahmen konsequent durch.
schwatzgelb.de: Das ist ja interessant. Fanclubs bekommen keine Karten von dir?
Dirk Rupprecht: Eine Vorverkaufsstelle ist Einzelhändler, was bedeutet, dass man Güter in portionsbezogenen Mengen abgibt. Wenn Fanclubs Karten vom Verein erhalten und nebenbei Fixkarten über Vorverkaufsstellen beziehen, kann es leicht passieren, dass der Fanclub die Karten nicht an den Mann bringt und ein zu großes Kontingent hat. Fanclubs sollten bei Spielen mit Nachfrageüberhang deshalb nur die mindestens absetzbare Fixmenge an Karten erhalten - also genau so viele, wie beim am schlechtesten besuchten Heim- oder Auswärtsspiel innerhalb der Gruppe abgesetzt werden konnten. Die übrigen Mitglieder sollten die gleiche Eigeninitiative zeigen wie alle anderen Fans und sich als Privatpersonen um Karten bemühen. Wir können nicht wissen, ob die Karten für Fanclubmitglieder genutzt werden oder es sich wirklich um Fanclubs handelt. Deshalb sollten sich Fanclubs in erster Linie an den BVB wenden, der das einfach besser beurteilen kann. Das gilt aber wie bereits gesagt nur bei Spielen mit Nachfrageüberhang. Würde eine Gruppe 50 Karten für die Nordtribüne gegen Wolfsburg haben wollen, würde ich ihr diese Karten natürlich schon verkaufen.
schwatzgelb.de: Das klingt jetzt alles recht nett. Doch fühlen sich einige Fans gerade durch kurz vor Spielbeginn auftauchende Kartenkontingente längst ausverkaufter Begegnungen in ihrer Meinung bestätigt, es ginge nicht alles mit rechten Dingen zu. Gibt es auch dafür eine Erklärung?
Dirk Rupprecht: Schön, dass ich hier die Gelegenheit habe, dieses Gerücht aus dem Weg zu räumen! Es verhält sich folgendermaßen: Wir verkaufen die Karten im Laden vor Ort und im Internet. Wir teilen die Karten erst mal großzügig über den Daumen ein, denn nichts ist peinlicher als eine Karte zuzusagen und die Karten dann nicht mehr zu haben. Also ergibt sich meist ein kleiner Stock, den man zur Sicherheit hat. Dazu kommt, dass oft die per Telefon und Internet bestellten Karten nicht bezahlt werden. Dem Einen ist das Geld ausgegangen, der Andere hat vorsorglich bei allen Vorverkaufsstellen bestellt, der Nächste hat den Termin nicht richtig beachtet und so weiter. Manchmal gelingt es uns auch, nachträglich noch einmal Karten zu bekommen und sie noch einmal anzubieten. Das kann passieren, wenn Fanclubs oder Privatpersonen auf uns zukommen, weil sie sich verkalkuliert haben oder etwas Unvorhergesehenes eingetreten ist. Deshalb gebe ich jedem Nachfrager ohne Ticket immer wieder den Rat, öfter nachzufragen und anzurufen. Fragen kostet nichts! Genau den entgegengesetzten Fall hatten wir leider vor kurzem beim Auswärtsspiel in Bremen. Eine Vorverkaufsstelle konnte eine größere Menge an Stehern nicht verkaufen, dennoch bekamen wir sie nicht, obwohl wir sie locker hätten brauchen können. Ich habe schon vor einiger Zeit dafür plädiert, dass die Mengen der Nachfrage angepasst werden.
schwatzgelb.de: Spielt da bei einigen Vorverkaufsstellen auch die Angst vor einer Straffung ihres Kontingents eine Rolle? Wenn eine andere Vorverkaufsstelle die Karten absetzen kann, auf denen man selbst sitzen bleibt, wäre dieses Szenario ja durchaus denkbar.
Dirk Rupprecht: Wir befinden uns in einem dynamischen Markt und die Nachfrage in den einzelnen Vorverkaufsstellen verändert sich ständig. Im Mittelpunkt der Betrachtung sollte immer der Fan stehen, dem möglichst alle gewünschten Karten auch zugänglich gemacht werden sollten. Das heißt, dass die Vorverkaufsstellen untereinander in Kontakt stehen und ihre Karten untereinander austauschen können sollten, so dass dann gerade kurz vor den Spielen wieder verfügbare Tickets auftauchen würden. Es gibt für niemanden ein natürliches Interesse Karten zurück zu halten, denn das wäre nur mit Risiko verbunden.
schwatzgelb.de: Du leitest neben der Vorverkaufsstelle Krause und Borussia Dortmund eine der bekanntesten Vorverkaufsstellen für Eintrittskarten des BVB. Wie viele Tickets stehen dir durchschnittlich zur Verfügung und nach welchem Schlüssel werden die Eintrittskarten unter den verschiedenen Vorverkaufsstellen verteilt?
