Auf in den Cup der Verlierer-Verlierer
Das war es dann. "Endlich", wird so manch einer denken. "Endlich ist diese Saison zu Ende." Das 1:1 (0:1) auf dem Kaiserslauterer Betzenberg war Sinnbild dieser gesamten Spielzeit und stürzte den BVB durch den gleichzeitigen Bochumer Erfolg in die Tiefen des UI-Cups.
Auf geht's also nach Genk, Lovech oder Tiflis - bereits am 17. Juli dürfen die Helden 03 / 04 schon wieder ran, um sich über die Bezirkssportanlagen Europas zu kämpfen. Allerdings wohl nur, um die nächste Chance zur Blamage wieder zu nutzen und sich früh aus der Knüppelrunde zu verabschieden. Man kennt ja unsere Siegermentalität. Doch eines sollte man bei allem Frust nicht vergessen: Nimmt man fußballerische Gründe zum Maßstab und blendet man die Hoeneß-haften , aber offensichtlich wirksamen Sprüche von Neururer oder van Duijnhoven aus - der VfL Bochum hat den UEFA-Cup verdient erreicht. Dort scheren sich die Spieler noch um ihre Fans und den Verein und gewinnen auch mal ein wichtiges Spiel. Wirft man einen Blick in das sg.de-Forum oder in die Gesichter der nach rund 6000 unter größten Mühen (die Bahn lässt grüßen) nach Lautern mitgereisten BVB-Fans, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren: Ein Tiefpunkt ist erreicht. Diese verkorkste Saison, mit Verletzungspech, endlosen Finanzdebatten und Spieler-Possen um Amoroso & Co, hätte auf dem Betzenberg wenigstens noch einen versöhnlichen Ausklang finden können. Wäre der Einzug in den UEFA-Cup gelungen, man hätte mehr Planungssicherheit und die besseren Argumente in den Verhandlungen mit den "Stars" gehabt, ganz zu schweigen vom sportlichen Wert. Doch es kam wie so oft in dieser und in der vergangenen Saison: Die Mannschaft zeigte sich in ihrer ganzen Charakterlosigkeit, spielte über weite Strecken, als sei man schon seit zehn Wochen Deutscher Meister und man wurde bei einigen Spielern das Gefühl nicht los, als sei es ihnen scheissegal, was am Ende für eine Platzierung steht.
Torsten Frings spielte, als wolle er sich nur noch des leidigen Themas BVB entledigen und die Reise nach München so schnell wie möglich antreten. Von den Nicht-Leistungen eines gewissen Aparecido Evanilson braucht gar nicht näher eingegangen zu werden, wohin der Weg mit Kickern wie Andre Bergdölmo (höchstens Zweitliga-Niveau) führen soll, weiß wohl auch kein BVB-Verantwortlicher so ganz genau. Dazu ein formschwacher Dede, den die Diskussionen um seine Vertragsverlängerung und die millionenschweren Angebote aus Mailand, Barcelona oder woher auch immer, doch sichtlich hemmten. Und schließlich wollte auch der Coach nicht hinten anstehen, seinen Teil zur finalen Pleite beizutragen. Offenbar gelingt es Mathes nicht mehr, die Mannschaft auch einmal zu Beginn eines Spieles richtig einzustellen, es bedarf dazu stets eines Gegentores oder der Halbzeitpause. Das Prinzip einer gewinnbringenden Auswechslung gehört darüber hinaus ebenfalls nicht zu Sammers Stärken. Tomas Rosickys vermutlich letzten Einsatz nur zehn Minuten dauern zu lassen, war nicht nur für den Tschechen unrühmlich, sondern auch für das Spiel wenig hilfreich. Zuvor für den fraglos belebenden Lars Ricken Gambino herauszunehmen zeugte zudem von ebenso wenig Risiko-Willen, wie die Einwechslung von David Odonkor erst in der 89. Minute.
