Stimmungsbericht

Dortmund trägt schwarz in München

21.02.2005, 00:00 Uhr von:  CHS Trommelgott Jens
Dortmund trägt schwarz in München
Und wenn du fällst - bin ich bei dir!

Der Schock saß tief. Die Mitteilungen vom Donnerstag hatten in der Dortmunder Fanszene große Wirkungen hinterlassen. Trotzdem machten sich am Samstagmorgen rund 15 Busse aus der Bierhauptstadt in die bayrische Landeshauptstadt auf, um ein letztes Spiel im alten Olympiastadion anzusehen.

Gästeblock im Olympiastadion

Um 1:30 Uhr setzte sich der schwatzgelb.de-Bus mit 56 Unentwegten in Bewegung. Trotz der schlechten Witterungsverhältnisse ging es ohne Verspätung auf die etwa acht Stunden lange Reise. Die Stimmung im Bus war prächtig, die Hoffnung auf den ersten Sieg in München seit 13 Jahren war nach den ersten Spielen im Jahr 2005 riesengroß. Voller Vorfreunde eventuell auch einmal die schlechten Nachrichten vergessen machen zu können, wurde die Reise angetreten. Der Wettergott meinte es mit uns jedoch nicht wirklich gut, so dass die Straßen überwiegend in ein schneeweiß getaucht waren. Die für ca. 9:00 Uhr geplante Ankunft konnten wir somit schon früh vergessen.

Unsere souveränen Busfahrer Heinz und Gerd hatten die oftmals sehr bescheidenen Straßenverhältnisse doch stets im Griff. Gegen 5:00 Uhr stand die erste größere Pause auf einem Rastplatz an der A45 an. Als es für uns gerade weitergehen sollte, klopften drei uns unbekannte Borussenfans an die Tür und wollten von uns mitgenommen werden, da sie von ihrem Bus auf eben diesem Rastplatz zurück gelassen wurden. Wie kann man es nicht mitbekommen, wenn aus einer Reisegruppe von sechs Leuten drei fehlen? Selbstverständlich konnten Sie mit uns bis zur nächsten Tankstelle mitfahren an der sie wieder in ihren eigentlichen Bus einsteigen sollten.

Kurz vor unserer Ankunft in München, konnten wir im Norden der Stadt einen Blick auf die neue Heimat des FC Hollywood werfen. Dieses neue Stadion – oder wie es jetzt ja Neudeutsch heißt: Arena – ist endlich mal nicht der übliche Beton und Glaskasten wie so viele andere die zurzeit aus den Böden des Landes sprießen. Das ganze Ding sieht aus wie ein überdimensionales Schlauchboot, das unter Beleuchtung aber mit Sicherheit zu einem Blickfang werden wird.

Für dieses Mal sollte es aber noch einmal ins Olympiastadion gehen, in dem unsere Borussia die großartigen Titelgewinne Meisterschaft und Champions League feiern konnte. Gegen 11.30 Uhr sollten wir schließlich den Parkplatz am Eisstadion erreichen. Da wir nun viel später als geplant angekommen sind, entschlossen sich nur noch wenige den Weg in die Münchener Innenstadt anzutreten. Die übrigen stärkten sich bei Pizza und Cola in einem nahe gelegenen amerikanischen Gourmettempel, bis es gegen halb zwei in Richtung Stadion ging. Hier konnte man mal wieder die bayerischen Eigenarten einer Einlasskontrolle bewundern. Einzelne Personen mit Rucksäcken wurden durch gewunken, andere wurden mit ihren Fahnen, Doppelhaltern oder Trommeln zu anderen Eingängen gebeten. Die Härte war jedoch das man vor Betreten des Stadions mit einer Trommel oder großen Fahne seine Personalien angeben musste. Auf die Frage, warum dies so sei, kam nur die Antwort „Willst Du rein oder soll ich Deine Karte direkt entwerten?“ Notgedrungen wurden Namen und Anschrift hinterlassen, was sollte man auch anderes tun? Schließlich waren die Leute dank der Umleitung an separate Eingänge auf sich allein gestellt. Und ohne Zeugen sollte man in Bayern besser keine Widerworte gegenüber Ordnungskräften oder der Polizei äußern.