Dirk Rupprecht: Krause hat eine sehr lange Geschichte und ist mit weitem Abstand die größte Vorverkaufsstelle. Dieses Kontingent haben wir lange nicht zur Verfügung! Wir sind darauf naturgemäß ein wenig neidisch, doch Krause hat sich das über Jahre hinweg verdient. Von den Kontingenten her gesehen gehören wir eher zu den durchschnittlichen Vorverkaufsstellen, haben dank unseres Bekanntheitsgrades aber noch viel Luft nach oben. Einen festen Verteilungsschlüssel konnte ich bisher leider nicht ausmachen, gerade die Auswärtskontingente waren nicht schematisierbar und änderten sich teilweise beim gleichen Gegner von Jahr zu Jahr. Da spielen wohl die unterschiedlichsten Einflüsse eine Rolle. Es wäre jetzt wenig sinnvoll alle Kategorien der einzelnen Spiele aufzuzählen, aber damit die Leser mal ein Gefühl dafür bekommen welches Kontingent wir in unserer Vorverkaufsstelle verkaufen, zähle ich mal kurz nur die Stehkarten bzw. die günstigste Kategorie auf: 48 Stehplätze in Nürnberg, 150 Stehplätze in Bremen, 100 Stehplätze in Cottbus, 120 Stehplätze in Gladbach, 40 Stehplätze in Stuttgart und 50 Karten der günstigsten Kategorie in München.
schwatzgelb.de: Das heißt, die Karten sind deshalb so schnell ausverkauft, weil die einzelnen Vorverkaufsstellen so wenige davon bekommen?
Dirk Rupprecht: Das kann ich nur aus meiner Sicht beurteilen, da ich nur mein Kontingent genau kenne. Dieses ist in den meisten Fällen aber viel zu gering, um allen Anfragen gerecht zu werden. Selbst ich kann aus wenig Karten eben nicht ganz viele machen!
schwatzgelb.de: Gehen wir davon aus, dass ich erfolgreich war und eine der begehrten Karten bekommen habe. Auf dem Ticket ist ein Verkaufspreis von 30 Euro aufgedruckt, tatsächlich bezahle ich jedoch dank der Vorverkaufsgebühr 33 Euro. Dazu kommen beim BVB sechs Euro, bei dir satte sieben Euro Versandkosten. Ich zahle also 40 Euro, bekomme dafür aber nur ein Ticket im Wert von 30 Euro. Wie kommt es zu dieser enormen Differenz und warum liegen die Versandkosten beim BVB so viel höher als bei der direkten Konkurrenz?
Dirk Rupprecht: Zu den aufgedruckten Preisen kommen zehn Prozent Vorverkaufsgebühr, damit die Karten über den Ladentisch gehen. Dazu können dann sieben Euro Versand- und Bearbeitungsgebühren anfallen, die sich aus der Kostenrechnung ergeben: Immerhin sind neben der normalen Kundenberatung rund 30 Arbeitsschritte nötig, um eine Karte an den Fan zu bringen! Für die Unterschiede zwischen den Vereinen gibt es eine Vielzahl von Gründen. Am wichtigsten ist wohl die Tatsache, dass der BVB seit dem Börsengang ein Kapitalmarktunternehmen ist, für das ganz andere Gesetze gelten. Um Gläubiger- und Aktionärsschutz zu gewährleisten, musste der BVB ein kapitalmarktfähiges Rechnungswesen samt Kosten- und Leistungsrechnung implementieren, die seitdem bei der Preiskalkulation eine große Rolle spielt. Überspitzt kann man sagen, dass sich jedes Stück Toilettenpapier, das die Lizenzspieler verbrauchen, in der Preiskalkulation niederschlägt – ich bezweifle, dass jeder Bundesligaverein zu dieser kostenorientierten Preisfindung fähig ist. Stellt man nur Briefmarken und Bankgebühren in Rechnung, mag das vielleicht fanfreundlicher sein, verursacht allerdings erhebliche Einbrüche bei den Deckungsbeiträgen. Das kann selbst dann zu großen Problemen führen, wenn die Umsätze stabil bleiben oder im Vergleich zum Vorjahr gesteigert werden können.
schwatzgelb.de: Haben andere Bundesligisten also trotz gut besuchter Stadien schleichende Probleme mit ihrer Kostendeckung?
