Wolfsburg - Borussias Waterloo?
Unterschiedlicher könnte der Auftakt für beide Mannschaften, die am Samstag auf der Freizeitwiese des Autohaus Wolf (15.30 Uhr) in Wolfsburg aufeinandertreffen gar nicht sein. Während der BVB die Hertha aus Berlin mit 3:1 und ansehnlichem Spiel nach Hause schickte, versemmelte der VFL Wolfsburg ausgerechnet bei den Freizeitkickern des FC St. Pauli, die in dieser Saison vorher überhaupt erst einmal gewinnen konnten (Cottbus 4:0) und die das Ende der Bundesligatabelle zieren. Also Dortmund, hinfahren, Punkte kassieren und wieder heimwärts. Oder?
BVB-Fans dreht es bei dem Wort "Wolfsburg" die Stadionwurst im Magen um. Noch zu allgegenwärtig ist die Blamage der Sammer-Truppe gegen die Amateure des VFL im diesjährigen DFB-Pokal. Damals wurde den Spielern, die Ansprüche an einen dauerhaften Platz in der ersten Elf stellten, eine Bewährungsprobe eingeräumt. Aber Spieler wie Laux, Madouni, Krontiris, Kapetanovic und Bobic, der seine schlechten Noten jetzt von englischen Zeitungen bekommt, nutzten ihre Chance zu keiner Zeit. Die Stars Rosicky, Amoroso und Koller drückten Ihre Hintern bis zur 70. Spielminute auf der Bank für Ergänzungsspieler platt, doch auch sie konnten den Triumph der Feierabendwölfe nicht verhindern.
Nicht viel besser fühlten sich die mitgereisten Fans der Borussia beim letzten Aufeinandertreffen der beiden Profimannschaften an gleicher Stelle. Am 27.04.2001 war für den BVB der Meisterschaftszug, wie wir heute wissen in Richtung München abgefahren. Nur ein 1:1 holten die Schwarzgelben in Wolfsburg, was für die Ansprüche weitaus zu wenig war. SG-Redakteur Guido schrieb damals in seinem Spielbericht nieder, was wohl jeder, der das Spiel in Wolfsburg erlebte in seiner Fanseele gefühlt hat. "...Der BVB machte viel zu wenig für einen Titelaspiranten, wirkte gelähmt ! ... Mensch Jungs, wir sind im Meisterschaftsrennen, da muss mehr Feuer und Leidenschaft zu sehen sein....". In der Saison davor (99/00) setzte es sogar eine 0:1-Niederlage und nochmal ein Spielzeit vorher auch nur ein 0:0. Lediglich das erste Aufeinandertreffen beider Mannschaften in der Bundesliga konnte der BVB mit 4:1 für sich gestalten. Die Auswärtsbilanz der Borussia in der VW-Stadt ist mit einem Sieg, zwei Unentschieden und zwei Niederlagen (VFL-Profis und Amas) absolut negativ.
Aber sind wir doch mal ehrlich. Undankbarer als in Wolfsburg anzutreten, kann eine Aufgabe doch gar nicht sein. In einer Gegend in der wirklich niemand tot überm Zaun hängen möchte, in einer Stadt, in der man seinen im Parkhaus abgestellten Golf nur mit einem Peilsender wiederfindet, bei einem Veren der zur Zeit genau das Tabellenmittelmaß der Liga darstellt. Wenn man in Wolfsburg verliert, lacht die Liga und wenn man die Punkte mitnimmt, ist dies die selbstverständlichste Sache der Welt. Schon der Weg dorthin kann zu einem echten Abenteuer werden. Mit einer vollen A2 dauert es schon mal sechs Stunden, bis man in dem Ort ankommt, dessen Innenstadt so häßlich ist, dass der Ortkern von Buer dagegen den ersten Preis mit Auszeichnung im Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" verdient hat. Einen besonderen Reiz wird wohl diesmal die Verkehrssituation rund um das Stadion ausmachen, da just am gleichen Tag das neue Freizeit- und Erlebnisbad "Badeland" in der Nähe eröffnet wird und Berichten zufolge, die Parkplätze für Fußballfans großräumig verlegt werden sollen.
Werfen wir trotzdem mal einen genaueren Blick auf den Gegner: Wolfgang Wolf, der Trainer-Leitwolf, der in dieser Saison des öfteren zum Leidwolf wurde (Pulitzer-Preis ich komme!), watschte nach der Niederlage gegen die Paulianer sein komplettes Mittelfeld ab "Da wurden keine Zweikämpfe angenommen". Noch heftiger ging Manager Pander in der lokalen Presse mit der Mannschaft um, trotzte aber auch gleichzeitig vor dem nächsten Spiel auf Wiedergutmachung "Die Borussen sind jetzt genau der richtige Gegner für uns". So wie es aussieht, werden alle Versager, mit Ausnahme des Gelb-Rot-Sünders Karhan die Kohlen aus dem Feuer holen müssen.
Während die Wolfsburger die Verpflichtung des Dänen Kim Madsen vom FC Kopenhagen für die neue Saison bekanntgaben, stellte auch der BVB die Weichen in Richtung Zukunft. Lars Ricken verlängerte seinen Vertrag vorzeitig bis zur magischen Grenze des 30.06.2006. Zu "verbesserten Konditionen" wird Lars also weiterhin hoffentlich die Figur des Dortmunder Kämpfers für die Borussen-Fans verkörpern. Alles andere als eine weitere Zukunft beim BVB hätte man sich für Ricken auch nicht vorstellen können. Schön, dass es so etwas in der Bundesliga noch gibt.
Der Kader der Dortmunder könnte zur Vorwoche vielleicht auf lediglich einer Position verändert werden. Jörg Heinrich dürfte seinen Platz an Evanilson verlieren, der gegen Berlin zuerst auf der Bank Platz nehmen musste. Ansonsten sind ausser den Langzeitverletzten Reina und Addo (Trainigsrückstand) alle an Bord. Auch diesmal ist das Spiel gegen den VFL wichtig für den BVB. Ein durch den Pokalspielsieg gegen Kaiserslautern vielleicht wiedererstarkter FC Bayern könnte im Spitzenspiel des 20. Spieltages dem Tabellenführer Leverkusen, die Punkte abholen, die der BVB zum Sprung auf den Thron des Klassenbesten benötigt. Aber vorher muss der BVB die Prüfung in Wolfsburg bestehen und die ist, wie wir jetzt wissen nicht immer einfach.
So könnten sie spielen:
Lehmann - Metzelder, Wörns, Dede - Evanilson (Heinrich), Reuter, Kehl Rosicky - Ewerthon, Koller, Ricken