Eine Aussage beim Spiel
Im Block angekommen war die Stimmung schon recht gut. Hier sollte aber auch schon die nächste Schikane auf die Trommler warte: Sie sollten sich unten an den Zaun stellen, da es oben für die anderen Zuschauer zu gefährlich sei. Wahrscheinlich hatten die Ordner jedoch nur Angst, dass die Dortmunder eine Bombenstimmung erzeugen könnten, in der die Heimfans untergehen würden.

Vor dem Spiel wurde im Block ein Transparent mit dem Spruch "Und wenn du fällst, bin ich bei dir!" hochgehalten. Der Spruch ist aus dem Songtext von „(Ich bin) bei dir“ von der Düsseldorfer Oi-Punk-Band Broilers und stellt die aktuelle Gemütslager vieler BVB-Fans recht gut dar. Außerdem wurde vor dem Block eine schwarze Zaunfahne aufgehängt. Fahnen und Doppelhalter waren nur spärlich vorhanden, da sowohl Desperados als auch The Unity darauf verzichteten.

Für das Spiel war die Stimmung im Block ausgesprochen gut. Viele Lieder über Treue und die eigenen Fans wurden gesungen. Wir vertraten unsere Farben trotz oder gerade wegen der Situation hervorragend. Von der Mannschaft ließ sich das leider nicht behaupten, denn sie war offensichtlich nicht dazu in der Lage. Nach vergangenem Donnerstag irgendwie auch nicht überraschend.

Von Bayern-Seite war nur selten etwas zu vernehmen, außer bei Provokationen oder Gesang gegen unseren Klub hörten wir nichts. Wenn das der große FC Bayern ist, den sich Meier und Niebaum zum Vorbild genommen haben, sollten wir froh sein, ihn nie erreicht zu haben. Es steht 5:0 gegen den einstigen Hauptwidersacher und außer der Südkurve ist nirgends etwas von Stimmung zu vernehmen. Lächerlich.

Auf dem Rückweg zum Bus das gleiche Bild: Einzelne, häufig ältere Bayernfans, die Verständnis für uns äußerten und deutlich machten, dass sie so eine Situation nicht für Provokationen oder Pöbelei nutzen wollten. Danke an dieser Stelle an diese wahren Bayern-Fans, die wissen oder zumindest erahnen können, wie sich viele von uns fühlen. Die restlichen Idioten hatten nichts Besseres zu tun, als den abwandernden Borussen hinter der Polizei mit Geldscheinen hinterher zu wedeln oder unter Polizeischutz zu pöbeln. Wenn man bedenkt, für welche Lächerlichkeiten man als Dortmunder normalerweise in München verhaftet werden kann, wirkte das phasenweise schon etwas skurril.

Die Rückfahrt verlief recht ereignislos. Durch unsere späte Abfahrt (19:30 Uhr) hatten wir fast freie Fahrt und auch die Straßen waren verhältnismäßig frei. Hinter Nürnberg machten wir eine Mitternachtspause, um uns ebenfalls in einem anderen amerikanischen Gourmettempel uns zu stärken. Danach wurde es noch ruhiger und viele unserer Mitfahrer versuchten sich in Meditation. Man könnte auch sagen, sie schlugen die Augen zu und versuchten zu schlafen. Dieser Schlaf wurde dann unsanft unterbrochen, als man gegen 3 Uhr in Dortmund ankam. Die Gemeinschaft löste sich auf und ging ihres Weges.

Bleibt die Erkenntnis, dass München einfach keine Reise wert ist (zumindest nicht für Dortmund-Fans in den letzten Jahren). Aber man muss ja nicht wiederkehren, denn demnächst geht es ja in einen Stadtteil mit dem schönen Namen Fröttmaning in die Schlauchboot-Arena an der Müllhalde, nee, an der A9, nee… wie soll das Ding noch heißen? Die zweite Erkenntnis war, vielleicht hat sich die Mannschaft in München aufgegeben, die Fans auf keinen Fall.

Weitere Bilder vom Spiel gits hier!

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