Dirk Rupprecht: Nicht unbedingt. Es kann auch sein, dass eine bewusste Kostenunterdeckung im Bereich Versand hingenommen wird, so lange das Gesamtpaket positiv ist. Stützen bestimmte Produkte oder Leistungen den Abverkauf anderer Produkte aufgrund komplementärer Beziehung, ist man dazu bereit, negative Deckungsbeiträge hinzunehmen. Das ist dann eine typische Mischkalkulation, die zu einem kalkulatorischen Ausgleich führt. Ich verdeutliche das mal anhand eines Beispiels, das eigentlich zwei unterschiedliche Kausalansätze enthält, aber letztlich auf die gleichen Mittel zurückgreift: Viele Vereine haben neue Stadien gebaut. Um die zu finanzieren, kommt man mit alleiniger Innenfinanzierung durch Umsatzerlöse wie Ticketing, TV-Rechte, Sponsoring und Transfererlöse oder Einsparungen durch Rationalisierung nicht weit. Es bedarf im Regelfall eines erheblichen Anteils an Außenfinanzierung, wie zum Beispiel durch einen Finanzinvestor, Börsengang oder normale Kreditfinanzierung. Und da wird es interessant: Banken verlangen dauerhafte und verwertbare Sicherheiten, die es im Fußball aber nur selten ohne entsprechende sportliche Entwicklung gibt. Wenn ein Bundesligist ein Stadion mit einer Kapazität für 30000 Zuschauer hat und beim Stadionneubau Platz für 60000 Zuschauer schaffen möchte, fragt sich der kritische Geldgeber warum man so ein großes Stadion baut, wenn man im alten nur einen Schnitt von 25.000 Zuschauern vorweisen konnte. Da können die Kapitalgeber erwarten, dass der Stadionbetreiber in der Startphase Leistungen unter Marktpreisen oder Kostendeckung anbietet, sofern dieser das nicht schon von sich aus macht. Die strategische Erwartung ist ein hoher Zuschauerschnitt von Anfang an, um neue Sponsoren leichter gewinnen zu können.
schwatzgelb.de: Bei den sieben Euro handelt es sich also schlicht um einen kostenorientierten Preis?
Dirk Rupprecht: Genau. Ich habe beispielsweise einen Käufer aus Dortmund-Aplerbeck, der vielleicht fünf Kilometer von unserem Geschäft entfernt wohnt und sich die Karten grundsätzlich zuschicken lässt. Den habe ich mal gefragt, warum er die Karten nicht einfach abholen kommt und sich diese Kosten spart. Da hat er gesagt, dass ihm das zu teuer sei! Zehn Kilometer Fahrt und eine kurze Unterhaltung würden ihn eine halbe Stunde kosten, in der er acht Euro verdienen könnte. Wenn man die Fahrtkosten dazu nimmt, kommt dieser Kunde also grob geschätzt um die Hälfte billiger zu seinen Karten – ganz abgesehen davon, dass er weder Stau- und Unfallrisiko hat, noch Gefahr läuft, im Laden keine Karten mehr zu bekommen. Dieser Denkansatz zeigt, dass es auch andere Überlegungen gibt und sich sogar die möglichen Standortvorteile der ortsansässigen Fans relativieren können.
schwatzgelb.de: Wäre es da nicht sinnvoller, den Kartenvorverkauf komplett online abzuwickeln und sich die Eintrittskarten wie bei der Deutschen Bahn bequem zuhause auszudrucken? Wie sähe es alternativ mit einem dichteren Netz an Vorverkaufsstellen aus, um Mitnahmeeffekte im Straßenverkauf zu steigern? In beiden Fällen könnte man die Versandkosten sparen und beim Onlineverkauf sogar sicherstellen, dass die Tickets wirklich in Reihenfolge des Logins vergeben würden.