Das der BVB in Lautern überhaupt dazu gezwungen war, in der zweiten Hälfte volles Risiko zu gehen, lag wieder einmal an einer völlig mangelhaften Einstellung zum Beruf, welche die Schwarzgelbe Belegschaft im ersten Durchgang an den Tag legte. Dabei hatte Sammer zumindest im Offensivbereich diesmal sogar die volle Auswahl, es traf dabei wieder Rosicky, der angeschlagen auf der Bank Platz nehmen musste. Andre Bergdölmo ersetzte in der Innenverteidigung Ahmed Madouni. Nach sechs Minuten waren allerdings alle taktischen Überlegungen bereits hinfällig. Aus eigentlich harmloser Halbfeld-Position schlug Lauterns Kroate Nenad Bjelica einen Freistoß in den Dortmunder Strafraum. Dort stimmte die Zuordnung überhaupt nicht, Angreifer Jan Koller sprang am Ball vorbei und sein tschechischer Landsmann Vratislav Lokvenc konnte einköpfen - 1:0 (6.). Moment mal, wohin wechselt Lokvenc nochmal zu neuen Saison? Ach ja richtig, nach Bochum. Er spielt also in jedem Fall international.
Dortmund war in der Folge krampfhaft bemüht ein Offensivspiel aufzuziehen, es fehlten aber die Ideen. Eine Gelegenheit für Ewerthon (10.), zwei Distanzschuss-Möglichkeiten für Dede (27.) und Frings (38.), mehr gab es von der Schwarzgelben Offensiv-Abteilung nicht zu sehen. Stattdessen hätte Lautern sogar erhöhen können, als Marian Hristov im Anschluss an einen kapitalen Dede-Fehler das Leder an den Pfosten hämmerte (32.). Zur Halbzeit der BVB also hinten und Bochum trotz Remis im UEFA-Cup. Nur unwesentlich änderte das BVB-Spiel im zweiten Durchgang, wenngleich die Kicker jetzt mit der Versagens-Angst im Nacken wesentlich engagierter wirkten. Gefahr für das FCK-Tor blieb aber zunächst aus, erst als Lars Ricken nach rund einer Stunde in die Partie kam, erhielt das Offensiv-Spiel wieder etwas mehr Schwung. Die Folge: Der Ausgleich nach 71 Minuten. Sebastian Kehl packte auf der linken Seite seinen selten benutzten gefühlvollen Flanken-Fuß aus, Jan Koller schraubte sich in der Mitte höher als Bill Tchato und nickte zum Ausgleich ein. In Bochum stand es immer noch 1:1, der BVB-Anhang durfte trotz der bis dahin mäßigen Leistung wieder träumen. Zumal die Borussia nun endlich aufgewacht schien und auf den Siegtreffer drängte. Allerdings viel zu spät. Denn mehr als zwei eher harmlose Versuche von Lars Ricken hatte Schwarzgelb nicht mehr zu bieten Im Gegenteil: Während längst die erneute Bochumer Führung die Runde gemacht hatte, wäre Miroslav Klose in seinem letzten Spiel im FCK-Dress fast noch ein Abschiedstor gelungen, was Warmuz jedoch stark verhinderte.
So schlich alles was Schwarzgelb trug nach dem Abpfiff von Schiri Fröhlich betreten vom Platz, während der Betzenberg den Klassenerhalt feierte. Wenig souverän auch der Dortmunder Medien-Auftritt nach Spielende. Von den Spielern war nicht ein einziges Statement zu ihrer Darbietung zu vernehmen, Sammer spulte sein übliches "Mund abputzen, weitermachen" und Schönrednerei-Programm ab, geradezu wirkte geschockt wirkte Manager Michael Meier vor den Premiere-Mikros. Ein trauriges Ende einer ganz traurigen Saison.
Lautern: Ernst; Drescher, Knavs, Wenzel, Tchato, Bjelica (90. Mettomo), Riedl, Hristov, Klose (89. Nurmela), Halil Altintop (82. Malz), Lokvenc
BVB: Warmuz (2,5), Evanilson (5,5), Wörns (4), Bergdölmo (4), Jensen (4), Kehl (3), Frings (5,5), Gambino (4), Koller (3), Ewerthon (4)
59. Ricken (2,5) für Gambino 80. Rosicky für Evanlison 89. Odonkor für Frings
Tore: 1:0 Lokvenc (6.), 1:1 Koller (71.)
SR: Fröhlich (3), klare Linie in einem mitunter hektischen Spiel
Zuschauer: 47315