Dirk Rupprecht: Ich denke nicht, dass das Onlineticket beim BVB funktionieren würde. Zunächst einmal sind Eintrittskarten Wertpapiere und haben neben dem Strichcode noch weitere Sicherheitsmerkmale, die eine relative Fälschungssicherheit garantieren sollen. Das allein ist schon mal ein großes Thema! Dann können in öffentlichen Verkehrsmitteln keine Strichcodes kontrolliert werden und wenn die Zugangssysteme ausfallen, bricht selbst am Stadion Chaos aus. Dazu kommen noch die kleineren Probleme: Was macht der Käufer, wenn der Ausdruck fehlerhaft ist oder überhaupt nicht ausgedruckt wird und was, wenn er nach dem Ausdruck feststellt, dass er den ausgedruckten Platz fehlerhaft ausgesucht hat? In der Regel kann man nur Karten anbieten, bei denen es einen Angebotsüberhang gibt, und das sind oft die wenig attraktiven Karten. Diese Käufer sind meist unbedarft bei der Auswahl der Tickets und verlangen häufig Beratung. Weiterhin offen: Was wird aus den Werbeplätzen auf den Karten? Was wird aus den zu erwartenden viel höheren Forderungsausfällen? Was würde passieren, wenn die Blauen tausende solcher Ausdrucke kopieren und verteilen? Zudem ist der Kartenkauf ein Erlebniskauf und auch verbunden mit Tradition. Viele alte Geschichten hängen gerade mit dem Erlebnis Ticketkauf zusammen. War ja auch oft in eurem Forum zu lesen, getreu dem Motto: „Weißt du noch, wie es damals war?“ Wir haben wahrscheinlich den höchsten Zuschauerschnitt weltweit und das mit diesem Ticketing. Demnach kann das System so schlecht nicht sein! Außerdem: Sollen Wenigfahrer genauso behandelt werden wie Vielfahrer? Ist das wirklich gewollt? Nehmen wir doch mal die Bahn als Vertreiber von BVB-Tickets und unterstellen ein Netz mit 300 Verkaufsstellen. Es ergibt sich, dass bei einigen Spielen nur maximal zehn Karten je Verkaufsstelle vorhanden wären – damit ist bei den hohen Kosten kein Geld zu verdienen. Wenn die Bahn BVB-Tickets in ihr Sortiment aufnehmen würde, hätte sie also eine andere Motivation, wie zum Beispiel billige Werbung. Da möchte ich dann aber unsere Sponsoren vor Ort sehen, die für eben diese viel Geld bezahlen! Genauso können Zusatzleistungen zu den Karten gepackt werden, um damit Geld zu verdienen, was vom Charakter her wie eine Kaffeefahrt wäre. All das würde darin gipfeln, dass man eine ausreichende Machtposition erlangt hätte, um an den eigentlichen Eintrittspreisen partizipieren zu können. Auch würden an jedem Penetrationspunkt Karten für den Eigengebrauch abgezwackt, was nicht im Sinne der Fans sein kann. Dieser Zusammenhang gilt für alle großen Ketten, wie zum Beispiel auch Supermärkte oder Lebensmittelläden. Eine klassische Vorverkaufsstelle hingegen verkauft ja nicht nur Karten, sondern nimmt viele andere Aufgaben im Sinne des BVB wahr.
schwatzgelb.de: Nachdem wir nun die gröbsten Kritikpunkte angesprochen haben, beginnen wir doch einmal von ganz vorne und verfolgen den Weg der von mir gekauften Karte zurück. Wie kommt das Ticket vom BVB zu mir nach Hause und welche sind die vielen Arbeitsschritte, die du bereits angesprochen hast? Was unterscheidet sich im Ablauf bei Heim- und Auswärtsspielen?
Dirk Rupprecht: Die Arbeitsschritte sind in der Tat vielzählig und unterscheiden sich kaum zwischen Heim- und Auswärtsspielen. Auswärtskarten werden von der Firma Krause verteilt, die müssen also schon mal abgeholt werden. Anschließend werden die Karten sortiert, in unsere Kartenmappe eingetragen, teilweise beschriftet, Briefumschläge mit Absenderaufdruck erstellt und Karten in den Onlineshop aufgenommen. Zu Beginn des Vorverkaufs werden die Karten online freigeschaltet, immer wieder muss der Onlineshop aktualisiert werden, die Bestelldaten werden handschriftlich in unsere Kartenmappe übertragen, der Telefon- und Ladenverkauf wird weiter geführt und damit Personal gebunden. Anschließend hole ich Kontoauszüge, gehe die Zahlungseingänge einzeln ab und vergleiche die Beträge mit den Bestellungen, beschrifte Briefumschläge, streiche die Bestellungen in der Kartenmappe ab, trage die Sitzkarten aus, notiere mir in der Kartenmappe die Ticketnummern, verpacke die Karten knickfest, wiege die Briefumschläge und trage das Gewicht in die Kartenmappe ein, klebe das Einschreibelabel auf den Brief und vermerke die Nummer auf der Einschreibliste, bringe die Briefe zur Post, nehme die Karten aus dem Shop, rechne die Karten ab, bringe restliche Karten zurück und verbuche die Vorgänge. Das ist der optimale Fall in Kurzform, leider aber nur in der Theorie.
schwatzgelb.de: Wie sieht es denn in der Praxis aus?
Dirk Rupprecht: In vielen Fällen wird nicht bezahlt. Dann wird die Zahlung telefonisch angemahnt und die Karten werden noch einmal anderweitig verkauft. Plötzlich trifft doch noch eine Zahlung ein und wir haben keine Karten mehr, so dass wir versuchen müssen, noch Karten über die Geschäftsstelle oder andere Vorverkaufsstellen zu bekommen. Also werden wieder Karten abgeholt und alles beginnt von vorne. Manchmal kommen Briefe auch nicht an. Ich muss bei der Post nachfragen, den Käufer darüber informieren, einen unheimlich zeitaufwändigen Nachforschungsauftrag stellen, täglich bei der Post anrufen und nachfragen. Dann stellt sich heraus, dass uns die Anschrift falsch mitgeteilt wurde, es keinen Briefkasten gibt, die Postleitzahl nicht stimmt und der Brief in der falschen Stadt gelandet ist. Oder es werden Bestellungen storniert, weil man sicherheitshalber bei mehreren Vorverkaufsstellen bestellt hat. Dann müssen die Karten ausgetragen und wieder neu verkauft werden. All das ist ein riesiger Aufwand.
schwatzgelb.de: Du führst genau Buch, wer wann welche Karte bei dir gekauft hat? Es wäre also von deiner Seite aus problemlos möglich herauszufinden, ob ein professioneller Internethändler Karten aus deinem Kontingent zum Weiterverkauf anbietet.
Dirk Rupprecht: Von Zeit zu Zeit schaue ich auf Versteigerungsportale. Da ich jede Karte vermerkt habe und weiß wer die Karte erhalten hat, ist es natürlich leicht herauszufinden, wer da schwarz verkauft. Übrigens habe ich erst gegen GE wieder einige erwischt! Vor jedem Heimspiel schaue ich immer den Schwarzmarkt vor dem Stadion an und registriere wer dort steht. Natürlich ist das bei den Ladenverkäufen und Stehplätzen nur schwer möglich, aber manchmal kann man auch das in etwa zuordnen.
schwatzgelb.de: Warum ist es dann möglich, Tickets für begehrte Spiele zu Wucherpreisen weiterzuverkaufen? Es ist ein klarer Verstoß gegen die AGB Borussia Dortmunds, Eintrittskarten mit dem Ziel des Weiterverkaufs zu erwerben. Und doch sind sich einige Anbieter bereits Monate vor Beginn des Vorverkaufs sicher, wie viele Eintrittskarten welcher Kategorien sie bekommen werden. So wirbt das Internetportal „Bundesligakarten.de“ schon seit längerem mit Südtribünentickets zum Rückrundenauftakt gegen den FC Bayern für 65 Euro – knapp das Sechsfache des Originalpreises. Könnte man diese Karten nicht einfach sperren lassen?
Dirk Rupprecht: Der Schwarzmarktverkauf scheint stark organisiert zu sein und hat sich zu einem lukrativen Wirtschaftszweig entwickelt. Nehmen wir doch mal ein konkretes Beispiel aus dem sogenannten Sekundärmarkt. Da verkauft die Firma www.fan-tickets.de nicht nur überteuerte BVB-Karten, sondern auch ein VIP-Catering im Hotel Mercure direkt neben der BVB-Geschäftsstelle. Die Firma schadet also dem Fan und dem Verein, da sie ein Konkurrenzprodukt zu unseren VIP-Ebenen anbietet. Von diesen Anbietern gibt es eine ganze Menge, wie vor einigen Wochen auch eurem Forum zu entnehmen war. Wer sich damals die Mühe machte, Links, Webdesign oder Impressum auf den einschlägigen Seiten anzusehen und dort ein bisschen zu recherchieren, konnte äußerst interessante Verbindungen erkennen. Auch bei einem Blick ins Ebayforum fällt auf, dass es immer wieder die gleichen Personen sind, die in allen Marktsegmenten aktiv werden und extrem überteuerte Tickets für beinahe alle Veranstaltungen anbieten. Allerdings gebe ich auch zu bedenken, dass die Problematik nicht erst bei den Sekundärverkäufern anfängt, sondern schon bei den Versorgern der Sekundärverkäufer, die da kräftig partizipieren müssen. Eine Mitschuld tragen natürlich auch all diejenigen, die dort Karten erwerben.
schwatzgelb.de: Abschließend noch eine Frage zu deinen persönlichen Änderungswünschen: Wo siehst du - abgesehen von den bereits genannten Problemen und Kritikpunkten - beim Ticketing des BVB Handlungsbedarf und welche Änderungen würdest du vorschlagen?
Dirk Rupprecht: Ratschläge zu geben ist natürlich schwierig, da wir nur einen eingeschränkten Einblick haben und nicht alle entscheidungsrelevanten Argumente kennen. Aber ich liefere gerne mal ein paar theoretische Denkansätze. Generell ist es so, dass jede Organisationsstruktur Stärken und Schwächen hat. Wenn ich bedenke, dass jedes Unternehmen eine Kundenbetreuung samt Beschwerdemanagement hat, dann kann man da noch Potenzial ausschöpfen. Beim BVB könnte ich mir konkret eine Stabstelle auf der Geschäftsführungsebene vorstellen, die unterschiedlichste Aufgaben wahrnehmen würde. Eine denkbare Aufgabe wäre beispielsweise die After Sale Betreuung der Kunden aus den Stammtischebenen, um diese weiter an den BVB zu binden, Netzwerke zu schaffen und darüber hinaus weitere Umsätze zu generieren. Ebenso könnte sie den Fanbeauftragten bei seiner Arbeit unterstützen, bei Problemen der Fans als Bindeglied zur Geschäftsführung fungieren und diese damit von einer ausführlichen Einarbeitung entlasten. Außerdem wäre eine bessere Zusammenarbeit mit der Polizei, Ordnungsdiensten, Fanprojekt und anderen Vereinen ebenso dringend nötig wie eine bessere Nachwuchsbetreuung. Was das Ticketing betrifft, reibe ich mich an den teilweise fehlenden Äquivalenzpreisen. Für mich sind schlechtere Plätze im Vergleich zu anderen Plätzen einfach zu teuer. Nehmen wir mal den Oberrang der Nordtribüne, Block 75-78: Dort würde ich versuchen Gleichgewichtspreise zu schaffen. Außerdem würde ich die Spiele kategorisieren, wie schon jetzt bei GE und Bayern durch Topzuschlag geschehen, und die Grundpreise dem Gegner anpassen. Schlecht finde ich auch, dass es zwei große Gesamtblöcke für Auswärtsfans gibt, die man nicht differenzieren und alternativ nutzen kann. Man ist fast immer darauf angewiesen, dass der Auswärtsverein genug Fans mitbringt, wenn man das Stadion ausverkaufen will. Erst Recht, da uns die attraktiven Heimspiele erst in der Rückrunde erwarten! Doch gibt es noch eine weitere Sache, die mir auf dem Herzen liegt: Ich war persönlich bei den Gesprächen dabei, bei denen The Unity das Konzept zu ‚Block Drölf’ vorgestellt und diskutiert hat. Ich finde es sehr schade, dass einige Leute, die diese Möglichkeit der Mitentscheidung nicht wahrnehmen wollten, nun aus dem Hinterhalt auf die Gruppe schießen und sie ins schlechte Licht rücken. Wir sollten dankbar sein, dass wir diese Gruppe haben, die so viel für uns alle investiert. Persönlich berührt bin ich, dass sich aufgrund solcher Angriffe alte Haudegen aus der Fanszene zurückziehen, auch wenn das nur der berühmte letzte Tropfen war. Denn genau diese Leute machen mit ihrem Charakter und Profil doch den Unterschied aus! Außerdem bin ich mir sicher: Wenn man an der Umsetzung des Konzepts noch etwas feilt und der Funke vom Spielfeld endlich mal wieder aufs Publikum überspringt, geht es auch auf den Rängen bald wieder so richtig ab. Und darüber kann man sich doch nur freuen, oder?
schwatzgelb.de: Vielen herzlichen Dank für das ausführliche und nette Gespräch.